Durm:Backsteinrohbau
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in Kapitel 2: Mauern aus Backsteinen und anderen künstlichen Steinen. (Backsteinrohbau.); vorheriges Unterkapitel: Durm:Mauern aus ungebrannten künstlichen Steinen. - Inhaltsverzeichnis des Heftes |
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Allgemeines. (37.)
Will man die Außenflächen von Gebäuden in Backsteinrohbau herstellen, so müssen die dazu zu verwendenden Steine vor allem witterungsbeständig sein. Hierzu ist nicht nur eine gewisse Dichtigkeit der Stirnflächen erforderlich; sondern die Steine dürfen auch keine Gemengteile enthalten, welche unter dem Einflusse der Feuchtigkeit eine Zerstörung herbeiführen. Dasselbe gilt auch vom Mörtel, welcher sonst ganz geeigneten Steinen schädliche Stoffe zuführen kann; hiervon wird weiter in Art. 55 die Rede sein. Bei der Kleinheit der Steine würde durch ungleichmäßige Färbung derselben eine sehr unruhige Wirkung der Wandflächen sich ergeben. Auch wünscht man für einen Rohbau einen schönen, klaren Farbton der Steine und eine gewisse Glätte der Stirnflächen, damit derselbe für die Dauer erhalten bleibe und nicht durch sich festsetzenden Staub und Flechten geschädigt werde. Weiter muß man zur Erzielung eines guten Aussehens scharfe, unbeschädigte Kanten, genau gleiche Größe und ebene Stirnen der Steine verlangen. Alle diese Eigenschaften vereinigt findet man bei den gewöhnlichen Backsteinen nicht, auch wenn man die besten sorgfältig aussucht. Früher hat man sich wohl hiermit begnügt und vor allem auf die Dauerhaftigkeit gesehen. Heute stellt man aber in der Regel höhere Ansprüche an den Baustoff und ist hierdurch dazu gekommen, für die Herstellung der Wandflächen besonders gute Steine, die sog. Verblender, anzufertigen. Diese sind nun sehr schwierig ganz vollkommen herzustellen; sie sind daher entsprechend teurer als gewöhnliche Steine, und es ist deshalb nicht zu verwundern, daß man öfters auch mißlungene Verblendungen findet. Wegen der Schwierigkeit, die Verblender ganz gleichmäßig gut herzustellen, kommen durch Aussuchen geschaffene verschiedene Sorten derselben in den Handel, und dadurch ist die Möglichkeit geboten, je nach den zur Verfügung stehenden Mitteln mehr oder weniger gute Verblendungen herzustellen. Auch bei den besten Blendsteinen sind kleine Schwankungen in der Farbe
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nicht zu vermeiden; deshalb mag hier die Bemerkung Platz finden, daß Ruhe in
die auch durch die vielen Fugen zerrissenen Flächen nur durch Einführung eines
regelmäßigen Verbandmusters und gleichmäßige Fugendicke gebracht werden kann.
Dagegen ist durch absichtlich verschiedene Färbung der Steine mehr als mit natürlichen
Steinen die Möglichkeit zur polychromen Ausstattung der Architektur vorhanden.
Mit den Verblendsteinen werden zwar zumeist nur ebene Wandflächen hergestellt;
doch lassen sich mit denselben leicht reichere und kräftigere Wirkungen
durch vor- und rückspringende Schichten oder Umrahmungen von vertieft liegenden
Wandfeldern oder dergl. Anordnungen erzielen.
Einen vollständigen Backsteinrohbau erhält man erst, wenn nicht bloß die Wandflächen, sondern auch die Strukturteile, wie Gesimse, Umrahmungen von Oeffnungen u. s. w. aus gebranntem Thon hergestellt werden. Dies geschieht mit Hilfe besonders geformter Steine, der Formsteine, die in ihrer Größe nicht wesentlich von den Verblendsteinen abweichen, oder mit Hilfe häufig größerer, dann meist hohl gebrannter und oft mit vorspringenden Verzierungen versehener Stücke, der Terracotten. Diese Teile der Backsteinrohbauten werden in den betreffenden Kapiteln behandelt werden, während hier hauptsächlich von den eigentlichen Verblendungen und den zum konstruktiven Abschluß von Wandteilen und gewissen besonderen Wänden notwendigen Formstücken die Rede sein soll.
Form und Größe der Verblendsteine. (38.)
Die Verblendsteine werden mit der Hand als Klopf- oder Preßsteine (mit Maschinen nachgepreßt) und als die noch besseren Oel- oder Schneidesteine hergestellt. Diese Handschlagsteine sind jetzt meist durch die mit Maschinen angefertigten verdrängt worden. Auch diese stellte man früher als Vollsteine her, ist jetzt aber fast durchweg zur Anfertigung der Verblendsteine als Hohlsteine übergegangen, was als ein Fortschritt bezeichnet werden kann, weil diese einen besser ausgewählten und besser zubereiteten Rohstoff, außerdem auch eine Vermehrung des Wasserzusatzes beim Formen erfordern. Durch letzteres erzielt man wieder die dichte und gleichmäßige Masse, welche die naß zubereiteten Handschlagsteine hatten, welche aber die trockener zubereiteten Maschinenvollsteine oft nicht besitzen und sich bei diesen auch nicht durch Nachpressen herbeiführen läßt. Bei den Hohlsteinen ergibt sich schon durch das engere Mundstück der Pressen eine dichtere und gleichmäßigere Beschaffenheit des Scherbens, sowie infolge der Höhlungen ein besseres und gleichmäßigeres Durchbrennen derselben84). Selbstredend können ebenso gute Maschinenvollsteine hergestellt werden, und solche sind auch für stärkere Druckbeanspruchungen unentbehrlich.
Für die Verblender sind wie für die Formsteine Vorschriften aufgestellt worden, welche in Teil I, Band 1, erste Hälfte (Art. 19, S. 74 [2. Aufl.: Art. 38, S. 95]) dieses »Handbuches« Mitteilung fanden. Nach diesen sollten die ganzen Steine (4/4-Steine) 252 × 122 × 69mm messen, unter Annahme einer gleichmäßigen Fugendicke von 8mm in der Verblendung und einer Lagerfugendicke von 12mm in der Hintermauerung. Die zulässigen Abweichungen von diesen Maßen sollen bei feinen Verblendern 1mm nicht übersteigen. Diese geringe Abweichung scheint sich für größere Lieferungen als nicht durchführbar erwiesen zu haben.
Die Teilstücke müssen für Verblendungen besonders und in den 4/4-Steinen entsprechenden Maßen geformt werden. Die Wandungen der Hohlverblender sollen mindestens 20mm stark sein.
84) Siehe: Deutsche Bauz. 1881, S. 259. ^ |
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Grafik: Fig. 65 1/10 w. Gr. |
In Fig. 65 sind Läufer und Binder in den üblichen Maßen dargestellt. Die
Löcher laufen wagrecht und parallel der Mauerflucht. Fig. 66 zeigt die lotrecht
durchlochten Normalecksteine; bei ihnen sollte die Weite der Löcher 15mm nicht
übersteigen (vergl. Art. 27, S. 40). Man hat übrigens auch Langlochecksteine mit
5 geschlossenen Seiten hergestellt. Fig. 67 zeigt einen für Herstellung von Rollschichten
bestimmten 1/2-Stein. Die Vollsteine werden in denselben Maßen angefertigt.
Grafik: Fig. 66 1/10 w. Gr., Fig. 67 |
Bei den auf den Berliner Markt gelangenden Verblendsteinen lassen sich 3 Sorten unterscheiden.
Die feineren Sorten kommen fast ausschließlich in den kleineren Stücken (1/4- und 1/2-Steine), die mittelguten
meist in 4/4-Steinen und die geringeren nur in 4/4-Steinen in den Handel85).
Sehr feine Verblendsteine werden zuweilen auch als 1/8- und 3/8-Steine angefertigt.
Grafik: Fig. 68, Fig. 69 1/10 w. Gr., Fig. 70 |
So sind bei Straßenunterführungen und im Inneren von Bahnhöfen und Haltestellen der Berliner Stadtbahn in großer Menge weiße Verblendsteine in den in Fig. 68 dargestellten Größen mit einer Fugendicke von 5mm zur Verwendung gekommen. Sie haben ein sehr sauberes Ansehen, bestehen aus einer durchweg porzellanartig versinterten Masse, lassen sich daher leicht abwaschen und versprechen große Dauerhaftigkeit. Zum Teile waren sie nur 20, bezw. 70mm breit. Sie wurden an Stelle der sonst zu ähnlichen Zwecken üblichen glasierten Fliesen verwendet, sind diesen aber wegen des Verbandes mit dem Mauerwerk jedenfalls vorzuziehen. 1qm kostete, einschl. Cementmörtel, 26,72 Mark; bei Verwendung von ausschließlich Steinen I. Qualität würde 1qm 35 Mark gekostet haben86).
