Durm:Holzgerippe

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in Kapitel 6: Wände aus Holz und Stein. (Holzfachwerkbau.) - Inhaltsverzeichnis des Heftes


Inhaltsverzeichnis




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Gattungen. (147.)

Für die Anordnung der Fachwerkwände, welche oft auch mit den Namen »Fachwände, Riegelwände, Bundwände« bezeichnet werden, ergeben sich Verschiedenheiten, je nachdem dieselben nur ein Geschoß hoch sind oder in mehreren Stockwerken aufeinander folgen, je nachdem sie einen Unterbau haben oder über dem Hohlen auszuführen sind, und je nachdem ihr Holzwerk verhüllt wird oder sichtbar bleibt. Abgesehen von Rücksichten, die auf die Einwirkung von Witterung und Feuchtigkeit zu nehmen sind, werden nach letzterer Richtung hin auch Unterschiede zwischen Umfassungswänden und Scheidewänden zu machen sein. Während bei diesen das Holzgerippe fast immer verhüllt wird und daher auf die nötigen Teile einzuschränken ist, bleibt es bei jenen häufig äußerlich sichtbar und wird deshalb nur des Aussehens wegen oft noch mit Bestandteilen ausgestattet, die für die Ausführung nicht unbedingt nötig sind.



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Bei allen Gattungen von Fachwerkwänden kehren gewisse Konstruktionsteile immer wieder und auch sehr häufig in derselben allgemeinen Anordnung des Gerippes, so daß es sich empfiehlt, zunächst diese zu besprechen.

Grafik: Fig. 142 1/100 w. Gr.


Allgemeine Anordnung. (148.)

Die Holzgerippe der Fachwerkwände bestehen aus lotrechten und wagrechten Hölzern, zu denen häufig noch schräg gerichtete hinzutreten, um die Wände in ihrer Längenrichtung in sich unverschieblich zu machen. Ein Umfallen der Wand wird gewöhnlich durch die quer zu ihr gestellten anderen Wände des Gebäudes verhindert. Zwischen diesen Bindern steht einem Herausbiegen der Konstruktionsteile aus der Verbandebene die durch ihre Stärke bedingte Steifigkeit, sowie die Verankerung mit gegenüberliegenden Wänden durch die über ihnen lagernden Deckengebälke entgegen. Die Befestigung der Konstruktionsteile untereinander wird durch geeignete Holzverbindungen bewirkt.

Das Wandgerippe (Fig. 142) beginnt in der Regel mit der wagrechten Schwelle a; auf dieser stehen die lotrechten Ständer (Säulen, Stiele, Pfosten272) b, welche je nach ihrer besonderen Stellung verschiedene Namen erhalten. Die an der Ecke der Wand stehenden heißen Eckständer (b1); diejenigen, welche zugleich einer anstoßenden Wand angehören, Bundständer (b2); die zur Seite einer Oeffnung Fensterständer (b3), bezw. Thürständer (b4); die übrigen zwischen den genannten verteilten Zwischenständer (b5). Nach oben wird die Wand durch den wagrechten Rahmen (Rahmstück, Rähm, Pfette, Plattstück) c abgeschlossen.

Die von der Schwelle, dem Rahmen und den Ständern begrenzten rechteckigen Felder, die Fächer oder Gefache, werden durch die wagrechten Riegel d nach Bedarf in kleinere Abteilungen zerlegt, welche entweder eine Ausfüllung erhalten oder in geeigneter Form, Stellung und Größe als Oeffnungen verbleiben.

Im letzteren Falle heißen die Riegel, wenn sie eine solche oben begrenzen, Thürriegel (d1), bezw. Fensterriegel (d2), und wenn sie ein Fenster nach unten abschließen, Brustriegel (d3). Die übrigen Riegel, die nur zur Teilung benutzt werden, nennt man Zwischenriegel (d4). Dieselben können unter Umständen wegfallen. Je nach der Zahl der übereinander folgenden Riegel spricht man von einmal, zweimal, dreimal verriegelten Fachwänden. Die schräg stehenden Hölzer e, mit welchen man unverschiebliche Dreiecksfiguren im Gerippe herzustellen sucht, heißen Streben (Bügen, Biegen, Strebebänder, Schubbänder, Sturmbänder, Windstreben). Dieselben werden mitunter durch in die Winkel von Ständer und Schwelle, bezw. Rahmen eingesetzte dreieckige Holzstücke vertreten. Besondere Bedeutung erhalten die Streben bei einer

272) Wir geben hier der Benennung »Ständer«, als den Begriff bezeichnend, und auch deshalb noch vor der sehr üblichen  »Pfosten« den Vorzug, weil letztere auch für »Bohle« Verwendung findet. ^




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Art der über dem Hohlen ausgeführten Wände, den abgesprengten Wänden. Abgesehen von diesen und anderen sich frei tragenden Wandkonstruktionen, die meist dem Inneren der Gebäude angehören, ist in Bezug auf die allgemeine Anordnung der notwendigen Konstruktionsteile kein Unterschied zwischen Scheidewänden und eingeschossigen Umfassungswänden zu machen.


Unterbaute eingeschossige Fachwerkwand. (1)


Schwelle. (149.)

Die unterbaute, d. h. auf ihre ganze Länge unterstützte, eingeschossige Fachwerkwand kann einem Erdgeschoß oder einem Obergeschoß angehören. Ein konstruktiver Unterschied wird sich für Außenwände in der Hauptsache nur für die Schwelle ergeben, und zwar für diese, da dieselbe in verschiedene Beziehungen zu den Balkenlagen treten kann. Aehnlich verhält es sich mit den Scheidewänden aller Geschosse. Auch bei ihnen wird die Schwelle anders zu behandeln sein, je nachdem sie in der Richtung der Balkenlage oder quer zu dieser läuft. Liegt die Schwelle auf einer Sockelmauer, so spricht man wohl von einer Grundschwelle, liegt sie über einer Balkenlage, von einer Saumschwelle.

Die Schwelle trägt die Wand; sie wird daher bei durchgängiger Untermauerung nur auf Druck senkrecht zu den Fasern, bei Auflagerung auf Balken dagegen auf die Länge der Zwischenräume derselben, wenn diese nicht ausgemauert sind, auch auf Biegung in Anspruch genommen. Da Durchbiegungen nicht erwünscht sein können, so macht man im letzteren Falle die Schwelle entsprechend stärker als im ersteren, wo man sich mitunter mit Halbhölzern begnügt, die mit der Kernseite auf die Untermauerung gelegt werden.

Auf Durchbiegung wird die Schwelle auch bei ungleichmäßigem Setzen der Grundmauern in Anspruch genommen. Dieses wird um so weniger schädlich für die Wand sein, je besser die Schwelle einer Durchbiegung Widerstand leistet, weshalb eine beträchtliche Stärke derselben, wie wir sie auch bei älteren Fachwerkgebäuden fast immer angewendet finden, im allgemeinen gerechtfertigt ist.

Die Breite der Schwelle richtet sich gewöhnlich nach der Dicke der Ständer; doch würde eine größere Breite die Standfähigkeit der Wand erhöhen. Eine Verbreiterung der Schwelle, bei Außenwänden nach innen, bei Scheidewänden nach beiden Seiten, ist mitunter notwendig, und zwar dann, wenn dieselbe parallel mit den Balken läuft und in gleicher Höhe mit diesen liegt.

Der Vorsprung von etwa 3 bis 4cm dient zur Auflagerung der Fußbodendielen (Fig. 143). Ein Vorsprung der Schwelle nach außen ist schädlich, weil durch denselben der Wasserabfluß gehemmt und dadurch eine raschere Zerstörung der Schwelle herbeigeführt wird.

Die Schwelle ist in dieser Beziehung unter allen Holzteilen der Wand am meisten gefährdet und deshalb bei ihr auch die größte Vorsicht geboten. Man macht sie daher auch gern vom dauerhaftesten Holz, am besten von Eichenholz, das schon wegen seiner Festigkeit den Vorzug verdient. Von den Nadelhölzern würde hauptsächlich Lärche empfehlenswert sein.

Besondere Vorsicht erheischt die Anordnung der Schwelle im Erdgeschoß. Um sie gegen das Spritzwasser zu schützen, muß sie auf eine genügend hohe Sockelmauer gelagert werden. Man gibt derselben gern 50 bis 60cm Höhe.

Die Baupolizeiordnungen enthalten mitunter Bestimmungen über diese Höhe. So bestimmt die allgemeine Bauordnung für das Großherzogtum Hessen vom 30. April 1881 in Art. 43: »An Wohngebäuden



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Grafik: Fig. 143, Fig. 144 1/25 w. Gr.


mit Fachwerkwänden müssen, soweit die Ortsstatuten nicht abweichende Bestimmungen enthalten, Sockel von Hausteinen oder Mauerwerk in einer Höhe von mindestens 50cm über dem höchsten Punkte des an das Gebäude anschließenden Terrains angebracht werden.«

Nach Wanderley ist für Böhmen baupolizeiliche Vorschrift, die Untermauerung mindestens 0,95m hoch zu machen; in Mähren genügt 0,5m.

Ueber die Anordnungen der Sockelmauer selbst in Bezug auf den Schutz der Schwelle gegen Feuchtigkeit, insbesondere gegen aufsteigende Grundfeuchtigkeit, werden in Kap. 12 Mitteilungen gemacht werden.

Mitunter werden die Schwellen, um sie gegen Verwerfen, bezw. Verschiebung zu sichern, mit der Sockeldeckplatte durch eiserne Dübel verbunden (Fig. 143); bisweilen werden sie sogar mit dem Sockelmauerwerk verankert (Fig. 144). Diese Verbindungen sind jedoch gewöhnlich wegen der Belastung der Schwelle durch die Ausmauerung nicht erforderlich.

Grafik: Fig. 145

Liegt die Schwelle quer über einer Balkenlage, wie dies der Fall ist, wenn der Fachwerkbau erst in einem oberen Stockwerke beginnt, oder bei Scheidewänden, welche die Balkenlagen kreuzen, so wird dieselbe, um sie gegen Verschieben zu sichern, mit den Balken verkämmt, wobei im ersteren Falle die verschiedenen End- und Eckkämme, im zweiten die Verkämmungen für sich überkreuzende Hölzer in Anwendung kommen. Wir haben es dann mit der aufgekämmten Schwelle oder Saumschwelle zu thun, wie bei der mehrstöckigen Fachwerkwand.

Grafik: Fig. 146, Fig. 147

In Fig. 145 sind einige der gebräuchlicheren Endkämme dargestellt. Die Verkämmungen a (gerader Endkamm) und b (schräger Endkamm) verschwächen zwar die Schwelle nicht so viel wie c (schwalbenschwanzförmiger Endkamm); der letztere sichert aber mehr gegen Verschieben, da die bei a und b gebildeten Haken leicht abspringen. An demselben Fehler leiden die in Fig. 146 dargestellten Eckkämme, unter diesen am meisten der schräge Eckkamm b, dem deshalb der schwalbenschwanzförmige Eckkamm a vorgezogen wird. Fig. 147 zeigt den geraden Mittelkamm a und den Kreuzkamm b, von denen namentlich der erstere für Scheidewände in Anwendung kommt. (Vergl. über diese Verbindungen auch den vorhergehenden Band [2. Aufl.: Art. 145, S. 107] dieses »Handbuches«.)



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Die Kämme können nur ungenügend durch flache Ueberschneidungen und Befestigung durch eiserne Nägel ersetzt werden; doch scheint es, als habe man bei alten Holzbauten an Stelle derselben mit gutem Erfolge vielfach von der Dollenverbindung Gebrauch gemacht, die viel einfacher ist, weil die Hölzer nur glatt aufeinander gelegt werden, bei welcher daher auch keine Verschwächung durch Einschnitte sich ergibt.

Grafik: Fig. 148

Liegen die Schwellen zweier zusammenstoßender Wände eines Stockwerkes in verschiedener Höhe, so werden sie durch Verkämmung verbunden; liegen sie in gleicher Höhe, so kommen die Ueberblattungen in Anwendung.

