Durm:1. Kapitel: Mauern aus Quadern. (Hausteinbau.)

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Stoff. (2.)

Unter Quadern versteht man regelmäßig geformte Steine von solch ansehnlichen Abmessungen (siehe den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, S. 9 u. 60 [2. Aufl.: S. 10 u. 61]), daß man sie gewöhnlich und zweckmäßigerweise mit Hilfe von Hebemaschinen versetzt. Nur bei den Quadern von natürlichen Steinen spricht man von Hausteinbau; künstliche Quader, die übrigens im Hochbau nur ausnahmsweise Anwendung finden, sind daher hier außer Betracht gelassen.

Zur Herstellung der Quader, über deren Bearbeitung in Teil I, Band 1, erste Hälfte (Art. 30 u. ff., S. 91 u. ff. [2. Aufl.: Art. 42 u. ff., S. 100 u. ff.]) dieses »Handbuches« das Nötige mitgeteilt wurde, werden zumeist die verschiedenen Sand- und Kalksteine verwendet; doch werden aus örtlicher Veranlassung oder Zweckmäßigkeitsgründen auch viele andere Felsarten, wie besonders Granit, Syenit, Diorit, Gneis, Trachyt, Lava etc. benutzt. Manche der letzteren Steinarten werden häufig auch wegen ihrer Politurfähigkeit und dadurch bedingten schönen Erscheinung bei Prachtbauten herangezogen. Uebrigens ist man heutigentags infolge der entwickelten Verkehrsmittel wenig mehr an die Gesteine des Bauortes gebunden. Diesen gegenüber können oft solche in weit entfernten Gegenden vorkommende durch ihre Schönheit bei geringerem Preise in Wettbewerb treten. Besonders kommt dieser Wettbewerb in Frage bei Orten, in deren unmittelbarer Nähe selbst sich keine verwendbaren natürlichen Steine finden3).


Anwendung. (3.)

Sichtbares Quadermauerwerk kommt zumeist nur bei den Umfassungsmauern (äußere und Hofseiten) zur Anwendung. Monumentale Gebäude machen hiervon öfters eine Ausnahme; so läßt man oft im Inneren der Kirchen, in Eingangs- und anderen Hallen, Treppenhäusern von öffentlichen Bauwerken und Palästen den Stein in seiner natürlichen Farbe und Fügung sichtbar und erhöht wohl auch den Reiz seiner Erscheinung durch Politur. Namentlich häufig findet man diese sog. »reine

3) So kommen in Berlin neben allen besseren deutschen Sandsteinen und verschiedenen französischen Kalksteinen neuerer Zeit sogar Sandsteine aus der Schweiz für Hausteinbauten zur Verwendung. ^




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Arbeit« im Inneren von Monumentalbauten in Frankreich, und dadurch mag wohl der dortige hohe Stand der Kunst des Steinschnittes mit herbeigeführt worden sein. Für Räume, in denen sich längere Zeitabschnitte hindurch Menschen aufzuhalten haben, eignet sich jedoch diese Behandlung der Wandfläche nicht, da derselben das wohnliche Gepräge abgeht. Dieser Mangel ist auch physikalisch dadurch begründet, daß die in Frage kommenden natürlichen Steine meist gute Wärmeleiter sind und daher mehr oder weniger zum Niederschlag von Feuchtigkeit Veranlassung geben.

Wie schon im vorhergehenden Bande (Art. 8, S. 9 u. Art. 81, S. 66 [2. Aufl.: Art. 8, S. 10 u. Art. 81, S. 67]) dieses »Handbuches« ausgeführt wurde, kommen die Quader entweder für sich allein (volle Quadermauer) oder in Verbindung mit anderen Steinmaterialien zur Herstellung von Mauern in Anwendung. Im zweiten Falle war zu unterscheiden zwischen Quaderverblendung und Steinfachwerk. Bei ersterem bilden die Quader zumeist die äußere, zur Ansicht gelangende Schale der Mauer; beim zweiten dienen sie zur Herstellung der lotrechten Teilungspfeiler und bezw. von deren wagrechten Verbindungen, welche zusammen die aus geringerem oder kleinstückigerem Stoff aufgeführten Hauptflächen der Mauer einschließen.

Quaderwerk ist im allgemeinen teuerer, als anderes Mauerwerk. Die vollen Quadermauern werden daher nur in denjenigen Gegenden zur Anwendung kommen können, wo dieser Preisunterschied gering ist. Aber auch da wird sich der Kosten wegen die Anwendung desselben nur für schwächere Mauern empfehlen, die man aus ein oder zwei Läuferreihen in der Stärke herstellen kann, weil bei solchen die Ausführung von gemischtem Mauerwerk in der Form von Quaderverblendung entweder nicht möglich ist oder keine nennenswerte Ersparnis an Kosten liefern würde, bei Verringerung der Festigkeit. Bei stärkeren Mauern ist aber durch Einführung des Verfahrens der Verblendung immer eine wesentliche Ersparnis zu erzielen. Nur müssen selbstverständlich bei Ausführung derselben die früher schon angedeuteten und später noch weiter zu erörternden, behufs Erzielung genügender Festigkeit notwendigen Vorsichtsmaßregeln zur Anwendung gelangen.

Die Quaderverblendungen sind auch noch von einem anderen Gesichtspunkte aus bei starken Mauern vorzuziehen. Bei einer solchen würde das Quaderwerk nämlich in den allermeisten Fällen nur an der Außenseite zur Ansicht kommen, da es ja die Regel ist, die Wände auf der Innenseite mit irgend einer Verkleidung aus anderem Stoff, z. B. Holz, oder irgend einem Ueberzug zu versehen. Abgesehen von denjenigen Fällen, in denen das volle Quadermauerwerk aus konstruktiven Gründen geboten ist, würden daher die vermehrten Kosten ganz unnütz ausgegeben sein, wozu noch kommt, daß sich diese Verkleidungen und Ueberzüge auf einem kleinstückigen Steinmaterial besser anbringen lassen, als auf Quadern. Erwähnung muß hier auch finden, daß volle Quadermauern von geringer Stärke Mauern aus anderen Materialien in gesundheitlicher Beziehung, wegen des Durchschlagens der Feuchtigkeit, nachstehen.

Die Steinfachwerke mit Verwendung von Quadern kommen insbesondere wegen der konstruktiven oder architektonischen Gesamtanordnung der Bauwerke zur Anwendung, häufig aber auch, um durch den Farbenwechsel verschiedener Steinarten zu wirken. Ersparnisrücksichten spielen jedoch oft auch hierbei eine Rolle.


Verbindung der Quader. (4.)

Zum Steinverband werden die Steinverbindungen hinzugezogen, um gesonderte Bewegungen einzelner Steine oder Schichten zu verhindern (vergl. den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, Kap. 3, S. 70). Eine der gebräuchlichsten Verbindungs-



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weisen ist die durch die Mörtel. Als Vorteile derselben waren anzuführen: Möglichkeit vollständiger Ausfüllung aller Fugenräume, dadurch Vermehrung der Reibung zwischen den Steinflächen, gleichmäßige Verteilung des Druckes im Mauerwerk, sowie Zusammenkittung der Steine infolge der chemischen Eigenschaften gewisser Mörtel. Die beiden ersteren Vorteile lassen sich auch durch genaue Bearbeitung der Fugenflächen erreichen; der letztere dagegen ist bei Quaderverbänden in Wirklichkeit nicht zu erzielen, da man auf ein ungestörtes Abbinden des Mörtels wegen der Schwierigkeit des raschen Versetzens der schweren Stücke nicht rechnen kann. Daraus ergiebt sich, daß Quadermauerwerke auch recht gut ohne Mörtel zur Ausführung kommen können, wenn man Mühe und Kosten guter Bearbeitung nicht scheut.

Grafik: Fig. 14)

Das Nichtvorhandensein des Mörtels hat außer der günstigen Wirkung für die Erhaltung der Metalle noch den Vorteil der Beseitigung einer Ursache für die Verwitterung der Steine. Die Salze, welche sich in den Mörteln, insbesondere in den hydraulischen, unter der Einwirkung der Feuchtigkeit entwickeln, tragen zur rascheren Zersetzung mancher Steinarten, wie der Kalksteine und kalkhaltigen Sandsteine, wesentlich bei.

Man kann dies an manchen mittelalterlichen mit Mörtel aufgeführten Bauten beobachten. Die Mörtelbänder sind mitunter unverletzt, während die Kanten der Steinhäupter abgewittert sind (Fig. 14)).

Bezüglich der Besonderheiten in der Anwendung der verschiedenen Verbindungsmittel kann auf das im vorhergehenden Bande (Abt. I, Abschn. 1, Kap. 3) Gesagte verwiesen werden.


Fugenbearbeitung. (5.)

In Zusammenhang mit der Verwendung oder Nichtverwendung des Mörtels steht die Art der Fugenbearbeitung.

Wir bewundern noch heute die scharfe Fugung der Quader an antiken und vielen mittelalterlichen Bauwerken. Sie war wegen der Nichtverwendung des Mörtels notwendig. Das Mittel, welches die Griechen zur Erzielung des scharfen Fugenschlusses anwendeten, ist bekannt5). Die Quader von Marmor oder Kalkstein berühren sich nur in den aufeinander geschliffenen Fugenrändern6). Natürlich ist eine solche Bauweise nur bei sehr festem Gestein ausführbar und würde sich für die bei uns gebräuchlichen Steinarten durchaus nicht eignen. Daß man genügend feine Fugen auch ohne dieses Mittel erzielen kann, lehren uns spätere Bauten anderer Völker. Auch heutigestags ist man in der Regel bestrebt, die Fugenlinien auf den Maueransichten so dünn als möglich zu machen, und zwar auch bei gleichzeitiger Verwendung von Mörtel, der entweder gleich beim Versetzen der Steine aufgetragen oder nachträglich durch Ausgießen in die Fugenräume gebracht wird. Das Mittel, welches jetzt dabei häufig zur Anwendung gelangt, besteht in der Hinterarbeitung (Unterwinkelung) der Steine. Man läßt die Fugen von der Stirn nach innen zu sich erweitern. Bei den Stoßfugen geringerer Bauten kann dieses Mittel ohne wesentliche Beeinträchtigung der Festigkeit des Mauerwerkes wohl zur Anwendung kommen. Auch ist es dabei leicht, durch Zusammensägen die sichtbar bleibende Fugendicke auf ein sehr geringes Maß

4) Siehe: Viollet-le-Duc, E. E. Entretiens sur l'architecture. Paris 1872. Bd. 2, S. 27 u. ff. ^
5) Siehe Teil II, Band 1 (Art. 31, S. 56) dieses »Handbuches«. ^
6) Ueber die außerordentliche Sorgfalt, welche die Griechen auf die Bearbeitung und Versetzung ihrer Hausteine verwendeten, erhält man Aufschluß aus einer griechischen Inschrift, die sich auf die Verbreiterung eines Plattenbelages um den Tempel von Livadia bezieht und die nach Fabricius zwischen 174–164 v. Chr. angefertigt wurde. Den Wortlaut mit französischer Uebersetzung und Erläuterungen veröffentlichte Choisy in seinen »Études sur l'architecture grecque«, und zwar in 4e étude: Un devis de travaux publics à Livadie (Paris 1884). ^




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Grafik: Fig. 2 Von einem Miethause zu Chalon8).

zu verkleinern. Etwas anderes ist es bei den Lagerfugen. Eine keilförmige Erweiterung der Fugen nach innen ist bei diesen als sehr unzweckmäßig zu bezeichnen, da sie zu einem Absplittern der Steinkanten infolge des auf dieselben vereinigten Druckes führen muß. Derartige Ausführungen sind daher stets zu vermeiden, so daß es also gewöhnlich unthunlich scheint, bei Verwendung von Mörtel die Lagerfugen auch in der Ansicht unter ein Mindestmaß (etwa 5 bis 6mm) herunterzubringen7).


Volle Quadermauern. (6.)

Aus dem in Art. 3 (S. 6) Gesagten geht schon hervor, daß volle Quadermauern beim Wohnhausbau nur selten zur Anwendung gelangen, häufiger wohl nur in Gegenden, die sehr reich an geeigneten Hausteinen sind. Aber auch da sind mit ihnen die schon angedeuteten Nachteile in gesundheitlicher Beziehung verbunden. Diese hängen mit dem andererseits zu betonenden Vorteil zusammen, daß man vollen Quadermauern eine geringere Stärke geben kann, als Mauern aus irgend einem anderen Material. Aber diese schwachen, aus einer oder zwei hintereinander liegenden Läuferreihen, bezw. durchgreifenden Bindern gebildeten Schichten lassen die Feuchtigkeit durchschlagen und machen daher die Innenräume der Gebäude unwohnlich und ungesund.

