Durm:Wandstärken
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Vorbemerkung. (296.)
Die den Wänden der Hochbauten zu gebende Dicke ist von mancherlei Umständen abhängig, von denen folgende die wichtigsten sein dürften: Möglichkeit der Ausführung in einem gegebenen Material, Geschicklichkeit und Sorgfalt der Maurer, Rücksicht auf die Witterungseinflüsse und auf die Auflagerung der Gebälke und Gesimse, Beanspruchung auf Druckfestigkeit und Standsicherheit, Rücksicht auf die beabsichtigte Dauer des Gebäudes, baupolizeiliche Vorschriften.
In folgendem wird nur die Dicke der Wände von Stein und verwandten Stoffen zur Erörterung gelangen, da wegen der übrigen Materialien schon in den vorhergehenden Kapiteln das Nötige mitgeteilt worden ist; auch soll nur von solchen Mauern die Rede sein, die keinen Seitenschub von anderen Konstruktionen erleiden.
Geringste Wandstärken. (1)
Möglichkeit der Ausführung. (297.)
Die geringste Dicke, welche einer Mauer ohne Rücksicht auf andere Bedingungen gegeben werden kann, ist von der Gestalt und Größe der Steine, sowie von der Art des Bindemittels abhängig, also von der Möglichkeit der Ausführung bei gegebenem Stoffe.
Eine Mauer wird im allgemeinen um so fester sein, je regelmäßiger die Steine, je besser sie gelagert, je schwerer sie im einzelnen sind und je regelrechter der Verband ist, weil dann um so weniger leicht Verschiebungen einzelner Steine eintreten können. Die günstigste Lage der Steine in der Mauer muß die flache sein, weil dann die Gefahr des Umkantens derselben wegfällt.
Für Mauern aus Backsteinen und anderen ähnlich geformten künstlichen Steinen wird daher als geringste zweckmäßige Dicke die von 1/2 Stein zu gelten haben. Die Stärke von 1/4 Stein kommt zwar auch vor; aber sie bedarf immer besonderer Verstärkungen, zu denen auch die Ständer und Riegel der Fachwerkwände gerechnet
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werden müssen, und läßt sich auch dann nur bei sehr beschränkter Flächenausdehnung
der Gefache anwenden.
Als geringste Stärke von Quadermauern wird man 30 bis 40cm annehmen müssen, wenn man mit derselben nicht unter die Schichtenhöhe herabgehen will. Die dünneren Plattwände bedürfen besonderer Verstärkungen.
Mauern aus Schichtsteinen sind mindestens 17 bis 20cm, solche aus lagerhaften Bruchsteinen 40cm und solche aus unregelmäßigen Bruchsteinen 50 bis 60cm stark zu machen. Bei den beiden letzteren Mauerwerksgattungen wird man nur bei ganz vorzüglicher Arbeit und geeigneten Steinen etwas unter die angegebenen Maße herabgehen können; bedeutendere Verringerungen sind bei Anwendung von Cementmörtel möglich.
Die Zugfestigkeit des Cementmörtels gestattet auch, Betonmauern in geringen Dicken auszuführen; doch scheint man es selbst bei Scheidewänden aus diesem Baustoff zweckmäßig zu finden, nicht unter 15 bis 20cm zu gehen. Bei den durch Eiseneinlagen verstärkten Monier-Wänden kann man dagegen die Dicke bis zu 3cm und bei den mit Kalkgipsmörtel aufgeführten Rabitz-Wänden auf 5cm herabsetzen.
Die geringste Stärke von Kalksandstampfmauern ist nach Engel665) bei Luftkalk 31,4cm (= 1 Fuß preuß.), von Erd- und Lehmstampfmauern ebenso666), von Aschestampfmauern 19 bis 23cm 667).