Grafik: Fig. 149

Im ersteren Falle benutzt man eine der in Fig. 145 u. 146 dargestellten Verkämmungen, im zweiten Falle sehr häufig das in Fig. 148 dargestellte hakenförmige Eckblatt oder wohl auch das Eckblatt mit schrägem Schnitt (siehe Fig. 299, S. 103 [2. Aufl.: Fig. 303, S. 107] im vorhergehenden Bande dieses »Handbuches«). Es kommt wohl auch vor, daß man die Enden der Schwellen über die Ecke hinausgehen läßt (Fig. 149). Die Festigkeit der Eckverbindung wird zwar dadurch erhöht und auch die Standfähigkeit des Bauwerkes vergrößert; dadurch werden aber auch die Umständlichkeiten vermehrt, indem man die Sockelmauer mit Pfeilervorlagen versehen und die vorspringenden Schwellenstücke durch Schutzbretter abdecken muß.

Für die Verbindung der Schwelle einer Außenwand mit der in derselben Höhe liegenden einer Scheidewand benutzt man eine der im vorhergehenden Bande (Fig. 296, S. 103 [2. Aufl.: Fig. 300, S. 106]) dieses »Handbuches« dargestellten Verblattungen, oder noch besser die an gleicher Stelle in Fig. 297 (2. Aufl.: Fig. 301) gegebene versteckte Verblattung, welche den Vorteil hat, daß das für Feuchtigkeitsaufnahme besonders empfängliche Hirnholz der Einwirkung der Witterung entzogen wird. Aus demselben Grunde kann man auch das, allerdings nur mühsam herzustellende, versteckte Eckblatt anwenden273).

Bei Fachwerkbauten der Schweiz findet man, wie bei den anderen Gattungen des Holzbaues daselbst, die Verbindungen der Schwellen untereinander oft mit langen durchgesteckten Zapfen und vorgeschlagenen Holznägeln bewirkt (Fig. 150274)). An den Ecken springt hierbei die eine Schwelle vor, um den Zapfen des Eckpfostens nicht verkürzen zu müssen. Dieser Vorsprung wird mitunter auch profiliert, wie Fig. 151274) zeigt, wobei der starke Eckpfosten je zur Hälfte auf beiden Schwellen sitzt und mit ihnen verzapft ist.

Grafik: Fig. 150, Fig. 151274)

Für den Längenverband ist es entschieden zweckmäßig, daß die Schwelle auf die ganze Länge der Wand aus einem Stücke besteht. Bei langen Wänden ist dies nicht durchführbar, und deshalb

273) Abbildung in: Romberg, J. A. Die Zimmerwerksbaukunst. Glogau. 3. Aufl. Taf. 4, Fig. 52. ^
274) Nach: Gladbach, E. Der Schweizer Holzstyl etc. Darmstadt 1863–68. ^




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muß ein Stoß stattfinden. An der betreffenden Stelle soll die Schwelle unterstützt sein. Gewöhnlich verlegt man den Stoß unter einen Ständer; kommen jedoch bei diesen gewöhnliche Zapfen zur Anwendung, so wird durch einen solchen die Stoßverbindung sehr geschwächt, weshalb es sich mehr empfiehlt, dieselbe unter einem Gefach anzuordnen, womöglich aber nicht in der Nähe einer Oeffnung oder unter einer solchen.

Grafik: Fig. 154
Grafik: Fig. 152, Fig. 153

Ueber diese Stoßverbindungen ist im vorhergehenden Bande (Art. 127 u. 128, S. 97 [2. Aufl.: S. 101]) dieses »Handbuches« das Erforderliche zu finden. Häufig verwendet man das schräge Hakenblatt. Romberg275) empfiehlt die in Fig. 152 u. 153 dargestellten Verbindungen für starke, und das gerade Blatt mit aufrecht gestellten Blättern276) für schwache Hölzer, damit etwa eingedrungene Feuchtigkeit sich leicht wieder entsernen kann, was bei liegenden Blättern nicht möglich ist. Die letztere Anordnung leistet aber bei ungleichmäßigem Setzen des Grundmauerwerkes sicher mehr Widerstand. Um die Stoßverbindung äußeren Einflüssen zu entziehen, kommt wohl auch das verdeckte Hakenblatt zur Anwendung (Fig. 154).

Bei Sockelmauern, die aus großen Hausteinen hergestellt oder mit solchen abgedeckt sind, könnte man die Schwellen ganz entbehren, wenn die Ständer, der Verhütung seitlichen Verschiebens halber, mit Zapfen in die Steine eingreifen. Diese letzteren sind aber noch schwerer gegen die Einwirkung der Feuchtigkeit zu schützen, als die Schwellen; außerdem sind letztere für das Abbinden und Aufstellen der Wände zu bequem, um sie leicht entbehren zu können. Sie werden daher nur ausnahmsweise weggelassen.

Bei älteren Fachwerkgebäuden Hessens (aus dem XV. u. XVI. Jahrhundert) findet man oft die Hauptständer auf das Sockelmauerwerk aufgesetzt und in diese dann Schwellenstücke, welche Zwischenständer tragen, eingezapft277).

Grafik: Fig. 155 1/50 w. Gr.

Unterbrechungen der Schwelle können durch Thüröffnungen veranlaßt werden, wenn die Schwelle höher als der Fußboden der betreffenden Räume liegt. Es ist dann zweckmäßig, die aufgehobene Längenverbindung durch untergelegte eiserne Schienen wieder herzustellen oder wenigstens die Thürständer bis auf den Sockel herab zu führen und die Schwellenstücke mit denselben durch verbohrte Zapfen mit Versatzung zu verbinden (Fig. 155). Bei Thoröffnungen, die unter die Wandschwelle herabgehen, kann die eben erwähnte Verbindung mitunter durch Fußbügen verstärkt werden (Fig. 156278)).

Vorteilhafter für den Längenverband ist es, wenn die Wandschwelle zur Bildung der Thüröffnung nicht ganz, sondern nur etwa bis zur Hälfte ausgeschnitten

275) A. a. O., S. 46, sowie Taf. 4, Fig. 31 u. 33. ^
276) Ebendas., Taf. 3, Fig. 9. ^
277) Siehe: Bickell, L. Hessische Holzbauten. Marburg 1887. S. 5. ^
278) Nach: Breymann, G. A. Allgemeine Bau-Konstruktions-Lehre etc. Teil 2. 5. Aufl. Leipzig 1885. S. 45. ^




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Grafik: Fig. 156278) 1/50 w. Gr., Fig. 157, Fig. 158 1/50 w. Gr.

zu werden braucht (Fig. 157). Bei Scheidewänden, die quer zur Balkenlage laufen, liegt die Wandschwelle immer über dem Fußboden und muß für die Thüröffnungen ausgeschnitten werden. Man kann es aber auch hierbei erreichen, die Schwelle in einem Teile der Höhe durchlaufen zu lassen, wenn man sowohl Balken als Schwelle um eine Kammhöhe ausschneidet und sie so ineinandergreifen läßt (Fig. 158).

Läßt sich eine Schwelle nicht anbringen, so sind an deren Stelle Wechsel zwischen den Balken anzuordnen.

Am bequemsten ist es, die Schwellen der Außenwände von Erdgeschossen auf eine Mauergleiche mit den Balken oder Lagerhölzern zu verlegen, oder wenigstens ihre Oberkante in eine Ebene mit der der Balkenlage zu bringen. Dies gilt auch für Wände, die in der Richtung der Balkenlage laufen; denn wenn auch dann der Fußboden nicht hohl gelegt werden sollte, so wird die Schwelle zwar verfüllt, kommt aber dadurch in keine mißlichere Lage als die Lagerhölzer, die allerdings leichter erneuert werden können als jene.


Ständer. (150.)

Die Ständer haben die Last der auf der Wand lagernden Bauteile (Balkenlage, obere Geschosse, Dach) auf die Schwelle zu übertragen. Man kann dabei nicht auf eine Unterstützung durch die Ausmauerung der Gefache rechnen, weil sich dieselbe infolge des Schwindens des Fugenmörtels und des Riegel-, bezw. Schwellenholzes vom Rahmholz trennt. Die Ständer werden daher entsprechend dieser Last auf Druck, bezw. auf Zerknicken in ihrer Längenrichtung in Anspruch genommen. Man wird demnach die Querschnittsmaße derselben mit Rücksicht sowohl auf die lotrecht wirkende Belastung, als auch auf die Höhe der Wand und etwaige Seitendrücke bemessen müssen. Letztere kommen bei Wohngebäuden gewöhnlich nicht vor, wohl aber bei Scheunen und Speichern. Bei solchen Nützlichkeitsbauten ist es in der Regel gleichgültig, ob die innere Wandfläche eine ununterbrochene Ebene ist, oder ob die Konstruktionsteile daselbst Vorsprünge bilden, so daß man hierbei für die Dickenbemessung freie Hand hat, was bei Wohnhäusern, bei denen man gewöhnlich glatte innere Wandflächen verlangt, nicht der Fall ist. Man ist bei diesen daher in Beziehung auf das Dickenmaß der Ständer von der Stärke der Fachausmauerung, bezw. davon abhängig, ob die Hölzer nach außen vorspringen dürfen. Letzteres kann für die wagrecht liegenden nicht als vorteilhaft bezeichnet werden, weil dadurch Sammelplätze für Feuchtigkeit gebildet werden. Dies ist allerdings bei den lotrecht stehenden Ständern nicht der Fall; man macht jedoch in der Regel, oft mit der unberechtigten Ausnahme der Schwelle, alle Hölzer der Wand bündig, so daß also die Dickenbemessung der Ständer und damit der übrigen Holzteile gewissen


278) Nach: Breymann, G. A. Allgemeine Bau-Konstruktions-Lehre etc. Teil 2. 5. Aufl. Leipzig 1885. S. 45. ^



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Grafik: Fig. 159, Fig. 160 1/25 w. Gr., Fig. 161, Fig. 162, Fig. 163 1/25 w. Gr., Fig. 164

Beschränkungen unterliegt, die später noch ausführlich zu besprechen sein werden. Bei den Scheidewänden ist die Ständerdicke ganz von der Ausmauerungsstärke abhängig. Es kommt daher vor, sowohl bei Außen- als Scheidewänden, daß stark belastete Ständer, um ihnen die genügende Querschnittsfläche geben zu können, in der Richtung der Wand breiter gemacht werden, als nach der Richtung der Wanddicke, obgleich ein etwaiges Ausbiegen gerade in dieser letzteren durch größere Stärke verhütet werden müßte, während sie nach den Seiten ein Hindernis in der Ausmauerung, bezw. Verriegelung findet. Dies gilt jedoch nicht für Ständer, an welche nur an einer Seite in der ganzen Höhe Mauerwerk anstößt, wie bei den Fenster- und Thürständern, sowie für die Eckständer, bei welchen eine Beanspruchung auf Ausbiegen in zwei aufeinander senkrechten Richtungen möglich ist. Da diese aber mitunter mehr als die übrigen Ständer belastet werden, so macht man sie gern stärker als jene. Dies kann ohne störende Vorsprünge geschehen, wenn man die innere Ecke ausfalzt (Fig. 159). Aehnlich verfährt man wohl auch bei den Bundständern (Fig. 160 u. 161), die nach 3 bezw. 4 Seiten durch die Riegelzapfenlöcher verschwächt werden und daher der Verstärkung bedürfen. Solche Ausfalzungen sind aber eine beschwerliche Arbeit, weshalb man sich gewöhnlich mit einer Verstärkung nach einer Richtung (Fig. 162 u. 163) oder mit einer Abfasung (Fig. 164) begnügt.

Grafik: Fig. 165, Fig. 166 1/50 w. Gr.

Werden die Wände durch Seitenschübe beansprucht, oder sind die Geschoßhöhen bedeutend, oder stehen die Wände auf lange Strecken frei, so wendet man an Stelle sehr starker Hölzer wohl auch doppelte, an den Ecken verdreifachte oder vervierfachte Ständer an, ähnlich wie bei den noch zu besprechenden, mehrgeschossigen Fachwerkwänden. Diese Verdoppelung braucht man auch bei besonders stark, z. B. durch Unterzüge von Balkenlagen, belasteten einzelnen Ständern.