Die vorkommenden Verbandanordnungen sind im vorhergehenden Bande (Abt. I, Abschn. 1, Kap. 2)

7) Ueber die Fugendicke siehe den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, Art. 88, S. 72 (2. Aufl.: S. 74). — Bei der Fertigstellung des Münsters zu Ulm wurden Lager- und Stoßfugen nur 4mm dick gehalten. (Siehe: Deutsche Bauz. 1895, S. 402.) ^
8) Faks.-Repr. nach: Viollet-le-Duc, E. E. Habitations modernes. Bd. I. Paris 1875. Taf. 12. ^




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dieses »Handbuches« genügend erörtert worden, so daß Beispiele für Schichtenpläne hier entbehrlich sind. Dagegen ist in Fig. 28) ein Beispiel eines ganzen Gebäudes im vollen Quaderbau gegeben worden.

Vollständig am Platze, ja häufig unentbehrlich ist der volle Quaderbau bei Errichtung von Denkmälern, Türmen, Pfeilern, überhaupt bei allen Architekturen und Architekturteilen, die im Verhältnis zu ihrer Höhe geringe Querschnittsfläche erhalten.

Als Beispiel sei in Fig. 3 bis 5 der untere Teil des Turmhelmes der Oberhoven-Kirche zu Göppingen (Arch.: v. Beyer) in Ansicht, Diagonalschnitt und zwei Schichtenplänen zur Anschauung gebracht.

Grafik: Vom Turmhelm der Oberhoven-Kirche zu Göppingen. — 1/100 w. Gr. Arch.: Beyer.Fig. 3, Fig. 4, Fig. 5


Den Uebergang von den vollen Quadermauern zu den Verblendungen bilden diejenigen Mauern, bei denen im Aeußeren ein kostbareres Material als im Inneren verwendet wird.

8) Faks.-Repr. nach: Viollet-le-Duc, E. E. Habitations modernes. Bd. I. Paris 1875. Taf. 12. ^




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Grafik: Fig. 6 Vom sog. Vesta-Tempel zu Rom9). ca. 1/50 w. Gr.


Ein schönes Beispiel hierfür bietet der unter dem Namen Vesta-Tempel bekannte Rundbau in der Nähe des Tiber in Rom. In Fig. 6 ist ein Mauerstück desselben in Ansicht und Schnitt wiedergegeben9). Die Durchbinder A und die Verkleidungsplatten B sind aus Marmor hergestellt, die Steine C aus Travertin. Alle Stücke sind durch eiserne Klammern verbunden. Die Innenseite war mit bemaltem Stuckputz überzogen. Die zweckmäßige und sparsame Anordnung kommt im Aeußeren vollständig und dabei in geschmackvoller Weise zum Ausdruck, so daß wir es hier mit einer wahren und zugleich schönen Konstruktion zu thun haben. Die erstere Eigenschaft würde sofort verloren gehen, wollte man eine ebensolche Mauer aus gleichmäßigem Material oder etwa aus größeren Stücken mit teilweise blinden Fugen herstellen. Viollet- le-Duc nennt mit Recht diese Konstruktion eine stilvolle.


Quaderverblendung. (7.)

Bei den Quaderverblendungen müssen die im vorhergehenden Bande (Art. 82, S. 66) dieses »Handbuches« besprochenen Vorsichtsmaßregeln zur Anwendung gebracht werden, um Längsspaltungen infolge ungleichen Setzens im Mauerkörper zu verhüten. Das ungleiche Setzen ergibt sich aus der verschiedenen Menge von Mörtel in den Lagerfugen beider Mauerteile, und dieser Unterschied ist am größten, wenn der Mauerkern aus Beton oder aus Mauerwerk von kleinen Bruchsteinen besteht. Die Römer verwendeten namentlich die letztere Bauweise im großartigsten Maßstabe, und die Erfahrung hat deren Dauerhaftigkeit bewiesen. Es wird sich daher empfehlen, zunächst einen Blick auf die entsprechenden römischen Ausführungsweisen zu werfen.

Grafik: Fig. 711)

Nach den zuverlässigen Untersuchungen von Choisy10) verwendeten die Römer zur Herstellung des Mauerkernes aus Bruchsteinen und Mörtel zwei Verfahrungsweisen: sie stellten ihn mit Verdichtung durch Rammen oder ohne solche her. Das erstere Verfahren kam nur bei den Mauern mit Quaderverkleidung, wohl auch bei Grundmauern, das zweite bei den Mauern mit einer Verkleidung von Ziegeln oder kleinen Steinwürfeln zur Anwendung. Hier haben wir es zunächst nur mit dem ersteren zu thun. Dieses Verfahren bestand in folgendem. Zwischen den beiden Quaderverkleidungen der Mauer wurde eine sehr dicke Lage von Mörtel (mindestens 10 bis 15cm dick) ausgebreitet, welcher in Rom aus Kalk und Puzzolane, anderwärts aus Kalk und grobem Sand hergestellt wurde. Darauf wurden mit der Schaufel Steinstücke

10) L'art de bâtir ches les Romains. Paris 1873. S. 13 u. ff. ^
11) Faks.-Repr. nach: Choisy, a. a. O., S. 113. ^
9) Nach: Viollet-le-Duc, E. E. Entretiens sur l'architecture. Bd. I. Paris 1863. S. 187. ^




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von 8 bis 10cm Durchmesser (entsprechend der Größe des Steinschlages für unsre Chausseen) in der Höhe der Mörtelschicht oder weniges darüber aufgeschüttet und dann in den Mörtel hineingestampft, so daß dieser in die Zwischenräume der Steine hineingetrieben wurde. Solche wechselnde Schichten von Mörtel und Steinen wurden übereinander gebracht, bis die Höhe einer Quaderschicht erreicht war. Auf der letzten Steinschicht wurde nun der bei der Bearbeitung der Quader gewonnene Steinstaub ausgebreitet und noch kräftiger, als bei den vorhergehenden Schichten, gerammt; der Steinstaub verhinderte das Anhaften des empordringenden Mörtels an den Werkzeugen und Füßen der Arbeiter. Auf diese Weise wurde bei jeder Quaderschicht verfahren und so ein Mauerkern erzielt, der sich nur noch wenig setzen konnte. Mit demselben wurden die Quaderverkleidungen, um ein Ablösen derselben zu verhindern, in Verband gebracht.

Grafik: Fig. 811)

Die Römer verwendeten dabei nur zwei Verbandanordnungen. Sie ließen entweder Läuferschichten mit Binderschichten abwechseln (Fig. 711)) oder Läuferschichten mit aus Läufern und Bindern zusammengesetzten Schichten) Fig. 811). Nirgends finden sich römische Quaderverkleidungen, bei denen in allen Schichten Binder enthalten sind. Abgesehen von der erzielten Ersparnis, hat diese Konstruktion noch den Vorzug der Sicherheit, die durch eine zu große Vermehrung der Binderzahl nicht erhöht, sondern eher verringert wird, indem die zu nahe liegenden Binder den Zusammenhang des Mauerkernes beeinträchtigen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß der römische Verband vollständig ausreichend war. So kann man denselben z. B. am Unterbau des Grabmales der Caecilia Metella an der Via Appia bei Rom beobachten12). Die Quaderverkleidung ist dort gewaltsam beseitigt worden, um die Steine zu gewinnen. Dabei sind die Binderköpse abgebrochen, und die Querschnitte derselben zeichnen sich noch jetzt als weiße und abgesonderte Rechtecke vom grauen Mauerwerk des Kernes ab.

Grafik: Fig. 913) ca. 1/25 w. Gr.

Unter ähnlichen Verhältnissen ist gewiß auch heute noch das römische Verfahren des Rammens des Füllmauerwerkes, um ein ungleichmäßiges Setzen zu verhüten, zur Nachahmung zu empfehlen. Es erscheint aber nur da anwendbar, wo beide Häupter der Mauern aus Quadern hergestellt werden und diese stark genug sind, um durch den beim Rammen erzeugten Seitenschub nicht verschoben zu werden.

Beispielsweise wurden die Quaderbankette der Kellermauern der Annen- Realschule in Dresden, wie auch an anderen Gebäuden daselbst, als Kästelmauerwerk aus großen Grundquadern hergestellt, die Zwischenräume mit Beton schichtenweise ausgefüllt und jede Schicht fest abgerammt.

Einen gut gelungenen Versuch, dieses Verfahren auch bei schwachen, nur einseitig verblendeten Mauern zur Ausführung zu bringen, zeigt das Frontmauerwerk des 1865 errichteten Gerichtshauses zu Hagen (Fig. 913)).

Die Frontmauer war 40,8m lang und 13,8m über dem Sockel hoch, in drei Stockwerken zu 4,08m und einer Drempelwand aus Ziegeln mit Quaderverblendung, im Erdgeschoß 0,785m, in beiden Obergeschossen 0,628m und in der Drempelwand 0,418m stark auszuführen. In der Verblendung ließ man Läuferschichten von 0,157 bis 0,183m Stärke mit Binderschichten von 0,288 bis 0,314m Stärke abwechseln.

11) Faks.-Repr. nach: Choisy, a. a. O., S. 113. ^
12) Siehe hierüber auch Teil II, Band 2 (Art. 124, S. 133) dieses »Handbuches« ^
13) Mitgeteilt in: Zeitschr. f. Bauw. 1866, S. 83. ^




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Die Architektur bedingte eine Abnahme der Schichthöhen nach oben zwischen 0,472 bis 0,288m. Die geringen Mauerstärken verlangten besondere Sorgfalt in der Herstellung, um Verblendung und Hintermauerung gleich tragfähig zu machen und zu einem zusammenwirkenden Ganzen zu vereinigen. Cement war für die Mörtelbereitung ausgeschlossen. Um nun das Maß des Setzens beider Mauerteile möglichst auszugleichen, wurde in der folgenden Weise verfahren.

Die Quader einer Schicht wurden in gewöhnlicher Weise mit Lager- und Stoßfugen von 13mm Dicke versetzt und mit Backsteinen in der Art hintermauert, daß zwischen letzteren und der rauhen lotrechten Innenfläche des Quaders ein Spielraum von ca. 26mm (= 1 Zoll) vorläufig verblieb. Nach der Aufmauerung ungefähr bis zur Oberfläche der betreffenden Blendschicht ging ein Junge mit einem Schornsteinholz (0,13m dick bei 1,25 bis 1,4m Länge) auf der Hintermauerung entlang und rammte in wiederholten leichten Schlägen die ganze Mauer vorsichtig so lange ab, bis kein Weichen mehr stattfand, ein Zeitpunkt, welchen derselbe bald sehr genau erkannte. Jetzt wurde der vorerwähnte lotrechte Zwischenraum zwischen Quader und Hintermauerung sorgfältig mit Mörtel ausgeschlagen und dann das Ganze mit dünner Kalkmilch ausgegossen. Nachdem die so behandelte Schicht ein paar Tage Ruhe gehabt hatte, konnte dasselbe Verfahren mit der nächstfolgenden vorgenommen werden, ohne daß, trotz sorgfältiger Beobachtung, jemals ein nachteiliger Einfluß oder auch nur die geringste Veränderung in dem darunter liegenden Mauerwerk wahrgenommen worden wäre.

Grafik: Fig. 10 Von der Burg Münzenberg14).

Der Mörtel wurde aus gesiebter Steinkohlenasche (mit und ohne Zusatz von Ziegelmehl) und dem vorgeschriebenen frisch gelöschten Wasserkalk naß, aber so mager als möglich, bereitet. Er ist ungeachtet der schnellen Bindung sehr hart geworden. In jedem Stockwerk wurde eine bis auf 0,16m durch die ganze Mauerstärke reichende Binderschicht vom Material der Blendquader angeordnet. Die Mauer soll nicht die geringste Unregelmäßigkeit im Setzen gezeigt haben; keine der sofort geschlossenen Fugen der Verblendung hätte sich geöffnet, und die aus sehr weichem, beim geringsten ungleichen Druck zerbrechenden Sandsteine hergestellten Gesimse und Gewände sollen ihre vollkommene Regelmäßigkeit behalten haben.

