Durm:15. Kapitel: Sonstige Wandöffnungen
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Vorbemerkungen. (447.)
Während in Kap. 13 die Oeffnungen im allgemeinen und in Kap. 14 die Besonderheiten von Fenster- und Thüröffnungen besprochen wurden, wäre hier kurz auf diejenigen Anordnungen einzugehen, bei welchen die Wandflächen in größerem Umfange von Oeffnungen durchbrochen werden und sich oft in ein System von Stützen auflösen, die durch wagrechte Balken oder durch Bogen miteinander verbunden sind. Demnach würden hierher alle auf die eine oder andere Weise überdeckten, ein- und mehrgeschossigen Säulen- und Pfeilerreihen gehören. Da diese Stützen sich jedoch in der Konstruktion nicht von denen der Gewölbe und anderen Decken unterscheiden und deren verbindende Ueberdeckungen in Kap. 13 besprochen worden sind, so können wir uns auf die Behandlung derjenigen Oeffnungen beschränken, die den besonderen Zweck haben, als Schaufenster zum Auslegen von Waren, bezw. zur Erhellung von Verkaufs- und anderen städtischen Geschäftsräumen zu dienen.
Anordnungen. (448.)
Die Oeffnungen für den angegebenen Zweck müssen zumeist sehr breit gemacht und daher gewöhnlich mit Eisen oder mit Hilfe von Eisen überspannt werden, wie auch zur Stützung dieser Träger in der Regel der Raumersparnis halber Eisen verwendet wird. Die unteren Stockwerke städtischer Geschäftshäuser bestehen daher in den Außenwänden häufig fast ganz aus Eisen und in Holz gefaßten Spiegelscheiben, während die zum Wohnen benutzten oberen Geschosse massive, von verhältnismäßig kleinen Fenstern durchbrochene Wände zeigen. Ganz wird sich diese widerspruchsvolle Erscheinung wegen der verschiedenartigen Benutzungszwecke der übereinander folgenden Geschosse kaum vermeiden lassen. Immerhin läßt sie sich mildern, indem man die Verwendung des Steines zur Stützenbildung nicht ausschließt und die Wohngeschosse mit möglichst zahlreichen Fenstern versieht. Leichter ist die Aufgabe der Fassadenbildung, wenn auch die oberen Stockwerke zu Geschäftsräumen mit großen Oeffnungen ausgenutzt werden. Doch ist auch in diesem Falle die teilweise Verwendung von Stein für das Aussehen unbedingt vorteilhaft. Man findet deshalb bei derartigen Gebäuden die Fassaden mitunter wenigstens in eine Reihe von steinernen Pfeilern zerlegt, deren Zwischenräume auf die ganze oder einen großen Teil der Höhe mit Eisenkonstruktion ausgefüllt sind.
Ein Beispiel hierfür bieten die Grands Magasins du Printemps in Paris894). Daß aber auch die Lösung der Aufgabe in sehr befriedigender Weise bei überwiegender Anwendung von Stein möglich ist, zeigen die Bauten der Gesellschaft »Werder'scher Markt« in Berlin895) und andere neue Geschäftshäuser.
Ganz besonders wird sich die vorzugsweise Verwendung von Stein an Stelle des Eisens empfehlen, wenn über Geschäftsräumen Wohnungen folgen.
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Konstruktion. (449.)
Auf die Konstruktion der Schaufensteröffnungen sind außer den Abmessungen und Belastungen die Befestigung der Fensterrahmen und die Anordnung des Ladenverschlusses und der Sonnenblenden von Einfluß.
Grafik: Fig. 938 1/100 w. Gr. |
Für den Fensterrahmen muß ein unterer Aufstand und ein seitlicher und oberer Anschlag geschaffen werden. Für den ersteren dient eine Sohlbank oder Schwelle, die aus Stein, Holz oder Eisen hergestellt werden kann. In der Regel wird Stein verwendet, und zwar zumeist dann, wenn die untere Begrenzung über dem Fußgängerweg liegt. Die Schwelle liegt dann entweder in einer Höhe mit derjenigen der Thür und erhebt sich nur sehr wenig über den Fußweg, in dessen Höhe Vorkehrungen für die Erhellung und Lüftung der Kellerräume getroffen werden müssen, oder sie wird durch den niedrig gehaltenen Gebäudesockel gebildet, in dem dann Kellerfenster angebracht werden können (Fig. 941896)). Eine Steinbank dürfte auch in der Regel angewendet werden, wenn das Schaufenster unter den Fußweg hinabreicht, und zwar entweder nur ein Stück (Fig. 938) oder um die ganze Kellergeschoßhöhe. Der vor dem Fenster befindliche, nach außen durch eine Futtermauer abgeschlossene, oben offene Schacht muß entwässert werden; auch muß über demselben ein Schutzgeländer oder eine Abdeckung mit einem eisernen Rost vorhanden sein.
Holz oder Eisen ist zur Unterstützung des Fensterrahmens zu verwenden, wenn es sich um möglichste Raumersparnis handelt, wie in denjenigen Fällen, wo der Ladenverschluß in einer in den Keller hinabzusenkenden Eisentafel besteht (Fig. 939 u. 940897).