Die für einen gegebenen Fall zu wählenden geringsten Mauerdicken sind außer von der Art des Bausteines und des Mörtels auch von der Geschicklichkeit und Sorgfalt der Maurer abhängig. In Gegenden, wo der Backsteinbau vorherrscht, haben die Maurer häufig eine solche Uebung, daß sie mit einer Wand von geringer Stärke dieselbe Widerstandsfähigkeit erreichen können, welche bei Voraussetzung gleicher Beanspruchungen anderwärts nur mit etwas größerer Mauerdicke zu ermöglichen ist. Umgekehrt werden die vorzugsweise mit Herstellung von Bruchsteinmauerwerk beschäftigten Maurer den Backsteinmaurern in ihrem Material in der Regel überlegen sein und dadurch die Bestimmung der geringsten Dicken von Bruchsteinmauern beeinflussen.
In besonderem Maße ist die Geschicklichkeit und Uebung der Arbeiter bei der Ausführung von Cementmauerwerken und Betonbauten zu berücksichtigen.
Vergleich zwischen den Baustoffen. (298.)
Bei der Erwägung, welche Dicke eine Mauer unter gleichen äußeren Umständen bei Verwendung eines gegebenen Baustoffes im Vergleich zu anderen zu erhalten hat, werden die im Eingang des vorhergehenden Artikels erwähnten Eigenschaften derselben, so wie die Festigkeit des Bindemittels entscheidend sein; namentlich wird dabei die gleichmäßige Verteilung des Mörtels eine Rolle spielen668). Gewöhnlich werden für den Vergleich zwischen den verschiedenen Materialien die folgenden, auf Erfahrungen beruhenden Augaben für mittlere Güte der Ausführung angegeben, wobei die Dicke einer Backsteinmauer als Einheit angenommen ist. ____________Mauern aus Backsteinen . . . . . . . = 1 ________________»____» rein bearbeiteten Quadern . . = 5/8--3/4 ________________»____» Schichtsteinen . . . . . . = 1 ________________»____» Cementbeton . . . . . . . = 1
| 665) Siehe: Der Kalk-Sand-Pisébau. Berlin 1864. S. 69. ^ |
| 666) Siehe: Engel, F. Die Bauausführung. Berlin 1881. S. 242. — Schüler, F. K. Ueber Pisébau. Salzungen 1866. S. 21. ^ |
| 668) Ueber die Einflüsse der Eigenschaften der Steine und Mörtel auf die Festigkeit der Mauern vergl. Teil III, Bd. 1 (Abschn. 1: Constructions-Elemente in Stein) dieses »Handbuches«. ^ |
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____________Mauern aus lagerhaften Bruchsteinen . . . = 11/4 ________________»____» Kalksandstampfmasse . . . . = 11/4 ________________»____» unregelmäßigen Bruchsteinen . = 13/4 ________________»____» Lehmsteinen . . . . . . . = 13/4 ________________»____» Erd- oder Lehmstampfmasse . = 2
Diese Zahlen können nur Näherungswerte geben und je nach der Güte der Ausführung Veränderungen erfahren; auch werden durch dieselben die im vorhergehenden Artikel angegebenen geringsten Maße nicht beseitigt.
Daß man die Dicke von Backsteinmauern für den Vergleich als Einheit nimmt, ist in der großen Verbreitung derselben und im geregelten Format der Backsteine begründet. Man findet daher häufig die Mauerdicken für gewöhnliche Hochbauten in Backsteinlängen angegeben und ist gewöhnt, dieselben nach obigen Verhältniszahlen für andere Baustoffe umzurechnen, obgleich diese aufgestellt wurden, als es noch kein deutsches Normalziegelformat gab und die verschiedensten Abmessungen im Gebrauch waren.
Einfluß des Formates. (299.)
Das geregelte Format der Backsteine läßt, wie schon im vorhergehenden Bande (Abschn. 1: Konstruktionselemente in Stein) dieses »Handbuches« ausgeführt wurde, die Ausführung von Backsteinmauern nur in Abstufungen von 1/2 Stein zu und ergibt beim deutschen Normalziegelformat die rechnungsmäßigen Dicken für 1/2, 1, 11/2, 2, 11/2 u. s. w. Stein starke Mauern zu 12, 25, 38, 51, 64cm u. s. w., welche gewöhnlich auch bei Planungen, Kostenanschlägen und Abrechnungen zu Grunde gelegt werden. Zu beachten ist jedoch, daß infolge von Ungenauigkeiten in der Formgebung und von zu schwachem Brand der Steine die Mauern um wenigstens 1cm stärker, also 13, 26, 39, 52, 65cm u. s. w. ausfallen.