In der Regel wird von einer Zusammenpressung des Mörtels bei der Ausführung der gemischten Mauerwerke abgesehen; man begnügt sich bei guten Ausführungen mit der Durchführung der Lagerfugen der Verblendung durch die ganze Mauerstärke, mit der Einschaltung von durchgehenden Binderschichten, mit sorgfältiger Verbandanordnung und mit möglichster Ausgleichung der Fugendickensummen in Verblendung und Hintermauerung. In Fällen, die besondere Vorsicht erheischen, verwendet man wohl auch den nicht erheblich schwindenden Portlandcementmörtel.

Ein Beispiel einer Quaderverblendung mit Bruchsteinhintermauerung und durchgehender Schicht vom Material der Quader, welche alle 1,5 bis 2,0m Höhe anzuordnen wäre, gibt Fig. 1014).

Eine ausgedehnte nachträgliche Quaderverblendung (beim Umbau des Zeughauses in Dresden) ist in unten genannter Quelle besprochen15).


Plattenverblendung. (8.)

In sehr vielen Fällen muß man mit dem Hausteinmaterial sparsam umgehen und beschränkt sich dann auf eine Verkleidung der aus Bruchstein oder Ziegeln hergestellten Mauern mit Steinplatten von geringer Dicke, wobei zweckmäßigerweise hochkantig gestellte Schichten mit flach liegenden

14) Nach: Gladbach, E. Vorlegeblätter zur Baukonstruktionslehre. Zürich 1868–71. ^
15) Deutsche Bauz. 1886, S. 27. ^




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abwechseln, wie im vorhergehenden Bande (Fig. 201 u. 202, S. 68 [2. Aufl.: S. 70]) dieses »Handbuches« dargestellt wurde. Durch eine solche Verblendung wird die Konstruktion der Mauer nicht verstärkt. Die Dicke der Platten muß der als notwendig erachteten Mauerdicke zugegeben werden.

Grafik: Fig. 11 Nicolai's Entwurf zum Doublettensaal in Dresden.

In sehr großer Ausdehnung ist u. a. eine Plattenverblendung beim Bau des Opernhauses in Frankfurt a. M. zur Ausführung gekommen. Die Stärken der Platten sind hier auf das geringst mögliche Maß festgestellt worden. Im Unterbau haben sie 14cm, bezw. 25cm Lagerbreite, im Oberbau sogar nur 8, bezw. 15cm. Verwendet wurde der weiche Kalkstein von Savonnières en Perthois. Die Steine wurden in Weißkalk versetzt, während die Hintermauerung mit Feldbrandsteinen in schwarzem Kalk unter Zusatz von Cement erfolgte16).

Gewöhnlich erhalten so verblendete Mauern das Aussehen, als hätten sie eine wirkliche Quaderverkleidung. Richtiger würde es sein, die Anordnungen und Maße so zu wählen, daß die Anwendung von Platten auch äußerlich zum Ausdruck gelangt, wie in Fig. 11 angedeutet ist.

Auch bei Plattenverblendungen hat man es versucht, die Gefahren des ungleichmäßigen Setzens zu beseitigen.


Ein dahin zielender Vorschlag ist John Taylor patentiert worden17).

Die betreffende Konstruktion zeigt Fig. 12. Die Platten und Simsstücke werden mit einer Leiste versehen, mit welcher sie an der bis zur richtigen Höhe aufgemauerten Ziegelschicht aufgehängt werden. Die Lagerfugen der Verblendung werden offen gelassen, bis ein Setzen nicht mehr zu befürchten steht. Die über der Leiste folgenden Ziegelschichten belasten die Platten und verbinden sie fest mit der Mauer. Fig. 13 zeigt die Art und Weise, wie die Platten mit möglichst wenig Verlust aus größeren Blöcken herausgeschnitten werden können. Zuerst werden die Schnitte a, a, a und b, b, b ausgeführt und dann die Schnitte c, d, e etc.

Vogdt in Potsdam schlägt18) vor, ebenso gestaltete Steine zur nachträglichen Verblendung der Mauern, nachdem sich dieselben gesetzt haben, zu verwenden und dazu im Mauerwerk Nuten für die Leisten auszusparen. Er hängt die Platten auch nicht auf, sondern legt die Leiste nach unten. Das Hintergießen der Platten mit Mörtel ist dabei leicht zu bewerkstelligen; dennoch dürfte das Taylor'sche Verfahren den Vorzug verdienen.

Eine nachträgliche Verblendung mit Sandsteinplatten in größerem Umfange ist am Königl. Schauspielhause zu Berlin als Ersatz für den Putz zur Ausführung gelangt19).

16) Siehe: Zeitschr. f. Bauw. 1883, S. 147. ^
17) Siehe: Builder, Bd. 7, S. 137. ^
18) In: Deutsche Bauz. 1884, S. 360. ^
19) Nach: Centralbl. d. Bauverw. 1883, S. 229. ^




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Grafik: Fig. 12 ca. 1/20 w. Gr., Fig. 13 ca. 1/20 w. Gr., Fig. 1419) 1/5 w. Gr.

Um das geeignete Verfahren festzustellen, wurde zuerst im November 1878 bei kaltem Wetter an einer allen Witterungseinflüssen ausgesetzten Stelle eine Probeverblendung ausgeführt. Nach der Beseitigung des Putzes und Wegstemmen des Mauerwerkes versetzte man die mit der Steinsäge aus Rackwitzer Sandstein geschnittenen Platten in abwechselnden Läuferschichten von 2 bis 3cm Dicke und Binderschichten von 4 bis 6cm Dicke. Sie waren an der Vorderseite ge- schliffen, ringsum scharf gefugt und mit Gußnuten von etwa 1cm Seite versehen. Die Verbindung der trocken gestellten Platten mit dem Ziegelmauerwerk erfolgte durch eingegipste Messingdrahtklammern von 8 bis 10cm Länge und 3mm Stärke (Fig. 14). Hierauf wurden die Fugen einer Schicht ringsum mit Thon verstrichen und die erste Lage von dünnflüssigem Mörtel — Weißkalk mit Gips — hinter die Platten gegossen. Nachdem der erste Mörtelaufguß eingezogen war und sich gesetzt hatte, erfolgte der zweite u. s. f., wobei gleichzeitig größere Hohlräume zwischen Sandstein und Hintermauerung durch klein geschlagene Ziegelbrocken ausgefüllt wurden. Jede Platte erhielt im Oberlager zwei Klammern; eine Verbindung der Steine unter sich — am Stoß — hat nicht stattgefunden.


Die Verkleidung einer an der Probestelle befindlichen Fensteröffnung von 1,1m Breite und 0,95m Höhe erfolgte in der Weise, daß die mit Wasserschlag versehene gemauerte Sohlbank mit einer Schieferplatte abgedeckt und die 0,27m breiten Laibungen, der durchgeführten Quaderung entsprechend, in drei Schichten aus 2 bis 3cm starken Sandsteinplatten hergestellt wurden. Der Fenstersturz ist nur an der Stirnseite mit einer 4cm starken Sandsteinplatte verkleidet, während die Unteransicht des scheitrechten Bogens mit gewöhnlichem Kalkmörtel geputzt wurde (Fig. 1519)).

Grafik: Fig. 1519) 1/10 w. Gr.

Nach fünfjährigem Bestehen wurde diese Probeverblendung beseitigt und als bewährt befunden. Aus Grund des Gutachtens der Akademie des Bauwesens20) wurde aber die wirkliche Ausführung in etwas anderer Weise bewerkstelligt. Die Läuferfrontplatten in den oberen Geschossen sind nicht unter 6cm, die Binderplatten 12cm, im Untergeschoß teils 12, teils 18cm stark; an den Ecken kamen, der vorhandenen Fugenteilung entsprechend, größere Werkstücke zur Verwendung; die kleineren Pfeiler wurden voll aus Quadern hergestellt; Gesimse erhielten die durch das Profil bedingten Abmessungen. Die Gußnut im Ober- und Unterlager hat 1,5cm Seite; in den Stoßfugen ist dieselbe angemessen vergrößert. Die Ansichtsflächen wurden sauber geschliffen, die Rückseiten möglichst rauh gehalten. Die Steine wurden sämmtlich trocken — auf Bleiplatten — versetzt und durch Bronzeklammern mit einem quadratischen Querschnitt von mindestens 4mm Seite in der erforderlichen Länge mit dem Mauerkerne verbunden. Auf jedes Meter verwendete man 2 bis 3 Klammern, auf jeden Stein mindestens 2. Außerdem sind die Steine an den Ecken durchgängig und auch sonst an geeigneten Stellen mit Stoßklammern aus gegossener Bronze unter sich verbunden. Die Klammern wurden in das Ziegelmauerwerk eingegipst, in den Sandsteinen mit Blei vergossen. Die sonstige Verwendung von Gips, wie auch die von Fettkalk und von Cement ist grundsätzlich ausgeschlossen worden. An Stelle des Gipskalkmörtels wurde Mörtel von hydraulischem Kalk zum Ausgießen verwendet. Zur Ausfüllung größerer Hohlräume benutzte man klein geschlagene Ziegelbrocken und Mörtel in sorgfältiger Weise. Das Quadratmeter glatter Frontverblendung stellte sich in den unteren Geschossen auf durchschnittlich 25 Mark, in den oberen auf etwa 20 Mark, einschl. aller Nebenkosten.

An dieser Stelle sind auch die Verblendungen mit dünnen Marmorplatten und die Plattenmosaike von verschiedenfarbigen Steinen anzuführen. Die ersteren

19) Nach: Centralbl. d. Bauverw. 1883, S. 229. ^
20) Siehe: Centralbl. d. Bauverw. 1882, S. 359. ^




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Grafik: Fig. 16, Fig. 17


kommen bei uns fast nur bei Ausstattung von Innenräumen zur Anwendung; deren Besprechung gehört daher in Abt. IV, Abschn. 3 dieses Teiles des vorliegenden »Handbuches« (Teil III, Bd. 3, Heft 3), und die letzteren bieten in technischer Beziehung keinen besonderen Anlaß zu Erörterungen.


Quaderfachwerk. (9.)

Den Uebergang zu den Quaderfachwerken bilden die aus großen Quadern hergestellten Ecken von sonst nur mit einer Verblendung versehenen Mauern. Man sollte es nämlich immer der Festigkeit wegen vermeiden, auch an den Ecken die Bekleidung mit dünnen Platten durchzuführen. Die Quaderecken treten daher als Verstärkungen (Armierungen) auf, was mit Recht in solchen Fällen gewöhnlich auch in der Form zum Ausdruck gebracht wird. Im Sinne eines guten Verbandes bildet man, wie bei den eigentlichen Steinfachwerken (siehe darüber den vorhergehenden Band [Abt. I, Abschn. 1, Kap. 2, Art. 85, S. 69] dieses »Handbuches«), die Ecken mit Verzahnung aus, wobei die an der einen Seite als Läufer erscheinenden Steine an der anderen als Binder auftreten (Fig. 16).

Ebenso verfährt man, wenn an die Quaderecken die Mauern auch äußerlich mit anderem Material anschließen (Fig. 17).

Grafik: Fig. 18 Vom Palazzo Farnese in Rom21)., Fig. 19 Vom Palazzo Bartolini in Florenz21).


21) Faks.-Repr. nach: Zeitschr. d. öst. Ing.- u. Arch.-Ver. 1887, Taf. 33. ^



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Mit dieser konstruktiv richtigen Behandlung der Ecke ist eine etwas unruhige Wirkung derselben verbunden. Ruhigere Erscheinung erzielt man mit einem Wechsel von kleineren und größeren Quadern (Fig. 1821)), der nicht minder konstruktiv richtig ist. Allerdings werden dabei die größeren Quader häufig aus kleineren Stücken unter möglichster Unterdrückung der Stoßfugen zusammengesetzt. Oft sieht man davon ab, den Verband der Ecken mit den benachbarten Wandflächen zum Ausdruck zu bringen und begnügt sich mit lisenenartigen Streifen (Fig. 1921)).

Ein Beispiel für ein Quaderfachwerk mit Ziegelfüllungen, bei welchem diese Anordnung des Farbenwechsels wegen gewählt wurde, bietet Fig. 2123); Fig. 2022) zeigt dagegen ein Gebäude, bei dem reiner Quaderbau und Quaderfachwerk, wohl hauptsächlich nur wegen Vermehrung der malerischen Erscheinung, zur Anwendung gelangten. Wie die gemischten Mauerwerke oft nur mit lotrechten Streifen von Quadern versehen sind, so finden sich sehr oft auch solche, in denen bloß wagrechte Quader- oder Hausteinschichten zur Anwendung kommen. Der Zweck ist entweder der, die Festigkeit durch durchbindende Schichten von großen Steinen zu erhöhen, oder der, einen malerischen Farbenwechsel zu erzielen.