Villeroy & Boch in Mettlach stellen glasierte Verblender dieser Art, auch Eck- und Gesimstücke in den Maßen: 120 × 70 × 20 bis 120 × 70 × 60mm her.
Es ist nicht zu verkennen, daß die Notwendigkeit, für die Verblendungen die verschiedenen Teilstücke anfertigen zu müssen, die Herstellung gleicher Maße und Farben erschwert, bezw. verteuert. Oft ist dies auch die Ursache von störenden Ungenauigkeiten und Ungleichmäßigkeiten im Mauerwerk; auch wird dadurch eine
85) Nach: Deutsches Baugwksbl. 1884, S. 264. ^ |
86) Nach: Centralbl. d. Bauverw. 1883, S. 169. ^ |
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der Zahl nach genau überlegte Bestellung der einzelnen Sorten, bezw. eines größeren
Ueberschusses über den Bedarf hinaus bedingt, um für alle Fälle gedeckt zu sein,
da ein Verhauen der größeren Steinstücke in kleinere mit Schwierigkeiten und
Stoffverschwendung verbunden ist.
Es ist daher ein glücklicher Gedanke der »Helmstedter Thonwerke (Rühne & Cie. in Helmstedt)«, Steine anzufertigen, welche dem Maurer ein bequemes Teilen durch Zerschlagen und deshalb die Bestellung nur ganz weniger Sorten gestatten sollen. Diese beschränken sich auf 2/4-Steine für die Flächen und 3/4-Steine für die Bildung der Ecken.
Zu diesem Zwecke sind die 2/4-Steine mit einem Spaltschlitz zwischen den beiden Hohlräumen und mit einer entsprechenden Nut auf einer Breitseite versehen (Fig. 69), wodurch die Trennung in zwei brauchbare 1/4-Steine mittels eines Schlages mit dem Maurerhammer ermöglicht ist.
Dieselbe Ziegelei stellt auch nach dem gleichen Gedanken 3/4-Steine her, die sich in ein 1/2-Steinstück und ein 1/4-Steinstück teilen lassen (Fig. 70) und die sie »Universalsteine« nennt, weil man mit dieser einen Sorte für Verblendungen auskommen soll. Dieselben haben aber den Nachteil, daß sie senkrecht zu den Lagerflächen durchlocht sind, was sonst nur bei den Ecksteinen notwendig und mit vermehrtem Mörtelaufwande verbunden ist. (Vergl. hierüber Art. 27, S. 40.)
Erfahrungen über die Bewährung der Helmstedter Steine sind noch nicht genügend bekannt geworden, namentlich was den für Bruch infolge des Zerschlagens zu machenden Ansatz betrifft. Dieser kann selbstredend den an sich nicht billigen Preis der Steine stark beeinflussen.
Die wagrecht gelochten Verblender versieht man auf den Lagerflächen mit Riefen, um bei den engen Fugen dem Mörtel mehr Raum zu schaffen (siehe Fig. 65). Oft werden zu demselben Zwecke wirkliche Vertiefungen angeordnet (Fig. 71).
Bei der Anfertigung der Steine läuft der aus dem Thonschneider austretende Thonstrang auf Rollen, durch welche die unteren Kanten der Verblendflächen leicht beschädigt werden. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes wird mitunter der als Laufseite dienenden Lagerfläche eine kleine Erhöhung gegeben (Fig. 72), durch welche die Kanten geschützt werden sollen87).
Grafik: Fig. 71, Fig. 72 1/10 w. Gr., Fig. 73 |
Die Langlochverblender erhalten gewöhnlich zwei Verblendflächen, werden
aber nur nach einer ausgesucht. Daraus ergeben sich beim Vermauern leicht Verwechselungen.
Dem ist in den Ziegeleien ohne Mühe durch Bezeichnen oder Untauglichmachen
der nicht ausgesuchten Verblendfläche abzuhelfen, wie dies auch in
neuerer Zeit geschieht87).
Erwähnung mag hier noch der Vorschlag v. Hagen's finden, wonach die Kanten der Verblendsteine eine Abfasung von 1cm erhalten sollen, um sie zu schützen und dauerhaft zu machen (Fig. 73).
Der Erfinder verspricht sich von diesen Steinen gegenüber den gewöhnlichen eine kräftigere und reichere Wirkung. Es fragt sich, ob diese nicht wegen des kleinen Ziegelformates kleinlich und unruhig ausfällt.
Eine beachtenswerte Neuerung in der Form bieten hakenförmig gestaltete Verblender 88), bei denen der vordere lotrechte, nur 3cm starke Teil die doppelte oder
87) Siehe: Eckhart, A. Die Technik des Verblendsteins. Halle 1884. Teil II, S. 5. ^ |
88) Sog. Quaderverblender der Gewerkschaft Grube »Theresia« in Hermülheim bei Köln a. Rh. D. R.-P. Nr. 77_373. (Vergl.: Deutsche Bauz. 1895, S. 169.) ^ |
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Grafik: Fig. 74 |
mehrfache Schichtenhöhe hat und der hintere Teil in die Mauer einbindet
(Fig. 74), wodurch der Stein in seiner Lage gesichert wird, wegen
der Herabsetzung der Zahl der sichtbaren Lagerfugen. Sie sind verwandt
mit den in Art. 8 (S. 14) besprochenen Taylor'schen Verblendplatten
aus natürlichem Stein.
Verband zwischen Verblendung und Hintermauerung. (39.)
Die konstruktiv vollkommenste Verblendung wird man erzielen, wenn man die als beste erkannten Backsteinverbände (siehe den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, Abt. I, Abschn. 1, Kap. 2) mit Verblendsteinen in den Mauerhäuptern zur Ausführung bringt. Dazu sind aber 4/4-Läufer und 4/4-Binder erforderlich, was nach dem vorhergehenden Artikel nicht nur sehr teuer, sondern auch in Steinen I. Sorte bei den dermaligen Verhältnissen des Handels mit Verblendsteinen nicht einmal ohne besondere Bestellung durchführbar wäre.
Grafik: Fig. 75, Fig. 76 1/25 w. Gr., Fig. 77 |
Fig. 75 zeigt eine auf diese Weise im Kreuzverband ausgeführte 11/2 Stein starke Mauer.
Man verzichtet daher in der Regel auf diese Art der Ausführung und verwendet entweder die 4/4-Steine der Läufer abwechselnd mit Schichten aus 1/4-Steinen oder, wie es das Gebräuchlichste ist, abwechselnde Schichten aus 1/2-Steinen und 1/4-Steinen im Binderverband (Fig. 76). Will man einen regelrechten Verband fest halten, so ergibt sich bei Verwendung von 1/4-Steinen als Köpfen die Notwendigkeit, entweder hinter denselben zu Dreiquartieren verhauene ganze Steine oder geformte 3/4-Steine zu benutzen. Das letztere ist jedenfalls das zweckmäßigere, erfordert aber, wie dies auch für manche andere Fälle wünschenswert erscheint, das Vorrätighalten solcher Hintermauerungssteine in den Ziegeleien. Diese sind der Fuge wegen nur 17cm lang zu machen. Sehr verwerflich würde die Anwendung von ganzen Läufern hinter den 1/4-Steinen sein, weil diese den Maurern zur Ausfüllung des verbleibenden 1/4-Stein breiten Zwischenraumes mit Ziegelabfall Veranlassung geben würde.
Ein regelrechter Verband, und zwar der Binderverband im Aeußeren, wird möglich, wenn man zur Verblendung abwechselnd die Schichten aus 1/4- und 3/4-Verblendsteinen (Fig. 77) herstellt. Diese Art der Verblendung ist aber teuerer, als die vorhergehend beschriebene; sie nötigt auch zur Abweichung von den üblichen, nach Abstufungen von 1/2-Steinlängen bemessenen Mauerstärken, wodurch eine Vermehrung oder eine Verringerung der als notwendig erkannten Mauerdicke um 1/4 Stein herbeigeführt werden würde. In vielen Fällen wird das letztere allerdings zulässig erscheinen können.
Ganz zu verwerfen ist die aus Ersparnisrücksichten mitunter beliebte Ausführung der Verblendung vorwiegend aus 1/4-Verblendsteinen, so daß eine größere
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Grafik: Fig. 78 |
Anzahl von Verblendschichten ohne allen Verband mit der Hintermauerung bleibt. Dagegen ist die aus übergroßer Aengstlichkeit mitunter zur Anwendung kommende Verblendung aus 1/4-, 1/2- und 3/4-Verblendern (Fig. 78) ebenfalls nicht empfehlenswert wegen der unnötigen Verteuerung und Erschwerung des Mauerns89).