Rücksicht auf Witterungseinflüsse. (300.)
Von Einfluß auf die geringste Dicke, die man einer Umfassungsmauer geben darf, ist die Rücksicht auf genügenden Schutz gegen die Witterung, also gegen Durchschlagen der Feuchtigkeit und gegen raschen Wärmewechsel in den umschlossenen Räumen, die aber bei Wohngebäuden auch leicht und möglichst billig heizbar und lüftbar sein sollen.
Durch die Mauerdicke hindurchreichende Steine, Durchbinder, begünstigen sowohl das Durchschlagen der Feuchtigkeit, als auch den raschen Wärmewechsel und den Niederschlag von Feuchtigkeit auf der Innenseite. Man wird daher 1 Stein starke Backsteinmauern, auch wenn sie beiderseits geputzt und aus gut gebrannten Steinen, welche für einen der Gesundheit sehr zuträglichen Stoff für Umfassungsmauern gelten, hergestellt sind, für nicht ausreichend erachten können, da sie entweder ganz oder zur Hälfte aus Durchbindern bestehen.
Größere Sicherheit gewähren Mauern von 11/2 Stein Dicke, weil diese keine Durchbinder enthalten; aber auch diese müssen in den Fugen voll gemauert sein, wenn sie genügenden Schutz gewähren sollen. Die zur möglichsten Erreichung desselben häufig in Anwendung kommenden Mittel, wie Anordnung von Hohlräumen oder Verwendung von Hohlsteinen sind leider von zweifelhaftem Werte. Die Dicke von 11/2 Stein ist diejenige, die zumeist als die geringste für die Umfassungswände von oberen Geschossen oder von einstöckigen Gebäuden empfohlen wird; doch kann nicht bestritten werden, daß bei sorgfältiger Ausführung und bei Verwendung guter äußerer und bezw. innerer Schutzbekleidungen, wenigstens an den Wetterseiten, auch die Stärke von 1 Stein oder gar 1/2 Stein genügen kann, wenn die Rücksicht auf Standfähigkeit und Belastung dies zuläßt.
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Die Wahl von 1 Stein Stärke für die schwächsten Umfassungsmauern von Massivbauten wird mitunter
mit dem Hinweis auf die Fachwerkgebäude befürwortet, welche zumeist nur mit 1/2 Stein starker
Fachausmauerung versehen seien. Man übersieht dabei, daß auch diese nur dann einen behaglichen und
der Gesundheit zuträglichen Aufenthalt gewähren, wenn sie bei freier Lage wenigstens an den Wetterseiten
mit den erwähnten Schutzbekleidungen versehen sind.
Für Betonwände hat die Erfahrung gezeigt, daß als geringste den Witterungseinflüssen gegenüber genügende Stärke 25 bis 30cm anzunehmen ist, wobei sehr sorgfältige Ausführung und äußerer Putz mit Portlandcementmörtel vorausgesetzt werden müssen (vergl. Art. 140, S. 126).
Erscheint es nach dem Vorhergehenden zweckmäßig, in der Dicke von Umfassungsmauern nicht unter 11/2 Stein, höchstens bis auf 1 Stein herabzugehen, so würde es andererseits für die Beheizung der Räume unvorteilhaft sein, viel stärkere Mauern im obersten Wohngeschoß eines Gebäudes in Anwendung zu bringen, da die statischen Rücksichten ohnedies schon eine Verstärkung in den unteren Stockwerken erheischen.