Grafik: Fig. 20 Landhaus bei Creil22). Arch.: Viollet-le-Duc.
21) Faks.-Repr. nach: Zeitschr. d. öst. Ing.- u. Arch.-Ver. 1887, Taf. 33. ^
22) Faks.-Repr. nach: Viollet-le-Duc, E. E. Habitations modernes. Bd. 2. Paris 1877. Taf. 158. ^
23) Faks.-Repr. nach: Licht, H. Architektur Deutschlands. Bd. II. Berlin 1882. Taf. 161. ^




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Gestalt der Quaderstirn. (10.)

Grafik: Fig. 21 Vom Palais Reichenheim zu Berlin23). Arch: Kayser & v. Groszheim.

Obgleich die Besprechung der Formengebung der Quader in die »Bauformenlehre« gehört, so kann dieselbe hier doch nicht ganz übergangen werden, weil die Form der Quader — es handelt sich hier um die Behandlung der Stirnflächen — in zu engem Zusammenhange mit der Bearbeitungsweise der Werkstücke steht und sich zum Teile auch aus dem Baubetrieb geschichtlich entwickelt hat.

Die Bearbeitung der Quader und überhaupt der Werkstücke besteht bei harten Steinen im Bossieren, Stocken, Schleifen und Polieren; bei weicheren Steinen im Bossieren, Spitzen oder Flächen, Kröneln, Scharrieren und Schleifen. Diese Bearbeitungen werden entweder alle hintereinander vorgenommen, oder man bleibt bei einer derselben stehen. Dies hängt teils von der beabsichtigten Wirkung, teils von den zur Verfügung stehenden Mitteln ab. Die kräftigste und monumentalste Wirkung erreicht man mit den bossierten Quadern (Buckelquader, Bossage, Rustika), bei welchen innerhalb eines Randschlages die natürliche Bruchfläche oder dieselbe mit einer etwas weitergehenden Zurichtung (durch Spitzeisen und Bossierschlägel) stehen bleibt. Verfeinerungen der Bossenquader sind die Spiegelquader, bei welchen der vorstehende Bossen eine regelmäßige Form erhält, die häufig mit einem Profil umzogen ist und welche dann in der Regel auch glatt bearbeitet sind. Bei sehr aufwändigen Bauten findet man sogar die Spiegelflächen mitunter noch verziert.

Durch das Spitzen erhält man zwar ebene, aber noch rauhe Flächen mit unregelmäßigen Vertiefungen (den Spitzenhieben). Je nach der Sorgfalt, mit der das Spitzen ausgeführt wird, spricht man von grob (ordinär) oder fein gespitzter Arbeit; bei letzterer müssen die Spitzenhiebe parallel laufen. Mit gespitzten Flächen begnügt man sich bei geringeren Ausführungen oder bei Bauten, die durch ihre Massen wirken sollen. Durch das Kröneln werden die Vertiefungen zwar gleichmäßiger und kleiner;


23) Faks.-Repr. nach: Licht, H. Architektur Deutschlands. Bd. II. Berlin 1882. Taf. 161. ^



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aber das Aussehen der Fläche wird nicht verbessert. Bessere Ergebnisse erzielt man durch das Stocken bei den härteren Steinen, welche man in den meisten Fällen in dieser Arbeitsstufe beläßt, da eine weiter gehende Bearbeitung bis zum Polieren nur bei größten Mitteln möglich ist. Bei den weicheren Steinen geht man bis zum Scharrieren und meist auch zum Schleifen weiter. Das letztere ist aber im allgemeinen nicht zu empfehlen, weil durch dasselbe das Spiel des Lichtes auf den Flächen verloren geht und die Wirkung eine stumpfere wird. Man thäte meist besser, sich mit glatt scharrierten Flächen zu begnügen, wie dies auch im Mittelalter üblich war. Das Scharrieren kann übrigens zu einer sehr kostspieligen Bearbeitung werden, wenn man die Flächen in regelmäßigen parallelen oder radialen, geraden Linien aufschlägt, um dadurch Zierwirkungen zu erzielen. Diese Bearbeitungsweise war in der Spätrenaissance und Barockzeit sehr beliebt. Der Marmor wird durch das Zahnen mit dem Zahneisen zum Schleifen vorbereitet.

Grafik: Fig. 22, Fig. 23

Durch das Scharrieren geht den Quadern der Randschlag verloren, welcher die Stirnflächen in gleicher, dem Schlageisen entsprechender Breite umzieht und die Steine als Einzelteile der Mauer kennzeichnet. Bei den Bossenquadern ist er des Versetzens wegen wünschenswert; bei den gespitzten Steinen ist er notwendig, um eine ebene Fläche herstellen zu können. Will man den glatt bearbeiteten Steinen wieder zu einer stärkeren Betonung als Einzelteile verhelfen, als dies durch die Fugenlinien geschieht, so muß man zu besonderer Bearbeitung derselben greifen. Dies kann geschehen, indem man den Steinen ringsum eine Fase gibt, so daß zwischen ihnen dreieckige, in den Mauergrund eingetiefte Einschnitte sich ergeben. Gewöhnlich läßt man die Fasen unter rechtem Winkel zusammenstoßen (Fig. 22). Eine ausgeprägtere Trennung erzielt man mit dem Winkel von 60 Grad (Fig. 23), während ein stumpferer Winkel als 90 Grad die Fugen zwar breit, aber schwächlich macht. Für weiche Steine hat diese Abfasung den großen Vorteil, daß die Kanten durch dieselbe vor dem Abstoßen und Absplittern geschützt werden.

Grafik: Fig. 24, Fig. 25, Fig. 26, Fig. 27, Fig. 28, Fig. 29

Die Fugen kann man auch dadurch betonen, daß man einen vertieften Randschlag um die Quader ausführt, dessen Ebene dann den Mauergrund bestimmt, während die Flächen der Quader — die Spiegel — vor den Mauergrund vortreten. Bei einfachster Ausführungsweise setzen sich die Spiegel rechtwinkelig vom Mauergrund ab (Fig. 24). Eine breitere Fuge wird durch schräges Absetzen erzielt (Fig. 25). Bereichert wird die erste Form durch eine Fase (Fig. 26) oder ein Profil (Fig. 27). Sehr beliebt ist es, den Spiegel mit einem Viertelstab zu begrenzen, der entweder unmittelbar in die Spiegelfläche übergeht (Fig. 28) oder von dieser mit einem Plättchen sich absetzt (Fig. 29). Die reicheren Formen, von denen hier nur die einfachsten mitgeteilt wurden, verteuern das Quadermauerwerk und werden daher gewöhnlich auf solche Teile der Fassaden beschränkt, bei denen eine Steigerung der Wirkung erwünscht ist, so z. B. auf die Ecken, Sockel und vielleicht ein unteres Stockwerk. Durch weise



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Sparsamkeit sind oft größere Wirkungen zu erzielen, als durch einen gleichmäßig verteilten Reichtum.

Grafik: Fig. 30

Wir nahmen bisher an, daß der Randschlag sich rings um den Spiegel jedes Quaders herum zieht, so daß die Fugenlinie in die Mitte des Streifens zwischen den Spiegeln fällt. Dies war auch früher die üblichste Anordnung. Jetzt führt man den Randschlag nur am oberen Lager und an einer der Stoßfugen aus (Fig. 30). Dadurch werden kleine zweckdienliche Vorteile erzielt. Die Fuge wird gedeckt und dadurch mehr vor dem Eindringen des Regenwassers geschützt, auch kommen kleine Unregelmäßigkeiten derselben in eine verstecktere Lage. Diese Behandlungsweise wird aber nur dann in Anwendung kommen können, wenn die Steine nach vorher genau festgesetzten Schichtenplänen bestellt, geliefert und bearbeitet werden.

Der einseitige vertiefte Saum ist schon bei griechischen und römischen Bauwerken zur Anwendung gekommen, so beim Monument des Lysikrates in Athen (unten) und beim Grabmal der Caecilia Metella in Rom (unten und rechts).

Von den frühesten Zeiten an betrachtete man es in der Regel als selbstverständlich, Fugen nur da zu kennzeichnen, wo solche nur durch das Maß der Steine sich ergaben.

Vereinzelte Beispiele von Scheinfugen finden sich schon im Altertum, so ganz planmäßig am Grabmal der Caecilia Metella in Rom24), so an einem auf dem Forum Romanum gefundenen Werkstück25), so an der Terrassenmauer von Pasargadae.

Namentlich die Renaissancezeit durchbrach diesen natürlichen und allein richtigen Grundsatz. Man fing an, der Verzierung zuliebe, Fugeneinschnitte auch da zu machen, wo in Wirklichkeit gar keine Fugen vorhanden waren, große Werkstücke scheinbar in eine Anzahl kleinerer zu zerlegen. Leider huldigt man vielfach auch jetzt dieser Verirrung; Bequemlichkeit der Steinhauer, Mangel an prüfender Ueberlegung seitens der Architekten fördern diese Scheinarchitektur.

Ist es verwerflich, Fugen anzudeuten, wo keine sind, so führt es nicht minder zu Geschmacklosigkeiten, Fugen dort zu unterdrücken, wo sie hervorgehoben werden sollten. So findet man oft Bossen- oder Spiegel-Quadermauerwerke, bei welchen nur die wagrechten Fugen betont, die lotrechten dagegen möglichst zum Verschwinden gebracht sind und die dadurch Brettverkleidungen ähnlich werden.


Plastischer Schmuck am Quaderbau. (11.)

Zur Aufnahme bildnerischen Schmuckes bei Fassadenbildungen werden häufig die Wandflächen, auch von Quaderbauten, hinzugezogen. Wird eine solche Schmuckform den einzelnen Quadern oder Verkleidungsplatten so zugeteilt, daß sie sich innerhalb der Umgrenzung derselben bewegt, so haben wir es mit einer streng mit dem Verband in Einklang stehenden Verzierungsweise zu thun, möge sie sich auch bis zum Reichtum der Fassade der Certosa von Pavia oder des sog. Kaiserhauses in Hildesheim versteigen, wenn sie sich nur sonst rechtfertigen läßt. Eine solche bauliche und oft sehr berechtigte Verwendung des bildnerischen Schmuckes haben wir bei der Zuteilung desselben an einzelne an geeigneten Stellen befindliche Quader, z. B. Binderköpfe, oder an Tafeln oder Scheiben, die in der Mitte von Wandfeldern angeordnet werden, oder an wagrecht die Wand teilende Streifen oder

24) Siehe Teil II, Bd. 2 (Art. 119, S. 130) dieses »Handbuches«. ^
25) Siehe: Zeitschr. d. öst. Ing.- u. Arch.-Ver. 1887, S. 183. ^




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an gewisse, für den Verband bedeutungslose Stellen. Es ist dabei für die Wahrung des konstruktiven Gepräges gleichgültig, welcher Art die betreffende Zierde ist, wenn man sich nur davor hütet, die Quaderstirnen mit stark vertieften Füllungen zu versehen, weil diese widersinnig sein würden. Wie die Schmuckformen nach den Gesetzen der Aesthetik beschaffen sein müssen, ist eine hier nicht zu behandelnde Frage; das Erforderliche hierüber ist in Teil I, Band 3 dieses »Handbuches« zu finden.

Der streng konstruktive Boden wird verlassen, wenn die Schmuckformen sich über mehrere Steine hinweg erstrecken, so daß dieselben von Fugen durchschnitten werden. Davor ist man nun allerdings zu keiner Zeit zurückgeschreckt, und mit Recht; denn eine so ängstliche Beschränkung, die Entwickelung eines Ornamentes nur auf die knappe Fläche eines Steines zulassen zu wollen, ist gar nicht durchführbar. Am zurückhaltendsten hat sich in dieser Beziehung wohl die Gotik gezeigt; aber auch sie konnte das Durchschneiden des Zierwerkes durch Fugen nicht vermeiden. Doch ist zu bestätigen, daß sie zu allermeist auf eine zweckmäßige Lage der Fugen Rücksicht nahm.

