Durm:Ueberdeckung
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in Kapitel 13: Begrenzung der Oeffnungen; vorheriges Unterkapitel: Durm:Seitliche Begrenzung. - Inhaltsverzeichnis des Heftes |
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Form. (397.)
Die Ueberdeckung der Oeffnungen kann in der geometrischen Ansicht geradlinig und wagrecht (Fig. 781), bogenförmig (Fig. 782 bis 785), mit gebrochenen
Grafik: Fig. 781, Fig. 782, Fig. 783 |
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Grafik: Fig. 784, Fig. 785, Fig. 786, Fig. 787, Fig. 788, Fig. 789 |
geraden Linien (Fig. 786 u. 787) oder mit zusammengesetzten geraden und gebogenen
Linien hergestellt werden (Fig. 788 u. 789).
Fig. 782 bis 785 geben nur einige der häufiger vorkommenden Bogenformen; Fig. 782 den Stich-, Flach- oder Segmentbogen, Fig. 783 den Halbkreis- oder Vollbogen, Fig. 784 den Spitzbogen, Fig. 785 den gedrückten oder Korbbogen. Stichbogen, Spitzbogen und Korbbogen sind der mannigfachsten Abänderungen fähig.
Ebenso geben Fig. 787 bis 789 nur einige der vielfach veränderungsfähigen zusammengesetzten Ueberdeckungsformen.
Werkstoff. (398.)
Alle im vorhergehenden Artikel erwähnten Ueberdeckungsformen lassen sich aus Stein, Holz oder Eisen herstellen.
Für die Ausführung in Stein sind die bequemsten Formen diejenigen in Fig. 781 bis 785. Die Ueberdeckungsformen in Fig. 786 u. 787 kann man durch Auskragen oder künstlicher mit Rollschichten, diejenigen in Fig. 788 u. 789 durch Ausarbeiten aus größeren Werkstücken oder Platten erzeugen.
Für Holz sind die naturgemäßen Formen diejenigen in Fig. 781, 786 u. 787; umständlicher ist die Herstellung der übrigen Formen mit oder ohne Stuckverkleidung.
Die Formen in Fig. 781, 786 u. 787 eignen sich für die Ausführung mit
walzeisernen oder gußeisernen Balken, alle übrigen Formen für diejenige in
Gußeisen.
Konstruktion. (399.)
Die Art der Konstruktion mußte schon bei der Erwähnung der Baustoffe gestreift werden. Es ist dem Gesagten noch hinzuzufügen, daß die geradlinig wagrechte Form sich am naturgemäßesten mit steinernen, hölzernen oder eisernen Balken und die gebogene Form am besten durch Ueberwölbung mit Steinen herstellen lassen. Diese Konstruktionen werden uns vorzugsweise zu beschäftigen haben.
Die Ueberdeckung durch allmähliche Auskragung von Steinen hat hauptsächlich geschichtliche Bedeutung. Gegenwärtig wird die Auskragung fast nur zur Abkürzung der Spannweiten von Balken und Bogen und zur Entlastung von Balken verwendet.
Die Ueberdeckung der Oeffnungen in den zusammengesetzteren Formen durch Ausarbeiten von Werkstücken oder Platten oder mit Gußeisenstücken bedarf hier keiner besonderen Erörterung, und die Bildung der gebogenen und zusammengesetzten Formen aus Holz wird bei den Konstruktionen des inneren Ausbaues (in Teil III, Band 3, Heft 3) Besprechung finden.
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Ueberdeckung mit Steinbalken. (1)
Haustein. (400.)
Die zur Ueberdeckung von Oeffnungen benutzten Steinbalken werden meistens aus Hausteinwerkstücken hergestellt. Hierzu sind, bei einigermaßen erheblichen Spannweiten, die festesten Steinarten zu verwenden. Da auch bei diesen die Biegungsfestigkeit verhältnismäßig gering ist, so vermeidet man zumeist eine Belastung der Steinbalken auf ihre freie Spannweite und bringt zu diesem Zwecke über ihnen Entlastungskonstruktionen an. Sollen letztere nicht angewendet werden, so muß man die Steinbalken so hoch machen, daß sie der gegebenen Belastung genügen, oder man muß sie durch untergelegte Eisenträger unterstützen. Das letztere wird auch nötig, wenn die Steinbalken nicht mit Sicherheit ihre eigene Last zu tragen vermögen; doch werden in diesem Falle mitunter die Balken an über ihnen angeordneten Entlastungskonstruktionen aufgehängt.
Ist die Dicke der Mauer, in welcher die Oeffnung anzubringen ist, so groß, daß ein einziges Werkstück für die Ueberdeckung derselben zu schwer werden würde, so kann man nach dem Vorbilde der griechischen Epistylkonstruktionen die Ueberdeckung durch mehrere nebeneinander gelegte Steinbalken bewirken. Die Fugen zwischen denselben werden entweder so scharf gehalten, daß sie nicht auffallen, oder man sucht sie durch die Gliederung der Unterseite mit Soffiten zu verdecken, oder man kennzeichnet sie durch Nuten.
Die Steinbalken erhalten eine gesicherte Lage in der Mauer, wenn man ihre Enden auf die Länge des Auflagers durch Mauerwerk belastet. Gleichzeitig wird dadurch auch ihre Tragfähigkeit erhöht, welche man noch weiter dadurch fördern kann, daß man auch die lotrechten Endflächen scharf an das benachbarte Mauerwerk stoßen läßt.
Das Belasten der Enden bringt allerdings die Gefahr des Bruches in der Nähe der Auflager mit sich. Diese wird vermindert, wenn man der Auflagerfläche keine
Grafik: Fig. 790, Fig. 791838), Fig. 792838) |
838) Faks.-Repr. nach: Redtenbacher, R. Beiträge zur Kenntnis der Architektur des Mittelalters in Deutschland. 2. Heft. Karlsruhe 1872. ^ |
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überflüssige Länge gibt, sondern sie nur dem vorhandenen Auflagerdrucke entsprechend
groß macht.
Grafik: Fig. 793 |
Wenn ein Ueberdeckungssteinbalken bricht, so ist daran in der Regel die zu geringe Zugfestigkeit desselben schuld; immerhin wirkt dieselbe auf der Unterseite nach Art einer Verankerung gegen Durchbiegung. Diese Sicherung wird vermindert, wenn man den Stein auf seiner Unterseite aushöhlt; damit ist eben eine Schwächung des Querschnittes an derjenigen Stelle verbunden, wo das größte Biegungsmoment sich bildet. Deshalb ist die in Fig. 790 dargestellte, häufig angewendete Herstellungsweise der stichbogenförmigen Ueberdeckung unzweckmäßig; sie straft sich oft durch Eintreten von Rissen. Vorteilhaft muß dagegen die Verstärkung des Balkens nach oben (Fig. 791838)) erachtet werden.
Zur Abkürzung der Spannweite können Kragsteine angewendet werden (Fig. 792838)). Durch Vermehrung der Zahl derselben gelangt man zur vollständigen Ueberdeckung durch Auskragung (Fig. 793).
Entlastung. (401.)
Kann man einen Steinbalken nicht so stark machen, daß er die zu erwartende Belastung mit Sicherheit zu tragen vermag, so muß man ihn, wie schon erwähnt wurde, entweder entlasten oder ihn durch untergelegte Eisenträger stützen.
Die Entlastung kann bei geringer Spannweite durch eine Hohlfuge bewirkt werden, wenn darüber ein genügend tragfähiges anderes Werkstück folgt (Fig. 794 u. 795).
Grafik: Fig. 794, Fig. 795 |
Ist dies nicht der Fall, so muß man zur Entlastung Auskragungen, Spannschichten,
Bogen oder Eisenträger über dem Steinbalken anwenden.
Wie die Entlastungshohlfugen, so werden die beiden eben zuerst erwähnten Mittel namentlich bei Hausteinfassaden benutzt.
Die Auskragung kann in der Weise ausgeführt werden, wie bei den pelasgischen Thorbauten Griechenlands839), wobei die sich bildenden dreieckigen Oeffnungen durch eine verzierte Platte zu schließen sind, oder so, wie bei der Mittelhalle der Propyläen auf der Akropolis zu Athen, wo über der Mittelössnung der dorischen Säulenstellung das Epistyl dadurch entlastet wurde, daß man über den Säulen nach beiden Seiten bis zur Mitte der Säulenzwischenweiten übergreifende Stücke des Triglyphenfrieses anordnete840).