Nach Lange90) werden in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Backsteinhäuser mit meist vortrefflich geformten und gebrannten Ziegeln und Terracotten verblendet, und zwar nur mit Läufern von 1/2 Stein Stärke, welche in jeder fünften oder sechsten Schicht in die in regelmäßigem Verbande ausgeführte Hintermauerung eingebunden werden, eine Ausführungsweise, die oben als verwerflich bezeichnet werden mußte. Sie wird dadurch wenig verbessert, daß zur Befestigung der Schale Bandeisenstücke, Blechabschnitte u. s. w. eingebunden werden. Mit dem meist roten oder schwarzen Mörtel, in den die Verblendsteine verlegt werden, wird gleich beim Mauern ausgefugt; dann wird die Fuge glatt gebügelt oder in eine Form geschnitten. Nach der Vollendung wäscht man die Mauerfläche mit Scheidewasser ab und bringt sogleich einen zweimaligen Oelanstrich darauf, dem, wenn die Ziegel nicht sehr gleichmäßig sind, ein Farbenzusatz gegeben wird.
Ausführung der Verblendung. (40.)
Die Ausführung der Verblendungen erfolgt nach zweierlei Verfahrungsarten, entweder gleichzeitig mit der Hintermauerung oder nachträglich nach der Vollendung der letzteren. Die erstere ist unstreitig die konstruktiv bessere und billigere. Mit der zweiten lassen sich zwar bei großer Vorsicht auch gute Erfolge erzielen, wie die von Schinkel erbaute Bauakademie in Berlin beweist; aber sie erfordert bedeutend mehr Zeit- und Geldaufwand, abgesehen von anderen Nachteilen, die bei ungenügender Vorsicht eintreten können. Zum nachträglichen Einbinden der Verblendsteine muß die Kernmauer mit einer äußeren Verzahnung ausgeführt werden. Die Anlage der rohen Mauer muß daher schon sehr genau, und zwar mit Rücksicht auf die Verblendung, erfolgen, wenn die Binder der letzteren in die Zahnlücken passen sollen. Dies ist bei der ungenauen Form der Hintermauerungssteine und dem Mangel eines Anhaltes, wie ihn eine ebene Mauerflucht bietet, schwierig. Das Ergebnis besteht daher häufig darin, daß die vorspringenden Schichten abgehauen werden müssen, wodurch der Verband zwischen Verblendung und Mauerkern verloren geht. Dazu kommt, daß auch die Verbindung durch den Mörtel leicht eine mangelhafte wird, da selbst bei unausgesetzter Aufsicht eine vollständige Füllung der Zwischenfugen schwer zu erreichen ist. Wird nun schon durch das zweimalige genaue Ausmessen und Anlegen sämtlicher Mauerteile die Arbeit bei doch zweifelhafter Güte verteuert, so ergibt sich der Hauptmehraufwand noch dadurch, daß die Verblendung nicht als tragender Mauerteil betrachtet werden kann, sondern als Zuschuß zu der konstruktiv erforderlichen Mauerdicke hinzugefügt werden muß.
Die Notwendigkeit der nachträglichen Verblendung ergab sich in der Anfangszeit des neuerlichen Aufblühens des Ziegelgewerbes aus dem Umstande, daß die erforderlichen Blendsteinmengen nicht rechtzeitig beschafft werden konnten. Führt doch auch die aufhältliche Bearbeitung der natürlichen Steine mitunter zu ähnlichem Verfahren im Hausteinbau. Bei dem heutigen Stande der Ziegelerzeugung und nach der Einführung gewisser allgemeiner Vorschriften für Größe und Form der Steine sällt jedoch dieser Grund zumeist fort.
89) Hier, wie mehrfach im vorhergehenden, wurde das in der Fußnote 87 genannte Werk benutzt. ^ |
90) Siehe: Centralbl. d. Bauverw. 1884, S. 358. — Ueber eine andere Art der Ausführung von Backsteinmauern in Amerika siehe: Building Bd. 7, S. 6. ^ |
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Auch ein anderer Hauptgrund für die Anwendung der nachträglichen Verblendung,
die Möglichkeit, recht saubere Backsteinrohbauten mit derselben zu erzielen,
kann nach Einführung eines vervollkommneten Mauerverfahrens nicht mehr
als stichhaltig bezeichnet werden.
Bei der früher allgemein üblichen Art der gleichzeitigen Ausführung von Verblendung und Hintermauerung war allerdings mannigfach Gelegenheit zur Beschmutzung und Beschädigung der Verblendsteine geboten. Die Fugen wurden, und dies ist ja in konstruktiver Beziehung sehr zweckmäßig, voll gemauert, dann dieselben wieder auf eine gewisse Tiefe ausgekratzt, ausgewaschen und endlich wieder mit farbigem Mörtel ausgefüllt.
Bei dem Vollmauern der Fugen werden durch das Vorquellen und nachherige Abstreichen des Mörtels die Mauerstirnen beschmutzt; durch das Auskratzen der Fugen werden leicht die Steinkanten beschädigt und durch das Einstreichen des farbigen Fugenmörtels neue Beschmutzungen herbeigeführt.
Die Unsauberkeiten der Mauerflächen beseitigt man zwar durch Abwaschen mit verdünnter Salzsäure, was aber für die Bewahrung der Dauerhaftigkeit und des guten Aussehens der Ziegel häufig recht bedenklich ist; die Beschädigungen der Steinkanten sind nicht wieder wegzubringen. Auch setzt sich in die gewöhnlich an den Kanten vorhandenen feinen Haarrisse der Mörtel so fest, daß das Waschen dort nichts hilft.
Diesen Unannehmlichkeiten entgeht man zum Teile durch das Mauern mit nicht vollen Fugen, was aber andere Nachteile mit sich führt, die im nächsten Artikel besprochen werden sollen. Die Sauberkeit der Ausführung, welche durch die nachträgliche Verblendung begünstigt wird, läßt sich auch durch die Anwendung des von v. Fisenne91) beschriebenen Verfahrens, die Verblendung gleichzeitig mit der Hintermauerung auszuführen, erzielen.
Bei einer guten Verblendung sollen nicht nur die Fugen gleich dick und wagrecht werden; sondern sie sollen auch richtig verteilt sein. Darauf muß nun allerdings schon im Entwurf und bei der Bearbeitung der Bauzeichnungen Rücksicht genommen werden, insbesondere, wenn die Schichten mit Hausteinteilen in Verband zu treten haben. Aber auch da, wo dies nicht der Fall ist, müssen dieselben für gewisse Höhenabschnitte, welche durch die gegebene Lage von Oeffnungen oder Gesimsen bestimmt sind, ganz ausgehen; gehauene Schichten dürfen nicht vorkommen. Ebenso ist die Verteilung der Fugen in wagrechter Richtung durch die Entfernungen von Oeffnungen, Lisenen oder Vorlagen u. s. w. bedingt92).
Die Ausführung einer nachträglichen Verblendung darf erst unternommen werden, nachdem sich die Hintermauerung vollständig gesetzt hat. Zur Verblendung muß dann ein wenig schwindender Mörtel Anwendung finden; denn schon geringe Setzungen derselben würden eine Abtrennung herbeiführen93).
Um bei nachträglichen Verblendungen recht scharfe Fugen zu erzielen, verwendet man in München schlank sich verjüngende Steine (geschnittene Verblendsteine) (Fig. 80), welche sich nur in den schmalen rechtwinkeligen Kanten berühren (Fig. 79). Mitteilungen über solche Ausführungen finden sich in den unten angegebenen Quellen94).
91) Ueber dasselbe siehe die 1. Auslage dieses Heftes (Art. 40, S. 56) — serner: Wochbl. f. Arch. u. Ing. 1879, S. 69. ^ |
92) Hierauf bezügliche Maßregeln wurden in der 1. Auflage dieses Heftes (Art. 40, S. 57) besprochen. ^ |
93) Ueber die Herstellung einer nachträglichen Verblendung an der Jerusalemer Kirche in Berlin als Ersatz für den früheren Verputz und die Kosten dieser Ausführung siehe: Deutsche Bauz. 1879, S. 114. ^ |
94) Allg. Bauz. 1850, S. 12. — Haarmann's Zeitschr. f. Bauhdw. 1862, S. 15. ^ |
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Grafik: Fig. 79 1/25 w. Gr., Fig. 80 1/10 w. Gr., Fig. 81 1/25 w. Gr., Fig. 82 1/10 w. Gr. |
Um die Gefahr des Absprengens der scharfen Kanten in den unteren Schichten hoher Mauern zu verringern, schlagen Fleischinger und Becker95) vor, die Steine in 1/2 bis 1 Zoll breiten Flächen sich berühren zu lassen (Fig. 81 u. 82). Nimmt man eine solche Abstumpfung auch bei den sich verjüngenden Backsteinen an, so möchten diese fester erscheinen.