Die Beleuchtung des Kellers wird dabei durch eine in Fußweghöhe angebrachte wagrechte Glasplatte vermittelt und ist auch bei herabgelassenem Laden durch im oberen Teile des letzteren angebrachtes Gitterwerk gesichert. Bei dem gegebenen Beispiel ist die Unterbringung der als Sonnenblenden benutzten Markisen berücksichtigt worden. In anderen Fällen wird die Rolle für dieselben wohl auch unter dem Sturz angeordnet oder an dieser Stelle innerhalb oder außerhalb des Fensters ein Brettchenvorhang angebracht.
Der Anschlag für die Fensterrahmen an den seitlichen Begrenzungen der Oeffnungen
wird möglichst knapp gehalten, um den Pfeilern und Zwischenstützen das
für ihre Belastung geringste zulässige Maß geben und dadurch die Fensterfläche
selbst möglichst ausdehnen zu können. Namentlich gilt dies für steinerne Stützen
(vergl. Fig. 940), die an sich schon mehr Raum als eiserne beanspruchen, obgleich
man sie bei großer Belastung aus dem festesten Material, wie Granit, herzustellen
pflegt.
Während für die äußersten seitlichen Begrenzungen meist Stein und nur ausnahmsweise zur Verstärkung derselben Eisen benutzt wird, kommt das letztere, als Guß- oder Schmiedeeisen, sehr häufig für die Herstellung der Zwischenstützen in Anwendung, weil es die Bildung von schmalen, den Lichtraum der Oeffnungen wenig beengenden Stützen begünstigt. Der Grundriß derselben liegt daher im allgemeinen in einem Rechteck, dessen Länge durch die Mauerdicke bestimmt ist.
896) Nach: Scharowsky, C. Musterbuch für Eisen - Constructionen. Leipzig und Berlin. Teil I, 1888. S. 35 u. Fig. 4. ^ |
897) Nach: Gugitz, G. Neue und neueste Wiener Bauconstructionen etc. Wien. Taf. 7. ^ |
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Grafik: Fig. 939897), Fig. 940897) 1/50 w. Gr. |
897) Nach: Gugitz, G. Neue und neueste Wiener Bauconstructionen etc. Wien. Taf. 7. ^ |
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Grafik: Fig. 941898), Fig. 942899), Fig. 943899), Fig. 944899) |
Die Frage, ob besser Guß- oder Schmiedeeisen zu wählen ist, die konstruktiven Bedingungen für die Formgebung, sowie die Berechnung der eisernen Freistützen wurden schon im vorhergehenden Bande (Abt. 1, Abschn. 3, Kap. 6898) dieses »Handbuches« behandelt, so daß hier nur die üblichen Konstruktionsformen vorgeführt zu werden brauchen.
898) S. 184 u. ff. (2. Aufl.: S. 199 u. ff.) ^ |
899) Nach: Scharowsky, C. Musterbuch für Eisen-Constructionen. Leipzig und Berlin 1888. ^ |
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Grafik: Fig. 945899), Fig. 946899), Fig. 947899), Fig. 948899) |
Das Gußeisen ist
für die Zwischenstützen
der bequemen Formgebung
wegen immer
noch sehr beliebt; doch
zeigt man es unverhüllt
in der Regel nur
an den Außenseiten;
die Laibungen und die
Innenseiten werden gewöhnlich
mit Holz verkleidet.
Das Gleiche
findet zumeist bei den
schmiedeeisernen Stützen
statt.
Einige für Gußeisen gebräuchliche Stützenformen sind in Fig. 941 bis 954899) dargestellt. Bei den zusammengesetzteren Formen (Fig. 941, 942 u. 943) wird die Zwischenwand gewöhnlich mit Durchbrechungen versehen.
Die schmiedeeisernen
Stützen bildet man
entweder bei geringeren
Mauerstärken aus
einfachen {I}-Eisen (Fig.
945899), oder aus {I}-
Eisen und {[}-Eisen (Fig.
946899), oder aus {[}-
Eisen und Flacheisen
(Fig. 947899)), oder aus
2 {I}-Eisen, bezw. 2 Paar
{L}-Eisen, die durch eine
Gitterwand verbunden
sind (Fig. 948 u. 949899).
Recht beliebt scheinen
die aus {[}-Eisen und
Flacheisen zusammengesetzten
Stützen zu sein.
899) Nach: Scharowsky, C. Musterbuch für Eisen-Constructionen. Leipzig und Berlin 1888. ^ |
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Grafik: Fig. 949899), Fig. 950900), Fig. 951, Fig. 952 1/30 w. Gr. |
Die Ueberdeckung der Oeffnungen hat die darüber folgenden Wände und oft die Decken zu tragen; außerdem dient sie zur Befestigung des oberen Teiles des Fensterrahmens und wird oft in der Gesamtanordnung durch die Einrichtung der Rollladenverschlüsse beeinflußt.
