Durm:Bildung des Wandschlusses
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in Kapitel 8: Wände aus Eisen und Stein. (Eisenfachwerkbau.); vorheriges Unterkapitel: Durm:Eisengerippe. - Inhaltsverzeichnis des Heftes |
Inhaltsverzeichnis |
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Allgemeines. (228.)
Der Wandschluß der Eisengerippe kann auf zweierlei Weise hergestellt werden: entweder durch bloße Ausfüllung der Gefache, oder durch Verblendung mit oder ohne Ausfüllung derselben. Im ersteren Falle bleibt das Eisen an beiden Seiten sichtbar, im zweiten nur an einer Seite, oder es ist allseitig verdeckt.
Die Verblendung des Eisengerippes widerspricht zwar dem oft betonten Grundsatze, den Stoff der Konstruktion auch in den Formen zur Geltung zu
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bringen; sie kann aber aus praktischen Gründen unbedingt erforderlich werden: die
einseitige Verblendung aus Rücksicht auf die Bewohnbarkeit der Räume, die allseitige,
um das Bauwerk möglichst feuersicher und das Eisenwerk möglichst unabhängig von
der Luftwärme zu machen. Auch andere Gründe können für die Ausführung einer
Verblendung maßgebend sein, so die Rücksicht auf den Anschluß an einen schon im
Massivbau vollendeten Teil eines Gebäudes. Am wenigsten stichhaltig ist der allerdings
am häufigsten geltend gemachte Grund der Schwierigkeit der formalen Behandlung
der Eisenkonstruktion, gegenüber der Thatsache, daß sehr gelungene Eisenfachwerkbauten
mit in allen Teilen sichtbarem Eisen, insbesondere in Frankreich, zur
Ausführung gelangten. Wie später noch zu erörtern ist, läßt sich mit einer solchen
Ausbildung der Außenseiten eines Gebäudes recht wohl eine innere Verblendung
vereinigen, da das Sichtbarlassen des Eisens im Inneren nur in besonderen Fällen
mit Recht verlangt werden, bei Wohnräumen aber wenig Anklang finden dürfte,
weshalb auch bei den nur ausgemauerten Fachwerken an der Innenseite das Eisen
gewöhnlich, sofern es sich nicht um ganz untergeordnete Räume handelt, unter Putz
oder Holzverkleidung verborgen wird.
Ausgefüllte Gefache. (229.)
Die Ausfüllung der Gefache wird meist mit Mauerwerk aus künstlichen Steinen hergestellt; seltener kommen Gips, Beton, Quader oder Bruchsteine in Anwendung. Bei den in Kap. 10 zu besprechenden, mit Rücksicht auf bequemes Auseinandernehmen und Wiederzusammenfügen konstruierten Fachwerkwänden benutzt man auch verschiedenartige künstliche Platten.
Unter den künstlichen Steinen werden vorzugsweise die Backsteine verwendet, bei besseren Ausführungen die Verblender, oft unter Bildung von Mustern aus verschiedenfarbigen oder glasierten Steinen. Auch benutzt man häufig Hohlsteine. Diese jedoch, wie die harten Verblender, bieten für die Ausmauerung die Schwierigkeit, daß sie sich schlecht zuhauen und daher schwer an die vorspringenden Eisenteile, wie Winkellaschen, Niet- und Schraubenköpfe u. s. w. anschließen lassen. Aus diesem Grunde hat man an Stelle derselben auch Schlackensteine (aus granulierter Hochofenschlacke 502) verwendet, welche in frischem Zustande leicht bearbeitbar sind und welche eine angenehme lichtgraue Farbe besitzen, die allerdings nicht für alle Fälle befriedigen dürfte.