In Oberitalien und in der italienischen Schweiz verwendet man zu den Verblendungen die gewöhnlichen Steine, schleift die Stirnflächen derselben auf einer Sandsteinfläche mit. Wasser ab, erweitert die Fugen nach einwärts mit scharfem Hammer, schleift auch die Kanten und vermauert die so vorbereiteten Steine gleichzeitig mit der Hintermauerung. Alte auf diese Weise hergestellte Bauwerke sollen die Vortrefflichkeit dieses Verfahrens beweisen96). Für unser Klima und für das meiste Backsteinmaterial ist dasselbe jedenfalls nicht geeignet, da durch das Abschleifen die dichte Brandhaut der Steine entfernt, die Poren geöffnet und Quarzkörner u. dergl. im Thone enthaltene Unreinigkeiten bloßgelegt werden.
Die eben angeführten Mittel zur Erzielung sehr scharfer Fugen sind nur zu ausnahmsweiser Anwendung zu empfehlen; denn mit der Unterdrückung der sichtbaren Mörtelfugen gibt man einen sehr wichtigen Bestandteil des Backsteinbaues auf.
Ausfugen. (41.)
Aussehen und Beständigkeit eines Backsteinrohbaues sind wesentlich von der Fugenbehandlung abhängig. Regelmäßigkeit, Sauberkeit und Dauerhaftigkeit der Fugen sind Hauptbedingungen. Regelmäßigkeit und Sauberkeit hängen von der Güte der Steine und von der Sorgfalt des Maurers ab, die Dauerhaftigkeit außerdem von der Beschaffenheit des Mörtels und der Art der Ausführung.
Bei der großen Zahl von Fugen eines Backsteinmauerwerkes können auch Form und Farbe derselben von großem Einfluß auf die Erscheinung sein.
Die haltbarste Art des Fugens ist jedenfalls die, bei welcher die Fugen gleich beim Mauern fertig gemacht werden, da dann der Mörtel durch die ganze Ausdehnung der Fugenflächen in innigem Zusammenhange bleibt. Dabei kann man die Fugen als Vollfugen oder als Hohlfugen behandeln, die letzteren am besten nach dem erwähnten Fisenne'{?A}schen Verfahren.
Grafik: Fig. 83 1/2 w. Gr. |
Die Vortrefflichkeit des vollen Fugens hat sich an den mittelalterlichen Bauten erwiesen. Dabei werden die Steine ganz voll in Mörtel gesetzt; der überquellende Teil wird mit der Kelle abgeschnitten und mit dieser die Fuge geglättet, und etwaige Lücken werden gleich ausgefüllt. Auch kann man die Fuge dabei leicht mit der Kelle nach dem in Fig. 83 dargestellten Profil zuschneiden. Allerdings ist es bei diesem Verfahren schwierig, das Mauerwerk sauber zu erhalten, weshalb man dasselbe sehr häufig durch das
95) In: Der Backstein-Rohbau in seinem ganzen Umfange. Berlin 1862. S. 16. ^ |
96) Siehe: Wochschr. d. öst. Ing.- u. Arch.-Ver. 1882, S. 304. — Ueber das ähnliche Verfahren in England siehe: Centralbl. d. Bauverw. 1898, S. 581, 593, 605, 622. ^ |
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nachträgliche Ausfugen ersetzt. Unbedingt empfehlenswert ist aber die Anwendung
desselben, wenn zum Mauern hydraulischer Mörtel verwendet wird, wenn auf Dauerhaftigkeit
besonderer Wert zu legen ist und wenn das Mauerwerk mit Erde verfüllt
wird, wie bei den Grundmauern.
Grafik: Fig. 84 1/10 w. Gr. |
Die Hohlfugen oder zurückgelegten Fugen geben dem Mauerwerk ein genaueres und saubereres Aussehen, als die Vollfugen; doch dürfen sie nicht zu tief zurückgelegt werden, weil sie zur Ansammlung von Feuchtigkeit Gelegenheit bieten. Das beim Fisenne'schen. Verfahren sich ergebende Tiefenmaß von ca. 7mm sollte nicht überschritten werden. Da aber auch hierbei Wasser auf den oberen Lagerflächen der Steine stehen bleibt und gewöhnlicher Kalkmörtel porig bleibt und die Feuchtigkeit aufsaugt, so sollte man letzterem, um ihn zu dichten, etwas Portlandcement zusetzen. Bei vollen Fugen ist dies nicht so nötig, und die verbleibende porige Beschaffenheit bietet dann den Vorteil, daß das Mauerwerk rascher austrocknen kann und der Mörtel im Inneren desselben früher fest wird.
Besonders schädlich können die tiefen Fugen bei Verblendsteinen mit Vertiefungen auf den Lagerflächen (Fig. 84) werden. Das angesammelte Wasser zieht sich allmählich auch in die Steine hinein und kann unter Umständen Ausschläge oder Zerstörung durch den Frost bewirken. Namentlich sind die Ecksteine, wenn diese auch keine vertieften Lager haben, gefährdet, weil bei denselben die Lagerflächen infolge des Schnittes an der Maschine meist poriger sind als die anderen Steinflächen und bei ihnen das Wasser sich in die lotrechten Durchlochungen hineinziehen kann97).
Wie schon erwähnt, wird sehr häufig das nachträgliche Ausfugen in Anwendung gebracht. Dies kann nach zwei Weisen zur Ausführung gelangen.
Nach der gewöhnlichen Art vollendet man zunächst die Verblendung und beginnt dann von oben herab die Fugen auszukratzen, zu reinigen und mit Mörtel auszustreichen. Gleichzeitig wird dabei das Mauerwerk mit abgewaschen.
Grafik: Fig. 8598), Fig. 8698) |
Das Auskratzen der Fugen erfolgt auf 12 bis 18mm Tiefe entweder mit einer Fugenkelle (Fig. 8598)) oder mit einem besonders zugerichteten Fugholz (Fig. 8698)), das nach vorn zu sich etwas verjüngt. Die eiserne Fugenkelle glättet beim Auskratzen den Mauermörtel zu sehr, so daß sich der später eingebrachte Fugenmörtel mit dem ersteren nicht gut verbindet. Das Fugholz ist vorzuziehen, weil dieses die Fugen rauher erhält.
Nach dem zweiten Verfahren wird das Auskratzen, Reinigen und Ausfugen nach Vollendung aller 4 bis 5 Schichten vorgenommen, also ehe der Mauermörtel erhärtet ist und so lange etwaige Schmutzflecken noch feucht sind und leicht abgewischt werden können.
Die erstere Art fördert mehr, da die Maurer nicht zugleich zwei verschiedene Arbeiten vorzunehmen genötigt sind, und liefert saubereres Mauerwerk. Die zweite Weise hat den großen Vorzug, daß für das Ausfugen keine neue Rüstung erforder-
97) Siehe: Deutsche Bauz. 1881, S. 267 — sowie die 1. Auflage dieses Heftes (Art. 41, S. 60). ^ |
98) Nach: Fleischinger & Becker, a. a. O., S. 13. ^ |
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lich ist und der Fugenmörtel sich mit dem noch frischen Mauermörtel gut verbindet.
Auf das letztere ist ein besonderer Wert zu legen; deshalb sollte auch bei dem
ersten Verfahren wenigstens das Auskratzen der Fugen gleich nach dem Mauern
vorgenommen werden; später wird es gar zu gern von den Maurern unterlassen
oder nicht genügend ausgeführt. Durch das spätere Auskratzen oder Aufhauen der
Fugen werden auch leicht die Steinkanten beschädigt. Nicht gut ausgeführte nachträgliche
Ausfugungen wittern sehr bald aus und bilden mit eine Ursache baldiger
Zerstörung des Mauerwerkes. Um der Dauerhaftigkeit versichert zu sein, sollte deshalb
das Ausfugen nur zu einer Jahreszeit vorgenommen werden, wo Frost oder
Hitze nicht zu erwarten steht.
Form der Fugen. (42.)
Grafik: Fig. 87 |
Wie schon erwähnt, werden die Fugen als Voll- oder Hohlfugen hergestellt; diese können nun noch weiter geschnittene oder vorgelegte Fugen sein. In Fig. 87 a bis 87 k sind verschiedene gebräuchliche Fugenformen dargestellt, die entweder mit der in Fig. 85 dargestellten Fugenkelle oder mit besonders gestalteten Fugeisen ausgeführt werden.
Grafik: Fig. 8899), Fig. 8999) |
Die für gewöhnliche Rohbauten gebräuchlichste Fugenform ist die nach Fig. 87 a; es ist dies eine Vollfuge, die sich eng an die Steinkanten anschließt und durch das Eindrücken mit der Fugenkelle etwas ausgerundet ist. Fig. 87 b zeigt dieselbe Form, nur etwas zurückgelegt. Fig. 87 c stellt die ebene Hohlfuge dar; sie wird mit dem Fugeisen Fig. 8899) ausgeführt und verleiht den Bauwerken ein sehr sauberes, genaues Aussehen. Die Formen in Fig. 87 d bis 87 g sind sog. vorgelegte Fugen mit Rundstäbchen, zu deren Herstellung man sich eines Fugeisens nach Art des in Fig. 8999) wiedergegebenen bedient. Das vor die Mauerflucht vorgelegte Rundstäbchen besitzt wenig Dauer. Fig. 87 h bis 87 k zeigen geschnittene Fugen, welche man mit der Schärfe der Kelle herstellt; unter diesen verdient jene nach Fig. 87 k den Vorzug, nicht allein des Aussehens wegen, sondern auch deshalb, weil bei ihr das Regenwasser mit den Lagerflächen der Steine gar nicht in Berührung kommt und rasch abgeführt wird.