Diese Maßregel ist es auch, die als Richtschnur für die Gestaltung von Schmuckformen empfohlen werden muß, insbesondere dann, wenn härtere Steine zur Anwendung gelangen, die eine nachträgliche Herstellung des Ornamentes an der Fassade nicht gestatten, oder wenn die Fertigstellung vor dem Versetzen der Werkstücke das anzuwendende Arbeitsverfahren ist. Gestattet es die Beschaffenheit des Steines, die Werkstücke mit dem für die Verzierung bestimmten Bossen zu versetzen und diesen erst nachher auszumeißeln, so ist dies von großem Vorteil; man ist in Bezug auf die Zeit vom Bildhauer nicht abhängig; das Versetzen ist leichter, weil die Sorge vor Beschädigungen der zarten Arbeiten wegfällt; unbedingt genaues Passen der Profile und Ornamentteile in den aufeinander folgenden Schichten oder aneinander gereihten Steinen ist zu erzielen möglich, und schließlich ist man eben durch den Fugenschnitt in der Erfindung der Form nicht behindert. Aber diese Freiheit ist auch die Klippe, an der so häufig das monumentale und konstruktive Gepräge zu Grunde geht. Selbstbeschränkung kann auch hier nur vor Verwilderung bewahren. Auf einen Nachteil der nachträglichen Fertigstellung der Werkstücke bezüglich der Dauerhaftigkeit derselben werden wir später zurückzukommen haben.


Färbung und Bemalung. (12.)

So umfassend die alten Völker, selbst die Griechen bei ihren Bauten aus weißem Marmor, einen farbigen Schmuck der Außenflächen durch Bemalung und Färbung in Anwendung brachten, so selten ist derselbe jetzt geworden. Man begnügt sich jetzt zumeist, farbige Wirkung der Fassaden durch geschickte Auswahl der Steine zu erzielen, und kann damit auch recht schöne, wenn auch in Kraft und Tiefe der Farben beschränkte Erfolge erreichen. Bunteren Wechsel sucht man durch Hinzuziehen anderer Baustoffe (vergl. Kap. 2 u. 4) herbeizuführen. Daß die unmittelbare Färbung und Bemalung der Steinflächen ganz in den Hintergrund getreten ist, hat wohl seinen Grund in dem Mangel eines Verfahrens, dieselbe dauerhaft herzustellen, und in dem Verluste des Sinnes für derartigen Schmuck. Die Alten verwendeten zur Ausführung desselben auf Marmor und Holz die enkaustische Malerei, deren Kenntnis verloren gegangen ist. Mannigfache Versuche, dieselbe wieder zu entdecken, sind gemacht worden. Sie haben zur Auffindung der für Innenausstattungen wichtigen Wachsölmalerei geführt, die oft fälschlich enkaustische Malerei genannt wird.

Hansen in Wien soll an den Fassaden des neuen Parlamentshauses daselbst



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Versuche mit einer wirklichen Enkaustik gemacht haben. Die Ausführungsweise derselben scheint aber erst durch Donner von Richter wieder entdeckt worden zu sein26). Danach bestand dieselbe im Auftragen von geschmolzenem, mit Farbe und Olivenöl gemengtem, punischem Wachse (Wachs, welches etwas durch kohlensaures Natron verseift ist) mittels des Pinsels und nachherigem Einbrennen. Das letztere war notwendig, um der Oberfläche eine gleichmäßige Erscheinung zu geben.

Die Kausis war nach derselben Quelle ein Ueberziehen von Freskomalereien mit geschmolzenem punischem Wachs, dem etwas Olivenöl zugemischt war und welches auch eingebrannt wurde. Diese Methode wurde nur des Zinnobers wegen angewendet, welches im Licht die Farbe verändert.

Unter den neueren Malmethoden ist die Stereochromie auf Steinflächen anwendbar. Mitteilungen über dieselbe folgen in Kap. 427).


Behandlung von geböschten Wandflächen. (13.)

Grafik: Fig. 35
Grafik: Fig. 31, Fig. 32, Fig. 33, Fig. 34

Außer Mauern mit lotrechter Außenseite kommen auch öfters solche mit Anlauf, Dossierung oder Böschung — die geböschten Mauern — zur Anwendung. Werden dieselben aus Quadern hergestellt, so nimmt man gewöhnlich 1/12 der Höhe als größtes Maß des Anlaufes an; indessen kommen auch viel stärkere Neigungen vor. Das einfachste Mittel, den Anlauf herzustellen, besteht im Zurücksetzen der Schichten um den auf die Höhe jeder Schicht kommenden Teil des Gesamtmaßes. Verfährt man dabei nach der in Fig. 31 dargestellten Weise, so bleibt auf den wagrechten Absätzen Wasser stehen, dringt von da in die Fugen ein und trägt zur rascheren Zerstörung der Mauer bei. Es ist deshalb immer anzuraten, die Kanten am oberen Lager der Quader abzufasen (Fig. 32) oder abzurunden (Fig. 33). Noch besser ist es, diese Fase oder Abrundung ein Stück unter die Lagerfuge zu rücken (Fig. 34). Die Quader einer solchen Mauer können selbstredend auch mit Bossen oder Spiegeln versehen werden (Fig. 35). Soll das Haupt der Mauer eine ebene Fläche bilden, so ergeben sich am unteren Lager der Quader spitzwinkelige Kanten, die man bekanntlich zu vermeiden sucht. Man wird dieselben nur bei sehr geringer Böschung zulassen dürfen. Als Auskunftsmittel hat man ein Brechen der Lagerfugen auf 9 bis 10cm Breite, wie in Fig. 36, zur Anwendung gebracht. Abgesehen von dem dabei sich um das Höhenmaß a ergebenden Mehraufwand an Werkstein, ist auch eine sehr genaue und daher teuere Bearbeitung erforderlich; das Versetzen ist schwierig und doch ist das Ergebnis kein vollkommenes, weil die nach innen zu geneigten Lagerfugen das Eindringen des Regenwassers

26) Ausführliche Mitteilungen desselben in: Keim, A. Praktische und chemische Mittheilungen für Malerei u. s. w. Jahrg. 2 (1885), S. 37 u. ff. ^
27) Ueber die sog. Lavamalerei siehe die 1. Auflage dieses Heftes (Art. 12, S. 22). ^




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Grafik: Fig. 36, Fig. 37, Fig. 38, Fig. 39

befördern. Gute Dichtung der Fugen und dauernde Beaufsichtigung derselben sind daher dringend notwendig. Vorzuziehen ist in solchen Fällen, die Lagerflächen in ihrer ganzen Ausdehnung senkrecht zum geböschten Mauerhaupt zu legen, wobei die spitzen Winkel nach innen kommen (Fig. 37). Wie im vorhergehenden Bande (Art. 13, S. 12) dieses »Handbuches« ausgeführt wurde, wird diese Anordnung auch mitunter des Fugendruckes wegen notwendig. Zusammenstellungen von geneigten und wagrechten Lagerflächen kommen gleichfalls zur Anwendung (Fig. 38).

Für wagrechte Lagerflächen ist die in Fig. 39 dargestellte Behandlung des Mauerhauptes eine sehr zweckmäßige. Um rechtwinkelige Kanten am unteren Lager zu erhalten, sind schmale lotrechte Abstumpfungen angeordnet und die Quaderhäupter etwas flacher geböscht, als die angenommene Gesamtböschung.

Grafik: Fig. 40, Fig. 41, Fig. 42


Wagrechte Mauerabschlüsse. (14.)

Bei den unter freiem Himmel befindlichen Mauern ist die oberste Quaderschicht so zu gestalten, daß das Regenwasser abgeführt wird, also nicht stehen bleiben und in die Stoßfugen eindringen kann. Bei den einhäuptigen Mauern, wie Stütz- und Terrassenmauern, wird dies in einfachster Weise durch eine Abrundung der etwas geneigten Oberfläche bewirkt, wenn das Gelände sich nahezu wagrecht anschließt (Fig. 40). Aus ästhetischen Gründen wird an dieser Stelle häufig auch ein vorspringendes Gesims notwendig, dessen Traufkante bei lotrechter Mauerflucht diese



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Grafik: Fig. 43 Festungsmauer in Pompeji28).

vor dem Regen etwas schützt. Dieser Schutz entfällt bei geböschten Mauern. Eine Ueberfalzung mit der nächstunteren Schicht erscheint zweckmäßig, um Verschiebungen zu verhindern (Fig. 41). Diese letztere Maßregel ist noch wünschenswerter, wenn der Boden über der Mauer ansteigt (Fig. 42). Auf diesen Umstand ist auch in der Bildung des oberen Lagers Rücksicht zu nehmen.

Bei Terrassenmauern ist auf dem oberen Lager gewöhnlich eine wagrechte Aufstandsfläche für eine Brüstungsmauer oder Balustrade zu beschaffen.

Grafik: Fig. 44, Fig. 45, Fig. 46, Fig. 47

Die zweihäuptigen Mauern, wie frei endigende Umfassungsmauern, Einfriedigungs- und Festungsmauern, Brustwehren u. dergl. erfordern ebenfalls Rücksichtnahme auf rasche Wasserabführung, und zwar mit oder ohne Verbindung mit einem Gesims oder einfachem Vorsprung vor den Mauerfluchten. In einfachster Weise erfolgt die Wasserabführung nach den in Fig. 44 u. 45 angedeuteten Weisen. Verbindung des Wasserschlages mit einem Vorsprung oder Gesims geben in antiker, mittelalterlicher und neuzeitlicher Weise Fig. 43, 46 u. 47.

Grafik: Fig. 48

Da das Eindringen des Wassers in die Stoßfugen zuerst die Verwitterung einleitet und befördert, so ist es für die Abdeckungen zweckmäßig, die Stoßfugen möglichst davor zu sichern. Eine gute Maßregel ist, dieselben mit schmalen Stegen einzufassen und so die Flächen, von denen Wasser zugeführt werden kann, einzuschränken (Fig. 48). Die Flächen zwischen den überhöhten Rändern können dabei eben (Fig. 49) oder noch besser rinnenförmig (Fig. 50) gestaltet werden.

Die Befestigung der Deckschicht auf der nächst darunter befindlichen Schicht und die der Steine der Deckschicht untereinander kann nach einer der im vorhergehenden Bande (Abschn. 1, Kap.) dieses »Handbuches« angegebenen Arten erfolgen.


Schräge Mauerausläufe. (15.)

Grafik: Fig. 49, Fig. 50

Die schräg ansteigenden Abschlüsse von Mauern, welche Freitreppen oder Rampen seitlich begrenzen, oder von Flügelmauern oder Strebepfeilern oder Giebelmauern unterliegen denselben Witterungseinflüssen, wie die wagrechten Abschlüsse von anderen im Freien befindlichen Mauern und erfordern daher ähnliche Behandlung. Die rasche Wasserabführung ergibt sich bei ihnen allerdings von selbst; dagegen entstehen aus der

28) Nach: Viollet-le-Duc, E. E. Dictionnaire raisonné de l'architecture française etc. Band 4. Paris 1861. S. 375. ^




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Verbindung der Abdeckung mit den wagrechten Quaderschichten ähnliche Schwierigkeiten für den Fugenschnitt, wie bei den geböschten Mauern. Die Lösung derselben erfolgt auch im allgemeinen in der gleichen Weise, wie bei diesen. Wegen der flacheren Neigung der in Rede stehenden Abschlüsse muß jedoch noch mehr von der Durchführung wagrechter Lagerfugen abgesehen werden, da die unteren Kantenwinkel immer zu spitz ausfallen. Hier ist aber anzuführen, daß das Mittelalter dies nicht immer beachtete.

Grafik: Fig. 51, Fig. 52, Fig. 53, Fig. 54


Grafik: Fig. 55, Fig. 56

Fig. 51 bis 54 geben Beispiele, wie die Abschlüsse von Wangen- und Flügelmauern hergestellt werden können. Am Fuße derselben ist in der Regel ein größerer Stein anzuordnen, um dem Schub der darüber befindlichen Steine genügenden Widerstand zu bieten. Insbesondere wird dieser notwendig bei der in Fig. 54 dargestellten Abdeckung mit Platten, unter denen die wagrechten Schichten spitz auslaufen; das letztere ist hierbei zulässig, und diese Anordnung hat den Vorteil, daß die Anzahl der Stoßfugen, in welche Wasser eindringen kann, verringert wird.

Fig. 55 u. 56 geben Abdeckungen von Strebepfeilern. Die bessere Anordnung ist jedenfalls die in Fig. 56 wiedergegebene.