Unter Spannschichten sind gegeneinander sich stemmende Werkstücke zu verstehen, welche die Belastung wie ein Bogen nach dem seitlich sich anschließenden
838) Faks.-Repr. nach: Redtenbacher, R. Beiträge zur Kenntnis der Architektur des Mittelalters in Deutschland. 2. Heft. Karlsruhe 1872. ^ |
839) Siehe: Teil II, Band 1 (Art. 8, S. 24 [2. Aufl.: Art. 29, S. 38]) dieses »Handbuches«. ^ |
840) Vergl.: Bohn, R. Die Propyläen der Akropolis zu Athen. Berlin u. Stuttgart 1882. S. 20. ^ |
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Grafik: Fig. 796841) |
Mauerwerk, das daher diesem Schube genügenden
Widerstand bieten muß, übertragen. Nötigenfalls
kann über der Spannschicht noch ein Werkstück
mit Hohlfuge verlegt werden (Fig. 797).
Diese Konstruktion ist nur bei geringen Spannweiten
zweckmäßig.
In vielen Fällen störender für die architektonische Ausbildung, als die bisher besprochenen Anordnungen, aber vollkommener, sind die Entlastungsbogen. Sie können je nach Bedarf bei den Rohbauten aus Hausteinen oder Backsteinen, beim Putzbau auch aus Bruchsteinen hergestellt werden. Sie bedürfen selbstredend eines genügenden Widerlagers. Verwendbar sind die verschiedensten Bogenformen; doch ist zu beachten, daß bei großer Pfeilhöhe sich durch die notwendige Ausfüllung des Bogenfeldes wieder eine Belastung des Steinbalkens ergibt. Allerdings kann die Ausfüllung mit dünnen Platten oder Wänden, bei großer Mauerdicke mit eingeschlossenem Hohlraum, bewirkt werden.
Fig. 796841) und Fig. 798 bis 802 zeigen einige Anordnungen des Entlastens durch Voll- oder Stichbogen aus Hausteinen, bezw. Backsteinen. Die durch Fig. 802 mitgeteilte Entlastung durch einen flachen, 1/2 Stein starken Backsteinbogen, dessen Widerlager an den Steinbalken angearbeitet sind, hat geringen Wert, da ohne die Verschwächung zur Gewinnung der Widerlager der Steinbalken nahezu ebenso tragfähig sein würde.
Grafik: Fig. 797, Fig. 798, Fig. 799, Fig. 800 |
841) Faks.-Repr. nach: Viollet-le-Duc, a. a. O., Bd. 7. Paris 1864. S. 443. ^ |
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Grafik: Fig. 801, Fig. 802 |
Bei den Spannweiten gewöhnlicher Thüren und Fenster genügen in der Regel
1 Stein starke Entlastungsbogen; bei größeren Spannweiten muß man sie 11/2 Stein
und stärker machen. Bei großen Spannweiten und starken Belastungen kann sogar
eine Verdoppelung der Entlastungsbogen nötig werden.
Der Raum zwischen Entlastungsbogen und Ueberdeckungsbalken ist ebenso wie derjenige der Entlastungsfugen und Spannschichten möglichst lange offen zu halten und erst während des Ausbaues leicht anzumauern, bezw. zu verputzen, damit durch die Ausfüllung beim Setzen des Gebäudes kein Druck auf die Steinbalken übertragen wird.
Die Entlastung der Steinbalken durch übergelegte Träger, sowie das Aufhängen der ersteren an letztere und die Unterstützung durch Eisenträger wird im nächstfolgenden Hefte (unter D: Gesimse) dieses »Handbuches« besprochen werden.
Künstlicher Stein. (402.)
Zur Ueberdeckung von Oeffnungen wird an Stelle von Haustein auch Beton, insbesondere bei Betonbauten, verwendet, worüber in Art. 134 (S. 116) schon das Nötige mitgeteilt worden ist.
Für diesen Zweck läßt sich die Tragfähigkeit des Cementbetons durch Eiseneinlagen wesentlich verbessern. Diese Einlagen sind vorzugsweise in den unteren, auf Zug beanspruchten Hälften der Balken anzubringen und aus Drähten, Rundeisen, Flacheisen oder Quadrateisen herzustellen.
Grafik: Fig. 803842), Fig. 804842), Fig. 805843) |
842) Nach: Wayss, G. A. Das System Monier. Berlin 1887. S. 101. ^ |
843) Faks.-Repr. nach: American architect, Bd. 24, S. 161. ^ |
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Bei den nach dem System Monier hergestellten Steinbalken werden durch Draht verbundene Rundeiseneinlagen
benutzt, welche nach der in Fig. 803 u. 804842) dargestellten Weise im Querschnitt verteilt
sind. Die Abmessungen der für gewöhnliche Thür- und Fensterspannweiten bestimmten Balken sind mit
Rücksicht auf den bequemen Anschluß an das benachbarte Backsteinmauerwerk gewählt und in den abgebildeten
Querschnitten zu 1 Stein und 21/2 Stein Breite, bezw. 3 Schichten und 5 Schichten Höhe angenommen.
Durch Versuche fand Hyatt (1877) als vorteilhafteste Anordnung das Einlegen von Flacheisen,
durch welche in der Querrichtung Rundeisen gesteckt sind, und zwar bezüglich der Tragfähigkeit und
Kosten.
Noch vorteilhafter soll aber das von Ransome vorgeschlagene und seit 1885 vielfach in Nordamerika angewendete Einbetten von gewundenen Quadrateisenstäben sein, wie dies in Fig. 805843) für eine Schaufensterüberdeckung dargestellt ist. Die Balken haben 4,57m freie Spannweite und tragen 3 Stockwerke hohe Backsteinmauern mit aufgelagerten Balkenlagen. Sie sind 0,56m breit und 0,86m hoch und enthalten im unteren Teile des Querschnittes 10, im oberen 3 gewundene Eisenstäbe von 25mm Stärke.
Grafik: Fig. 806 |
Künstliche Steinbalken sind auch schon aus in Cement gemauerten Lochsteinen mit durchgesteckten, 1cm starken Quadrateisenstäben (sogen. Nageleisen) hergestellt worden (Fig. 806). So soll dies mit Vorteil beim Bau der Sonnenwarte bei Potsdam geschehen sein844). Die Eisenstäbe sind am Ende des Balkens aufzubiegen.
Ueberwölbung. (2)
Form. (403.)
In Art. 397 (S. 443) wurden schon die gebräuchlichen Formen der Ueberwölbung mit Bogen vorgeführt. Es wird hier darauf verzichtet, die vielerlei anderen vorkommenden Bogenformen zu besprechen; nur eine derselben ist hier noch zu erwähnen, der scheitrechte Bogen. Trotzdem derselbe durch gerade Linien begrenzt wird (Fig. 807), gehört er doch zu den Bogen, weil er deren charakteristische Eigenschaft, aus keilförmig gestalteten Steinen zusammengesetzt zu werden 845), besitzt.
Das Verzeichnen der Bogenlinien wird in Teil III, Band 2, Heft 3 (Abt. III, Abschn. 2, unter B: Gewölbte Decken) dieses »Handbuches« behandelt werden.
Benennungen. (404.)
Bei den Bogen sind für die einzelnen Teile und Abmessungen die folgenden Benennungen üblich.
Grafik: Fig. 807, Fig. 808 |
Die Mauerstücke W, W (Fig. 808), auf welchen der Bogen ruht und zwischen
welchen sich derselbe stützt, heißen Widerlagsmauern oder Widerlager. Die
Ansichtsfläche A S A des Bogens nennt man Stirn oder Haupt. Die innere oder
842) Nach: Wayss, G. A. Das System Monier. Berlin 1887. S. 101. ^ |
843) Faks.-Repr. nach: American architect, Bd. 24, S. 161. ^ |
844) Vergl.: Deutsche Bauz. 1889, S. 326. ^ |
845) Vergl. hierüber den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, Art. 66, S. 58 (2. Aufl.: S. 59). ^ |
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untere Fläche L des Bogens heißt Laibung, die äußere oder obere, von der in
Fig. 808 nur das kleine Stück R sichtbar ist, Rücken.