Fugenmörtel. (43.)
Guter Luftkalkmörtel, welcher unter günstigen Umständen sich verfestigen konnte, hat sich zwar auch als Fugenmörtel dauerhaft bewährt; immerhin bleibt er aber porig, was allerdings mitunter als vorteilhaft erachtet werden kann (vergl. Art. 41, S. 52), im allgemeinen aber wegen des Wasseraufsaugungsvermögens für bedenklich angesehen wird. Frischer Kalkmörtel wird vom Regen durch Ausspülen seines Kalkgehaltes beraubt und verliert infolgedessen alle Festigkeit. Man zieht deshalb einen hydraulischen oder durch Cementzusatz hydraulisch gemachten Mörtel (Cementkalkmörtel) oder Cement zum Ausfugen meist vor. Der Sand des Mörtels muß gleichmäßig feinkörnig und rein sein.
Damit der nachträglich eingebrachte Fugenmörtel mit dem in der Mauer enthaltenen gut binde, müssen die Fugen vorher von allem Staube durch Ausbürsten und Ausschwemmen gereinigt werden. Der hydraulische Mörtel ist auch noch nach dem Einstreichen einige Zeit feucht zu halten, besonders der Cement. Dieser
99) Nach: Fleischinger & Becker, a. a. O. ^ |
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wird mit der Fugenkelle oder dem Fugeisen so lange bearbeitet, bis er Glanz
bekommt.
Farbe des Fugenmörtels. (44.)
Nicht unwichtig ist für die Erscheinung eines Backsteinrohbaues die Farbe des Fugenmörtels. Früher (und noch jetzt in manchen Gegenden, so in Holland) ließ man dem Kalkmörtel seine weiße Farbe, was namentlich bei dunkelroten Steinen das düstere Aussehen der betreffenden Gebäude mildert. In Deutschland hat man sich jetzt sehr an gefärbten Mörtel gewöhnt. Es ist aber nicht leicht, diese Färbung richtig zu treffen, und da die Ziegel selbst so verschiedenfarbig vorkommen, so müssen dementsprechend auch die Fugenmörtel gefärbt werden.
Als allgemein giltige Regel ist nur die aufzustellen: Der Farbton der Fuge muß zu dem des Steines stimmen. Etwa ließen sich als Erfahrungsergebnisse noch anführen, daß ein Fugenmörtel, welcher mit dem Backstein gleiche Farbe hat, nicht günstig wirkt, und daß dunkle Steine hell, helle Steine dunkel gefugt werden sollten.
Zur Feststellung des Farbtones und dessen Stärke dient am zweckmäßigsten eine Probeausführung, aber nicht in zu geringer Ausdehnung, da namentlich die Tonstärke in kleinen Flächen nicht gut beurteilt werden kann.
Ueber Erfahrungen mit verschiedenen Farbtönen findet man einige Mitteilungen in unten angegebener Quelle100).
Die Farbstoffe müssen so gewählt werden, daß sie nicht schädigend auf die Bindekraft des Mörtels einwirken können.
Reinigung des Backstein-Mauerwerkes. (45.)
Gleichzeitig mit dem nachträglichen Ausfugen wird das Mauerwerk von allen Verunreinigungen gesäubert. Ist die Verfugung mit dem Mauerwerk zu derselben Zeit hergestellt worden, so erfolgt die Reinigung erst nach gänzlicher Vollendung der Schauseiten. In der Regel benutzt man dazu verdünnte Salzsäure, weil fest gewordene Kalkflecken mit Wasser allein nicht zu beseitigen sind. In Art. 40 (S. 50) wurde schon darauf hingewiesen, daß dies bedenklich werden kann, weil die Salzsäure manche Steine angreift. Man sollte daher mindestens für vollständiges Abwaschen der Säure sorgen, das Absäuren auf die dringendsten Fälle einschränken und mit dem Abwaschen mit scharfen Bürsten und Reisbesen auszukommen suchen.
Sehr verwerflich ist das mitunter beliebte Abschleifen der Fassaden mit Ziegelstücken, weil dadurch die für die Dauerhaftigkeit der Steine so wichtige Oberhaut derselben zerstört wird (vergl. Art. 40, S. 52).
Schmuck durch Terracotten. (46.)
Unter Terracotten versteht man im Bauwesen aus gebranntem Thon hergestellte, oft plastisch verzierte Architekturteile, Zierstücke oder figürlichen Schmuck. Ueber dieselben vergl. Teil I, Band 1, erste Hälfte (Art. 47, S. 109 [2. Aufl.: Art. 57, S. 120]) dieses »Handbuches«101).
Dieselben werden, ihrer hauptsächlichsten Verwendung entsprechend, im nächstfolgenden Hefte (unter D, bei Besprechung der Gesimse aus künstlichem Steinmaterial) eingehendere Behandlung erfahren; doch ist schon hier ihrer Verwendung zum Schmücken von Wandflächen Erwähnung zu thun. Dieses kann entweder im Bekleiden geeigneter Wandfelder oder im Einsetzen einzelner Reliefplatten oder Medaillons an passenden Stellen bestehen, oder im Einfügen von verzierten Friesen. Entsprechen dieselben in ihrer Höhe derjenigen von 1 oder 2 Backsteinschichten, so kann man sie, wenn man eine spätere Beschädigung nicht zu fürchten hat, gleich
100) Fleischinger & Becker, a. a. O., S. 14. ^ |
101) Ueber die neuere Terracottabauweise in England finden sich Mitteilungen von Muthesius in: Centralbl. d. Bauverw. 1898, S. 277. ^ |
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bei der Ausführung der Mauern mit versetzen. Sind sie jedoch, wie wohl die Regel,
höher, so thut man stets besser, sie erst nach vollendetem Setzen des Mauerwerkes
einzufügen.
An dem nicht sowohl als architektonisches Kunstwerk, sondern auch durch seine musterhafte Ausführung der Verblendung mit verschiedenartigen Materialien hoch bedeutenden neuen Kunstgewerbemuseum zu Berlin sind Terracottafriese beiderlei Art zur Verwendung gekommen. Auf je 8 Backsteinschichten folgen 2 Schichten hohe Reliefstreifen, und unter den Fenstersohlbanksimsen ziehen sich breite ornamentale Friese herum102). Die letzteren sind in einer dem daneben befindlichen Sandstein täuschend ähnlichen Farbe und Flächenbehandlung ausgeführt.
Wenn bei derartigen Reliefverzierungen die Lage der Fugen nicht durch eine etwaige architektonische Teilung gegeben ist, so sind dieselben möglichst in die Schatten des Ornamentes, den Umrissen desselben folgend, zu legen, Nicht bloß für das Formen, sondern auch aus Fürsorge für die Dauerhaftigkeit ist es notwendig, bei den Reliefs Unterschneidungen zu vermeiden.
In neuerer Zeit sind mehrfach gelungene Versuche zur Wiederaufnahme des schon im Mittelalter geübten Verfahrens gemacht worden, Ornamente, die nur einmal Verwendung finden sollen, unmittelbar in den zu brennenden Thon einzuschneiden oder aus demselben nach Art der Steinhauerarbeiten herauszumeißeln103).
Schmuck durch Farbe. (47.)
Der Backsteinbau zeichnet sich vor dem Bau mit natürlichen Steinen dadurch aus, daß bei ihm leichter und mit verhältnismäßig wenig Kosten die Farbe in entschiedener Weise zur Dekoration hinzugezogen werden kann. Hausteine und Bruchsteine werden zwar auch in verschiedenen Farben nebeneinander verwendet, um die Architektur zu beleben; die Farben sind aber milder und gebrochener, daher auch die Gegensätze weniger entschieden, als dies bei Backsteinen möglich ist, die viel leuchtendere und kräftigere Farbtöne aufweisen. Aehnliches läßt sich bei polierbaren natürlichen Steinen nur durch die Politur erzielen. Aber auch die Politur leidet unter dem Einfluß der Witterung; der Glanz und damit die Farbe schwinden; noch viel mehr werden die meisten weniger dichten Steine durch Ansetzen von Staub, Ruß und Flechten unansehnlich in der Farbe, während die scharf gebrannten, gesinterten Backsteine in dieser Beziehung unverwüstlich sind. In diesen verschiedenen Eigenschaften von Haustein und Backstein liegt es auch begründet, warum gewöhnlich mit Hausteinen von verschiedener Farbe ohne besondere Vorsicht sich doch ruhige und harmonische Wirkungen erzielen lassen, und warum dies bei verschiedenfarbigen Backsteinen schwierig ist. Die Gefahr unruhiger Wirkung ist auch bei Backsteinen von einer Farbe vorhanden durch die kleinen Verschiedenheiten, die sich beim Brennen und auch schon beim Formen mit Maschinen ergeben, und die wegen der kleinen Abmessungen der Steine in ihrer Häufung sich leicht unangenehm bemerkbar machen.