Die gewöhnliche Ausmauerungsstärke ist 1/2 Stein; doch kommen in Gefachen von Walzeisen auch 1/4 und 1 Stein vor, bei genieteten Ständern auch noch größere Dicken. Von den gegebenen Steinmaßen sind die geringsten Abmessungen der Walzeisensorten abhängig. Da man nun die Steine gern von den Flanschen umfassen läßt, was man übrigens nicht ganz durchführen kann, da man sonst fast nur {I}-Eisen verwenden müßte, so ergibt sich, daß beim deutschen Normalziegelformat der lichte Raum zwischen den Flanschen für 1/2 Stein starke Ausmauerung mindestens 12cm betragen sollte, welchem Maß Nr. 14 der »Deutschen Normalprofile von {I}-Eisen« entspricht.
Die Breite der zumeist in Frankreich verwendeten Backsteine (briques de Bourgogne503) beträgt nur 11cm, woraus sich die im allgemeinen etwas leichtere Konstruktion der französischen Eisenfachwerkwände von 1/2 Stein Stärke erklärt.
Verblendsteine werden den gewöhnlichen Backsteinen mitunter abwechselnd in 1/4 Stein Stärke vorgesetzt, wobei sich eine Wanddicke von 3/4, bezw. 1 Stein ergibt.
502) Siehe: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, Jahrg. 1, S. 133. ^ |
503) Nach Chabat (in: La brique et la terre cuite. Paris 1881. S. 116) sind die Maße dieser Backsteine 0,22 × 0,11 × 0,054m. Die erste Sorte der briques de Vaugirard mißt 0,22 × 0,11 × 0,06m. ^ |
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Grafik: Fig. 496504) |
Ueber die Art, wie man verfahren kann, um einen Verband mit der nur 1/4 Stein dicken Hintermauerung herzustellen, wenn die Verblendung in allen Schichten 1/2 Stein stark gemacht wird, vergl. Art. 215 (S. 233).
Die Ausmauerung der Gefache auf 1/4 Stein Stärke erfordert eine enge Ständerstellung. Will man diese weit haben, so sind besondere Vorkehrungen notwendig.
Ein Beispiel für letzteres zeigte ein Gebäude der Pariser Weltausstellung von 1878. Zwischen die in 1,8m Abstand gestellten, 80mm hohen {I}-Eisenständer waren beiderseitig Quadrateisenstäbe eingeschaltet, deren Verbindungsstücke durch die aus Flacheisen gebildeten Riegel getragen wurden (Fig. 496504)).
Die Bildung von Rissen an den Anschlußstellen des Mauerwerkes an die Ständer wird nur infolge von Wärmeveränderungen eintreten können; diese werden aber zumeist geringer ausfallen, als bei den Holzfachwerken, wo sie eine Folge des Schwindens des Holzes sind. Wird Cementmörtel zum Vermauern der Steine benutzt, so empfiehlt es sich, die Berührungsstellen mit dem Eisen nicht mit Oelfarbe anzustreichen, da Cement mit dem Eisen sich gut verbindet, was durch den Anstrich verhindert werden würde. Für die frei bleibenden Eisenflächen ist dagegen Oelfarbenanstrich ein sehr gutes Schutzmittel.
Besondere Maßregeln, um ein Herausfallen der Ausmauerung aus den Gefachen zu verhüten, werden gewöhnlich nicht für notwendig gehalten. Im übrigen dienen hierfür in den meisten Fällen vortrefflich die das Mauerwerk umfassenden Flansche, welche auch den Luftdurchzug verhindern, wenn die Zwischenräume gut verkittet werden, was schon mehrfach als notwendig bezeichnet wurde, um Bildung von Sammelstellen für die Feuchtigkeit zu umgehen.
Weitere Mitteilungen über die Ausmauerung der Gefache mit Backsteinen oder anderen Stoffen sind mit Rücksicht auf das über diesen Gegenstand in Kap. 6 unter Art. 164 bis 168 (S. 170 bis 174) Gesagte nicht notwendig.
Einseitige Verblendung. (230.)