In Fig. 57 u. 58 sind Giebelmauerabschlüsse dargestellt; der Abschluß in Fig. 58 ist vorzuziehen, weil bei demselben die Werkstücke eine Abwässerung nach der Seite hin haben, wodurch das Wasser in diagonaler Richtung geführt und von den Stoßfugen etwas abgeleitet wird.


Versetzen der Hausteine. (16.)

Die Quader und bearbeiteten Werkstücke werden an ihren Platz in der Mauer entweder bei geringerer Höhe mühsam auf schiefen Ebenen (Fahrbrücken) hinauf-



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Grafik: Fig. 57, Fig. 5829)

befördert, oder sie werden an denselben mittels der Hebezeuge (Hebegeschirre) gehoben. Im letzteren Falle faßt man sie mittels des Wolfes (Kropfeisen, Klaue) oder der Zange oder des Kranztaues oder anderer geeigneter Vorrichtungen. Diese, sowie die Hebezeuge werden in Teil I, Band 5 (Bauführung) dieses »Handbuches« Besprechung finden. Nur bei Anwendung des Wolfes können die Steine über ihrem künftigen Platz unter allen Umständen schwebend erhalten werden, wodurch die Arbeit des Versetzens sehr erleichtert wird und dieselbe genauer und sauberer vollendet werden kann, als wenn dies bei Benutzung einer der anderen Faßvorrichtungen aus freier Hand geschehen muß.

Bei jeder Art des Versetzens müssen die Quader oder die Werkstücke, nachdem das Lager genau wagrecht abgerichtet worden ist, zunächst probeweise versetzt werden, um nachsehen zu können, ob sie passen, was mit der Wasser- oder Setzwage, dem Lot (Senkel), dem Winkelmaß und Richtscheit geschieht. Ungenauigkeiten werden dann möglichst beseitigt. Das Verrücken der Steine auf ihrem Lager erfolgt mittels eiserner Stangen mit flacher Schneide, den Setzeisen (Brechstangen). Diese müssen möglichst vorsichtig, wo möglich nur unter den Stoßfugenseiten, zur Anwendung gebracht werden. Beim Versetzen aus freier Hand ist dies nicht immer möglich, woraus sich sehr häufig starke Beschädigungen der sichtbar bleibenden Kanten ergeben. Um diese Verletzungen der Kanten zu vermeiden, legt man gewöhnlich unter die Lagerfläche, auch wenn die Mauer ohne volle Mörtelfugen ausgeführt wird, kleine Keile von weichem Holz, Pappdeckelstücke, Bleistreifen etc., die nach dem Versetzen wieder beseitigt werden, was leicht durch das Lüften mit dem Setzeisen geschehen kann. Man verwendet auch wohl nur eine dünne Schicht von Weißkalk, die über das ganze Lager ausgebreitet wird. Am sichersten ist es jedoch, unter die ganze Lagerfläche eine dünne Bleiplatte (von Rollen- oder Dachblei), welche um etwa 3cm vom Rande wegbleibt, zu legen. Kann das Blei mit Kalk- oder Cementmörtel in Berührung kommen, so soll es vor der zersetzenden Einwirkung derselben durch Anstrich mit Kautschukfirnis geschützt werden können.

29) Nach: Chabat, P. La brique et la terre cuite. Paris 1881. Taf. 55. ^




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Die Griechen verwendeten zum Schutz der Kanten an besonders wichtigen Stellen einen Schutzsteg (Scamillus30), oder sie ließen an denselben Bossen stehen, die später weggearbeitet wurden31), und zwar nicht bloß an den Kanten der Lagerfugen, sondern auch an denen der Stoßfugen. Einen ähnlichen Zweck haben die schon oben erwähnten Absafungen der Kanten.

Außer aus dem angegebenen Grunde kommen die Bleiplatten auch zur Herbeiführung gleichmäßiger Druckverteilung in Anwendung. Eben deshalb verwendet man bekanntlich auch den Mörtel. Am besten ist es, diesen satt auf Lager- und Stoßflächen der benachbarten Steine aufzutragen und den Quader gleichmäßig einzusetzen. Deshalb hebt oder kantet man nach dem Probesetzen den Quader wieder auf, reinigt und benetzt alle Fugenflächen gut mit Wasser, trägt einen feinsandigen Mörtel auf, setzt in denselben dann endgültig den Stein in der ausgeprobten Lage und rammt diesen vorsichtig mit hölzernen Stößern, bis er mit den Nachbarsteinen der Schicht in Wage liegt. Diese Art des Versetzens macht bei Benutzung von Hebezeug und Wolf keine Schwierigkeiten. Trotzdem drückt sich, wie die Erfahrung lehrt, der Quader sehr häufig nicht gleichmäßig in das Mörtelbett ein; die untere Lagerfläche des versetzten Steines kommt nicht vollständig mit dem Mörtel in Berührung, und es verbleiben Höhlungen.

Mit gutem Erfolge wurde zur Vermeidung dieses Uebelstandes beim Bau der Albertbrücke zu Dresden folgendes Verfahren in Anwendung gebracht32). Siebförmig durchbohrte Eisenbleche wurden auf die Lagerflächen gelegt und über diese der Mörtel ausgebreitet. Wurde sodann das Blech abgehoben, so fanden sich auf der Lagerfläche eine große Anzahl kegelförmiger Mörtelberge und eine Anzahl unausgesüllter Thäler vor; der nun aufgesetzte Stein verschob die Bergspitzen nach Maßgabe der Beschaffenheit seiner unteren Lagerfläche, und wenn man jetzt den versetzten Stein wieder emporhob, so zeigte es sich, daß die untere Lagerfläche sehr gleichmäßig sich in den Mörtel eingesetzt hatte und Hohlräume kaum zu bemerken waren; die Stärke der Lagerfugen betrug hierbei rund 5mm.

Noch unvollkommener wird die Mörtelverteilung beim Umkanten der aus freier Hand zu versetzenden Quader. Um ein einseitiges Herausdrücken des Mörtels hierbei zu verhindern, ist man immer gezwungen, Holz- oder Eisenkeile oder Schiefer unterzulegen, die nach dem Versetzen wieder herausgezogen werden müssen. Am zweckmäßigsten dürfte hierbei das Unterlegen von Holzkeilen in der Nähe der vier Ecken des Steines sein.

Grafik: Fig. 5933), Fig. 60

Am unvollkommensten wird die Ausfüllung der Fugen beim nachträglichen Ausgießen mit dünnem Mörtel. Die Fugenränder werden dabei vorher mit Mörtel, Thon oder Werg gedichtet und der dünnflüssige Mörtel unter Druck, d. h. von einer gewissen Höhe aus in die Stoßfugenhöhlungen eingegossen. Da immer mörtelleere Räume bleiben, so muß man diese zu beseitigen suchen. Dies kann mit der Mörtelsäge (Fig. 5933)) geschehen. Bei den Lagerfugen verwendet man dieselbe in der in Fig. 60 dargestellten Weise.

Man befestigt in der Höhe der Fuge F F das Brett A, welches an der Unterseite mit den eisernen Winkeln C versehen ist, die sich an die Steinfläche anlegen. Das Brett wird durch die in die Fuge eingeschobenen Eisenschienen B gehalten. Der auf das Brett aufgebrachte Mörtel wird vom Maurer mit der

30) Siehe Teil II, Bd. 1 (Art. 42, S. 71) dieses »Handbuches«. ^
31) Siehe: Choisy, A. L'art de bâtir chez les Romains. Paris 1873. S. 106 u. ff. ^
32) Siehe: Protokolle des Sächsischen Ingenieur- u. Architckten-Vereins. 87. ordentl. Hauptversammlung 1875. S. 75. ^
33) Nach: Viollet-le-Duc, a. a. O., Bd. 5, S. 421. ^




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Kelle und der Mörtelsäge so lange in die Fuge eingeschoben, bis nichts mehr hineingeht. Hat der Mörtel angefangen abzubinden, so wird er fest zusammengestoßen. Gut ist es, die Fuge bis auf 2 bis 3cm Tiese offen zu lassen, namentlich bei weichen Steinen und bei Verwendung von Cement, damit ein Absprengen der Kanten durch den Druck auf den härter als der Stein gewordenen Mörtel beim Setzen des Mauerwerkes nicht eintreten kann.

Die Stoßfugenhöhlungen werden in der Regel nachträglich ausgegossen, um sie zusammensägen und dadurch fein (scharf) machen zu können. Man verwendet dazu bei weichen Steinen gezahnte, bei härteren Steinen ungezahnte Sägeblätter von Stahl oder Kupfer unter Zuführung von Wasser und feinem Sand.

Besondere Vorsichtsmaßregeln erheischen solche mit Wänden in Verbindung stehende Werkstücke, die wegen ihrer beträchtlichen Länge bei geringer Querschnittsfläche mit dem natürlichen Lager in aufrechte Stellung kommen und infolgedessen schon bei geringem durch das Setzen des Mauerwerkes herbeigeführten Drucke Absplitterungen erleiden können. Dies ist beispielsweise bei dünnen, vor die Mauer gestellten Säulenschäften oder Diensten der Fall, die mit derselben nur durch einzelne Binder verbunden sind. Man nimmt nach dem Einpassen die Säulchen zweckmäßigerweise ganz weg und versetzt sie erst endgültig, wenn kein merkliches Setzen mehr zu erwarten steht.

Grafik: Fig. 61

In solchen Fällen ist eine Verbindung der nachträglich eingeschobenen Werkstücke mit den schon früher versetzten durch Dübel wünschenswert, um sie in ihrem Stande zu sichern. Um dies zu ermöglichen, schlägt man im oberen Lager des unteren Stückes ein Dübelloch von der ganzen Länge des Dübels und steckt diesen hinein, nachdem man ihn an ein Pferdehaar, einen dünnen Draht oder eine dünne Schnur gebunden hat34). Mittels der beiden Enden dieses Drahtes oder dergleichen (Fig. 61) zieht man nach dem Versetzen den Dübel in das Loch des oberen Werkstückes in die Höhe und hält ihn so fest, bis er vergossen ist, was durch die an einer oder mehreren Seiten angebrachten sog. Nester aus Thon oder Letten erfolgt. Zur Erleichterung des Ausgießens werden auf dem oberen Lager des unteren Werkstückes Gußrinnen eingearbeitet, die in der Nähe der Kante beginnen und mit etwas Gefälle nach dem Dübelloch geführt sind.

Ueber die Verbindungsstücke und die zum Ausgießen zu verwendenden Stoffe vergleiche man das im vorhergehenden Bande (Art. 104 u. ff., S. 82 u. ff. [2. Aufl.: S. 85]) dieses »Handbuches« Gesagte.


Ausbesserungen. (17.)

Trotz aller Vorsicht werden beim Versetzen oder schon vorher Kanten und Ecken von den bearbeiteten Quadern und Werkstücken abgestoßen; auch bei der Bearbeitung durch den Steinhauer ergeben sich öfters derartige Beschädigungen. Die Arbeiter suchen dieselben in der Regel zu verheimlichen und die abgesprungenen Stücke mit in Spiritus aufgelöstem Schellack anzukitten. Diese Ausbesserungen haben aber keine lange Dauer. Ist es daher der Bauleitung nicht möglich, derartige Werkstücke zurückzuweisen oder wieder zu beseitigen, so ist eine Ausbesserung durch

34) . Siehe auch: König, G. Einige praktische Winke beim Versetzen der Hausteine. Haarmann's Zeitschr. f. Bauhdw. 1877, S. 31. ^




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einzusetzende sog. Führungen oder Vierungen vorzuziehen. Diese Führungen sind so anzubringen, daß sie möglichst wenig sichtbar und nicht bloß durch den Kitt festgehalten werden. Deshalb muß der Führungsstein von derselben Art und Farbe des Werkstückes sein; die Fugen müssen an geschickte Stellen gelegt und das Stück mit Schwalbenschwanz oder mit Zapfen eingesetzt werden. Das Einkitten erfolgt mit einer Auflösung von Schellack in Spiritus, wobei es gut ist, den Stein vorher anzuwärmen, oder mit Steinkitt oder mit Portlandcement.

Kleine Ausbesserungen an Flächen und Kanten werden in der Regel mit Portlandcement gemacht, dem man die Farbe des Steines durch Zusetzen von Staub derselben Steinart gibt. Auch Steinkitt wird zu demselben Zwecke verwendet. Leider werden die fehlerhaften Stellen durch derartige Ausbesserungen oft nach Verlauf einiger Zeit erst recht bemerklich, also das Gegenteil von dem erreicht, was man beabsichtigte.


Schutz der Hausteine nach dem Versetzen. (18.)