Eine zur Laibung winkelrechte, dabei lotrechte Ebene schneidet dieselbe in der Bogenlinie a s e. Die Verbindungslinie m m' der Mittelpunkte dieser Bogenlinien heißt Achse des Bogens. Den höchsten Punkt s des Bogens nennt man Scheitelpunkt, die untersten Punkte a, e Kämpferpunkte, die Verbindungslinien s s' der Scheitelpunkte, sowie a c und e g der Kämpferpunkte Scheitellinie, bezw. Kämpferlinien. Zwei in einer zur Achse winkelrechten Ebene liegende Punkte der Kämpferlinien heißen zusammengehörige Kämpferpunkte. Die Entfernung a ε der wagrechten Projektion der letzteren ist die Spannweite des Bogens, die größte rechtwinkelige Entfernung zwischen der Verbindungslinie zweier zusammengehöriger Kämpferpunkte und der Bogenlinie (m s in Fig. 808) die Pfeil- oder Stichhöhe, der Pfeil oder Stich des Bogens. Die zu beiden Seiten der Scheitellinie liegenden Teile des Bogens heißen Bogenschenkel. Die Ebene, mit welcher ein Bogenschenkel auf dem Widerlager ruht (a b c d oder e f g h), nennt man Sohle.
Der Bogen wird aus einzelnen keilförmig gestalteten Wölbsteinen zusammengesetzt; die untersten derselben (A, A) werden Anfänger, die obersten (S) Schlußsteine genannt. Die in der Bogenstirn sichtbaren Fugen zwischen den Wölbsteinen heißen Wölbfugen. Sie sollen theoretisch winkelrecht zur Stützlinie stehen; der leichteren Ausführung wegen werden sie aber meist winkelrecht zur Bogenlinie angeordnet und laufen daher, wenn diese dem Kreis angehört, nach dessen Mittelpunkt m. An der Laibung und dem Rücken erscheinen die Wölbfugen als zur Achse parallele Linien. Sie begrenzen die Lagerflächen der Wölbsteine, durch welche der Druck im Bogen vom Schlußstein nach den Widerlagern fortgepflanzt wird. Alle übrigen am Bogen sichtbar werdenden Fugen sind Stoßfugen. Die Länge der Wölbfugen bestimmt die Dicke des Bogens.
Die Konstruktionen für die richtige Stellung der Wölbfugen bei elliptischen Bogen und Spitzbogen werden in Teil III, Band 2, Heft 3 (Abt. III, Abschn. 2, B: Gewölbte Decken) dieses »Handbuches« besprochen werden.
Mauerbogen und Gurtbogen. (405.)
Die zur Ueberdeckung von Oeffnungen dienenden, daher in einer Mauer liegenden Bogen nennt man auch Mauerbogen; die zwar auch in Mauern befindlichen, aber zur Ueberdeckung von Nischen benutzten heißen Blendbogen, wenn sie nicht durch die ganze Mauerstärke hindurchgehen. Dagegen werden die frei über einen Raum sich spannenden Bogen, die entweder zum Tragen von Gewölbekappen oder wohl auch von Wänden benutzt werden, Gurtbogen genannt. Hier haben wir es nur mit den Mauerbogen zu thun.
Die Mauerbogen müssen immer auf Lehrgerüsten ausgeführt werden, welche, wie die Gurtbogen, in dem eben angezogenen Hefte dieses »Handbuches« zur Besprechung gelangen werden.
Werkstoff. (406.)
Die Bogen werden aus Haustein, Backstein, Bruchstein oder Beton hergestellt.
Bei den Bogen aus Haustein werden die Wölbsteine immer nach den Regeln des Steinschnittes keilförmig bearbeitet. Wird Mörtel dabei zum Wölben verwendet, so geschieht dies gewöhnlich weniger, um die Wölbsteine miteinander zu verkitten, als um eine die Druckverteilung bei nicht ganz ebenen Lagerflächen bewirkende Zwischenlage zu haben, die zugleich auch die Reibung an den Gleitflächen vermehrt. An Stelle des Mörtels werden der Druckverteilung halber daher mitunter auch nur Schichten aus Weißkalk oder Bleiplatten verwendet. Bei den Bogen aus
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großen Werkstücken würde es mit Mörtel gewöhnlicher Beschaffenheit sehr schwer
sein, durch denselben wirklich eine Verkittung herbeizuführen, auch wenn man ihn
nach dem Versetzen der Steine von oben in die meist eng angenommenen Fugen
eingießt und die vollständige Ausfüllung durch Nachstochern mit schmalen eisernen
Schienen herbeizuführen sucht.
Nach Rheinhard846) scheint die Mörtelverbindung, auch bei Quadergewölben, jedoch sehr gut zu gelingen, wenn man dem Mörtel so wenig Wasser zusetzt, daß derselbe sich mit der Hand gerade noch ballen läßt und dabei kein Wasser ausschwitzt, und diesen in die sehr weiten (15 bis 30mm) Fugen der sehr rauh gehaltenen Lagerflächen von oben einstampft.
Je nach der zu erwartenden Beanspruchung wurde bei den von Rheinhard ausgeführten Gewölbebauten der Mörtel aus 1 Teil Portlandcement und 2 bis 3 Teilen grobem Quarzsand oder, wenn der Druck 20kg auf 1qcm nicht überschritt, aus 1 Teil Cement, 1 Teil Schwarzkalk und 6 Teilen Sand, zuweilen auch mit Fettkalkzusatz bereitet. Die Steine wurden auf der Schalung in ihrer richtigen Lage aufgestellt, gegeneinander fest verspannt und dann sehr stark angenetzt. Unmittelbar darauf erfolgte das Einbringen des Mörtels, wo derselbe in 10 bis 15cm hohen Schichten, gewöhnlich mit besonders zugerichteten eisernen Stämpfeln fest gestampft, bezw. durch die ganze Kraft des Arbeiters in Verbindung mit seinem Körpergewicht eingedrückt wurde. Das fertige Mauerwerk ist anzunetzen und gegen rasches Austrocknen zu schützen.
Grafik: Fig. 809 |
Auch Quaderbogen, die im Aeußeren keine breiten Fugen aufweisen sollen, lassen sich in dieser Weise leicht ausführen, wenn man die im Inneren weit und sehr rauh gehaltenen Fugen nach außen etwa durch Einlegen eines steifen Strickes oder dergl. abschließt (Fig. 809) und dadurch beim Stampfen das Austreten des Mörtels in den offen zu lassenden engen Teil der Fuge verhindert.
Man soll auf diese Weise Gewölbe von einer in allen Querschnitten gleichmäßigen Beschaffenheit erhalten können, welche bei der Wahl genügend fester Steine unter guter Bauaufsicht 4 Wochen nach der Aufmauerung bei 7- bis 8-facher Sicherheit mit 60kg Druck auf 1qcm beansprucht werden dürfen.
Auf Bogen mit gegliederten Stirnflächen, welche sehr enge Fugen haben müssen, dürfte dieses Verfahren sich nicht anwenden lassen.
Bei den Bogen aus Bruchsteinen spielt die Verbindung durch den Mörtel, auch bei der gewöhnlichen Weise des Mauerns, eine größere Rolle als bei den Quadern, da er sich wegen der besseren Handlichkeit der Stücke sicherer verwenden läßt. Es läßt sich selbst mit unregelmäßigen Bruchsteinen unter guter Aufsicht, mit sorgfältig bereitetem steifem Cementmörtel und Einhalten guten Verbandes, ein billiges Bogenmauerwerk von sehr gleichmäßiger Druckfestigkeit herstellen847).
Schichtsteine und mit Hammer und Zweispitz rechtwinkelig zugerichtete Bruchsteine lassen sich auch nach dem Rheinhard'schen Verfahren für Bogenmauerwerk sehr gut verwerten. Die auch für das Mauerwerk aus Schichtsteinen dabei notwendige Rauhigkeit der Fugenflächen und die deshalb wegfallenden Kosten für sauberes Bearbeiten sichern demselben eine größere Billigkeit gegenüber der gewöhnlichen Ausführungsweise.