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Mehrere dicht nebeneinander stehende Ständer werden auch bei einspringenden Gebäudewinkeln notwendig, entweder des äußeren Ansehens wegen, oder um eine wagrechte Bretterverschalung befestigen zu können (Fig. 165).

Bleibt das Holzwerk einer Fachwerkwand äußerlich sichtbar, so ist für eine strengere architektonische Durchbildung im Allgemeinen eine regelmäßige Verteilung der Ständer wünschenswert. Um diese nicht zu stören, sieht man, ohne wesentliche Schädigung des konstruktiven Zusammenhanges, wohl von der Anordnung von Bundständern ab und ersetzt sie durch die sog. Kleb- oder Klappständer (Fig. 166), durch welche die Scheidewände ihren äußeren Abschluß erhalten. Wünschenswert ist dabei die Verbindung der Schwellen und Rahmen beider zusammenstoßender Wände durch eiserne Hilfsstücke, wenn diese Hölzer in der Scheidewand nicht durch Balken der Balkenlagen ersetzt sind.

Grafik: Fig. 167 The old Guildhall, Lavenham, Suffolk279).


Ist die eben erwähnte Rücksicht nicht zu nehmen, so werden bei der Konstruktion einer Fachwerkwand zunächst den Eck-, Bund-, Thür- und Fensterständern ihre aus dem Grundriß des Gebäudes sich ergebenden Stellen angewiesen und dann zwischen diesen nach Bedarf in möglichst gleichen Abständen die Zwischenständer ausgeteilt. Dieser Abstand wird im Mittel zu 1m angenommen, ist jedoch abhängig zu machen von der Größe der auszumauernden Wandgefache, die zwischen 1,5 bis 2,5qm für 1/2 Stein starke Ausmauerung, viel geringer aber bei 1/4 Stein Stärke und Stakwerk anzunehmen ist, so daß oft kleinere Abstände sich ergeben, namentlich wenn keine Verriegelung in Anwendung gebracht wird.

Eine viel über 1m hinausgehende Entfernung der Ständer empfiehlt sich bei nur 1/2 Stein starker Ausmauerung wegen der Wirkung der Sturmwinde auf Umwerfen der Fachausfüllung nicht. Bei der Ausmauerung der Fache mit Backsteinen


279) Faks.-Repr. nach: Builder, Bd. 54, S. 304. ^



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ist eine Rücksichtnahme auf die Maße derselben zwar recht wünschenswert, aber oft nicht zu erzielen.

Die gewöhnlich sehr wenig oder gar nicht verriegelten englischen und französischen Holzfachwerkgebäude zeigen häufig eine sehr enge Ständerstellung (Fig. 167279)). Dies gilt auch für die älteren norddeutsehen Bauten, bei denen übrigens gewöhnlich alle Ständerzwischenräume zu Fensteröffnungen ausgenutzt sind.

Diejenigen Felder zwischen den Ständern, die von Streben durchkreuzt werden, müssen mit Rücksicht auf diese breiter gemacht werden.

Grafik: Fig. 168280), Fig. 169

Die Ständer werden mit Schwelle und Rahmen durch einfache gerade Zapfen verbunden. Da ein Lösen der Verbindung mit der Schwelle durch Herausheben der Ständer nicht zu befürchten ist, so braucht der Zapfen daselbst nicht verbohrt zu werden und braucht, da nur ein seitliches Verrücken zu verhindern ist, deshalb auch nur auf ein Drittel der Höhe der ersteren einzugreifen. Die Zapfenlöcher der Schwelle halten eingedrungene Feuchtigkeit zurück und werden so Ursache der raschen Fäulnis derselben und der Zapfen. Zweckmäßiger wird deshalb an Stelle des gewöhnlichen Zapfens der in Fig. 168280) abgebildete mit Entwässerungskanal am tiefsten Punkte des Zapfenloches oder der Kreuzzapfen (Fig. 169) in Anwendung gebracht.

Für die Ecken benutzt man den geächselten Zapfen (vergl. den vorhergehenden Band dieses »Handbuches« S. 102, Fig. 286 [2. Aufl.: S. 105, Fig. 290]).

Grafik: Fig. 170


Rahmen. (151.)

Von den Ständern wird der Rahmen getragen. Liegen die Deckenbalken lotrecht über den Ständern, so braucht der Rahmen nur geringe Höhe zu erhalten, weil er nur wenig belastet wird; im anderen Falle muß er aber die genügende Tragfähigkeit besitzen, weil, wie schon oben bemerkt wurde, auf die Unterstützung durch die Fachausmauerung nicht sicher zu rechnen ist.

Da es bei den älteren norddeutschen Fachwerkbauten streng durchgeführter Grundsatz war, Ständer und Balken lotrecht übereinander folgen zu lassen, so konnte der Rahmen ganz weggelassen oder sehr schwach gehalten werden.

Die Breite des Rahmens richtet sich in der Regel nach der der Ständer.

Liegen die Rahmen zweier eine Ecke bildender Wände in gleicher Höhe, so wird, wenn das Rahmholz stark ist, von den gleichen Verbindungen Gebrauch gemacht, wie bei den Schwellen. Ist dagegen das Rahmholz schwach, so muß man den Zusammenstoß auf Gehrung anwenden und diesen durch ein Eisenband verstärken. Der Ständer erhält dann einen Winkelzapfen (Fig. 170).

Die Rahmhölzer von Scheidewänden werden an das Rahmholz der Außenwand angeblattet.

Liegen die Rahmen zusammenstoßender Wände über einander, so werden die bei der Schwelle besprochenen Verkämmungen benutzt. Auch die Deckenbalken werden auf die Rahmen aufgekämmt.

279) Faks.-Repr. nach: Builder, Bd. 54, S. 304. ^
280) Nach: Schmidt, O. Die Arbeiten des Zimmermanns. Jena 1887. S. 23. ^




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Grafik: Fig. 171 1/25 w. Gr.

Wie die Schwellen, so sollen auch die Rahmen auf die Länge der Wand möglichst aus einem Stücke bestehen. Sind sie aus mehreren Stücken zusammenzusetzen, so soll der Stoß über einem Ständer erfolgen. Man wählt dann oft den durch Eisenklammern oder Schienen zu verstärkenden geraden Stoß (Fig. 171), über dem womöglich auch ein Balken auflagern soll. Muß der Stoß über einem Gefach stattfinden, so benutzt man das schräge Hakenblatt, das aber durch einen Balken nicht belastet werden darf. Auch beim Stoß über Ständern verwendet man oft das schräge Hakenblatt, sowie das schräge Blatt.

Stöße von Schwellen und Rahmen sollen nicht lotrecht übereinander liegen.


Strebe. (152.)

Bei frei stehenden Gebäuden können Verschiebungen in der Längsrichtung der Wände und dadurch Verwandelung der rechtwinkeligen Form der Gefache in eine schiefwinkelige, namentlich durch Sturmwinde, herbeigeführt werden. Diesen sucht man durch Anordnung von Streben zu begegnen, die wegen der angegebenen Ursache oft auch Sturmbänder genannt werden.

Da der Wind von beiden Seiten her in der Längsrichtung der Wand wirken kann, so hat man immer zwei entgegengesetzt geneigte Lagen von Streben anzuordnen, damit stets eine Lage derselben vorhanden ist, welche auf Druck beansprucht wird; denn die später noch zu besprechenden Verbindungen sind für Zugbeanspruchungen meist nicht fest genug.

Ihre Wirksamkeit entwickeln die Streben ganz besonders bis zur erfolgten Ausmauerung der Gefache, wie sie auch das Aufstellen der Holzkonstruktion erleichtern. Eine gute Fachausmauerung kann sie zum Teile ersetzen. Es würde jedoch nicht zweckmäßig sein, sie vor Ausführung derselben wieder zu entfernen, da diese durch das Eintrocknen des Holzes locker wird und dadurch die Möglichkeit kleiner Verschiebungen verbleibt, anderenteils aber Formveränderungen auch durch ungleichmäßige Senkungen der Grundmauern eintreten können, welchen das Mauerwerk allein geringen Widerstand leistet. Sie sollten deshalb auch bei den Scheidewänden immer in Anwendung gebracht werden, die dadurch erst die Wirkung von Bindern für die Außenwände erhalten.

Wenn nun auch durch die Fachausmauerung die Streben nicht entbehrlich werden, so erhalten doch die letzteren durch die erstere eine Verstärkung ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Zerknicken, wenigstens in der Richtung der Wand, was bei der Bemessung der Holzstärken berücksichtigt werden kann. Allerdings wird durch die schräg ansteigenden Streben das Ausmauern erschwert, weshalb man die Zahl derselben möglichst einschränkt und womöglich mit einer an jedem Ende der Wand auszukommen sucht. Bei langen Wänden bedarf man jedoch einer größeren Zahl; namentlich sind solche in der Nähe der Stoßverbindungen von Schwellen und Rahmen anzuordnen, und zwar gegen den Stoß geneigt, so daß die verbundenen Hölzer gegeneinander geschoben werden. Auch die an den Enden der Wand aufgestellten Streben sollen sich in der Verlängerung ihrer Richtung schneiden.

Am sichersten würde man die erwähnten Formveränderungen der Gefache durch Einführung wirklicher Dreiecksverbände, also Verbindung der Strebe mit Schwelle und Ständer, vermeiden (Fig. 172). Dem stellen sich aber Schwierigkeiten bei der nach außen geneigten Lage der Strebe, welche man als die gegen den Angriff der Sturm-



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winde geeignetste hält, entgegen. Wird die Strebe wirklich in Anspruch genommen, so wird bei dieser Lage derselben der Eckständer, der von der Außenseite her keine Unterstützung findet, in seiner Stellung gefährdet, insbesondere auch der durch das Aechseln geschwächte Zapfen, durch den er mit den die Ecke bildenden Rahmhölzern verbunden ist, der Gefahr des Abbrechens ausgesetzt. Man sieht daher in der Regel von der Anwendung des eigentlichen Dreiecksverbandes ab und verbindet die Strebe mit Schwelle und Rahmen (Fig. 173), wobei der Eckständer nicht auf Durchbiegung beansprucht und die Zapfenverbindung nicht gefährdet wird.

Grafik: Fig. 172, Fig. 173 1/100 w. Gr., Fig. 174, Fig. 175, Fig. 176 1/100 w. Gr., Fig. 177


Den Dreiecksverband würde man bei der in Fig. 174 dargestellten Neigung der Strebe in der Richtung der Wand mit Vorteil in Anwendung bringen können, ebenso bei Verwendung von Streben innerhalb der Ausdehnung der Wand (Fig. 175), wobei zwei entgegengesetzt gerichtete Streben in einen und denselben Ständer eingreifen. Gewöhnlich gibt man aber doch der Anordnung nach Fig. 173 den Vorzug, auch inmitten der Wand (Fig. 176), im letzteren Falle wegen des oben erwähnten Vorteiles für etwaige Stoßverbindungen von Schwelle und Rahmen. Diese Strebenstellung hat den weiteren Vorteil, der allerdings nur bei sichtbar bleibendem Holzwerk in Betracht kommt, daß die Wandfelder in gleich große und gleich geformte Teile zerlegt werden. Beträchtlicher ist jedoch der Gewinn an den Endfeldern, indem die Streben den Eckständern einen Teil ihrer lotrechten Belastung abnehmen, in erheblichem Maße allerdings auch nur, wenn dieselben steil gestellt sind. Diese steile Stellung der Streben, 60 Grad gegen die Wagrechte und noch steiler, bevorzugt man überhaupt, obgleich die flachere Lage für den eigentlichen Zweck derselben die wirksamere sein würde, weil die letztere sehr breite Wandfelder verursacht und man die für diese erforderlichen Zwischenständer mit ihren die Streben verschwächenden Ueberschneidungen (Fig. 177) mit Recht beanstandet. Deshalb



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wird auch selten von der mittleren Lage unter 45 Grad, dem sog. Ruheband, Gebrauch gemacht. Die Streben werden an beiden Seiten bündig mit den Ständern gehalten, erhalten daher die Stärke dieser; dagegen macht man sie oft nicht ganz so breit wie diese. Bei sichtbar bleibenden Holzteilen ist dies von Vorteil für das Aussehen, da die schräg aufsteigenden Hölzer einen breiteren Eindruck machen als die lotrechten und wagrechten.