Diesem letzteren Uebelstande kann man durch sehr sorgfältiges Aussuchen und durch Wahl des Binderverbandes (Läufer und Binderstirnen unterscheiden sich oft im Farbtone) begegnen; man kann ihm aber auch in sehr wirksamer Weise entgegenarbeiten — allerdings ist große Vorsicht dabei erforderlich, um die Unruhe nicht zu verstärken — durch farbige Musterung der Wandflächen, mag diese nun mit wagrechter Streifung oder mit irgend einem reicheren Muster zur Ausführung gelangen.
102) Ueber deren Inhalt siehe man: Centralbl. d. Bauverw. 1882, S. 382. ^ |
103) Siehe: Herstellung von in Thon modellierten und unmittelbar danach gebrannten Ornamenten. Deutsche Bauz. 1887, S. 222 — ferner ebendas., S. 44, 68, 91. ^ |
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Solche Muster lassen sich in großer Mannigfaltigkeit mit den verschiedenen Verbänden und in zwei
oder mehr Farben herstellen, wofür die schon früher angeführten Werke von Fleischinger {et cetera} Becker, Adler, Gruner, Degen, Bethke, Chabat, Lacroux u. a. zahlreiche Beispiele bieten.
Die Farbe der Backsteine nach dem Brennen ist bekanntlich verschieden, je nach dem Vorhandensein gewisser Beimischungen des Thones, und bei demselben Thone nach dem Grade des Brandes. Bestimmte Farben lassen sich entweder durch Mischen oder Wählen verschiedener Thone erzielen oder durch das sog. »Engobieren« (siehe Teil I, Band 2, erste Hälfte [Art. 16, S. 73; 2. Aufl.: Art. 35, S. 93] dieses »Handbuches«).
Geben nun schon die gewöhnlichen Backsteine die Mittel zu einer vielfarbigen Architektur an die Hand, so läßt sich dies in noch viel höherem Grade durch Hinzuziehen anderer keramischer Erzeugnisse, wie glasierter Steine, vielfarbiger Terracotten, von Fayence, Majolika und Porzellan in ihren verschiedenen Abarten erreichen (über dieselben vergl. an der eben genannten Stelle [Art. 48, S. 110; 2. Aufl.: Art. 60 u. ff., S. 121 u. ff.] dieses »Handbuches«). Durch dieselben ist es möglich geworden, eine sehr reiche und dabei dauerhafte Polychromie in das Bauwesen wieder einzuführen. Voran stehen in dieser Anwendung zwar noch Frankreich und England; aber auch in Oesterreich und Deutschland machen der Sinn dafür und die Erzeugung solcher Waren große Fortschritte.
Als höchstes Mittel zu gleichem Zwecke würde man hier auch das in neuerer Zeit wieder mit Recht in der Monumentalarchitektur zur Anwendung gebrachte Mosaik einreihen können.
Glasursteine. (48.)
Durch den Glasglanz wird ähnlich wie durch die Politur die Leuchtkraft der Farben ganz wesentlich erhöht; deshalb kann man auch durch die Anwendung der glasierten Ziegel große Farbenwirkungen erzielen. Besondere Vorsicht ist dabei allerdings geboten, weil mit dem Glasglanz sehr störende Reflexe verbunden sind. Deshalb soll man in der Verzierung mit Glasursteinen sparsam sein und sie nur am rechten Orte anwenden, d. h. nur an architektonisch neutralen Flächen und wo möglich im Schatten. Am ungünstigsten wirken, wegen ihrer kalten Glanzlichter, diejenigen bunten Glasuren, welche die Farbe des Steines ganz decken, besser solche, welche diese durchscheinen lassen, wie z. B. eine durchsichtige braune Glasur bei roten Steinen.
Die Dauerhaftigkeit der Glasursteine wird durch die zahlreichen mit ihrer Hilfe aufgeführten mittelalterlichen Bauten Norddeutschlands bewiesen. Falsch und sehr schädlich würde es aber sein, anzunehmen, daß jeder Ziegel durch eine Glasur dauerhafter gemacht werden könnte. Neuere Erfahrungen104) haben bewiesen, daß Glasursteine nur dann dauerhaft sind, wenn die Steinmasse selbst die allerbeste und witterungsbeständigste ist, daß aber die Glasur bei solchen Steinen, die dieser Bedingung nicht entsprechen, geradezu schädigend wirkt, indem das rasche Verdunsten des auf irgend einem Wege in den Stein gedrungenen Wassers durch die Glasur verhindert wird. Ein Zerfrieren wird bei solchen Steinen weit leichter eintreten, als bei solchen, deren porige Oberfläche nicht glasiert ist.
Das Glasieren der Steine für den Fassadenbau ist daher nur als ein Schmuckmittel und allenfalls als ein Schutzmittel gegen Schmutz aufzufassen. Bei Abdeckungen und Abwässerungen, die an und für sich das beste Material erfordern, ist sie der raschen Abführung des Wassers förderlich und deshalb nützlich.
104) Beispiele werden mitgeteilt von Olschewsky in: Schäden an Backsteinrohbauten. Notizbl. d. Ziegler- und Kalkbrenner-Ver. 1881, S. 87–89. — Siehe auch: Deutsche Bauz. 1881, S. 266. — Baugwksztg. 1886, S. 659. ^ |
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Wandfliesen. (49.)
Zur Bekleidung der Wände im Aeußeren und Inneren der Gebäude werden häufig kleine Platten verwendet, die man oft Fliesen nennt. An den Fassaden benutzt man sie vorzugsweise zur farbigen Ausstattung derselben in Friesen oder umrahmten Wandfeldern, weniger zur Bekleidung ausgedehnter Wandflächen. Doch kommt auch das letztere am Aeußeren vor, mehr jedoch im Inneren der Gebäude, nicht bloß zur Zierde, sondern oft auch aus Nützlichkeitsgründen, zur Erhaltung der Sauberkeit und zum Schutze der Wände gegen Feuchtigkeit und Dünste, die in den betreffenden Räumen erzeugt werden. So finden sie ihre passende Verwertung in Hausfluren, Speisesälen, Küchen, Badezimmern, Aborten, Stallungen u. s. w.
Solche Fliesen sind entweder glasiert — und dies ist die Regel — oder matt gefärbt; sie sind entweder einfarbig oder mit einem vielfarbigen Muster versehen. Bei diesen letzteren können die Ornamente vertiefte Umrißlinien erhalten oder sich in schwachem Relief voneinander abheben. Auch werden Fliesen mit eingepreßten Ornamenten hergestellt, welche das Mosaik aus kleinen Steinstücken nachahmen. Mit den einfarbigen Fliesen bildet man Flächen von einem Ton oder mit schachbrettartigen Mustern. Die vielfarbigen Fliesen geben entweder ein gleichförmig sich wiederholendes Muster, dessen Einzelmotiv der Größe einer Platte entspricht, oder durch Zusammensetzen zu einander passender Fliesen größere Muster, zu deren Bildung mehr oder weniger Platten gehören. Zum Abschluß oder zur Einrahmung der Felder erhält man besondere Friesstücke.
Das Material der Fliesen ist entweder ein mehr oder weniger hart gebrannter Thon, oder es ist eine festere Steinzeugmasse, die mitunter durch starken Druck noch mehr verdichtet wird, oder gar wirkliches Porzellan. Diese festeren Erzeugnisse sind ihrer großen Dauerhaftigkeit wegen meist vorzuziehen.
Die Befestigung der Fliesen erfolgt auf einem vorher aufgetragenen und erhärteten Wandputz aus Kalk- oder Cementmörtel mit einem eben solchen Mörtel, in den die Platten gedrückt werden. Am meisten kommt Cementmörtel in Anwendung (1 Teil Portlandcement und 2 Teile Sand). Damit die Platten besser haften, sind sie auf der Rückseite oft mit Rippen oder, bei größeren Abmessungen, mit Höhlungen versehen. Auch ist es zweckmäßig, die Oberfläche des Wandputzes rauh zu halten. Die Fugenränder der Fliesen werden, wenn nötig, geschliffen und im Inneren der Gebäude die Fugen gewöhnlich mit Gips oder weißem Cement verstrichen. Daß diese Arbeiten mit aller Vorsicht und regelrecht ausgeführt werden müssen, bedarf keiner besonderen Erörterung.