Wie beim Wölben mit Quadern, so werden auch bei dem mit Bruchsteinen nach dem Rheinhard- schen Verfahren die Steine auf dem Lehrgerüst im Fugenabstande von 15 bis 30mm verteilt und miteinander verspannt, wobei sie durch Holzklötzchen oben und unten auseinander gehalten werden. Nachdem die eingetretene Einsenkung der Lehrgerüste durch Antreiben der untergelegten Holzkeile wieder beseitigt ist und die Steine ausgiebig angenäßt worden sind, erfolgt das Einbringen des Mörtels in der oben angegebenen Weise.
846) In: Deutsche Bauz. 1889, S. 142. — Siehe auch: Centralbl. d. Bauverw. 1887, S. 325, 339. ^ |
847) Vergl. die Mitteilungen Liebold's über Brückenbauten in Cement-Bruchsteinmauerwerk in: Haarmann's Zeitschr. f. Bauhdw. 1882, S. 9 u. ff. ^ |
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Die Backsteine werden für das Wölben von Bogen in zwei Formen angewendet,
entweder als keilförmig gebrannte Formsteine oder in der gewöhnlichen parallelepipedischen
Gestalt, die man zum Wölben entweder durch Zuhauen oder durch
keilförmig gebildete Mörtelfugen geeignet macht. Ueber das durch verschiedene
Umstände bedingte Verhältnis zwischen Dicke und Halbmesser des Bogens bei keilförmig
gestalteten Backsteinen oder Mörtelfugen ist das im vorhergehenden Bande
(Art. 68, S. 59 [2. Aufl.: S. 60]) dieses »Handbuches« Gesagte nachzusehen.
Keilförmig gebrannte Steine werden im Hochbau bei dem gewöhnlich geringen Bedarf, dem vielfachen Wechsel von Spannweiten und Pfeilhöhen und der daraus sich ergebenden großen Zahl verschiedener Formsteine nur selten angewendet, mit Ausnahme von Backsteinrohbauten, an denen Bogen aus profilierten oder sonst verzierten Steinen herzustellen sind.
Wo es irgend geht, bedient man sich der gewöhnlichen Backsteine und bei Stichbogen der keilförmig gestalteten Mörtelfugen.
Bemerkenswert ist die in England übliche Technik der geriebenen und geschnittenen Steine, die darin besteht, daß die Backsteine in derselben Weise mit Werkzeugen bearbeitet werden, wie Hausteine, d. h. sie zu teilen, ihre Oberflächen oder die Teilflächen zu ebnen, zu glätten, ihnen Ornamente aufzumeißeln u. s. w. Für alle gewölbten Stürze und Mauerbogen wird diese Bearbeitung vor dem Versetzen vorgenommen. Dazu gehören besonders hergestellte Steine von sehr feinem Korn und von solcher Weichheit, daß sie mit dem Messer leicht geschnitten werden können848).
Von größter Wichtigkeit ist für die Backsteinbogen, wie für anderes Backsteinmauerwerk die gute Verbindung durch den Mörtel, für welche daher ebenfalls die in Kap. 2 gegebenen Regeln voll zu beachten sind.
Kleine Backsteinbogen von 1/2 Stein Stärke lassen sich auch nach dem Rheinhardtschen Verfahren wölben.
Es genügt ein Ausfugen der auf die Schalung gestellten Steine mit einer hierzu besonders angefertigten schweren Kelle. Auch hierbei sind die Steine vor dem Einbringen des Mörtels durch kurze Schienen, welche die richtige Fugendicke (etwa 7mm) haben, zu verspannen. Formsteine von 250 bis 350kg Druckfestigkeit gestatten eine Beanspruchung des Bogens von 35 bis 40kg auf 1qcm 849).
Erwähnung mag hier noch finden, daß der Verzierung halber in Backsteinbogen oft einzelne Durchbinder aus Haustein angeordnet werden. Dies kann jedoch häufig auch für den Verband ganz zweckmäßig sein.
Bezüglich des Betons kann auf das in Kap. 5 Mitgeteilte verwiesen werden. Doch ist hier anzuführen, daß das Aufbringen und Rammen auf die deshalb steif und fest herzustellenden Lehrgerüste, wie beim Mauerbau, in wagrechten Schichten erfolgt.
Bogenverband. (407.)
Wie bei jedem Mauerwerk, so muß auch bei jedem Bogen, welcher im Querschnitte aus mehr als einem Steine hergestellt wird, ein guter Verband beobachtet werden. In jedem solchen Bogen müssen daher regelmäßig wenigstens zwei verschieden zusammengesetzte Schichten miteinander abwechseln, um das Aufeinanderfallen von Stoßfugen zu vermeiden. Die bezüglichen Verbandanordnungen für Backsteine sind im vorhergehenden Band (Art. 67, S. 58) dieses »Handbuches« schon besprochen worden. Bei Haustein- und Bruchsteinbogen hat man nach demselben Grundsatze zu verfahren.
Dieser Grundsatz ist aber für Backsteinbogen dann nicht mehr durchführbar, wenn dieselben im Verhältnis zum Halbmesser so stark zu machen sind, daß die
848) Siehe: Muthesius, H. Die neuzeitliche Ziegelbauweise in England. Centralbl. d. Bauverw. 1898, S. 582 u. ff. ^ |
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Grafik: Fig. 810, Fig. 811 |
Steine oder die Fugen in unzulässiger Weise keilförmig gemacht
werden müßten, die Bogenhalbmesser also unter das
a. a. O. (Art. 68, S. 59) angegebene geringste Maß für die
angenommene Bogenstärke herabgehen. Man ist in diesem
Falle genötigt, die Bogen entweder aus mehreren übereinander
in Verband gewölbten Ringen (Fig. 810) oder aus einer Anzahl
von 1/2 Stein starken Schalen (auch Rouladen genannt)
zusammenzusetzen (Fig. 811). Dies kommt namentlich bei
Halbkreisbogen und Stichbogen von verhältnismäßig großer
Pfeilhöhe vor. Man spricht dann von der Ausführung in englischem
Verbande oder von Schalen- oder Rouladenbogen.
Obgleich diese Wölbweise schon von den Römern850) vielfach angewendet worden ist, wie die erhaltenen Bauwerke derselben beweisen, so ist sie doch nicht ohne Bedenken; bei starken Belastungen kann sie sogar gefährlich werden. Man ist bei derselben über die Verteilung des Druckes im Bogen ganz im unklaren. Die Anzahl der Wölbschichten nimmt in jedem nach oben hinzugefügten Ringe zu und damit auch das Maß des Setzens. Die äußeren Ringe ruhen auf den inneren und können sich daher nicht ungehindert setzen; sie haben deshalb eine geringere Spannung als die inneren. Daher kann der Fall eintreten, daß nur der innerste Ring durch die vorhandene Belastung beansprucht wird. Diesem Mangel sucht man auf verschiedene Weise abzuhelfen. Zweckmäßig ist es jedenfalls, einen nicht schwindenden, sehr steifen Mörtel zu verwenden; das Setzen kann dann nur durch das Zusammenpressen des Mörtels erfolgen. Für solche Bogen dürfte sich daher ebenfalls die Anwendung des Rheinhard'schen Wölbverfahrens, so weit als dies möglich ist, empfehlen.
Grafik: Fig. 812, Fig. 813 |
Ein anderes Mittel besteht darin, die Anzahl der Wölbschichten in allen Ringen gleich zu machen, diesen also verschieden hoch beginnende Widerlager zu geben (Fig. 812).
Wo es angeht, sucht man ferner die einzelnen Ringe durch eingreifende Binder zu verbinden. Dies erfordert jedoch eine gleichzeitige Ausführung aller Ringe. Am zweckmäßigsten ist es aber jedenfalls, den Bogen mit Durchbindern aus Haustein in einzelne Abschnitte zu zerlegen (Fig. 813). Unter allen Umständen ist die Anwendung eines im ganzen Bogen gleichmäßig erhärtenden Mörtels notwendig851).
Das Wölben in Ringen wird mitunter auch bei Ausführung in Schichtsteinen gewählt, unterliegt dabei aber selbstredend
850) Von den Römern wurde diese Wölbweise wahrscheinlich wegen der bequemen und leichten Ausführung und des geringeren Aufwandes für die Lehrgerüste gewählt. ^ |
851) Ueber eine Ausführung von Brückengewölben mit verzahnten Ringen siehe: Centralbl. d. Bauverw. 1890, S. 263. ^ |
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denselben Bedenken und Vorsichtsmaßregeln, wie bei Backsteinen. Bei Anwendung
von Quadern ist es häufig zu umgehen, muß jedoch bei den abgetreppten tiefen
Laibungen von Bauten in mittelalterlichem Stil oft angewendet werden.