Wegen der Ueberdeckung mit Steinbalken und Bogen kann hier auf das in den beiden vorhergehenden Kapiteln Gesagte verwiesen werden. Vorzugsweise werden aber in neuerer Zeit {I}-Eisenträger für diesen Zweck verwendet, worüber in Kap. 13 unter b, 4 (S. 464) auch schon Mitteilungen gemacht wurden.
Die für die Ausführung bequemste und daher bevorzugte Anordnung ist die, bei welcher alle bei der gegebenen Mauerdicke nötigen {I}-Eisen in einer Höhe nebeneinander liegen. Der Kasten für den Ladenballen (siehe Art. 433, S. 481) muß dann unter ihnen angebracht und hinter einer äußeren, architektonisch durchzubildenden Verkleidung versteckt werden (vergl. Fig. 941, S. 502). Soll sich der Rollladenkasten ganz oder teilweise hinter dem Sturz befinden, so sind die Träger in verschiedene Höhe zu legen (vergl. Fig. 938, S. 500). Dies erfordert besondere Vorkehrungen an den Stützen. Manchmal ist auch nur ein Anschlag erwünscht.
Fig. 950900), 951 u. 952 zeigen Beispiele verschiedener Höhenlagerung der Träger und die dazu erforderlichen Einrichtungen an gußeisernen und schmiedeeisernen Stützen.
Liegen die Träger alle in einer Höhe, so wird der Anschlag für den Fensterrahmen an der Verkleidung derselben beschafft.
Ueber die Verbindungsweise verschiedenartiger Deckenkonstruktionen mit der Ueberdeckung der Schaufenster geben Fig. 941 bis 945, 947 u. 950 Aufschluß.
Wie schon in Art. 448 (S. 499) erwähnt wurde,
899) Nach: Scharowsky, C. Musterbuch für Eisen-Constructionen. Leipzig und Berlin 1888. ^ |
900) Nach: Breymann, G. A. Allgemeine Bau - Constructions - Lehre u. s. w. Teil III. 5. Aufl. Leipzig 1890. Taf. 13. ^ |
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Grafik: Fig. 953901), Fig. 954901) 1/30 w. Gr. |
finden sich große Oeffnungen nach
Art der Schaufenster in Geschäftshäusern
oft in mehreren Stockwerken
übereinander, und zwar unter ausgiebiger
Anwendung von Eisenkonstruktion.
Man läßt dabei gern die
eisernen Stützen durch die ganze
Höhe hindurchreichen oder setzt sie,
wenn sie aus Gußeisen hergestellt
werden, dementsprechend zusammen
und befestigt an ihnen die zur Ueberdeckung
der Oeffnungen, bezw. zum
Tragen der Zwischengebälke bestimmten
Träger.
Beispiele hierfür waren schon in Fig. 947 u. 950 enthalten.
In Fig. 953 u. 954901) mag noch ein Fall vorgeführt werden (von einem der Geschäftshäuser am »Werder'schen Markt« in Berlin), in welchem die Stützen nicht
Grafik: Fig. 955902) 1/50 w. Gr. |
901) Nach ebendas., Taf. 40. ^ |
902) Nach ebendas., Taf. 41. — Siehe auch: Centralbl. d. Bauverw. 1889, S. 82. ^ |
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Grafik: Fig. 956902) 1/20 w. Gr. |
durchgehen, sondern durch gußeiserne Gesimse voneinander getrennt sind. Hinter diesen liegen {I}-Eisen, an welchen die Auflager für die hölzernen Deckenbalken durch Eisenschuhe beschafft wurden.
Ist eine möglichste Ausnutzung des Tageslichtes erwünscht, so kann es z. B. in engen Straßen und Höfen vorteilhaft sein, den Oberschenkel des Fensterrahmens höher als das Deckengebälke zu legen. Die Ueberdeckung der Nische kann dann durch Vermittelung der Fensterbrüstung des oberen Geschosses erfolgen.
Diese in England häufige Anordnung ist auch im Hofe eines
der Geschäftshäuser am Werder'schen Markt zu Berlin getroffen
worden. Innerhalb der Brüstung des I. Obergeschosses ist eine
schräg ansteigende Schutzdecke aus mit Holz verkleidetem Wellblech
angebracht, welche sich auf ein zum Tragen des Deckengebälkes
bestimmtes {[}-Eisen stützt (Fig. 955 u. 956902). Der Rollladen bewegt
sich von unten nach oben, und der Hohlraum der unteren
Brüstung ist zur Aufnahme der Rolle desselben benutzt worden.
Die Gesamtanordnung der Schaufensteröffnungen zeigt in neuerer Zeit oft die Besonderheit, daß sie sehr breit gemacht werden und in denselben durch eingestellte schwache Zwischenstützen die Ladenthür von den eigentlichen Schaufenstern abgetrennt wird; letztere erhalten alsdann an der Thürseite Verglasung. Der Rollladenverschluß reicht gewöhnlich über die ganze Oeffnung hinweg; ebenso wird auch die Ueberdeckung ohne Rücksicht auf die Unterteilung hergestellt, da die letztere keine Last aufzunehmen im stande ist.
902) Nach ebendas., Taf. 41. — Siehe auch: Centralbl. d. Bauverw. 1889, S. 82. ^ |