Die nur ausgefüllten Eisenfachwerkwände haben, auch bei größerer Dicke als 1/2 Stein, den Nachteil, daß infolge der guten Wärmeleitungsfähigkeit des Eisens bei eintretender Wärmeerniedrigung an demselben sich Feuchtigkeit im Inneren der Gebäude niederschlägt. Dies macht sich auch geltend, wenn die Innenseite der Wände mit einem Putzüberzug versehen ist. Es wird jedoch durch eine auf der Innenseite ausgeführte Verblendung verhindert, die hierbei 1/2 Stein stark gehalten werden kann und in angemessener Weise zur Erhöhung ihrer Standfähigkeit mit der Fachausmauerung zu verbinden ist.
Auch andere Wandkonstruktionen können zur Herstellung der inneren Verblendung benutzt werden.
Beim Neubau eines Kinderhospitals für ansteckende Krankheiten in der Charité zu Berlin505) wurde das Eisenfachwerk der Umfassungswände 1/2 Stein stark mit gelochten Verblendern ausgemauert und innen in 4cm Abstand mit einer 4cm dicken, nach dem in Kap. 10 zu besprechenden System Monier ausgeführten Wand verkleidet. Bei diesem Bauwerk wurde Eisenfachwerk wegen des für die Gründung eines Massivbaues große Schwierigkeiten bietenden Baugrundes und um das Einnisten von Ansteckungsstoffen möglichst zu verhindern, gewählt.
504) Nach: Gaz. des arch. 1879, S. 180. ^ |
505) Siehe: Mehlhausen. Das neue Kinderhospital für ansteckende Krankheiten in der Charité. Berlin 1888. S. 9. ^ |
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Grafik: Fig. 497 1/20 w. Gr. |
Schon Viollet-le-Duc506) hat aus dem oben angegebenen Grunde
die Anwendung einer inneren Verblendung empfohlen, und zwar so,
daß die Walzeisen bis zur Mitte der 1 Stein starken Backsteinwand
reichen, welche nach außen noch mit Fayenceplatten von 5cm Stärke
verkleidet ist (Fig. 497). Die Gesamtdicke der Wand, bei welcher die
Eisenkonstruktion äußerlich sichtbar bleibt, berechnet sich hierbei, einschl.
inneren Putzes, auf 29 bis 30cm, für das deutsche Normalziegelformat dagegen auf
etwa 32cm.
Grafik: Fig. 498 1/50 w. Gr. |
Durch eine äußere Verblendung wird durch das Verdecken des Eisens der Wand das Kennzeichnende der Erscheinung genommen, dagegen ein nicht zu unterschätzender Vorteil erreicht, der darin besteht, daß die Eisenkonstruktion gegen die in Volumenveränderung sich geltend machenden Einflüsse des Wärmewechsels mehr geschützt wird, als bei innerer Verblendung.
Die äußere Verblendung kann in Quadern, in den verschiedenen Backsteinarten oder anderen künstlichen Steinen und Platten ausgeführt werden.
Bei einigen von Kunnhenn in Essen und Umgegend ausgeführten Eisenfachwerkbauten ist eine äußere Verblendung von Backsteinen in Anwendung gekommen. Die aus flach gelegtem {|_|}-Eisen hergestellte Schwelle ist so breit gemacht worden, daß auf ihr sowohl das ausgemauerte Eisenfachwerk, als auch die Verblendung Platz finden (Fig. 498). Die Ausführung in Eisenfachwerkbau wurde hier um der Vorteile willen gewählt, welche derselbe bei eintretenden Senkungen, die hier des vom Bergbau unterwühlten Bodens wegen zu erwarten sind, für die Wiederherstellung der wagrechten Lage durch Hebung bietet (vergl. Art. 217, S. 241).
Ein Beispiel einer äußeren Quaderverblendung liefert ein Geschäfts- und Wohnhaus für einen Juwelier in Paris (Fig. 499 u. 500507), bei welchem das Obergeschoß mit Hilfe von Eisenfachwerk ausgeführt ist, so daß hier die Straßenwand nur 20cm stark gemacht werden konnte. Die Rahmen und Schwellen sind ganz in Stein eingebettet.