Bildung des Widerlagers. (408.)
Die Widerlagsfläche fällt mit der untersten Wölbfuge zusammen. Bei Bogen, welche stetig, bezw. tangential in die lotrechte Innenbegrenzung des Widerlagers übergehen, so beim Halbkreis- und Korbbogen, wird daher die Widerlagsfläche eine wagrechte Ebene sein müssen; bei allen Bogen aber, die unter einem Winkel an diese Widerlagerbegrenzung anschließen, wie beim Stichbogen, dagegen eine geneigte Ebene.
Grafik: Fig. 814, Fig. 815, Fig. 816 |
Da im Hochbau die Mauern fast immer in wagrechten Schichten aufgeführt werden, so ergibt sich im letzterwähnten Falle die Notwendigkeit, zur Bildung der geneigten Widerlagsfläche die anstoßenden Steine der Mauer schräg zuzuhauen (Fig. 814). Will man dies vermeiden, so muß man zur Bildung des Widerlagers in Backsteinmauern besonders bearbeitete Werkstücke verwenden (Fig. 815 u. 816), die ganz ähnlich auch für Mauern aus Schichtsteinen oder Quadern gestaltet werden können. Um bei diesen Widerlagssteinen spitzwinkelige Kanten zu umgehen, hat man das untere Lager derselben tiefer als die Kämpferlinie zu legen.
Grafik: Fig. 817, Fig. 818 |
Um die Spannweite abzukürzen, wendet man mitunter ausgekragte Widerlagssteine an, die profiliert sein (Fig. 817) oder an die Bogenlinie sich anschließen können (Fig. 818). Die Größe der Ausladung ist innerhalb der Grenzen zu halten, welche die Druckfestigkeit des betreffenden Werksteinmaterials gestattet. Uebrigens kann die Auskragung auch mit Backsteinen hergestellt werden (Fig. 819).
Grafik: Fig. 819, Fig. 820 |
Die Auskragung ist auch noch in anderen Fällen vorteilhaft. So namentlich, wenn die über dem Widerlager folgende Mauermasse eine möglichst große wagrechte Aufstandsfläche haben soll, was besonders bei nahe aufeinander folgenden Bogen wünschenswert ist (Fig. 820), um das Auslaufen des darüber stehenden Pfeilers in einen nach unten gerichteten spitzen Keil zu vermeiden, der bei starker Belastung geeignet wäre, die beiden benachbarten Bogenschenkel auseinander zu drängen. Von Vorteil ist das Auskragen auch in denjenigen Fällen, in denen das Wölben der Bogen erst nach Vollendung der über den Widerlagern folgenden Mauerkörper ausgeführt werden soll.
Um das tiefe Eingreifen starker Bogen in die Mauern zu verringern, kann man
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Grafik: Fig. 821, Fig. 822 |
das Widerlager in Absätzen herstellen (Fig.
821); ebenso kann man aber auch bei Auskragungen
verfahren (Fig. 822).
Stärke der Bogen und Widerlager. (409.)
Zur Bestimmung der Stärke von weitgespannten und stark belasteten Bogen und von deren Widerlagern bedarf es der Anwendung der Statik der Gewölbe. Es wird in dieser Beziehung hier auf Teil I, Band 1, zweite Hälfte (S. 438 u. ff.852), sowie auf Teil III, Band 2, Heft 3 (Abt. III, Abschn. 2, B: Gewölbte Decken) dieses »Handbuches« verwiesen. Für kleinere Bogen und gewöhnliche Belastungen, wie sie in den Umfassungs- und Mittelmauern von 3- bis 4-geschossigen Gebäuden vorkommen, begnügt man sich in der Regel mit durch die Erfahrung festgestellten Abmessungen.
Für die Scheitelstärke von Backsteinbogen finden sich oft die folgenden Angaben 853): [Tabelle]
Bogen von größerer Spannweite gibt man je nach der Belastung 1/15 bis 1/12 der Spannweite zur Scheitelstärke, wozu jedoch zu bemerken ist, daß man mit mittelguten Backsteinen nicht gern Spannweiten von 11,5m überschreitet und daß Bogen von mehr als 5m Spannweite im gewöhnlichen Hochbau überhaupt selten angewendet werden.
Für andere Steinmaterialien kann man die in Art. 298 (S. 352) angegebenen Verhältniszahlen zur Umrechnung der für Backstein gefundenen Maße benutzen.
Die Stärke von scheitrechten Bogen bestimmt man häufig in der Weise, daß man einen Stichbogen mit einem Oeffnungswinkel von 60 Grad zu Grunde legt und dem gefundenen Maße die Pfeilhöhe dieses Stichbogens hinzufügt. Ueber 2m Spannweite geht man bei scheitrechten Bogen nicht gern hinaus.
Damit die Stützlinie eines nicht überhöhten Bogens im mittleren Drittel desselben bleibe854), machen sich nach der Wölbtheorie Verstärkungen nach den Widerlagern hin notwendig. Bei den verhältnismäßig großen Scheitelstärken und geringen Spannweiten, welche die Bogen im Hochbau zumeist erhalten, sind jedoch solche Verstärkungen gewöhnlich entbehrlich. Uebrigens ergeben sie sich bei Rohbauten, wegen des sichtbar bleibenden Anschlusses an das benachbarte Mauerwerk, häufig von selbst.
852) 2. Aufl.: S. 246. ^ |
853) Nach: Scholz, A. Die Fachschule des Maurers. Leipzig 1887. S. 90. — Vergl. auch: Baukunde des Archiekten. Bd. I, Teil 1. Berlin 1890. S. 222. — Gottgetreu, R. Lehrbuch der Hochbau-Konstruktionen. Teil I, Berlin 1880. S. 96. — Breymann, G. A. Allgemeine Bau-Constructions-Lehre u. s. w. Teil I. 6. Aufl. Leipzig 1896. S. 178. ^ |
854) Siehe: Teil I, Band 1, zweite Hälfte dieses »Handbuches«, Art. 272 (2. Aufl.: S. 256; 3. Aufl.: S. 282). ^ |
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Bei Haustein und Bruchstein sind diese Verstärkungen leicht auszuführen; in
Backsteinen können sie nur absatzweise hergestellt werden.
Als Widerlagerstärke genügt nach der Erfahrung855): ____für überhöhte und Spitzbogen . . . . 1/5 bis 1/6 der Spannweite, ____für Halbkreisbogen . . . . . . . . 1/4 » 1/5 »____» ____für gedrückte Bogen mit 1/4 Pfeilhöhe . . 1/3 » 1/4 »____» ____für Stichbogen bis 1/12 Pfeilhöhe . . . 1/2______»____» ____für scheitrechte Bogen . . . . . . . 2/3______»____»
Diese Maße können bei stark belasteten Widerlagern etwas verringert werden; dagegen verstärkt man sie, wenn die Widerlagspfeiler sehr hoch sind.
Bogen aus Hausteinen. (410.)
Im Hochbau haben die Bogen aus Haustein fast nie Stoßfugen; sondern jede Schicht wird gewöhnlich aus einem einzigen Stein gebildet, der genau und nach den Regeln des Steinschnittes geformt und bearbeitet sein muß, auf deren Besprechung hier aber nicht einzugehen ist.
Die sichtbar bleibenden, mit einer Gliederung versehenen Hausteinbogen werden oft mit einem zur Laibung konzentrischen Rücken versehen. Dies ergibt einen nach dem Scheitel zu immer spitzwinkeliger werdenden Anschluß der benachbarten wagrechten Mauerwerksschichten. Bei ungegliederten Bogen gibt man daher zur Vermeidung dieses Uebelstandes gern die konzentrische Bogenlinie des Rückens auf.