Bei inneren Verkleidungen werden vorkommende Eckkanten entweder mit den Fliesen selbst hergestellt, indem diese auf Gehrung zusammengeschliffen werden, oder man deckt dieselben durch Holzleisten oder Messingröhren, welche ihre Befestigung an Dübeln mit Schrauben finden. Die Messingröhren werden vor dem Ansetzen der Platten, die Holzleisten nachher angebracht.
Bei äußeren Verkleidungen werden die Fliesen in Vertiefungen eingesetzt, welche vorher am Mauerwerk ausgespart wurden. In der Bemessung der Tiefe dieser Aussparungen ist auf die Dicke der Platten und des Mörtelauftrages Rücksicht zu nehmen.
Die glasierten Wandfliesen sind ungefähr 1cm, die enkaustischen Fliesen (z. B. die Mettlacher Mosaikplatten) 1,5 bis 2,5cm stark105).
105) Ueber die Erzeugnisse von Villeroy & Boch in Mettlach und Merzig a. d. Saar vergl. die 1. Auflage dieses Heftes (Art. 49, S. 66) und über Thonerzeugnisse überhaupt Teil I, Bd. 1, erste Hälfte (Abt. I, Abschn. 1, Kap. 2) dieses »Handbuches«. ^ |
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Behandlung geböschter Wandflächen. (50.)
Eine allen Ansprüchen genügende Herstellung von geböschten Wandflächen ist aus Backsteinen noch schwieriger herzustellen, als aus Hausteinen, weil die Bearbeitung der Stirnflächen aus schon besprochenen Gründen unzulässig ist. Man ist wegen der parallelepipedischen Gestalt der gewöhnlichen Backsteine gezwungen, entweder in geneigten oder in nach oben zu zurückgesetzten Schichten zu mauern. Beide Verfahren haben den schon in Art. 13 (S. 22) angeführten Nachteil, das Eindringen von Feuchtigkeit in das Mauerwerk zu befördern, und zwar wegen der großen Zahl von Fugen in verstärktem Maße. Bei ausgedehnteren Bauten dieser Art wird es sich daher lohnen, besondere Formsteine anfertigen zu lassen, deren Stirnflächen unter dem vorgeschriebenen Böschungswinkel gegen die wagrecht auszuführenden Schichten geneigt sind.
Wagrechter Mauerabschluß. (51.)
Eine der wichtigsten Bedingungen für die dauernde Erhaltung von frei in die Luft ragenden Mauerwerken ist die Herstellung eines geeigneten oberen Abschlusses derselben. Wenn nun auch für diesen Zweck die Backsteine nicht als ein geeignetes Material betrachtet werden können, so sind sie doch oft genug dazu zu verwenden, und deshalb ist dabei besondere Vorsicht notwendig. Dichte, glatte und stark geneigte Abdeckungsflächen mit möglichst wenigen, aber voll gemörtelten Fugen sind Grundbedingung, um das Wasser am Eindringen zu hindern und dessen Ablauf zu beschleunigen.
Zunächst ist also das beste Ziegelmaterial erforderlich, dessen Glätte zwar durch eine Glasur erhöht, dessen Dauerhaftigkeit aber durch eine solche nicht befördert werden kann (siehe hierüber Art. 48, S. 57). Wegen der großen Fugenzahl sind Rollschichten ohne eine weitere Schutzdecke unzweckmäßig. Besser sind, wegen der geringeren Zahl der Fugen, Abdeckungen mit Backsteinplatten in geneigter Lage. Mitunter werden diese Platten, in Nachahmung von Hausteinformen, als größere Baustücke, massiv oder mit Höhlungen, hergestellt und namentlich bei flach geneigten Abwässerungsflächen in Anwendung gebracht.
Grafik: Fig. 90, Fig. 91, Fig. 92, Fig. 93 1/10 w. Gr. |
Für die Herstellung der vorteilhafteren, stark geneigten Abdeckungen erscheinen
die unter die deutschen Normalformsteine aufgenommenen Schrägsteine (Fig. 90),
besonders jene mit Wassernase (Nasensteine, Fig. 91) geeignet. Dieselben werden
als Läufer, Binder, 1/2-Steine und 3/4-Steinbinder, auch als Ecksteine, mit verschiedenen
Neigungswinkeln geliefert.
Die schräge Fläche der Nasensteine erhält gewöhnlich eine Neigung von 45 Grad gegen die Wagrechte oder mehr. Dies gestattet aber keinen regelrechten Verband mit den anschließenden Schichten bei richtiger Lage der Nasensteine, welche verlangt, daß die Oberkante der schrägen Fläche den darüber folgenden Stein an der tiefsten Linie des Rundstabes berührt. Der regelrechte Verband erfordert eine Verschiebung der übereinander folgenden Steine um 65mm, was bei der an-
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Grafik: Fig. 94, Fig. 95 1/25 w. Gr.Fig. 96 1/10 w. Gr. |
geführten Bedingung für die richtige Lage der Nasensteine eine etwas geringere Neigung der Vorderfläche als 45 Grad voraussetzt. In diesem Sinne gestaltete Nasensteine sind in Fig. 92 u. 93 für Breiten von 122mm und 130mm dargestellt worden. Die letztere Breite ist dann wünschenswert, wenn, wie dies später noch erörtert werden wird, ein guter Anschluß von geneigten Abdeckungen an lotrechte Flächen erreicht werden soll.
Fig. 94 u. 95106) geben Beispiele von Mauerabdeckungen mit Schrägsteinen und mit Nasensteinen. Für die Firste sind besondere Formsteine notwendig, die zur engeren Verbindung und Deckung der unter ihnen befindlichen Zwischenfugen nach Fig. 96106) gebildet werden können.
Grafik: Fig. 97, Fig. 98 1/25 w. Gr. |
Unter dem Einfluß der Wärmeunterschiede lockern sich die Stoßfugen und werden dadurch zur Aufnahme von Wasser immer empfänglicher, welches dann durch Gefrieren weitere Zerstörungen herbeiführt. Ist deshalb die Verringerung der Stoßfugenzahl sehr wünschenswert, so ist dies gleichfalls die Vorsichtsmaßregel, an denjenigen Stellen, wo ein vermehrter Wasserzufluß stattfindet, keine Stoßfugen anzuordnen.
Grafik: Fig. 99 1/25 w. Gr. |
Bei den größeren Abdeckungsplatten mit ihren flach geneigten Abwässerungen ist dies leicht zu erreichen. So ist z. B. die fehlerhafte Anordnung in Fig. 97 ohne Schwierigkeit durch die richtige in Fig. 98 zu ersetzen. Ebenso ist es bei denselben nicht besonders schwierig, an den Anschlußstellen von lotrechten Mauerflächen Stoßfugen zu vermeiden, indem man die Ab. deckungsplatten ein Stück in das anschließende Mauerwerk eingreifen läßt (Fig. 99107)).
Schwieriger ist dies bei stark geneigten Abwässerungen, weil bei diesen an den Anschlußstellen eine größere Anzahl von Schichten zu verhauen sein würde, wenn man nicht besondere Formsteine zur Anwendung bringt. Fig. 100 u. 101 bieten Vorschläge zu solchen für Nasensteine aufeinander folgender Schichten und Fig. 102 eine Anwendung derselben.
Um die Stoßfugen von Abdeckungsplatten zu dichten, läßt man sie wohl auch mit Falzen (wie bei den Falzdachziegeln) übereinander greifen, oder, um das Wasser
106) Nach: Schmidt, O. Die Ausbildung der Giebel für den Backsteinrohbau. Berlin 1882. ^ |
107) Siehe über diesen Gegenstand: Eckhart, A. Die Technik des Verblendsteins. Halle a. S. 1884. Bd. 2, S. 24 u. ff. ^ |
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Grafik: Fig. 100, Fig. 101 1/10 w. Gr. |
von denselben abzuleiten, versieht
man sie auf ihrer oberen Fläche
mit einer Aushöhlung (Fig. 103108)).
Abdeckungen der Ziegelmauerwerke mit anderen Materialien werden in Kap. 12 (Schutz der Wände gegen Feuchtigkeit) besprochen werden.
Grafik: Fig. 102, Fig. 103, Fig. 104 1/25 w. Gr. |
Ansteigender Mauerabschluß. (52.)
Ansteigende Mauerabschlüsse, wie sie bei Giebeln, Strebepfeilern, Rampen u. s. w. vorkommen, unterliegen denselben Einflüssen und sind daher ähnlich zu behandeln, wie die im vorhergehenden Artikel besprochenen wagrechten. Eine Abwässerung der oberen Fläche nach den Mauerfluchten hin ist bei ihnen aber weniger notwendig, obgleich bei Verwendung von größeren Platten ausführbar und zweckmäßig wegen der Ableitung des Wassers von den Stoßfugen. Unausführbar und entbehrlich ist sie bei Benutzung der sehr geeigneten, in Fig. 90 und 91 schon abgebildeten Schräg- und Nasensteine. Eine Anwendung der letzteren zeigt Fig. 104. In derselben Abbildung ist auch die Möglichkeit angedeutet, mit einer und derselben Sorte Nasensteine durch Vorschieben derselben über die normale Lage, steilere Neigungen des Abschlusses zu erzielen.