Grafik: Fig. 178, Fig. 179


Grafik: Fig. 180 1/25 w. Gr., Fig. 181

Die Verbindung der Streben mit Schwellen, Rahmen, bezw. Ständern wird entweder durch den schrägen Zapfen (Fig. 178) oder besser durch den schrägen Zapfen mit Versatzung (Fig. 179) bewirkt. Für die Schwelle empfiehlt sich dabei das Anbringen eines Bohrloches von etwa 1cm Weite, damit das an der Strebe herablaufende, in das Zapfenloch eindringende Wasser sich verziehen kann. Dieses Bohrloch wird zweckmäßigerweise schräg nach außen geführt. Die Zapfenlöcher der Streben müssen mindestens 8 bis 10cm von denen der Ständer entfernt bleiben, damit ein Abspalten des Zwischenholzes verhütet wird. Auch hiergegen ist eine Versatzung förderlich. Mit Rahmen, bezw. Ständern werden die Zapfen gewöhnlich verbohrt.

Eine Zugkräften besser Widerstand leistende Verbindung würde die Anblattung ergeben (Fig. 180 u. 181), wie sie bei Verbindung der wagrechten Hölzer mit den Ständern öfters Anwendung fand und wie sie in der Schweiz, Tirol und im bayerischen Oberland ganz besonders beliebt war und noch ist und da auch recht zierliche Ausbildung gefunden hat. Die Streben werden dadurch zu Strebebändern.

Fig. 182 zeigt den Giebel eines Hauses in Sindelfingen281), an welchem diese Verbindung für alle Ständer durchgeführt ist. Die Anwendung von entgegengesetzt gerichteten Strebebändern für jeden Eckständer beseitigt die oben besprochenen Bedenken gegen die Verbindung von Streben mit solchen; denn wenn das eine Band einen Druck auf den Ständer ausübt, wird das andere gezogen, so daß diese entgegengesetzten Einwirkungen ein seitliches Ausbiegen verhindern. Welchen Wert man übrigens hierbei auf eine sichere Verbindung der Eckständer mit den Schwellen legte, zeigt die Verdoppelung der Strebebänder an der Ecke, welche bei den Zwischenständern nicht statthat.

Bei den älteren deutschen Holzfachwerkbauten hat man sich übrigens nicht gescheut, von den Schwellen ausgehende Streben nur durch Zapfen mit den Eckständern zu verbinden, was man bei den

281) Faks.-Repr. nach: Die Kunst- und Alterthums-Denkmale im Königreich Württemberg. Stuttgart 1889. Lief. 3. ^




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Grafik: Fig. 182 Haus in Sindelfingen281)., Fig. 183282)


sehr kräftigen Abmessungen, welche diese erhielten (Fig. 183282)), auch recht wohl thun konnte. Bei den süd- und westdeutschen Bauten traten sehr häufig kurze, verzierte Winkelbänder zwischen Rahmen und Ständer hinzu.

Der norddeutsche Holzbau der älteren, strengen Periode verwendete an Stelle der sparsamer als in Süddeutschland benutzten eigentlichen Streben gleichmäßig auf alle Fächer verteilte Fußbügen (Fig. 184283)) oder an deren Stelle dreieckige Holzstücke; über letzteren und über dem Ständer breitete sich gewöhnlich ohne Rücksicht auf die Fuge ein Schnitzornament aus (Fig. 185284)). Von der Mitte des XVI. Jahrhunderts an werden die Bügen in Nordwestdeutschland häufig durch geschnitzte, rechteckige Holzplatten (Fig. 185) ersetzt, welche den Raum unter den Fenstern einnehmen, und da letztere gewöhnlich zwischen allen Ständern vorhanden sind und bis zum Gebälk hinaufreichen, wird dadurch der Fachwerkbau zu einem reinen Holzbau übergeführt.

Die bisher besprochenen Strebenanordnungen hatten in der Rücksicht auf die Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Wandkonstruktion ihre Begründung. Sehr oft finden sich aber Streben, Ständer oder Bügen in vermehrter Zahl mit der Absicht auf reichere und zierlichere Erscheinung der Wände in Anwendung gebracht.


Zu solchen Anordnungen gehören auch die sog. Andreaskreuze, d. h. zu einer lotrechten Axe symmetrisch sich überkreuzende Streben (Fig. 186). Sie können durch Ueberblattung mit Versatzung miteinander verbunden werden (Fig. 187), ähnlich wie dies

281) Faks.-Repr. nach: Die Kunst- und Alterthums-Denkmale im Königreich Württemberg. Stuttgart 1889. Lief. 3. ^
282) Nach: Lachner, C. Geschichte der Holzbaukunst in Deutschland. Leipzig 1887. Bd. II. S. 69. ^
283) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin 1883 ff. ^
284) Desgl. nach: Allg. Bauz. 1886, Taf. 50. ^




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Grafik: Fig. 184 Haus »Herrlichkeit« in Hamburg283).


283) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin 1883 ff. ^



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Grafik: Fig. 185 Einzelheiten aus Osterwieck am Harz284).


284) Desgl. nach: Allg. Bauz. 1886, Taf. 50. ^



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Grafik: Fig. 186 1/100 w. Gr.

auch bei Streben und sie überschneidenden Ständern geschieht (Fig. 188). Da hierdurch aber häufig die Streben im Verhältnis zu ihrer Beanspruchung zu stark geschwächt werden, so verfährt man gewöhnlich derart, daß man die Hauptstrebe durchlaufen läßt und die zur Zierde dienende in zwei Stücke teilt, die mit kurzen Zapfen oder starken Nägeln an ersterer befestigt werden. Nur auf Zug beanspruchte Bänder behalten auch bei Anwendung von Ueberblattungen in der Regel genügende Widerstandskraft.

Grafik: Fig. 187, Fig. 188 1/25 w. Gr.

Können für die Anwendung von Andreaskreuzen noch Konstruktionsgründe vorgebracht werden und ist auch die Anordnung von Streben an Stellen, an denen sie zwecklich nicht notwendig wären, an denen sie aber der gleichmäßigen Verteilung des Holzwerkes wegen an Außenwänden wünschenswert sind, nicht von der Hand zu weisen, so werden doch sehr oft schräg verlaufende Hölzer nur aus der Lust am Zieren den unentbehrlichen hinzugefügt.

Diese Verzierungsweise beginnt in Süd- und Westdeutschland, für welche Gegenden sie besonders bezeichnend ist, schon in spätgotischer Zeit; sie erreicht ihren Höhepunkt in der Renaissanceperiode, und zwar zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. Ihre Grundformen sind gekrümmte, geschweifte, oft mit nasenförmigen Ansätzen versehene Holzstücke, welche häufig in den zierlichsten Mustern entweder ganze Wandflächen überdecken oder auf einzelne auszuzeichnende Felder beschränkt werden (Fig. 183).

Grafik: Fig. 189285)

Hierher gehören auch die netzförmigen Muster, wie sie an Schweizer Dachgiebeln vorkommen, und die fischgrätenartigen Anordnungen, wie sie an älteren und neueren englischen und auch nordamerikanischen Häusern auftreten.

Die bloß auf Verzierung gerichtete Absicht zeigt sich mitunter darin, daß geschweifte Hölzer bisweilen nur aus eingelassenen Brettstücken hergestellt werden (Fig. 189285)). Nach Gladbach hat man in der Schweiz diese Täuschung hier und da bei Neubauten weiter ausgedehnt, indem man ganz roh gearbeitetes mageres Holzwerk nach der Ausmauerung über Holz und Stein weg unter Nachahmung reicherer Fachwerke außen mit abgehobelten und mit Oel angestrichenen fetten Brettern benagelte und die Zwischenfache verputzte.


Riegel. (153.)

Zu den wesentlichen Bestandteilen einer Fachwerkwand gehören die Thür-, Fenster- und Brustriegel, da sie die Oeffnungen wagrecht begrenzen. Sie werden zweckmäßigerweise mit den Ständern durch verbohrte Zapfen mit Versatzung (Fig. 190) verbunden. Namentlich ist diese Versatzung für die Thür- und Fensterriegel wünschenswert, da dieselben oft durch Mauer-

285) Faks.-Repr. nach: Gladbach, E. Der Schweizer Holzstyl etc. Darmstadt 1863–68. S. 3, Fig. 6. ^




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Grafik: Fig. 190


werk belastet werden und diese Last anderenfalls nur von den Zapfen übertragen werden würde. Diese Belastung macht auch eine genügende Holzstärke notwendig. Um diese Riegel tragfähiger zu erhalten, gibt man ihnen wohl in der Mitte eine größere Dicke (Fig. 191); gewöhnlich bekommen sie aber die Querschnittsmaße der Ständer, und man entlastet sie nötigenfalls durch einen scheitrechten Bogen. Weit gespannte Oeffnungen machen besondere Vorkehrungen notwendig, die bei der Bildung der Oeffnungen zu besprechen sein werden.

Grafik: Fig. 191 1/50 w. Gr.

Die Brustriegel sind der Einwirkung der Feuchtigkeit in hohem Maße ausgesetzt. Daher ist ihre Herstellung aus Eichenholz oder die Anwendung besonderer Schutzmittel empfehlenswert.

Die Zwischenriegel sind unentbehrlich, wenn die Wandgefache mit Lehmstakwerk ausgefüllt werden sollen, da man die Stakhölzer in lotrechter Stellung in dazu hergestellte Nuten der Riegel einschiebt; ebenso braucht man sie zur Befestigung einer Verschalung von lotrecht stehenden Brettern. In beiden Fällen wird man die Riegel nicht über 1,2m voneinander entfernt anbringen dürfen. Für die ausgemauerten Fachwerkwände sind dagegen die Zwischenriegel weniger wesentliche Bestandteile, da sie bei diesen nur die Größe der Wandfelder regeln sollen, was auch durch die Stellung der Ständer möglich ist, wovon schon in Art. 150 (S. 140) die Rede war286). Für diese Wände sind sie sogar mit gewissen Nachteilen verknüpft. Ihre Verbindung mit den Ständern erfolgt durch Zapfen und gewöhnlich ohne Versatzung. Durch die Zapfenlöcher werden die Ständer in ihrer besonders wichtigen Dicke geschwächt, namentlich ist dies bei den Bundständern der Fall, bei denen Riegel auf 3 oder gar 4 Seiten eingreifen. Weiter wird das Schwinden des Riegelholzes in Gemeinschaft mit dem des Fugenmörtels die Ursache des Locker- und Undichtwerdens der Fachausmauerung, indem sich eine Trennungsfuge an der Unterseite der Riegel bildet. Es scheint demnach geboten, die Zahl der übereinander folgenden Verriegelungen auf das Notwendigste einzuschränken; ferner sie, wenn möglich, nicht in einer Höhenlage in der ganzen Wand durchzuführen, was übrigens schon in der Regel durch die Oeffnungen bewirkt wird; dann nur kurze Zapfen ohne Verbohrung zu verwenden, weil diese überflüssig erscheint und längere Zapfen erforderlich machen würde; endlich die Riegelhöhe möglichst herabzusetzen, weil dadurch die Größe des Schwindens vermindert wird. Gewöhnlich werden die Riegel mit den Ständern auf beiden Seiten bündig gehalten. Sind aber die letzteren stärker als die Ausmauerung, so muß es zweckmäßig erscheinen, sie dieser entsprechend breit zu machen. Der Abstand der übereinander liegenden Riegel ist, wenn möglich, als ein Vielfaches der Schichtenhöhe der Ausmauerung zu bestimmen; kleine Unterschiede davon können durch die Fugendicke ausgeglichen werden.