Grafik: Fig. 823, Fig. 824 |
Am gebräuchlichsten ist dann wohl die Anwendung von im Haupt fünfeckig gestalteten Wölbsteinen, welche am Bogenrücken einen rechten Winkel aufweisen, der den Anschluß zu den Mauerwerksschichten bequem vermittelt. So einfach dieses Mittel scheint, so ist es doch nicht durchführbar, wenn, wie dies im allgemeinen erwünscht ist, die Schichten gleich hoch, die Wölbsteine gleich dick und die Wölbfugen gleich lang bleiben sollen. Häufig begnügt man sich bei Halbkreisbogen mit der gleich bleibenden Dicke der Wölbsteine und läßt die Mauerschichten nach oben etwas an Höhe ab-, die Wölbfugen nach dem Schlußstein hin etwas zunehmen (Fig. 823). Gleich dicke Wölbsteine bei gleich hohen Mauerschichten und zunehmender Länge der Wölbsugen kann man erzielen, wenn man die dem Schlußstein benachbarten Wölbsteine bis an dieselbe Lagerfuge wie jenen gehen läßt (Fig. 824). Für das Aussehen ist es vorteilhaft, die Schnittpunkte der wagrechten Lagerfugen mit den Wölbfugen in eine Bogenlinie zu legen. Ein ebenfalls oft angewendetes, in konstruktiver Hinsicht unzweckmäßiges Mittel ist die Anwendung
855) Nach: Scholz, a. a. O. ^ |
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von Hakensteinen (Fig. 825). Diese Steine müssen sehr genau bearbeitet und von
festem Material sein; trotzdem brechen sie bei stärkeren Belastungen an den Schnittstellen
von Lager- und Wölbfugen leicht, da in diesen Flächen verschieden große
Pressungen stattfinden. Deshalb ist auch der ihnen zugeschriebene Vorzug geringen
wagrechten Schubes nicht mit Sicherheit zu erreichen.
Grafik: Fig. 825, Fig. 826 Vom Kolosseum in Rom., Fig. 827, Fig. 828, Fig. 829, Fig. 830 |
Bei gegliederten Bogen kann man den Vorteil guten Anschlusses an das
Mauerwerk erreichen, indem man entweder nach dem Vorgang der Römer die
Gliederung an die Wölbsteine ohne Rücksicht auf die Form der letzteren anarbeitet
(Fig. 826), oder indem man besondere Anschlußsteine über der Gliederung anwendet
(Fig. 827). Beide Auskunftsmittel lassen bezüglich des Aussehens zu wünschen übrig.
Besser wird dasselbe im ersten Falle, wenn man dieses Mittel nur für die dem Schlußstein
nächstliegenden Steine anwendet (Fig. 828).
Günstiger gestalten sich die Verhältnisse für die gegliederten Bogen, wenn sie von einer rechteckigen Umrahmung umgeben werden können. Man macht die Werk-
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Grafik: Fig. 831, Fig. 832, Fig. 833, Fig. 834, Fig. 835, Fig. 836, Fig. 837, Fig. 838 |
stücke dann meist sehr groß und läßt die Zwickel zum Teile mit den Wölbsteinen aus einem Stück bestehen (Fig. 829), oder die Zwickel werden als große Werkstücke an den Bogen angeschoben (Fig. 830). Bei nicht zu großen Abmessungen stellt man den Bogenschenkel mit dem Zwickel wohl ganz aus einem einzigen Stücke her (Fig. 831). Diese Konstruktion unterscheidet sich nur dadurch noch von der Ueberdeckung durch Auskragung, daß ein Schlußstein vorhanden ist. Diesen ganz wegzulassen und nur zwei ausgekragte, nach der Bogenlinie ausgearbeitete Stücke aneinander zu schieben (Fig. 832), ist nicht empfehlenswert.
Auch bei Hausteinbogen in geputzten Wandflächen ist Rücksicht auf einen guten Anschluß des Mauerwerks zu nehmen. Dabei werden aber die über den ringförmigen, sichtbar bleibenden Teil des Bogens hinausfallenden Stücke der Wölbsteine um die Putzstärke abgearbeitet, um sie mit überputzen zu können (Fig. 833). Das Einhalten gleicher Schichtenhöhe ist dann nicht sehr wichtig; auch brauchen diese Stücke nicht besonders sauber gearbeitet zu werden, sondern müssen rauh sein,
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damit der Putz auf ihnen haftet. Zum Schaden der guten Konstruktion wird aber
leider auf diese Bogenteile gewöhnlich zu wenig Sorgfalt verwendet.
Bei Stichbogen wendet man, des Anschlusses an das Mauerwerk wegen, entweder ebenfalls fünfeckig gestaltete Häupter der Wölbsteine an (Fig. 834), oder man vereinigt dieselben zu Gruppen, welche oben wagrecht abschließen (Fig. 835), oder man führt sämtliche Wölbsteine bis an eine wagrechte Lagerfuge (Fig. 836). Behält man die konzentrische Rückenlinie bei, so muß die dem Scheitel nächstliegende Lagerfuge ein Stück von diesem entfernt sein (Fig. 837).
Grafik: Fig. 843 |
Grafik: Fig. 839, Fig. 840, Fig. 841, Fig. 842 |
Das Bedürfnis nach wagrechter Ueberdeckung ohne Benutzung von Steinbalken führt zur Anwendung des scheitrechten Bogens, der auch in Haustein unter Ausschluß von künstlichen Hilfskonstruktionen nur über geringen Spannweiten ausführbar ist. Einige Hilfsmittel, um größere Spannweiten zu ermöglichen, sind schon im vorhergehenden Bande (in Art. 101, S. 81 u. Art. 107, S. 87 [2. Aufl.: S. 82, bezw. 89]) besprochen worden; andere werden noch im nächstfolgenden Hefte dieses »Handbuches« (unter D: Gesimse) behandelt werden. Fig. 838 u. 839 zeigen durch die Form herbeigeführte Verstärkungen des scheitrechten Bogens, und Fig. 840 gibt die Entlastung eines solchen durch einen Stichbogen.
Zur Vermeidung zu spitzwinkeliger Kanten an den Wölbsteinen setzt man immer die Kämpferfuge etwas unter den Bogen und bricht häufig die Wölbfugen an Rücken und Laibung (Fig. 842). Auch Hakensteine kommen bisweilen in Anwendung (Fig. 841). Sie haben hier aber ebenfalls die schon früher besprochenen Nachteile.
Eine Abkürzung der Spannweite kann man durch Auskragung der Widerlager erzielen (Fig. 843).
Bogen aus Backsteinen. (411.)
Bei den Backsteinbogen läßt sich der spitzwinkelige Anschluß der Mauerschichten an den Bogenrücken nicht vermeiden. Flachen Stichbogen gibt man oft
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Grafik: Fig. 844, Fig. 845 |
eine wagrechte Rückenlinie; auch verwendet man häufig besondere Widerlagsstücke aus Haustein. Der scheitrechte Bogen wird gewöhnlich mit etwas Stich versehen, wenn er geputzt werden soll. Sein Widerlager rückt man gern um eine Steinstärke in die Mauer und nimmt den Halbmesser nicht größer, als daß der Anfänger mit einer Diagonale lotrecht zu stehen kommt (Fig. 844).
Verstärkungen können, wie bei Haustein, durch bogenförmige Bildung des Rückens ausgeführt werden (Fig. 845).
Bogen aus Bruchsteinen. (412.)
Für die Herstellung von Bogen aus Bruchsteinen eignen sich namentlich die von Natur lagerhaften und plattenförmig brechenden. Werden sie zu Schichtsteinen verarbeitet, so sind sie ähnlich wie die Quaderbogen zu behandeln. Richtet man sie nur mit dem Hammer zu, so ist ein Verband und eine gleichmäßige Mörtelverteilung wie in Backsteinmauerwerk anzustreben. Lücken in den Fugen sind mit Zwickern auszufüllen; auch müssen möglichst viele durch die Bogenstärke durchbindende große Steine verwendet werden.
Stichbogen aus Bruchstein versieht man ebenfalls häufig mit wagrechtem Rücken.
Verankerung. (413.)
Bei schwachen Widerlagern machen sich Verankerungen der Bogen notwendig. Dieselben müssen, wenn sie ihren Zweck voll erfüllen, also den wagrechten Schub des Bogens aufnehmen sollen, in der Höhe der Kämpfer liegen und diese auf dem kürzesten Wege verbinden. Solche Anker werden dann aber sichtbar, was man im allgemeinen als störend empfindet, wenn man dieselben auch aus Eisen herstellt und nicht aus Holz, wie zuweilen im Mittelalter, namentlich aber von den Byzantinern geschehen ist.