Bei der Ausführung der Gebäude ist es nicht zu verhindern, daß aus höheren Gerüststockwerken Werkzeuge oder Steinstücke infolge von Zufällen oder Nachlässigkeit herabstürzen und die schon versetzten Hausteine gefährden. Vorspringende Teile oder wagrechte Flächen (z. B. Fenstersohlbänke) sind daher durch eine Abdeckung mit Brettern oder in Lehm verlegten Backsteinen zu schützen oder unter Umständen wohl auch ganz in eine Bretterverkleidung einzuschließen. Auch die lotrechten Wandflächen sind schwer entfernbaren Verunreinigungen durch Kalk- oder Cementmörtel ausgesetzt. Gegen diese sucht man sich häufig durch einen Anstrich der Steinflächen mit Lehmwasser zu sichern. Dieser dünne Lehmüberzug verhindert das feste Anhaften und die ätzenden Wirkungen des angespritzten Mörtels; auch kann derselbe nach der Fertigstellung der Fassaden gewöhnlich leicht durch Abwaschen beseitigt werden. Man hat jedoch beobachtet, daß manchmal die Farbe der Steine dauernd durch den Lehm verändert wird.


Reinigung der Hausteinarbeiten. (19.)

Trotz der eben besprochenen Schutzmaßregeln werden die Steinflächen nach ihrer Fertigstellung einer Reinigung bedürfen und von Flecken verschiedener Art befreit werden müssen.

Die allgemeine Reinigung erfolgt bei Sandsteinbauten durch Abschleifen mit feinkörnigen Sandsteinstücken oder durch Abwaschen mit Wasser und scharfen Bürsten. Diese letztere Maßregel empfiehlt sich in rußigen Städten zur jährlichen Wiederholung. Das Abspülen der Fassaden mit dem Strahle einer Feuerspritze genügt nicht.

Kalkflecke werden durch mehrmaliges Abspülen mit verdünnter Salzsäure (1kg Salzsäure auf 9kg Wasser) und rasches Nachwaschen mit Sodalösung beseitigt. Das Abwaschen ganzer Sandsteinfassaden mit verdünnter Salzsäure empfiehlt sich nicht, weil mancher Sandstein durch die Säure angegriffen wird, was sich durch einen braunen Ueberzug oder Beschlag später bemerklich macht35). Auch durch sofortiges Nachwaschen mit Sodalösung wird diese Gefahr nicht ganz ausgeschlossen. Bei Kalk- oder kalkhaltigen Steinen darf selbstverständlich Säure zur Reinigung nicht benutzt werden.

Fettflecke lassen sich durch Auflegen von Fließpapier und geschabter Kreide oder Speckstein und Darüberfahren mit heißen Eisenstücken (Plättstahl u. dergl.) entfernen. Gleiche Dienste leistet Abspülen mit Benzin oder Petroleum, welches dann durch gelinde Wärme (nicht über 35 Grad) zum rascheren Verdunsten

35) Siehe: Baugwksztg. 1884, S. 340. ^




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gebracht wird. Auch oberflächliche Verseifung (Kali- oder Natronbehandlung) ist von Nutzen36).

Die Reinigung von Kalkstein und Marmor bewirkt man durch Abwaschen mit Wasser und Seife. Stärker wirkt eine Mischung aus Kalkmilch und Seifensiederlauge.

Zur Reinigung der Pariser Hausteinfassaden hat de Liebhaber ein Verfahren erfunden, das wesentlich billiger, als das gewöhnliche Abwaschen sein soll. Nach demselben werden die Steine durch Auftragen eines Gemisches von Soda und gelöschtem Kalk in Pulverform mit Chlorcalcium oder Eisenchlorid vorbereitet und dann mit einer Mischung von Salzsäure und Schwefelsäure behandelt. Der Stein soll dabei nur auf eine geringe Tiefe angegriffen werden37).

Es empfiehlt sich, hier auch die Mittel anzugeben, die zur Beseitigung von altem Oelfarbenanstrich auf Stein benutzt werden. Dazu genügt meist ein mehrmaliger reichlicher Anstrich mit warmer Lauge. Das Ablösen erfolgt schon nach einigen Stunden. In Vertiefungen ist mit dem Stemmeisen oder Spitzmeißel nachzuhelfen38).

Zu demselben Zwecke wird auch die Anwendung einer Lauge empfohlen, die aus 2 Teilen Holzasche, 6 Teilen Salpeter und 6 Teilen Alaun in der Weise bereitet wird, daß man diese Stoffe mit Wasser überschüttet, bei gelindem Feuer zum Sieden bringt und dann ein Stückchen Seife hinzusetzt. Die Farbenflecke werden mit der geklärten Lauge wiederholt mit einem Schwamm bestrichen und dann mit Wasser abgewaschen39).


Dichten der Quaderfugen. (20.)

Um die Mauern, welche den Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, vor dem Eindringen der Feuchtigkeit durch die Fugen zu schützen, ist es zweckmäßig, die letzteren mit einem geeigneten Dichtungsmörtel zu verstreichen, wenn nicht mit ganz vollen Fugen gemauert worden war. Insbesondere ist dies bei allen Abdeckungen notwendig. Das Ausfugen erfolgt in der Regel vor dem Abrüsten der Mauern. Waren die Quader in Mörtel versetzt, so kratzt man denselben aus den Fugen bis auf etwa 3cm Tiefe heraus, beseitigt den Staub durch Auskehren und Ausspülen und streicht dann den Fugenmörtel, der bei geringeren Arbeiten aus hydraulischem Kalk oder Cement hergestellt wird, mit einer kleinen Kelle ein. Mit dem Fug- oder Fummeleisen wird derselbe dann so lange bearbeitet, bis er poliert erscheint. Beim Ausfugen von Mauerwerk aus weichen Steinen mit Cement ist Vorsicht insofern nötig, als durch das rasche Erhärten des Cementes über die Härte der Steine hinaus bei weiterem Setzen des Mauerwerkes die Kanten abgedrückt werden können (vergl. Art. 16, S. 28). Hier muß noch die Bemerkung Platz finden, daß, wenn die Quader in Mörtel verlegt werden, es für die Verfestigung desselben von Vorteil ist, die Fugen nicht zu dünn zu machen.

Bei besseren Arbeiten verwendet man zum Ausfugen einen Steinkitt. Für Mauerwerk, welches dem Witterungswechsel ausgesetzt ist, wird folgende Zusammensetzung nach Gewichtsteilen angegeben: 51/4 Teile Mehlkalk, 51/4 Teile Ziegelmehl, 1/4 Teil Glaspulver und 2 Teile Leinölfirnis; für Mauerwerk, welches beständig unter Wasser ist, dagegen: 5 Teile Kalk, 21/2 Teile Ziegelmehl, 1/2 Teil Hammerschlag, 1/4 Teil Glaspulver und 2 Teile Leinölfirnis40).

Kalk und Ziegelmehl müssen so trocken als möglich sein. Von dem Oele, welches man vorher noch zu kochen pflegt, nimmt man anfänglich nur so viel, daß die Masse beim Schlagen oder Stampfen nicht

36) Nach: Romberg's Zeitschr. f. prakt. Bauk. 1880, S. 14. ^
37) Siehe: La semaine des constr. 1885–86, S. 210 — Centralbl. d. Bauverw. 1885, S. 340 — Wochbl. f. Baukde. 1885, S. 507. ^
38) Schmidt reinigte auf diese Weise die Kanzel des Stephans-Doms in Wien. (Nach der in Fußnote 36 angegebenen Quelle.) ^
39) Siehe: Baugwksztg. 1883, S. 636. ^
40) Siehe: Schmidt, F. X. Die Chemie der Baugewerbe. Stuttgart 1878. S. 162 — wo auch noch andere Kitte für Steinwerk mitgeteilt sind. ^




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stäubt. Ein Mann kann in einem Tage höchstens 5kg schlagen, und zwar auf folgende Weise. Die vorher in einem Mörser gestoßene Masse wird gesiebt, von neuem in einen Mörser gethan, sodann 3/4 des Oeles hinzugethan und alles zu einem steifen Teig verarbeitet. Nachdem das letzte Viertel Oel zugesetzt worden ist, wird die Masse aus dem Mörser gekratzt, auf eine Steinplatte gelegt und mit einem besonderen, etwa 10kg schweren Eisen oder einer gewöhnlichen Brechstange einen Tag lang geschlagen, unter öfterem Wenden und Zusammenlegen des breit geschlagenen Kuchens. Bei starkem Verbrauch des Kittes kann man bis zu 12,5kg zusammen herstellen; doch sollte man davon nicht mehr machen, als in 2 bis 3 Tagen verwendet werden kann. Auf 8 bis 12 Tage kann man den Kitt durch Einschlagen in feuchtes Papier und Aufbewahren an einem kühlen Orte, ohne daß er eine Rinde bekommt, erhalten.

Grafik: Fig. 6242)

Vor dem Verkitten müssen die Fugen vollkommen trocken und staubfrei sein und mit Oel einigemal ausgestrichen werden. Der Kitt wird mit hölzernen oder eisernen Spateln mit Gewalt so tief als möglich eingepreßt. Entstehen in den ersten Tagen nach diesem Einstreichen kleine Risse, so müssen diese mit Oel bestrichen und mit dem Spatel wieder zugedrückt werden. Gewöhnlich ist der Kitt nach 8 Tagen trocken und nach Jahresfrist steinhart. Man kann dem Kitt durch Zusatz von etwas Schwarz oder Bolus eine graue oder rötliche Farbe geben41).

Als Fugenkitt benutzt man mit Vorteil auch hydraulischen Kalk mit Zusatz von Wasserglas. Der aus beiden Stoffen gemengte Brei darf nur in kleinen Mengen angefertigt und muß rasch verbraucht werden.

Beiläufig mag hier noch eine Schutzmaßregel erwähnt werden, die im Mittelalter an einigen Bauwerken des Elsaß Anwendung fand, unter anderen an den dem Wetter besonders ausgesetzten Strebepfeilern des Querschiffes des Münsters zu Straßburg. Wie Fig. 6242) zeigt, sind um die Stoßfugen herum kleine Rinnen in die Quaderhäupter eingearbeitet, um das an der Mauer herunterlaufende Wasser an dem Eindringen in dieselben zu verhindern.

Grafik: Fig. 63 1/40 w. Gr.

Im Bauwesen wird das Dichten der Fugen nicht nur notwendig, um das Regenwasser von denselben fern zu halten, sondern es wird auch zu vielen anderen Zwecken erforderlich. So um die Erdfeuchtigkeit abzuhalten, worüber in Kap. 12 die Rede sein wird, ferner bei Herstellung von wasserdichten Behältern oder bei Ableitung von Wasser oder anderen Flüssigkeiten. Bei diesen Arbeiten wird es sich, abgesehen von anderen Maßregeln, die hier nicht weiter zu erörtern sind, darum handeln, die Fugen entweder in ihrer ganzen Ausdehnung nur mit geeignetem Mörtel (Portlandcement, Asphalt43) auszufüllen, oder in Verbindung damit, oder auch diese allein, eine der im vorhergehenden Bande (Abt. I, Abschn. 1, Kap. 3, unter b) dieses »Handbuches« besprochenen Anordnungen des Fugenschnittes, wie Ueberfalzungen, Mörtelnuten u. s. w. zu treffen.

Als Beispiele für Ueberfalzungen diene die in Fig. 63 dargestellte englische Konstruktion eines Regenfallrohres von Stein.


Schutz der Hausteine gegen Verwittern. (21.)

Ist das Dichten der Fugen für die Erhaltung der Mauerwerke, namentlich an den der Witterung ausgesetzten Stellen, von Wichtigkeit, so ist es nicht minder die Beschaffenheit der Steine selbst. Die Frage, welche der beiden Steinarten, die hauptsächlich zum Bauen Verwendung finden, Sandstein oder Kalkstein, in Bezug

41) Nach: Menzel, C. A. Der Steinbau. 8. Aufl. Leipzig 1882. S. 141. ^
42) Nach: Viollet-le-Duc, a. a. O., Bd. 6, S. 146. ^
43) Die Beschreibung der Herstellung eines Silo (unterirdischen Getreidebehälters) mit Asphaltmörtel findet sich in: Malo, L. Guide pratique pour la fabrication et l'application de l'asphalte et des bitumes. Paris 1866. S. 93. ^




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auf Dauerhaftigkeit den Vorzug verdienen, läßt sich in dieser Allgemeinheit nicht entscheiden, weil beide in den verschiedensten Graden der Güte vorkommen, sowohl in den beständigsten, als auch geringsten. Die Auswahl wird bei gleichem Preise sich nach den Eigenschaften der besonderen Steinsorte zu richten haben. Günstiger zeigt sich der Sandstein häufig in Bezug auf Farbebeständigkeit. Während derselbe öfters im Laufe der Zeit eine schönere Farbe erhält, wie z. B. der rheinische Buntsandstein, ist bei vielen Kalksteinen das Umgekehrte der Fall. Die Farbeveränderung geht dabei oft rasch vor sich. Der Pariser Kalkstein erhält bald einen grauen, stumpfen Farbton; vieler Jurakalk wird schwärzlich, namentlich an vorspringenden Teilen, durch Flechtenansatz. Allerdings gibt es auch glänzende Beispiele für das Gegenteil, so am römischen Kalktuff (Travertin), der einen schönen, goldbraunen Ton bekommt.