Bezüglich der Verbohrung mag hier bemerkt werden, daß nach Breymann287) die Holznägel eine Ursache der Zerstörung des Holzwerkes bilden sollen, indem die nach außen gekehrte Hirnseite derselben

286) Wir haben deshalb auch die sonst oft vorkommende Bezeichnung »Riegelwände« vermieden, wozu jedoch zu bemerken ist, daß oft auch die lediglich zum Schmuck angebrachten schrägen und krummen Hölzer »Riegelwerk« genannt werden. ^
287) In: Baukonstruktionslehre. Bd. II. 5. Aufl. Leipzig 1885. S. 43. ^




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Feuchtigkeit in das Innere einführe und so die Fäulnis einleite, dann aber auch durch das beim Feuchtwerden eintretende Quellen ein Aufspalten der vernagelten Hölzer und damit weitere Eingangsstellen für Feuchtigkeit verursache.

Grafik: Fig. 192 1/25 w. Gr.

Bei alten Holzbauten findet man gewöhnlich die Nagel- köpfe vorstehend gelassen und in der Schweiz dieselben noch jetzt zierlich geschnitzt und aus hartem Holz hergestellt, was jedenfalls die erwähnten Bedenken vermindert. Da das Verbohren mit Nägeln nur das Herausziehen des Zapfens aus dem Zapfenloch verhindern soll, so kann man es auch durch einen schwalbenschwanzförmigen Zapfen mit Keil (Fig. 192) ersetzen. Das Zapfenloch wird an der Oeffnung so breit gemacht, wie der Zapfen am breiten Ende, und dann nach dem Einschieben desselben in das verbleibende Loch ein passender Keil geschlagen.

Mit den Streben werden die Zwischenriegel entweder überblattet, was unbedenklich ist, wenn die ersteren zur Zierde angebracht sind, oder sie werden mit kurzen Zapfen in dieselben eingesetzt, oder sie werden nur angeschmiegt und durch Nägel befestigt. Die letzteren Verbindungsweisen sind zu wählen, wenn die Streben konstruktive Bedeutung haben.


Lange frei stehende Wände. (154.)

Grafik: Fig. 193288) 1/100 w. Gr., Fig. 194288) 1/200 w. Gr.

Stehen Wände auf große Strecken frei, ohne daß sie durch Scheidewände abgebunden werden, so muß man ihren Stand durch besondere Maßregeln sichern. Zu diesen gehört namentlich die Verdoppelung der Ständer in der Richtung quer zur Wand (wie sie später bei den mehrgeschossigen Wänden näher zu besprechen ist), in Abständen, welche den Dachbinderentfernungen entsprechen (3 bis 5m); ferner die Anordnung von Winkelbändern oder Streben, welche in besondere, bis zur nächsten Parallelwand reichende Spannriegel oder wohl auch in den über dem Ständer auflagernden Balken greifen können. Dürfen solche Konstruktionsteile nicht angebracht werden, so sind an die Deckenbalkenlage schräg laufende Hölzer (Rauten) anzublatten, welche diese in sich unverschieblich und dadurch fähig machen, Drehungen der Wand ein Hindernis zu bieten.

Fig. 193 u. 194 zeigen die Versteifung der Giebelwand einer Scheune. Die Längswände derselben sind durch die bis zum Boden herabgeführten Streben der Dachbinder verstärkt288).


Unterbaute mehrgeschossige Fachwerkwand. (2)


Arten. (155.)

Die mehrgeschossigen Fachwerkwände können entweder durch Uebereinanderstellen gewöhnlicher eingeschossiger Fachwerkwände — mit kurzen Ständern — oder in der Weise gebildet werden, daß man einzelne Hauptständer durch die ganze Höhe hindurchgehen läßt — mit durchgehenden Ständern.

288) Nach: Haarmann's Zeitschr. f. Bauhdw. 1888, Nr. 24. ^




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Bei den ersteren können alle Wandgeschosse eine lotrechte Ebene bilden, oder die oberen können vor den unteren vorgekragt werden.


Wände mit kurzen Ständern ohne Vorkragung. (156.)

Bei den mehrgeschossigen Fachwerkwänden mit kurzen Ständern in einer lotrechten Ebene ergeben sich Verschiedenheiten für die Anordnung, je nachdem die Wände in der Richtung der Balkenlagen laufen oder quer zu ihnen stehen.

Dies gilt sowohl für Scheidewände als für Außenwände. Im ersteren Falle sind für die oberen Wandgeschosse besondere Schwellen in konstruktiver Beziehung nicht notwendig. Der in die Wand zu legende Balken der Balkenlage, der sog. Bundbalken, vertritt zugleich den Rahmen des unteren und die Schwelle des oberen Wandgeschosses. Ständer und Streben sind in denselben einzuzapfen.

Dieser Bundbalken muß breiter sein, als die Wand dick ist, damit die Fußbodenbretter ein Auflager finden können. Reicht das Balkenholz selbst dann nicht aus, so müssen künstlich Verbreiterungen beschafft werden, worüber in Teil III, Bd. 3, Heft 3 dieses »Handbuches« das Nötige mitgeteilt werden wird.

Im zweiten Falle müssen die oberen Wandgeschosse ihre eigenen Saumschwellen erhalten, über deren Verkämmung mit den Balken schon in Art. 149 (S. 135) gesprochen wurde. Bei den Scheidewänden kann nötigenfalls die Schwelle, wenn sie sehr unbequem sein sollte, durch Wechsel zwischen den Balken ersetzt werden.

Grafik: Fig. 195289), Fig. 196

Bei zwei unter einem Winkel zusammenstoßenden Wänden läuft eine derselben parallel, die andere quer zur Balkenlage. Die erste führt, wenn sie eine Umfassungswand ist, gewöhnlich den Namen Giebelwand. Im allgemeinen hält man es für richtig, bei dieser in der oben bezeichneten Weise zu verfahren, d. h. den Bundbalken, der hier den Namen Giebelbalken annimmt, zugleich als Rahmen und Schwelle zu benutzen. Fig. 195289) zeigt die Darstellung einer Gebäudeecke und Fig. 196 die Verbindung von Eckständer, Rahmen und Giebelbalken im einzelnen.

Wenn man die mit einem Profil versehenen Balkenköpfe zur Belebung der Wandflächen vorspringen läßt, wie auch in Fig. 195 geschehen und was eine gleichmäßige Verteilung der Balken voraussetzt, so erscheint es bei freistehenden Gebäuden

289) Nach: Schmidt, O. Die Arbeiten des Zimmermanns. Jena. ^




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Grafik: Fig. 198 1/50 w. Gr.
Grafik: Fig. 197 1/50 w. Gr.

und Eckhäusern wünschenswert, dieselbe Anordnung auch an den Giebelwänden zu haben. Dies macht die Anwendung von Stichbalken an letzteren notwendig, und infolgedessen auch von Rahmhölzern und Saumschwellen daselbst (Fig. 197). Abgesehen von der geringeren Sparsamkeit dieser Anordnung gegenüber der mit Giebelbalken, wirft man derselben vor, das Setzen der Gebäude infolge Austrocknens und Zusammenpressens des Holzes zu befördern durch Vermehren derjenigen Stellen in den Wänden, an welchen dreimal Langholz aufeinander lagert (Rahmen, Balken und Schwelle bei jeder Geschoßteilung). Dies kann aber nicht als ein Fehler der Stichgebälkkonstruktion erachtet werden, sondern eher als ein Vorteil; denn das Setzen wird dadurch in den Umfassungswänden zu einem gleichmäßigen werden, was bei der anderen Anordnung nicht der Fall ist, da sich bei dieser Giebelwände und Balken tragende Wände verschieden setzen müssen. Bei Anwendung der Stichgebälke würde man ein vollständig gleichmäßiges Setzen des ganzen Gebäudes über den Grundmauern erzielen, wenn man sich entschließen könnte, auch bei denjenigen unterbauten Scheidewänden, welche in der Richtung der Balken laufen, außer den Bundbalken noch Rahmen und Schwellen in Anwendung zu bringen. Jedenfalls würden dadurch die so häufig vorkommenden und so unangenehmen hängenden Fußböden der Fachwerkgebäude vermieden werden, sofern dieselben nicht durch Verfaulen einzelner Schwellen verursacht sind.

Grafik: Fig. 199

In der Regel werden Gratstichbalken über den Eckständern angeordnet, insbesondere wenn die Balkenköpfe vorspringen (Fig. 197 u. 198). Ist das letztere nicht der Fall, so kann man den Gratstichbalken durch kurze Holzstücke ersetzen, die zwischen Rahmholz und Schwelle eingelegt werden (Fig. 199).

Bei der Verwendung von Stichgebälken empfiehlt es sich stets, die Rahmen und Saumschwellen hoch zu machen, da sie an der Ecke überblattet werden müssen und durch die Zapfen der Ständer geschwächt werden.

Die Zwischenräume der Balken werden nach außen entweder durch eine Verschalung geschlossen oder vermauert. Springen die Balkenköpfe nicht über die Flucht vor, so läßt man die Verschalung über dieselben hinweggehen und schützt so das zum Aufsaugen von Feuchtigkeit geneigte Hirnholz (Fig. 200). Springen dagegen die Balkenköpfe vor, so ist es zur



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Erhaltung des Balkenholzes vorteilhaft, außer den Schalbrettstücken über die ganze Länge der Wand ein Deckbrett hinlaufen zu lassen (Fig. 201290)).

Grafik: Fig. 200, Fig. 201290) 1/25 w. Gr., Fig. 202

Eben ein solches oder wenigstens ein Brettstück über jedem Balkenkopf empfiehlt sich, wenn die Balkenzwischenräume ausgemauert werden (Fig. 202). Diese Ausmauerung kann, wenn sie nicht geputzt wird, außer mit Flachschichten, mit Rücksicht auf schmuckvollere Erscheinung, als Rollschicht, Zahnfries oder in anderen Mustern oder auch mit farbigen oder ornamentierten Steinen erfolgen.


Vorgekragte Wände. (157.)

Waren die vorspringenden Balkenköpfe bei den eben besprochenen Wänden nur eine schmückende Zuthat von zweifelhaftem Werte, so werden sie zu einem wichtigen Konstruktionsteil, wenn man den Vorsprung durch die obere Wand belastet. Ist diese Vorkragung bedeutend, so wird eine Unterstützung derselben durch besondere Hilfsstücke notwendig; man bedarf der Knaggen oder Kopfbänder (Kopfbügen) je nach der Größe der Ausladung. Unter den Vorteilen, welche diese Bauweise bietet, steht wohl die Erhöhung des Reizes der malerischen Erscheinung der Fachwerkbauten obenan. Doch ist außer dem Raumgewinn in den oberen Geschossen und dem teilweisen Schutz der Wände gegen Regen von besonderer Bedeutung der Zuwachs an Tragfähigkeit, den die Deckenbalken durch ihre Belastung außerhalb ihrer Auflagerstellen erhalten. Dem Durchbiegen der Balken wird so entgegengewirkt und dadurch auch eine Ursache des Verschiebens der Wände aus ihrem lotrechten Stande beseitigt. Erhöht wird diese Standsicherheit durch die Anwendung der erwähnten Knaggen oder Kopfbänder, als einer zwischen allen Ständern und Balken dann vorhandenen Verstrebung in der Richtung der Tiefe des Gebäudes.