Durchbrochene Mauern. (53.)
Durchbrochene Mauern kommen häufig da zur Anwendung, wo es sich um Herstellung von Luftzug handelt, so bei Gebäuden zu Trockenzwecken, Getreide- und Futterspeichern u. s. w. Auch bei Einfriedigungsmauern, gemauerten Geländern von Terrassen, Balkons (siehe das nächstfolgende Heft dieses »Handbuches«) u. s. w. ist neben Erzielung reicheren Aussehens das Erhalten des Luftzuges erwünscht, damit die Bodenflächen hinter denselben nach Regengüssen rasch wieder abtrocknen können. Mit den Backsteinen und den übrigen Ziegelwaren, wie Dachziegeln, Formsteinen, Terracotten, lassen sich beide Zwecke leicht und höchst mannigfaltig erreichen. Auch mit den gewöhnlichen Backsteinverbänden sind durch Weglassen einzelner Steine vielerlei hübsche Muster zu erzielen, ebenso durch teilweise Verwendung von
108) Siehe hierüber: Heusinger v. Waldegg, E. Die Ziegelfabrikation. 3. Aufl. Leipzig 1876. S. 142. ^ |
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Hohlsteinen in sonst vollen Mauerkörpern. Weit reichere und zierlichere Bildungen
gewähren aber die erwähnten anderen Ziegelwaren, die deshalb auch zu diesen
Zwecken häufig Verwendung finden. Zahlreiche Beispiele für Anordnung durchbrochener
Mauern bieten die im vorhergehenden Bande (Fußnote 26, S. 30 [2. Aufl.:
Fußnote 25, S. 30]) dieses »Handbuches« angeführten Werke.
Backsteinfachwerk. (54.)
Das Backsteinfachwerk ergibt sich bei gemischten Mauerwerken durch Herstellung der Ecken, Lisenen, Fenstergewände, wagrechten Streifen und Gesimse aus Backsteinen, der verbleibenden Wandflächen aus Bruchsteinmauerwerk. In der Regel werden dabei an den lotrechten unter den aufgeführten Bauteilen die im vorhergehenden Bande (Art. 85, S. 69 [2. Aufl.: S. 70]) dieses »Handbuches« besprochenen Verzahnungen zur Anwendung gebracht. Veranlassung zu dieser Bauweise gibt einerseits das Bedürfnis zu regelmäßigem Baumaterial an den erwähnten Stellen, andererseits dasjenige nach malerischer Wirkung. Das letztere führt oft zu Uebertreibungen.
Schutz gegen Verwitterung. (55.)
Die Ursachen der Verwitterung der Backsteine sind zum Teile die gleichen, wie bei den Hausteinen, also hauptsächlich eindringende Feuchtigkeit, die nicht rasch genug verdunsten kann und bei eintretendem Frost ungenügend festes oder vielleicht auch erweichtes Material zersprengt. Dies kann durch die Art der Anfertigung begünstigt werden, welche das stoffliche Gefüge der Steine schädlich zu beeinflussen vermag109). Von großer Wichtigkeit für die Frostbeständigkeit ist hierbei der richtige Magerungsgrad der Ziegelerde110). Bei den Backsteinen treten als Zerstörungsursachen aber noch das Vorhandensein von löslichen Salzen, von gebranntem kohlensaurem Kalk oder Schwefelmetallen in der Steinmasse hinzu. Die ersteren führen durch Auswittern unter Einwirkung der Feuchtigkeit zunächst die sog. Ausblühungen (Efflorescenzen), welche nicht immer schädlich zu sein brauchen, herbei, dann aber auch Abblätterungen und häufig sogar den Mauerfraß. Eingesprengter Aetzkalk kann die Steine durch die Volumvergrößerung beim allmählichen Ablöschen zersprengen, ebenso die Schwefelmetalle bei der Oxydation111). Aber auch bei diesen letzteren Vorgängen ist es die Feuchtigkeit, mag diese nun den Steinen von außen oder aus dem Mörtel zugeführt werden, welche den Zerstörungsvorgang einleitet. Abgesehen also von der Wahl eines Materials, welches von den genannten Stoffen möglichst wenig enthält (auch der Mörtel ist in dieser Beziehung zu beachten, da aus ihm lösliche Salze in die Steine übergeführt werden können) und welches als wetterbeständig bekannt ist, müssen die Schutzmaßregeln zur Erhaltung der Backsteinbauwerke ganz besonders auf Abhaltung und Abführung der Feuchtigkeit gerichtet sein; sie sind also wesentlich konstruktiver Natur. Hiervon ist schon mehrfach im vorhergehenden die Rede gewesen; besondere Ausführungsmaßregeln werden noch in Kap. 12 (Schutz der Wände gegen Feuchtigkeit) besprochen werden112).
Bedeutung des Backsteinbaues. (56.)
Die schon im Eingang dieses Kapitels erwähnte, ausgedehnte Anwendung, welche der Backstein im Hochbauwesen erlangt hat, ist in seiner geringen, handlichen
109) Siehe: Deutsche Bauz. 1884, S. 53. ^ |
110) Siehe: Olschewsky, W. Die Ursachen der Verwitterung bei Verblendsteinen und Terracotten. Halle a. S. 1885. ^ |
111) Zur Beurteilung der Verwitterungserscheinungen an Backsteinbauten und der Wetterbeständigkeit der Backsteine wird das Studium folgender Quellen empfohlen: Deutsche Bauz. 1873, S. 272; 1881, S. 122, 258, 265. — Olschewsky, W. Schäden an Backsteinrohbauten. Notizbl. d. Ziegler- und Kalkbrenner-Vereins. Berlin 1881. S. 79. — Kuhnow, A. Verwitterungen an Berliner Rohbauten. Berlin 1884. — Eckhart, A. Die Technik des Verblendsteins. Bd. II. Halle a. S. S. 19, 41. — Tetmajer, L. Mitteilungen der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien am eidgen. Polytechnikum in Zürich. Heft 1. Zürich 1884. — Baugwksztg. 1883, S. 189, 384. — Olschewsky, W. Die Ursachen der Verwitterung bei Verblendsteinen und Terracotten. Halle a. S. 1885. ^ |
112) Ueber Schutz- und Vorsichtsmaßregeln gegen rasche Verwitterung von Backsteinverblendungen siehe die 1. Auflage dieses Heftes (Art. 55, S. 70). ^ |
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Größe begründet, welche ein rasches, wenig umständliches Bauen gestattet, womit
nicht unwesentliche Kostenersparnisse gegenüber den Hausteinen durch die bequeme
Beförderung und die zulässigen leichten Rüstungen verbunden sind. Dazu treten die
schon mehrfach berührten Vorteile der Backsteine und mancher ähnlicher künstlicher
Steine in gesundheitlicher Beziehung und gegenüber dem Bau mit unregelmäßigen
oder wenig bearbeiteten Bruchsteinen, die durch die Regelmäßigkeit der Form bedingte
größere Festigkeit des Mauerwerkes bei gleicher Dicke. Die aus der geringen
Größe der Backsteine hervorgehenden baulichen Schwierigkeiten für Abdeckungen
sind ebenso, wie die im Rohstoff und in der Anfertigungsweise liegenden Gefahren
für die Dauer der Backsteinbauten schon zur Erörterung gelangt.
Ist nun auch die geringe Größe, in welcher der Backstein zur Anwendung kommt und kommen muß, im allgemeinen von großem Vorteile, so wird dieselbe doch zur Quelle großer Schwierigkeiten für die ästhetische Behandlung und Wirkung der Backsteinrohbauten, so daß diese den Hausteinbauten gegenüber für monumentale Zwecke immer im Nachteile bleiben müssen. Trotzdem ist zuzugeben, daß sich bei einer dem Baustoff entsprechenden Formenbehandlung und Hinzuziehung von Terracotten, deren Größe sich innerhalb vernünftiger Grenzen bewegt, sowie unter Anwendung der reichen, der Keramik möglichen Farbenreihe sehr erfreuliche Wirkungen auch mit dem Backsteinrohbau erzielen und denselben für mancherlei Zwecke geeignet erscheinen lassen.
Unerreicht ist der Backstein als Baustoff bisher in Bezug auf Feuerbeständigkeit, ein Vorzug von ungemeiner Wichtigkeit, der allein schon seine ausgedehnte Anwendung rechtfertigen würde. Bauten aus guten Backsteinen widerstehen nicht nur länger einem Feuer; sie erleiden gewöhnlich auch geringeren Schaden durch ein solches, als Bauwerke aus anderen Werkstoffen.