Grafik: Fig. 499 1/40 w. Gr. |
Aeußere Verblendung mit Ziegelrohbau unter Hinzunahme von Sandstein und Stiftmosaik zeigen die Hallenwände der Haltestelle »Börse« der Berliner Stadtbahn508). In 9m Achsenabstand sind je zwei aus Blech und {L}-Eisen zusammengenietete Hauptständer in 1,7m Entfernung auf{?A}gestellt, zwischen welchen noch zwei Zwischenständer aus {[}-Eisen stehen. Allen Ständern entsprechen Dachbinder. Sie sind durch auf ihre Außenseite gelegte Rahmen aus {[}-Eisen verbunden. Die Anordnung doppelter Hauptständer, welche den auf die Wand und das Hallendach wirkenden Winddruck aufzunehmen haben und deshalb besonders sorgfältig verankert sind (vergl. Art. 217, S. 240), war durch die in den Pfeilerachsen erforderlichen Rauchrohre bedingt. Auf der ebenfalls in Ziegelrohbau hergestellten Innenseite der Hallenwände sind die Ständer sichtbar gelassen.
Allseitige Verblendung. (231.)
Werden die Eisenteile der Fachwerkwände mit äußerer Verblendung auf der inneren Wandseite mit Putz überzogen, wie dies die Regel bilden dürfte und auch bei einigen der eben besprochenen Beispiele vorauszusetzen ist, so erhält man den Uebergang zur allseitigen Verblendung. Für den Putz empfiehlt sich besonders die Anwendung von Portlandcementmörtel.
Die 12cm stark ausgemauerten Fachwerkwände der Seine-Speicher zu Paris sind beiderseitig mit Gips stark überzogen509).
Die allseitige Umhüllung des Eisenfachwerkes mit Mauerwerk ist, wie schon in Art. 228 (S. 267) erwähnt wurde, durch die Absicht, möglichst feuersicher zu bauen,
506) In: Entretiens sur l'architecture. Bd. 2. Paris 1872. S. 333. ^ |
507) Nach: Encyclopédie d'arch. 1874, S. 46 u. Pl. 194, 203. ^ |
508) Siehe: Zeitschr. f. Bauw. 1885, S. 463 u. Taf. 13. ^ |
509) Siehe: Centralbl. d. Bauverw. 1884, S. 510. ^ |
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Grafik: Fig. 500507) |
besonders begründet. Selbstredend muß dann das Mauerwerk selbst aus feuerbeständigen
Steinen bestehen, wenn durch sie das Eisen genügend geschützt werden
soll. An Stelle von scharf gebrannten Backsteinen510) oder den in Nordamerika
bevorzugten hohlen Terrakotten empfiehlt sich für diesen Zweck auch der Cementbeton,
dessen bedeutende Druckfestigkeit in Verbindung mit der Zugfestigkeit des
Eisens, an welchem er gut haftet und mit dem er nahezu gleichen Ausdehnungskoeffizienten
besitzt, Konstruktionen von großer Widerstandsfähigkeit liefert. Handelt
es sich nur um die Herstellung von dünnen Wänden dieser Art, so ergeben sich die
in Kap. 10 zu besprechenden Monier-Wände oder die vom amerikanischen Ingenieur
W. E. Ward ausgeführten, 6,3cm dicken Wände von Cementbeton mit 6mm starken
Rundeiseneinlagen511).
507) Nach: Encyclopédie d'arch. 1874, S. 46 u. Pl. 194, 203. ^ |
510) Ein Beispiel einer beiderseitigen Verkleidung mit Backsteinen wird mitgeteilt in: Zeitschr. f. Bauhdw. 1893, S. 115. ^ |
511) Siehe: Building news, Bd. 45, S. 263. — Moniteur des arch. 1884, S. 50. — Baugwksztg. 1884, S. 306. — La semaine des constr., Jahrg. 10, S. 351. ^ |