Die starke Vorkragung der Geschosse291) ist die ganz besonders kennzeichnende Eigentümlichkeit der älteren Holzbaukunst Norddeutschlands, an welcher bis weit in das XVII. Jahrhundert hinein zähe festgehalten wird, wenngleich in dieser letzten Zeit die Geschoßvorsprünge wesentlich geringere sind. Im XVIII. Jahrhundert ver-

290) Angefertigt unter Benutzung von Abbildungen in: Schmidt, O. Die Arbeiten des Zimmermanns. Jena. ^
291) Bestimmte Angaben über die Größe der Vorkragung lassen sich nach den vorliegenden Quellen nicht machen. Liebold (Die mittelalterliche Holzarchitektur im ehemaligen Niedersachsen. Halle a. S. 1874. S. 6) gibt 30 bis 75cm an. Dies läßt sich jedoch nicht nachsehen, da seinen Taseln keine Maßstäbe beigefügt sind; auch scheinen diese Maße zweifelhaft, da Egle (in: Die Holzhäuser in den Harzgegenden. Allg. Bauz. 1845, S. 380),auf den jener sich wohl wesentlich stützt, für die Halberstädter Häuser 1 bis 13/4 Fuß angibt, was unter der Annahme von preußischem Fußmaß nur etwa 31 bis 55cm ausmacht. In dem Tafelwerk von Cuno & Schäfer (Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin 1883 ff.) fehlen sehr vielfach die Querschnitte; wo sie mitgeteilt sind, geht die Stockwerksausladung nicht über 60cm hinaus (spätgotisches Haus in Hersfeld). Lachner (Geschichte der Holzbaukunst in Deutschland. Leipzig 1887) macht keine Maßangaben. Lehfeld (Die Holzbaukunst. Berlin 1880) stützt sich auf Liebold. Es scheint, daß die Ausladungen im allgemeinen sich zwischen 25 und 50cm halten, im XVII. Jahrhundert aber meist unter 30cm bleiben. ^




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schwindet dieselbe ganz; damit hört das Schmuckbedürfnis auf, und die Verhüllung der kahlen Holzgerüste durch Putz tritt die Herrschaft an.

Das Vorkragen findet sich in Norddeutschland schon bei den ältesten bekannten Holzfachwerkbauten, von denen die erhaltenen jedoch nicht über die Mitte des XV. Jahrhunderts zurückzusetzen sind. Die Erbauung des ältesten bekannten, vor einigen Jahren abgebrochenen Gebäudes soll 1320 stattgefunden haben. Es stand in Marburg und zeigte auch schon sehr starke Auskragung, wenngleich in einer konstruktiven Anordnung292), wie sie sonst nicht weiter sich findet, die aber schon in mehrfacher Hinsicht Verwandtschaft mit der süddeutschen Bauweise zeigt. In Frankreich lassen sich die Spuren des Fachwerkbaues mit Vorkragung in noch frühere Zeit verfolgen, wenn auch dort erhaltene Bauwerke sich kaum sicher aus dem XIII. Jahrhundert nachweisen lassen293). Dort tritt aber der Fachwerkbau dem Steinbau untergeordnet auf; die Vorkragungen werden nicht durchweg in Anwendung gebracht und auch frühzeitig sehr verringert. Mit dem XVI. Jahrhundert nimmt der Fachwerkbau als selbständige Bauweise in Frankreich eigentlich ein Ende. Im südlichen und südwestlichen Deutschland tritt derselbe ebenfalls hinter den Steinbau zurück; stärkere Ausladungen kommen auch hier vor; sie sind aber nicht, wie noch zu besprechen, von der gesamten konstruktiven Anordnung abhängig, wie bei den norddeutschen Bauten, und scheinen in Kenntnis der prächtigen Wirkungen dieser nachgeahmt worden zu sein294). Zumeist sind aber die Ausladungen der Geschosse sehr gering, und der so malerische Reiz der süddeutschen Bauten wird durch andere Mittel herbeigeführt.

Fragt man nach den Ursachen, welche in Norddeutschland zur Vorkragung der Geschosse geführt haben mögen, so findet man bald, daß die oben angegebenen Vorteile dafür nicht die ausreichende Begründung liefern, um so mehr, da sie auch mit mancherlei Nachteilen, wie größere Feuersgefahr, Licht- und Luftmangel bei den engen Straßen der mittelalterlichen Städte, verbunden sind. Denn auch der statische Gewinn für die Tragfähigkeit der Balkenlagen kann bei den verhältnismäßig geringen freien Spannweiten und dafür beträchtlichen Balkenstärken kaum in Betracht kommen. Auch kann man ihn nur dann als einen wirklichen Vorteil erkennen, wenn die entgegengesetzten Enden der Balken in gleicher Weise außerhalb ihrer Auflager belastet werden, was gewöhnlich nicht zutrifft, da die Gebäude zumeist nur nach der Straße zu die Vorkragungen besitzen, nach den Höfen hin aber nicht. Damit ist aber eine erhebliche Mehrbelastung der Grundmauern an der Straßenseite verbunden, so daß also auch nicht, wie Lehfeld will295), ein beabsichtigtes gleichmäßiges Setzen wegen mangelhafter Gründungsweise als Ursache der Geschoßauskragung herbeigezogen werden kann. Von den angeführten Gründen mag wohl noch am meisten der Raumgewinn Geltung behalten. Daneben mag wohl aber auch die allgemeine Vorliebe des Mittelalters für Auskragungen, die sich u. a. auch bei oberen, zum Teile in Holz ausgeführten Geschossen der Wehrbauten zeigt, eine Rolle gespielt haben.

Neuerdings hat nun Lachner296) aus der Konstruktion der älteren norddeutschen Fachwerkgebäude selbst eine Begründung abgeleitet, die alle Beachtung verdient. Danach ist die Vorkragung der Geschosse eine Folge der Notwendigkeit, die Balkenenden über die Ständer vorstehen zu lassen. Die ältesten Fachwerkbauten waren wahrscheinlich meist nur zweigeschossig; die Balken der unteren Zwischendecke waren in die Ständer eingezapft, die der oberen waren denselben aufgelegt. Ein Rahmholz wurde entweder gar nicht verwendet, oder es war so schwach, daß die

292) Abbildungen desselben in dem schon mehrfach angezogenen Werke von Cuno & Schäfer. ^
293) Viollet-le-Duc (Dictionnaire raisonné etc. in den Artikeln »maison« und »pan de bois«) bespricht Bauwerke aus dem XII. und XIII. Jahrhundert. — Vergl. jedoch hierüber Schäfer in: Deutsche Bauz. 1879, S. 338 — und Lehfeld, a. a. O., S. 141. ^
294) Siehe: Lachner, a. a. O., Bd. II, S. 4. ^
295) A. a. O., S. 136, wo übrigens die anderen für Einführung der Auskragungen angezogenen Gründe richtig beleuchtet werden. ^
296) A. a. O., Bd. I, S. 14. ^




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Zapfen der Ständer durch dasselbe hindurch bis in die Balken reichten. Wollte man diese Zapfen nun nicht ächseln, was immer nur eine geschwächte Verbindung gegeben haben würde, so mußte man die Balken überstehen lassen und diese vor den Einflüssen der Witterung schützen, was am einfachsten durch Deckbretter zu erreichen war, was aber zweckmäßiger, unter Erlangung der schon erwähnten Vorteile, und schöner durch Vorrücken der Wände der Obergeschosse geschah, wenn solche sich als notwendig erwiesen. Fehlten diese, so wurden die Balkenvorsprünge durch das überstehende Dach geschützt. »Die Auskragung der Balken verdankt konstruktiven, die der Geschosse Zweckmäßigkeitsgründen und Schönheitsrücksichten ihr Entstehen.«

Bei Eckgebäuden wäre diese Anordnung auf der einen Straßenseite nicht nötig gewesen, man führte sie aber dennoch auch dort unter Anwendung von Stichgebälken aus, weil es unschön gewesen sein würde, hätte man die eine Seite reich gegliedert, die andere glatt gelassen.

Die Nichtbenutzung der Rahmhölzer bei den älteren norddeutschen Fachwerkgebäuden führte nun nicht allein das Ueberstehen der Balken und Geschosse mit sich, sondern noch eine andere bezeichnende Eigentümlichkeit dieser Architektur, nämlich die durch diese Konstruktion bedingte Stellung der Ständer auf den Balken in allen Geschossen, so daß diese durchweg in gleicher Entfernung und in zur Straßenflucht lotrechten Ebenen stehen (Fig. 184, S. 146). Hierin ist die strenge Gesetzmäßigkeit begründet, durch die sich der norddeutsche Fachwerkbau wesentlich vom süddeutschen unterscheidet. Weniger durch das Konstruktionsgesetz bedingt, aber höchst zweckmäßig fügen sich demselben die schon erwähnten Knaggen oder Kopfbänder ein. Diese sowohl, als auch die sehr starken Schwellen, und dann die Fußbügen, später auch die Ständer und die an Stelle der Fußbügen unter die Fenster eingestellten Holzplatten gaben die Plätze ab, auf denen geschnitzte Ornamente angebracht wurden, deren Ausführung das zumeist verwendete Eichenholz begünstigte. Zu bemerken ist jedoch in letzterer Hinsicht, daß man z. B. in Halberstadt von Nadelholz aus dem Harz Gebrauch machte und dieses sich ebenfalls in seiner Dauer bewährt hat.

Da in der Regel zwischen allen Ständern Fenster angebracht wurden, so fielen bei den älteren Bauten die Windstreben, sowie die Zwischenriegel weg, und die Ausmauerung beschränkte sich auf die Brüstungen; denn die Fenster gingen bis unter die Decke hinauf. Die Fensterriegel wurden deshalb häufig durch das schwache Rahmholz ersetzt. Brustriegel kommen wohl meist vor; über dieselben und die Ständer läuft gewöhnlich aber eine profilierte oder ornamentierte Brüstungsleiste hin. Mitunter sind sie aber auch durch eine solche, mit den Ständern schwach verblattete, vertreten.

Die Eckbildung gab zu Schwierigkeiten in Bezug auf die gleichmäßige Entsernung der Ständer und die Anordnung der Kopfbänder Anlaß. Die regelrechte Gestaltung zeigt Fig. 203297). Die Entfernung aller Ständer konnte nur gleich werden, wenn die Ausladung des Geschosses gleich dem Ständerabstand war. War der Vorsprung geringer, so mußte das Fach an der Ecke schmaler als die übrigen werden. Vom untersten Eckständer hatten drei Kopfbänder auszugehen, von denen eines diagonal zu stellen war. An den Eckständern der ausgekragten Geschosse ist nur dieses eine noch notwendig, und die Breite der Eckfächer wird mit jedem mehr aufgesetzten Stockwerk größer.

297) Faks.-Repr. nach: Lachner, C. Geschichte der Holzbaukunst in Deutschland. Bd. 1. Leipzig 1887. S. 65. ^




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Die Kopfbänder werden mit Ständern und Balken durch tief eingreifende, verbohrte Zapfen verbunden (Fig. 204). Oft setzen sie sich dabei auf eine dem Ständer oben gegebene Verstärkung.

Grafik: Fig. 203 Vom Knochenhauer-Amtshaus in Hildesheim297).

Die Ausfüllung der Zwischenräume der Balken und damit der Abschluß der Fußbodenkonstruktion der ausgekragten Geschosse erfolgte auf verschiedene Weise. Die einfachste aber ungenügendste Art war die, den Zwischenraum zwischen den Balken über dem Rahmholz, bezw. dem Fensterriegel auszumauern oder durch ein lotrechtes Brett oder ein Holz zu schließen und darüber hinaus bis zur Saumschwelle den Fußboden nur durch die Dielung zu bilden (Fig. 205298)).

297) Faks.-Repr. nach: Lachner, C. Geschichte der Holzbaukunst in Deutschland. Bd. 1. Leipzig 1887. S. 65. ^
298) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin. ^




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Grafik: Vom Trinitatis-Hospital in Hildesheim300). 1/50 w. Gr.Fig. 204, Fig. 205298), Fig. 206299), Fig. 207300), Fig. 208

Besser, wenn auch sehr roh, ist die Anordnung, mit der Auswellerung der Balken so weit vorzugehen (Fig. 206299)), wobei man dieselbe zweckmäßigerweise nach unten durch ein wagrechtes Brett schützen konnte. Dieses Schutzbrett wurde nun aber oft auch schräg gestellt und dadurch zum Füllbrett, bis zu welchem die Auswellerung heranging und welches, den Uebergang vom unteren zum oberen Geschoß in passender Weise vermittelnd, einen geeigneten Platz für Verzierung durch Malerei oder schwaches Relief bot (Fig. 207 u. 208300).

298) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin. ^
299) Nach: Liebold, B. Die mittelalterliche Holzarchitektur im ehemaligen Niedersachsen. Halle a. S. 1875. Taf. VI. ^
300) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, a. a. O. ^




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In Halberstadt von 1530 an, in Hildesheim erst seit 1578 vereinzelt301) treten an die Stelle der Füllbretter die Füllhölzer, welche den Balken eingezapft wurden und einen dichteren Abschluß lieferten. Sie wurden meist in ähnlicher Weise, wie die Schwelle abgefast oder gekehlt, bezw. geschnitzt (Fig. 209300)) und in der Renaissancezeit häufig wie Gesimse gegliedert. Später werden sie wohl durch außen abgerundete Bohlen ersetzt (Fig. 211).

Der süd- und südwestdeutsche Fachwerkbau unterscheidet sich in kennzeichnender Weise vom norddeutschen durch die ungebundenere Anordnung der Konstruktionsteile und die mehr malerische Gruppierung und Formung der Massen.

Grafik: Fig. 209 Von der Stadtwage in Halle300). 1/25 w. Gr.


Die freiere Konstruktionsweise wurde ermöglicht durch die Ausnutzung des allen Ständern aufgelegten kräftigen Rahmholzes, welches die von ersteren unabhängige Lage der Balken und dann weiter die beliebige Stellung der Ständer auf der über ihnen folgenden Saumschwelle gestattete. Man ist hier nicht gezwungen, die übereinander folgenden Ständer in lotrechte Axen einzuordnen, und stellt sie mit Rücksicht auf die nach dem Bedürfnis der inneren Raumbildung gewählte Fenstereinteilung. Dadurch wird das Anbringen von Kopfbändern erschwert, welche übrigens auch konstruktiv meist nicht nötig sind, da die Ausladung der Geschosse im allgemeinen nur gering ist. Ein Beispiel gibt Fig. 210302).

Die nicht übereinstimmende Verteilung von Balkenköpfen und Ständern machte

300) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, a. a. O. ^
301) Lachner, a. a. O., Bd. I, S. 24. ^
302) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, a. a. O. ^




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Grafik: Fig. 210 Teufelsmühle bei Ilbeshausen. (Nach Schaefer: Haus zu Kraftisried bei Kempten302).


302) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, a. a. O. ^



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Grafik: Fig. 211, Fig. 212303)

es häufig wünschenswert, die ersteren ganz zu verstecken. Dies erfolgte durch die namentlich in den Rheingegenden üblichen profilierten Bohlen, welche zugleich den Schluß der Balkenfächer bewirkten (Fig. 212303)). Da auch die Saumschwellen meist ähnlich profiliert werden, so sind die Geschosse durch breite, gesimsartige Streifen voneinander getrennt. Ein Beispiel gibt Fig. 213304). Schnitzereien kommen an den Schwellen selten zur Anwendung. Die Verbindung der Verschalung der Balkenfächer mit vorspringenden Balkenköpfen und profilierter Schwelle zeigt das 1512 errichtete Rathaus zu Alsfeld in Oberhessen (Fig. 214305)).

Eine neuere Anwendung des Fachwerkbaues mit vorgekragten Geschossen, allerdings in der durch die geographische Lage herbeigeführten, für Hessen bezeichnenden Mischung nord- und süddeutscher Bauweise, zeigt der durch Schäfer ausgeführte Neubau des Schlosses Hinnenburg in Westfalen (Fig. 215306)).

Ausmauerung der Balkenfächer mit Formsteinen ist in Fig. 216307) dargestellt.


Wände mit durchgehenden Ständern. (158.)

Die mehrgeschossigen Wände mit kurzen Ständern haben den Nachteil, daß infolge des mehrfachen Uebereinanderlagerns von Langholz — beim norddeutschen Ständerbau Balken und Saumschwelle, beim süddeutschen Rahmholz, Balken und Saumschwelle — durch das Zusammentrocknen sich ein Setzen des Gebäudes ergibt, das schädlich sein muß, wenn die Wände desselben in dieser Beziehung verschiedenartig hergestellt sind, wie schon in Art. 156 (S. 152) erwähnt wurde.

Durch die Konstruktion mit durch mehrere Geschosse hindurch reichenden Ständern will man diesem Uebelstande abhelfen. Thatsächlich kann dies nur erzielt wer-

303) Faks.-Repr. nach: Allg. Bauz. 1888, Taf. 46. ^
304) Faks.-Repr. nach: Deutsche Renaissance. Abt. 24. Colmar. Taf. 26. ^
305) Nach: Lachner, C., a. a. O., Bd. II, S. 20. ^
306) Faks.-Repr. nach: Allg. Bauz. 1868–69, Bl. 4. ^
307) Unter Benutzung einer Abbildung von O. Schmidt, a. a. O. ^




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Grafik: Fig. 213 Haus zu Kaysersberg804).


804) Ueber die Herstellung von Schindelpanzern im Allgäu und die zugehörigen Fensterverkleidungen siehe: Deutsche Bauz. 1898, S. 204. ^



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Grafik: Fig. 214 Vom Rathaus zu Alsfeld805).

den, wenn man sämtliche Ständer so behandelt. Nimmt man nur in größeren Abständen solche an, so werden zwischen denselben noch kurze Ständer mit den zugehörigen wagrechten Konstruktionsteilen notwendig, die nun ein Setzen auf kürzeren Strecken, das sich als Durchsacken äußern wird, herbeiführen werden. Alle Ständer durchgehen zu lassen, bringt Schwierigkeiten für die Anordnung der Zwischengebälke mit sich, wenn die Ständer aus einem einzigen Holze hergestellt werden.

Wände mit nur durch mehrere Geschosse hindurchgehenden Ständern scheinen den älteren norddeutschen Fachwerkgebäuden eigentümlich gewesen zu sein.

Grafik: Fig. 215 Vom Schlosse zu Hinnenburg306).

Lachner308) weist dies an mehreren Beispielen nach und zeigt auch, wie bei mehr als zweigeschossigen Gebäuden oft die unteren beiden Stockwerke so behandelt sind. In die sehr breiten Ständer sind die Deckenbalken eingezapft und bei den ältesten Beispielen gehen die Zapsen durch die Ständer hindurch. Durch die vorragenden Enden der Deckenbalken ist dann ein Keil oder Bolzen geschlagen (Fig. 217 u. 218309). In der Mitte des XV. Jahrhunderts wurde diese Verbindungsweise aufgegeben und durch die mit Zapfen ersetzt, welche bis auf etwa 4/5 der Ständerdicke eingreifen und verbohrt sind (Fig. 219). Auch dies war nur zulässig, wenn die Ständer sehr breit waren und wenn die Deckenbalken in der Mitte mit einer Ueberblattung gestoßen und dort durch Unterzüge gestützt wurden. Man stellte zuerst die Ständer mit dem Dache auf und fügte dann die Zwischenbalken ein.

Gladbach310) teilt den Querschnitt und Einzelheiten eines jetzt abgebrochenen alten Hauses aus Schwerin mit, bei welchem die Konstruktion mit durchgesteckten Zapfen durch 4 Stockwerke ausgeführt war. Der Querschnitt erscheint allerdings nicht ganz zuverlässig in der Darstellung, weil eine mittlere Unterstützung der Balken nicht angegeben ist und die Aufstellung des Gebäudes so kaum möglich erscheint.


Auch bei Anordnung einzelner durchgehender Ständer aus einem Stücke Holz in Abständen von etwa 3 bis 4m ergeben sich Schwierigkeiten für die Ausführung. Diese Ständer müssen sehr stark sein, wenn sie nicht übermäßig durch die mit Versatzung und Zapfen mit ihnen zu verbinden-

306) Faks.-Repr. nach: Allg. Bauz. 1868–69, Bl. 4. ^
308) Lachner, C., a. a. O., Bd. I, S. 10 — und in: Die Holzarchitektur Hildesheims. Hildesheim 1882. S. 26. ^
309) Fakf.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin. ^
310) In: Der Schweizer Holzstil. II. Serie. Zürich 1883. S. 34 u. Taf. 21. ^
805) Nach: Zeitschr. d. Arch.- u. Ing.-Ver. zu Hannover 1889, Bl. 31. ^




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Grafik: Fig. 216307) 1/25 w. Gr.


den Schwell- und Rahmhölzer geschwächt werden sollen; die Höhe der Gebäude ist von der erreichbaren Länge des Ständerholzes abhängig, und die Aufstellung ist eine schwierige.

Diese Konstruktion wurde wohl zuerst von Etzel angegeben311). Die in die Hauptständer eingesetzten Rahmhölzer sind durch eiserne Schienen miteinander verbunden. Saumschwellen sind in der Absicht, das Setzen zu vermindern, weggelassen, dadurch aber die Schwierigkeiten der Aufstellung noch vermehrt worden; auch sind die Breiten der kurzen Ständer und Riegel zu gering bemessen.

Grafik: Fig. 217 Haus in Münden309). 1/100 w. Gr., Fig. 218 1/50 w. Gr., Fig. 219 1/50 w. Gr.

Vorzuziehen ist die Anordnung von doppelten Hauptständern, weil man zu diesen schwächeres Holz verwenden und sie durch Stoßen beliebig verlängern, auch gute Quer- und Längsverbindungen erzielen kann. Hierbei sind zwei Anordnungen möglich. Die Verdoppelung findet entweder in der Richtung der Wände oder quer zu diesen statt. In beiden Fällen empfiehlt sich das Zusammensetzen der Eckständer aus 4 Hölzern. Diese sowohl, wie die doppelten Ständer verbindet man in Abständen durch Schraubenbolzen; insbesondere sind solche bei den Stoßstellen anzubringen. Eine noch innigere Verbindung kann man durch Verschränkung oder Verdübelung herbeiführen. Die durchgehenden Ständer

307) Unter Benutzung einer Abbildung von O. Schmidt, a. a. O. ^
309) Fakf.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin. ^
311) Siehe: Allg. Bauz. 1841, S. 339. ^




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Grafik: Fig. 220

setzt man unmittelbar auf die Sockelmauer auf, was eine gute Gründung derselben bedingt. Nur wenn diese nicht zu erzielen sein sollte, wird man sie über der Schwelle beginnen lassen.

Bei der ersten Anordnungsweise (Fig. 220) muß man Rahmhölzer und Saumschwellen durch Versatzung und Zapfen mit den Hauptständern verbinden und diese Verbindung durch Eisenschienen verstärken. Die auf die Hauptständer treffenden Balken werden durch diese hindurchgesteckt und mit ihnen verbolzt, woraus sich eine gute Querverbindung des Gebäudes ergibt.

Grafik: Fig. 221 1/100 w. Gr., Fig. 222 1/100 w. Gr.

Besser ist jedenfalls die zweite Anordnungsweise; die Verdoppelung der Ständer in der Richtung quer zur Wand (Fig. 221) gibt ihnen die gerade für diese Richtung nötige größere Steifigkeit. Der Längsverband der Wand wird ein guter, indem man die Rahmhölzer und Schwellen durch die Hauptständer hindurchgehen läßt und mit ihnen verbolzt. Einen ebenso guten Querverband des Gebäudes erhält man dadurch, daß man die Doppelständer durch halbe Balken zangenartig fassen läßt. Der Giebelbalken wird durch die Eckständer hindurchgeführt. Begnügte man sich für diesen mit Versatzung und Verzapfung, so würde man mit einem doppelten Ständer an der Ecke auskommen (Fig. 222), was aber zur Anwendung von durchgehenden einfachen oder von kurzen Ständern für die Giebelwand führen würde.



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Grafik: Fig. 223


Die Anwendung eines aus drei Stücken zusammengesetzten Eckständers von einem zu vorübergehendem Zwecke errichteten Fachwerkturm zeigt Fig. 223312). Das Eckstück ist der Höhe nach aus mehreren Teilen zusammengesetzt, die an den Stoßstellen durch Eisenschienen verbunden und mit den Seitenstücken verbolzt sind. Die letzteren haben nur Stockwerkshöhe und tragen die Rahmen.