In versteckter Lage kann eine den obigen Anforderungen entsprechende Verankerung eigentlich nur beim scheitrechten Bogen auf der Unterseite desselben ausgeführt werden (Fig. 846).
Der Anker ist aus hochkantig gelegtem Flacheisen, welches in die Unterseite des Bogens gennu eingelassen ist, herzustellen und hinter den Widerlagsteinen mit Splinten zu versehen.
Grafik: Fig. 846, Fig. 847, Fig. 848, Fig. 849 |
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In einfacherer Weise kann bei nicht sehr großen Oeffnungen die Verankerung durch mehrere flach
untergelegte und an den Enden aufgebogene Flacheisen bewirkt werden (Fig. 847).
Grafik: Fig. 850858) 1/50 w. Gr., Fig. 851858) |
Sehr umständlich und den Verband störend ist das Einlegen der Anker in den Bogen selbst. Deshalb ist auch bei Stichbogen, welche geputzt werden, sehr viel mehr die Anordnung von zwei zu beiden Seiten des Bogens angeordneten Ankern vorzuziehen (Fig. 848).
Diese werden aus hochkantig gestellten Flacheisen angefertigt und mit ihrer Stärke in den Bogen eingelassen. Ihre Enden werden mit Schraubengewinde versehen und hinter beiden Widerlagern mit quer durch die Mauerstärke gelegten Eisenplatten verbunden.
Ist diese Konstruktion unzulässig, weil der Bogen sichtbar bleibt, so kann man einigermaßen Ersatz durch das Einlegen einer Anzahl von Bandeisen in die Lagerfugen des über dem Bogen folgenden Mauerwerkes schaffen856). Namentlich ist dies bei Backsteinmauerwerk zweckmäßig, während man Haustein- und Bruchsteinbogen mit Ankern ähnlicher Art, wie sie für die Unterseite der scheitrechten Bogen angegeben wurden, über dem Bogenrücken ausstatten muß857).
Am unvorteilhaftesten ist das versteckte Verankern von Bogen mit großer Pfeilhöhe, weil der Anker zu hoch über die Kämpfer zu liegen kommt, wenn man ihn einfach wagrecht durchführt. Von geringem Nutzen sind konzentrisch mit dem Bogen gelegte Eisenschienen, die sog. Ringanker. Besser wirken Anker nach der in Fig. 849 angegebenen Art, welche allerdings sehr umständlich in der Ausführung sind.
Von den Enden einer wagrecht über dem Bogen liegenden Schiene, welche gegen Durchbiegen gesichert sein und daher aus {L}-, {T}-, bezw. {I}-Eisen hergestellt werden muß, werden lange Splinte nach den Widerlagern heruntergeführt und die Schiene mit den Splinten durch Winkelbänder verbunden.
Die Anwendung einer ähnlichen Verankerung auf einen Thorbogen zeigen Fig. 850 u. 851858).
856) Ueber das Verankern mit Bandeisen, den sog. Reifeisenverband, siehe den vorhergehenden Band (Art. 105, S. 84 [2. Aufl.: S. 87]) dieses »Handbuches«. ^ |
857) Die etwas umständliche Verankerung dieser Art an der Berliner Bauakademie findet sich mitgeteilt in: Allg. Bauz. 1836, S. 10. ^ |
858) Faks.-Repr. nach: Beyaert, H. Travaux d'architecture etc. Brüssel. Taf. 4. ^ |
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Der Anker ist in der Hauptsache in das Bruchsteinmauerwerk über dem Hausteinbogen gelegt, wodurch
die erwähnten Umständlichkeiten und damit allerdings auch die Wirkung verringert wurden. Er spaltet
sich von dem obersten wagrechten Stück ab beiderseits in zwei Teile. Fig. 851 zeigt noch die Befestigung
des oberen Bandes des Gitterthorflügels.
Ueberdeckung mit Holzbalken. (3)
Verwendung. (414.)
Zur wagrechten Ueberdeckung von Oeffnungen sind Holzbalken das bequemste, wenn auch nicht dauerhafteste Mittel. Dort, wo das Holz sichtbar bleiben darf, findet man es deshalb auch oft am Aeußeren von Bauwerken verwendet, während es dann, wenn es unter einem Putzüberzug zu verbergen ist, wie in allen anderen Fällen, so auch für den vorliegenden Zweck, nur im Inneren der Gebäude benützt werden sollte. Aber auch hier ist seine Verwendung auf diejenigen Fälle einzuschränken, wo seine Vergänglichkeit keinen umfangreichen Schaden anzurichten vermag. Zu beachten ist hierbei allerdings, daß bezüglich der Feuersicherheit die Aengstlichkeit oft zu weit getrieben wird, da die Erfahrung gelehrt hat, daß dicht nebeneinander liegende starke Hölzer dem Feuer ziemlich lange Widerstand leisten859), und zwar länger als Eisen. Diese Widerstandskraft gegen Feuer wird im vorliegenden Falle dann um so mehr zu erwarten sein, wenn Mauerwerk unmittelbar über dem Holz folgt, Zugluft durch Lücken der mit demselben gebildeten Decke sich also nicht leicht bilden kann860).
Konstruktion. (415.)
Grafik: Fig. 852 |
Die gebräuchlichste und einfachste Art der Ueberdeckung von Oeffnungen in massiven Mauern mit Holzbalken, den sog. Deckhölzern, ist die, dieselben dicht nebeneinander zu legen und wagrecht zu übermauern (Fig. 852). Die Hölzer müssen dabei selbstredend die der Belastung und Spannweite entsprechende Stärke und Auflagerfläche haben. Nach dem im vorhergehenden Artikel ausgesprochenen Grundsatze sollte aber diese Konstruktion nur innerhalb bescheidener Grenzen ausgeführt, also namentlich nicht zur Unterstützung größerer Mauermassen verwendet werden. Weniger bedenklich ist sie, wenn Oeffnungen wieder darüber folgen.
Grafik: Fig. 853, Fig. 854 |
Sicherer geht man auch im letzten Falle, wenn man über dem Holze einen Bogen wölbt, dessen Widerlager aber gar nicht oder nur in geringem Maße auf dem Holze ruhen darf (Fig. 853); der Zwischenraum wird ausgemauert. In diesem Falle ist die Bedeutung des Holzes als Teil der Konstruktion nur noch eine untergeordnete. Es bietet bloß das Mittel zur Bildung einer wagrechten Fläche, während der Bogen die Belastung aufnimmt. Die Balken können hierbei durch Bohlen mit geringer Auflage gut ersetzt werden (Fig. 854); auch wird der Hohlraum über denselben nur außen leicht mit Mauerwerk geschlossen.
859) Siehe Art. 187 (S. 200). ^ |
860) Vergl: Teil III, Bd. 6 dieses »Handbuches«, Art. 68, S. 71 (2. Aufl.: Art. 72, S. 83). ^ |
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Grafik: Fig. 855 |
Ganz verwerflich ist die nicht selten zu treffende Anordnung, Holzbalken über mehrere Oeffnungen ohne genügende Unterbrechung hinwegreichen zu lassen (Fig. 855). Es sind dann auf beträchtliche Länge zwei übereinander stehende Mauern durch eine vollständige Holzschicht getrennt und den daraus sich ergebenden Gefahren unterworfen. Dies kann durch Ueberwölben der Hölzer mit Bogen nicht verbessert werden. Will man zur Ueberdeckung nahe beieinander liegender Oeffnungen Holz verwenden, so hat dies mit Bohlen in der vorhin besprochenen Weise zu geschehen.
Grafik: Fig. 856, Fig. 857 Von einem Haus in Rustenhof bei Brakel861)., Fig. 858 Hofthor aus Münzenberg861). |
Die wagrechte obere Begrenzung der Oeffnungen in Holzfachwerkwänden ist schon in Art. 154 (S. 148) besprochen worden. Es ist dem hier hinzuzufügen, daß sich die Ueberdeckung durch Anbringen von geeignet geschnittenen oder krumm gewachsenen Kopfbändern leicht bogenförmig gestalten läßt, wie dies zumeist bei den Thüren älterer Fachwerkbauten, aber auch bei solchen von Massivbauten (Fig. 856) zu finden ist. Die Kopfbänder geben zugleich eine gute Verstärkung der Deckriegel.
861) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin 1883 ff. ^ |
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Diese Anordnung kann auch mit Vorteil bei der Ueberdeckung weit gespannter
Oeffnungen angewendet werden, wo die eben erwähnte Verstärkung unerläßlich
wird (vergl. Fig. 857 u. 858861).
Grafik: Fig. 859, Fig. 860, Fig. 861, Fig. 862 |
Diese Verstärkung ist allerdings auch noch auf mancherlei andere, wenn auch in der Regel weniger künstlerische Weise ausführbar; so z. B. durch Anordnen eines mit dem Rahmen verzahnten oder besser verdübelten Riegels (Fig. 859), dessen Enden durch Knaggen unterstützt werden; oder durch gerade Kopfbänder (Fig. 860), welche den zur Ueberdeckung benützten Wandrahmen stützen; oder durch Aufhängen des Riegels an einen über ihm angebrachten Hängebock (Fig. 861); oder durch Absprengen des Rahmens nach der in Fig. 862 angegebenen Weise. In allen diesen Fällen wird die ganze Last der über der Oeffnung befindlichen Bauteile und zum Teile auch ein Seitenschub auf die die Oeffnung begrenzenden Ständer übertragen, die dementsprechend ausreichend kräftig zu machen sind.
Ueberdeckung mit Eisenbalken. (4)
Verwendung. (416.)
Seit Einführung der Walzeisenträger werden durch diese sehr häufig Stein und Holz für die Ueberdeckung von Oeffnungen in Mauern ersetzt. Namentlich gilt dies für weit gespannte Oeffnungen, deren Anwendung die Festigkeit des Eisens bei geringer Masse sehr bequem ermöglicht. Durch das Walzeisen sind die früher für diesen Zweck verwendeten Gußeisenträger und Eisenbahnschienen fast ganz verdrängt worden.
Das Eisen ist, unter der Voraussetzung eines guten Anstriches, unverhüllt im Freien benützbar und kommt dadurch dem oft betonten Grundsatz, das Material in der Konstruktion zum Ausdruck zu bringen, entgegen. Allerdings widerspricht dies der beim Eisen notwendigen Fürsorge für den Schutz gegen Feuer, dem es bekanntlich keinen langen Widerstand leistet. Ist dieser Schutz bei der Verwendung des Eisens an den Fassadenflächen auch nicht von zu großer Wichtigkeit, so ist er dies um so mehr im Inneren der Gebäude, wo daher trotz ästhetischer Bedenken, die jedoch zu allermeist nicht geteilt werden, von einer gegen starke Erhitzung sichernden Bekleidung immer Gebrauch gemacht werden sollte.
861) Faks.-Repr. nach: Cuno & Schäfer, C. Holzarchitektur vom 14. bis 18. Jahrhundert. Berlin 1883 ff. ^ |
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Solche Bekleidungen können in Mauerwerk oder Drahtumwickelungen und Putz, Rabitz-Putz, Terracotta
oder Formsteinen oder Beton bestehen. Die oft gewählte Verkleidung mit Holz entspricht der Forderung
nach Feuersicherheit nicht862).
Wo es geht, sucht man mit Walzträgern von {I}-Form auszukommen und macht nur bei sehr weiten Oeffnungen von genieteten Trägern Gebrauch.
Konstruktion. (417.)
Die Ueberdeckung mit Eisenträgern ist sehr einfach auszuführen; doch erfordert sie namentlich Sorgfalt in der Auflagerung derselben. Gern verwendet man dafür feste Werkstücke und über diesen gewöhnlich in Cementmörtel (10 bis 15mm stark) gelegte Gußeisenplatten, über deren Gestalt und Berechnung Art. 316 u. 317 (S. 216 [2. Aufl.: Art. 323 bis 327, S. 245]) des vorhergehenden Bandes nachzusehen sind.
Nur bei ganz dünnen Wänden begnügt man sich mit einem Träger von {I}-Eisen; sonst verwendet man immer mindestens zwei derselben nebeneinander, um genügende Seitenfestigkeit zu erhalten. Bei starken Mauern hat man so viele Träger zu verlegen, als zur gleichmäßigen Auflagerung des darüber folgenden Mauerwerkes erforderlich ist.
Grafik: Fig. 864863), Fig. 865863) |
Grafik: Fig. 863 |
Die gekuppelten Träger sind miteinander zu verbinden. Dies kann nach einer der in Art. 218 (S. 241) angegebenen Weisen mit umgelegten Bändern und Kreuzspreizen oder mit Stehbolzen geschehen; doch kann dies auch mit Klammern (Fig. 863) oder einfachen Schraubenbolzen erfolgen, wenn der Zwischenraum mit Backsteinen ausgerollt oder mit Beton ausgefüllt wird. Durch diese Ausfüllung wird das Eigengewicht der Konstruktion in nicht unbeträchtlicher Weise erhöht; auch ist sie nur bei ausreichendem Abstande der Träger ausführbar. Man muß daher von derselben oft absehen und kann dann zur Verbindung und Aussteifung der gekuppelten Träger Gußeisenstücke von der in Fig. 864 u. 865863) dargestellten Form in Abständen von etwa 2m, an den Enden beginnend, verwenden. Diese Verbindungsweise ist besser, als die mit einzelnen Stehbolzen, welche das Schiefstellen der Träger nicht verhindern können, weshalb man bei sorgfältigeren Ausführungen statt der Röhren größere Gußstücke und bei höheren Trägern auch nicht nur eine, sondern zwei oder drei Schraubenbolzen anwendet.
Ist man genötigt, zu genieteten Trägern zu greifen, so kommt man auch bei starken Mauern zumeist mit zwei derselben aus, die dann am einfachsten ebenfalls
862) Auf diese Bekleidungen wird in Teil III, Band 2, Heft 3 (Abt. III, Abschn. 2, A: Balkendecken) näher eingegangen werden. Aueßere Holzverkleidungen eiserner Träger werden im nächsten Hefte (Abschn. 1, D, Kap. 20, unter g, Art. 182: Frei tragende Gesimse) besprochen werden. ^ |
863) Nach: Scharowsky, C. Musterbuch für Eisen-Constructionen. Leipzig und Berlin 1888. S. 107. ^ |
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Grafik: Fig. 866863) |
genietete Querverbindungen erhalten (Fig. 866863)), wenn der Zwischenraum das Einbringen von Nieten oder Schrauben zwischen den Gurtungen gestattet. Ist dies nicht möglich, so bringt man an jedem der Träger die Hälfte einer Querverbindung an und zieht die Träger durch Schraubenbolzen zusammen. Bei sehr weitem Trägerabstande kann man das darüber folgende Mauerwerk nach der in Fig. 867863) angegebenen Weise unterstützen. Die Querverbindungen werden etwa in der doppelten Entfernung, wie die Aussteifungswinkel der Blechwände angebracht, und an den Enden bedient man sich am zweckmäßigsten quer vorgenieteter Blechtafeln.
Grafik: Fig. 867863) |
Den zur Ueberdeckung einer Oeffnung verwendeten, nebeneinander liegenden Walzträgern gibt man häufig das gleiche Profil, auch wenn sie in verschiedener Weise beansprucht sind, wie z. B. durch seitlich anstoßende Deckenkonstruktionen, oder bei einseitiger Verschwächung der darüber befindlichen Mauer, oder bei ungleicher Spannweite. Man verläßt sich dabei auf die Uebertragung der Last von einem Träger auf den anderen. Besser ist es aber jedenfalls, jeden der Träger nach der ihm zukommenden Belastung zu berechnen und zu bemessen. Sie können dabei immerhin in der gleichen Höhe aufgelagert werden, wenn davon nicht wegen der besonderen Bestimmung der Oeffnung, z. B. bei Schaufenstern und Thoren zur Bildung des Anschlages, Abstand zu nehmen ist.
Zur Vermeidung zu großer Durchbiegungen ist den Trägern mindestens 1/20 ihrer Spannweite zur Höhe zu geben; auch müssen sie vor ihren Enden im Mauerwerk einen Spielraum von 1/100 der Länge erhalten, um die ungehinderte Ausdehnung im Brandfalle zu gestatten. Bei genieteten Trägern ist in dieser Beziehung Rücksicht auf die an den Enden angebrachten Aussteifungswinkel zu nehmen.
863) Nach: Scharowsky, C. Musterbuch für Eisen-Constructionen. Leipzig und Berlin 1888. S. 107. ^ |