Auf die Dauer der Hausteine scheint auch die Art der Bearbeitung von Einfluß zu sein. Bekannt ist, daß das Polieren als eines der besten Erhaltungsmittel wirkt. Aber auch schon eine glatte Bearbeitung muß förderlich für die Dauer sein, da an glatten Flächen weniger Gelegenheit zum Festhalten der Feuchtigkeit geboten wird und die Verdunstung der letzteren gleichmäßig an ihnen erfolgen kann. Auch Staub und Ruß, die in ihren Ansammlungen Behälter für die Feuchtigkeit bilden, können sich an glatten Flächen weniger gut festsetzen, als an rauhen und mit vielen Gliederungen versehenen. Für rußige Städte wird sich aus demselben Grunde für die längere Erhaltung eines sauberen Ansehens und der ursprünglichen Farbe eine glatte Bearbeitung der Quader empfehlen.

Es scheint auch, als wenn die feineren Formbildungen infolge der zerstörenden Einwirkung der Steinhauerwerkzeuge gegen Frostschäden empfindlicher seien, als die kräftigen Gliederungen. Nachgewiesen ist die Schädigung der Frostbeständigkeit der weicheren Steine durch Bearbeitung mit schweren Werkzeugen, so z. B. von Sandsteinen durch das Stocken44).

Ein Umstand, der auf die dauernde Erhaltung mancher Sandsteine von Einfluß ist, verdient hier noch Erwähnung. Die verdunstende Bruchfeuchtigkeit scheidet kittartige Bestandteile aus, die auf der Oberfläche eine feste Kruste bilden, welche die Witterungsbeständigkeit wesentlich fördert. Einmal beseitigt, erzeugt sich dieser schützende Ueberzug niemals wieder. Es ist deshalb zweckmäßig, die Werkstücke nicht lange unbearbeitet liegen zu lassen und nur fertig zu versetzen oder, wenn dies nicht möglich ist, die Nacharbeiten bald nach dem Versetzen auszuführen.

Wegen der Ursachen der Verwitterung und der Mittel zur Dauerhaftmachung der Hausteine muß auf das in Teil I, Band 1, erste Hälfte (Art. 8, S. 62 u. Art. 43, S. 105) dieses »Handbuches« Gesagte verwiesen werden. Zur Ergänzung sei hier noch hinzugefügt, daß neuerer Zeit für Sandsteine das saure holzessigsaure Eisenoxydul 45) und für erdige oder poröse Kalksteine die Fluorsilikate der Erd- und Schwermetalle46) benutzt werden.

Aufmerksam machen wir hier auch auf die wichtigen Untersuchungen Tetmajer's über die Beständigkeitsverhältnisse der schweizerischen Bausteine47), welche sich besonders auf Sandsteine und oolithische erdige Kalksteine erstreckten. Die Ver-

44) Siehe: Zeitschr. f. Bauw. 1887, S. 479. ^
45) Siehe: Deutsche Bauz. 1884, S. 146. ^
46) D. R.-P. Nr. 27_803 für Faure & Keßler in Clermont-Ferrand. — Siehe auch: Deutsche Bauz. 1884, S. 470 ferner: La semaine des constr. 1884–85, S. 184. ^
47) Mittheilungen der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien am eidgen. Polytechnikum in Zürich. Zürich 1884. Heft 1, S. 30 u. ff. ^




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witterungserscheinungen lassen sich nach Tetmajer auf die Wirkung der Krystallisation des kapillar festgehaltenen Wassers, der Porenfeuchtigkeit, zurückführen.

An Stellen eines und desselben Steines, wo das kapillar festgehaltene Wasser der Porenräume durch Mangel an Zugluft und unmittelbarer Einwirkung der Sonnenstrahlen nicht genügend stark verdunsten kann, bezw. durch Nachsickern sich erneuert, entsteht eine Lockerung des stofflichen Gefüges, eine Verminderung der Kohäsion durch Ausdehnung, hauptsächlich aber durch Erweichen des Kittstoffes (der Sandsteine) oder der Körpermasse selbst (der oolithischen, erdigen Kalksteine). Trifft den durchfeuchteten Stein eine Frostwirkung, so werden an jenen Stellen desselben, wo die Porenfeuchtigkeit der Oberfläche zunächst sitzt, von außen nach innen fortschreitend kleine Körperteilchen abgelöst, so oft die Ausdehnungskraft des Eises größer ist, als die Zugfestigkeit des erweichten Steines. Bezeichnende Beispiele für diesen Vorgang sind die häufig beobachtete Erscheinung, daß Balkonplatten und Hängeplatten stark ausladender Gesimse an ihrer Unterseite zuerst verwittern, ferner die Wahrnehmung, daß die Deckplatten von Stützmauern gewöhnlich an den unteren Plattenflächen zwischen Wassernase und Auflagerfläche, am häufigsten aber zu beiden Seiten der Stoßfugen, Schaden leiden, endlich die Zerstörungen, welche an geschützt liegenden Gliedern von Gesimsen oder an solchen Teilen derselben auftreten, an denen der Wasserablauf gehemmt ist u. a. m.

Besonders sind es also die geschützt liegenden Teile der Hausteine, welche infolge von Mangel an Luftzug und Sonne nicht austrocknen können, die zuerst der Verwitterung anheim fallen. Beispiele dafür, daß Steine, die infolge öfterer Wasserzuführung nicht austrocknen, auch zunächst zerstört werden, bieten Durchbinder von nicht gut entwässerten Stützmauern, und Sockelgesimsteile, die unter den rinnenförmigen Stoßfugen von Spiegelquadern sich befinden.

Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, daß man zur dauernden Erhaltung der Quaderarbeiten anhaltende Feuchtigkeitsquellen von denselben fern halten und die atmosphärischen Niederschläge rasch abführen muß. Auf das letztere ist namentlich bei den gotischen Profilen Rücksicht genommen; doch auch bei den antikisierenden Profilen läßt sich durch zweckmäßige Gestaltung derselben, namentlich der Wassernasen, vieles erzielen. Das erstere ist bei wagrechten oder wenig geneigten Flächen nur durch Fugendichtung und Abdeckung mit Metall oder anderen geeigneten Stoffen zu erreichen48). Selbstverständlich muß auch die Auswahl der Steinarten eine vorsichtige sein. An gefährdeten Stellen dürfen nur als witterungsbeständig bekannte Steine Verwendung finden. So können z. B. die meisten Sand- und Kalksteine nicht für Bauteile als geeignet betrachtet werden, welche in Berührung mit der Bodenoberfläche treten. Sind nicht ganz sichere Steinsorten zu benutzen, so müssen diese durch geeignete Anstriche oder Tränkungen mit wirksamen Schutzmitteln dauerhafter gemacht werden49).

Grafik: Fig. 64

Daß man in der Verwendung von wetterfesten Steinsorten aber auch vorsichtig sein muß, lehren die Beobachtungen von Viollet-le-Duc50), die übrigens mit denen Tetmajer's recht gut übereinstimmen. Derselbe teilt mit, daß Mauerabdeckungen oder Dachrinnen von hartem, wetterfestem Stein über weicherem, porigem Material, das an sich sehr gut witterungsbeständig ist, wesentlich die Schuld an der raschen Zerstörung des letzteren tragen, und zwar dadurch, daß die durch die Abdeckung sickernde Feuchtigkeit sich dem darunter befindlichen Steine mitteilt, aus diesem nicht verdunsten kann und daher von innen nach außen zu fortschreitende Zersetzungen herbeiführt. Viollet-le-Duc em-

48) Überer den Schutz der Wände gegen Feuchtigkeit ist in Kap. 12 Ausführlicheres zu finden. ^
49) Siehe hierüber Teil I, Bd. 1, erste Hälfte, Art. 43, S. 105 (2. Aufl.: Art. 54, S. 114) dieses »Handbuches«. — Ueber die Eignung von »Testalin« für diesen Zweck siehe: Baugwksztg. 1896, S. 833 — und: Haarmann's Zeitschr. f. Bauhdw. 1897, S. 117. ^
50) Entretiens sur l'architecture. Bd. 2. Paris 1872. S. 25 u. ff. ^




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pfiehlt an Stelle solcher steinerner Abdeckungen die Verwendung von Metall und bei steinernen Dachrinnen trennende, aber gelüftete Höhlungen unter denselben. Fig. 64 zeigt eine derartige Anordnung.

Außer der Feuchtigkeit und der mit dieser zusammenhängenden Ausdehnung des gefrierenden Wassers in den Steinen ist eine der wirksamsten Verwitterungsursachen der rasche und häufige Wechsel von Wärme und Kälte. Durch die Wärme werden die Steine ausgedehnt, durch die Kälte wieder zusammengezogen, so daß hierdurch allmählig eine Lockerung des Gefüges eintreten muß. Hierdurch erklärt sich auch die oft beobachtete Thatsache, daß an den Sonnenseiten, namentlich von reich verzierten Gebäuden, an welchen doch das Auftrocknen der Feuchtigkeit rascher vor sich geht, als an den Nordseiten, die Verwitterung rascher eintritt, als an letzteren. Schutzmittel hiergegen gibt es nicht; doch liegt in dieser Erfahrung die Anregung, auch an diesen, nach vielfacher Annahme weniger gefährdeten Gebäudeseiten der Auswahl der Steinsorten die größte Sorgfalt zu schenken51).


Wertschätzung des Hausteinbaues. (22.)

Im vorhergehenden sind schon die Vorzüge und Nachteile des Quaderbaues mit zur Erörterung gekommen, so daß dieselben nur noch kurz zusammengefaßt zu werden brauchen.

Als Hauptvorteile desselben sind zu bezeichnen, daß mit ihm die monumentalsten Wirkungen, die festesten, standsichersten und, bei geeigneter Auswahl des Materials und geschickten Anordnungen, auch sehr dauerhafte Bauwerke zu erzielen sind.

Als Nachteile treten auf: bei vollen Quadermauern für Wohngebäude das Durchschlagen der Feuchtigkeit, bei gemischten Mauerwerken die große Sorgfalt, die auf die Verbindung der verschiedenen Steingattungen zu verwenden ist. Als Hauptnachteil des Hausteinbaues möchte wohl aber dessen Kostspieligkeit bezeichnet werden, die ihn im allgemeinen nur für monumentale und aufwändige Bauten in voller Ausdehnung als zulässig erscheinen läßt. Dies kann man dagegen nicht von dem mit Haustein gemischten Mauerwerk sagen, namentlich nicht von der Bauweise, bei welcher die sog. Strukturteile von Haustein, die Flächen von Backsteinen oder Bruchsteinen mit oder ohne einen Putzüberzug hergestellt werden und die zu den Quaderfachwerken im weiteren Sinne zu rechnen ist. Es spricht für die gesundere Richtung unserer heutigen Architektur, daß man immer mehr von jenem Scheinwesen zurückkommt, welches die für die Ausführung in Stein geschaffenen Formen in allen möglichen Ersatzmitteln nachahmt. Der Mehraufwand für Steinausführung ist oft nicht sehr groß, ja manchmal kaum vorhanden und lohnt sich stets durch die größere Dauer und die geringeren Unterhaltungskosten.


51) Beachtenswerte Mitteilungen über das Verhalten der Bausteine gegen Verwitterung und deren Konservierung finden sich ferner in: Wochbl. f. Baukde. 1885, S. 443; 1887, S. 419. — American architect, Bd. 18, S. 19, 113. — Centralbl. d. Bauverw. 1885, S. 362; 1887, S. 371; 1888, S. 491. — Deutsche Bauz. 1887, S. 503. ^

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