Die Verdoppelung einzelner Ständer ist, wie schon in Art. 150 (S. 139) angedeutet wurde, das Mittel, um standfähige Wände von Gebäuden mit außergewöhnlichen Geschoßhöhen, wie von Kirchen, Hallen, Türmen zu errichten. Man verfährt dabei ganz ähnlich, wie eben besprochen; nur daß die Rahmhölzer, Balken und Schwellen wegfallen und in Abständen, welche gewöhnlichen Geschoßhöhen entsprechen, an Stelle derselben starke Querriegel zwischen den Hauptständern oder besser durchlaufende Langhölzer angewendet werden.


An den Enden unterstützte Fachwerkwand. (3)


Allgemeines. (159.)

In den oberen Geschossen der Gebäude kommt es oft vor, daß zur weiter gehenden Teilung in Räume Wände »über dem Hohlen«, d. h. ohne Unterstützung durch eine unter ihnen stehende andere Wand, ausgeführt werden müssen, deren Last daher auf an ihren Enden befindliche Stützen zu übertragen ist. Früher verwendete man zu diesem Zwecke nur die sog. abgesprengten Wände oder Hängewände, die immer Unannehmlichkeiten und Unbequemlichkeiten an sich haben und deshalb heutzutage vielfach durch gewöhnliche Wände ersetzt werden, welche ihre Unterstützung auf unter ihnen liegenden Walzeisenträgern finden.

Immerhin kommen sie noch oft bei Massivbauten und wohl stets bei Fachwerkbauten in Anwendung und müssen daher hier besprochen werden. Selbstredend wird man bei ihnen die Fache mit möglichst leichtem Material auszufüllen trachten.

Am meisten Schwierigkeiten machen die nur an den Enden unterstützten Fachwerkwände, wenn sie quer zur Balkenlage stehen, weil die über den Balken liegende Schwelle für die Anordnung der Thüren sehr störend ist, und die Unterbrechung der Schwelle zu umständlichen Konstruktionen führt. Man wird bei irgend erheblicher Länge der Wand meist zu ihrer Unterstützung durch einen Unterzug greifen, wenn sie nicht so hoch ist, daß die Tragkonstruktion über der Thür angebracht und der untere Teil so an dieser angehängt werden kann, daß die Schwelle an der Stelle der Thür ausgeschnitten werden darf. Dasselbe wird möglich sein, wenn über der Wand das Dach folgt und dessen Konstruktion zum Anhängen der Wand eingerichtet wird313).

Bei den über dem Hohlen auszuführenden Wänden, welche in der Richtung der Balkenlage laufen, wird man stets diese so anzuordnen suchen, daß Schwelle und Rahmholz durch Balken ersetzt werden. Ist dies jedoch nicht möglich, so ergeben sich die gleichen Schwierigkeiten, wie bei den die Balken kreuzenden Wänden. Man hat hierbei die Schwelle auf Wechsel zu lagern und an eben solchen den Rahmen zu befestigen. Aber auch im ersten Falle ist die Stellung der Thüren von wesentlichem Einfluß auf die konstruktive Anordnung.

312) Nach: Baugwksztg. 1895, S. 1023. ^
313) Ein Beispiel einer durch einen Dachbinder getragenen Wand findet sich in: Allg. Bauz. 1855, S. 12. ^




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Die in sich selbst tragfähigen Hängewände werden entweder so konstruiert, daß ihre Last auf die Auflager der Schwelle oder eines über den Thüröffnungen befindlichen, wagrecht durchgehenden Holzes übertragen wird — Hängewerkwände, oder der Hauptteil der Last wird von den Auflagerenden des Rahmholzes übernommen — aufgehängte Wände, oder sie werden nach Art der Gitterträger hergestellt — Gitterträgerwände.


Hängewerkwände. (160.)

Grafik: Fig. 225, Fig. 226 1/25 w. Gr., Fig. 227
Grafik: Fig. 224 1/100 w. Gr.

Die üblichste Konstruktionsweise der nur an den Enden unterstützten Fachwerkwände ist die der Hängewerkwände. Soll die Wand nicht von einer Thür durchbrochen werden, so kann man den einfachen Hängebock (siehe den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, 2. Aufl., Art. 172, S. 127) in Anwendung bringen (Fig. 224), wenn bei gewöhnlicher Zimmerhöhe die Wandlänge nicht 3 bis 4m überschreitet. Bei größerer Zimmertiefe würden die Streben zu flach zu liegen kommen. Diese werden durch kurze Zapfen und Versatzung mit dem Schwellbalken und der Hängesäule verbunden (Fig. 225). An die letztere wird der Schwellbalken mit einem um ihn gebogenen Eisenband (Fig. 226) oder mit Hängeeisen (Fig. 227) angehängt. Die erstere Befestigungsweise ist nicht ganz so sicher wie die zweite, weil nicht genügend zähes Eisen durch das Umbiegen leiden kann; auch läßt sich ein Anziehen nach erfolgter Besestigung nur durch Einschlagen von Keilen zwischen Band und Schwellenunterfläche bewerkstelligen. Dagegen werden, wenn man auch nur die lotrechten Teile des Bandes um seine Stärke in das Holz einläßt, weniger den Putz störende Vorsprünge verbleiben als bei den Hängeeisen. Ein Nachziehen kann bei letzteren durch Drehen der Schraubenmuttern leicht bewirkt werden. Bei beiden Verbindungsweisen läßt man die Hängesäule mit ihrem Zapfen nicht fest auf der Schwelle aufsitzen, damit eine kleine Senkung des Hängebockes stattfinden kann, ohne daß der Schwellbalken mit hinabgedrückt wird.

Bei größerer Zimmertiefe und Anordnung einer Thür in der Mitte der Wand verwendet man den doppelten Hängebock (siehe im vorhergehenden Bande, Art. 173, S. 125 [2. Aufl.: S. 129]). Die Hängesäulen dienen als Thürständer, und der Spannriegel ersetzt den Thürriegel (Fig. 228). Die Verbindungen sind ähnlich wie vorher. In beiden Fällen wird der Raum zur Seite der Hängesäulen nach Bedürfnis mit Zwischenständern und Riegeln ausgestattet, wobei, um die Streben nicht zu schwächen,



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Grafik: Fig. 228, Fig. 229, Fig. 230, Fig. 231, Fig. 232, Fig. 233 1/100 w. Gr.

man kurze an ihnen zu befestigende Riegel ganz wegläßt und am Ende der Wand Ständer nur dann anzuordnen braucht, wenn Riegel angewendet werden. Die Befestigung der die Streben kreuzenden Riegel und Zwischenständer an ersteren soll nur durch Nägel erfolgen. Die Ausmauerung der Wand verursacht durch ihre Last eine Senkung des Hängebockes. Um eine Hebung durch Nachziehen der Hängeeisen zu ermöglichen, erscheint es daher zweckmäßig, tief unten an der Wand Riegel anzubringen (Fig. 228) und den Raum unter denselben erst nach dem Anziehen der Schraubenmuttern auszumauern.

Sind die Thüren außerhalb der Wandmitte anzubringen, so wird man sich einer der in Fig. 229 u. 230 dargestellten Anordnungen bedienen können, wenn die



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Wand nicht hoch genug ist, um den Hängebock über der Thür aufzustellen, wie Fig. 232 u. 233314) zeigen. Die flache Lage der Streben in Fig. 233 erfordert eine Befestigung des Fußes derselben durch Schraubenbolzen.

Grafik: Fig. 234, Fig. 235 1/100 w. Gr.


Wie schon erwähnt, greift man in denjenigen Fällen, in denen die Wand die Balkenlage kreuzt, gern zur Anwendung eines Unterzuges, wie in Fig. 231 angedeutet ist. Ist ein solcher unzulässig, so ist man dann gezwungen, die durch die Thür veranlaßte Unterbrechung der Schwelle durch eine untergelegte und angebolzte Eisenschiene aufzuheben. Treffen dabei die Hängesäulen auf Balken, so ergibt sich die Anordnung nach Fig. 234; ist dies nicht der Fall, so legt man unter sie einen Wechsel (Fig. 235), welcher verkehrt in die benachbarten Balken eingelassen ist.

Grafik: Fig. 236

Ist die abzusprengende Wand zweigeschossig, so ist es zweckmäßig, sie nicht aus zwei selbständig konstruierten Wänden zusammenzusetzen, sondern sie mit durch beide Geschosse hindurchreichenden Streben auszustatten, welche durch die zu verdoppelnden Balken der Zwischendecke gefaßt werden, und welche durch ihre steile Stellung der Konstruktion größere Tragfähigkeit geben.

Fig. 236 zeigt eine von Geier315) im Gasthaus zum Europäischen Hof zu Mannheim ausgeführte Konstruktion dieser Art, welche sich bewährt haben soll und von demselben Architekten auch im Gasthause gleichen Namens in Mainz ähnlich wiederholt wurde.


Aufgehängte Wände. (161.)

Die Risse, welche in den Fachwerkwänden infolge des Zusammentrocknens der Hölzer entstehen, treten bei den gewöhnlichen Hängewerkwänden wegen der hinzukommenden Senkungen und der auf sie übertragenen Schwankungen der Balkenlagen in verstärktem Maße auf und namentlich in der Richtung der Streben.

314) Mit Benutzung von: Schmidt, O., a. a. O. ^
315) Siehe darüber dessen Werk: Statistische Uebersicht bemerkenswerther Holzverbindungen Deutschlands. Mainz 1841. ^




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Grafik: Fig. 237 1/100 w. Gr.

Daher muß die von Wiegmann316) erfundene Konstruktion der gehängten Fachwerkscheidewände als eine Verbesserung bezeichnet werden, weil in derselben die Streben durch Hängestangen ersetzt sind, welche die Last der Wand von der Mitte der Schwelle weg nach den Auflagern des Rahmholzes übertragen (Fig. 237).

Die Ständer an den Enden der Wand wird man hierbei zweckmäßigerweise, auch wenn keine Verriegelung angewendet ist, nicht weglassen; man wird sogar gut thun, sie mehrmals an der Wand zu befestigen, da sie stark auf Druck, bezw. Zerknicken in Anspruch genommen werden.

Grafik: Fig. 238 1/25 w. Gr.

Die Befestigungsweise der Hängestangen, deren Stärke sich auf Grund der zu ermittelnden Beanspruchung leicht berechnen läßt und welche auf jeder Seite der Wand des Putzes wegen in das Holz einzulassen sind, ist in Fig. 238 dargestellt. Sie lassen sich leicht anspannen und haben auch den Vorteil, daß sie sich bequem an Wänden anbringen lassen, welche aus ganz unterstützten in sich frei tragende umgewandelt werden sollen.

Diese Konstruktion wird sich auch immer dann empfehlen, wenn wegen benachbarter Feuerungsanlagen ein Teil der Wand ohne Holzwerk ausgeführt werden muß (Fig. 239).

Grafik: Fig. 239 1/100 w. Gr.

Steht die aufzuhängende Wand quer zur Balkenlage, so ist, wie bei der Hängewerkwand, am besten ein Unterzug anzuwenden, der von den Hängestangen gefaßt wird. Ist dieser unzulässig, so muß die durch die Thüröffnung unterbrochene Wandschwelle durch eine Eisenschiene sehr sorgfältig wieder verbunden werden.


Gitterträgerwände. (162.)

Bei großen Abmessungen der zu überspannenden Räume wird man von nach Art der Gitterträger317) konstruierten Wänden Gebrauch machen können. Da diese Anordnungen aber nur selten zur Anwendung kommen dürften, so soll hier nur auf die Besprechung derselben in der 1. Auflage dieses Heftes (Art. 164, S. 188 bis 190) verwiesen werden.

316) Siehe: Allg. Bauz. 1841, S. 175. ^
317) Ueber die Gitterträger und ihre Berechnung siehe Teil I, Band 1, zweite Hälfte (Art. 386 bis 392 [2. Aufl.: Art. 165 bis 201; 3. Aufl.: Art. 166 bis 202]) und Teil III, Band 1 (Art. 161 bis 163 [2. Aufl.: Art. 319 bis 322]) dieses »Handbuches«. ^

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