Nach einer rechnerischen Untersuchung von Weiß669) ist die Mauerdicke verhältnismäßig klein zu wählen. Bei Anwendung von gewöhnlichen Oefen oder sonstigen billig zu beschaffenden Heizvorrichtungen sollte sie nicht größer, als 1,0 bis 1,5 Fuß (1 Fuß sächs. = 0,283m), bei Anwendung kostspieligerer Heizsysteme, wie Warmwasser- oder Dampfheizapparaten, nicht größer als 1,5 bis 2,0 Fuß genommen werden. Dies stimmt annähernd mit den oben gemachten Angaben.
Auflagerung von Hauptgesimsen. (301.)
Auf die Bestimmung der geringsten Dicke der Umfassungsmauer im obersten Wohngeschoß, bezw. im Kniestock kann außer der Rücksicht auf Witterungseinflüsse auch die auf die Auflagerung von Hauptgesimsen aus Haustein oder Terracotta zur Geltung kommen müssen. Die Ausladung und das Auflager derselben müssen in einem die Sicherheit gewährleistenden Verhältnis stehen. Für das Auflager muß entweder die Mauer als Unterstützung dienen, oder sie wird wohl auch als Gegengewicht mit zum Tragen der Ausladung herangezogen, so daß ihre Dicke von der Konstruktion der Gesimse, die im nächstfolgenden Hefte (unter D) dieses »Handbuches« zur Besprechung gelangt, abhängig ist. Bestimmte Maße lassen sich daher hier nicht angeben; immerhin läßt sich aber so viel sagen, daß aus Rücksicht auf Steingesimse von einigermaßen erheblicher Ausladung selten eine Mauerdicke unter 11/2 Stein wird angenommen werden können.
Auflagerung der Gebälke. (302.)
Ist die Rücksicht auf Schutz gegen Witterungseinflüsse, namentlich für die Bestimmung der Mauerdicke im obersten Wohngeschoß eines Gebäudes, maßgebend, so werden außer den noch zu besprechenden statischen Erwägungen meistens die Rücksichten auf die Auflagerung der Zwischengebälke zu einer Vergrößerung der Dicke in den unteren Stockwerken führen. Ob diese Verstärkung in allen Stockwerken oder nur in einzelnen derselben stattzufinden hat, ist davon abhängig, ob die Balkenköpfe ganz oder teilweise oder gar nicht eingemauert werden sollen und ob Mauerlatten zur Anwendung kommen. Für letztere sind immer aus Rücksicht auf dauernde Erhaltung des Holzes Mauerabsätze anzuordnen, wenn nicht andere bei der Besprechung der Balkenlagen (siehe Teil III, Band 2, Heft 3 dieses »Handbuches«) zu erörternde Mittel für freie Lagerung derselben vor den Wänden benutzt werden. Solche Mauerabsätze bemißt man gewöhnlich zu 1/2 Stein.
Die freie Lage der hölzernen Mauerlatten ist mitunter Gegenstand baupolizeilicher Bestimmung. So verfügt die Ausführungsverordnung zur allgemeinen Bauordnung für das Großherzogtum Hessen vom 30. April 1881 in §. 63: »Hölzerne Mauerlatten dürfen mit ihrer Breite nirgends in Mauern des oberen
| 669) Die vorteilhafteste Wanddicke der Gebäude. Allg. Bauz. 1868–69, S. 57. ^ |
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Stocks einspringen, bezw. eingemauert werden; sie sind entweder auf Tragsteine oder sonstige Unterstützungen
vor die Mauern zu legen, oder es sind die Mauern für das Auflagern der hölzernen Mauerlatten
mit geeigneten Absätzen zu versehen.«
Beanspruchung auf Druck. (303.)
Die Tragmauern eines Gebäudes werden in lotrechter Richtung durch die Stockwerksgebälke und die diesen aufgebürdeten Lasten, sowie durch das Gewicht des Daches in Anspruch genommen. Vermehrt wird dieser Druck durch das Eigengewicht des Mauerwerkes, so daß im allgemeinen die unterste Schicht der Mauer bei gleichbleibender Stärke am meisten beansprucht sein wird.
Infolge des Vorhandenseins von Oeffnungen in der Mauer könnte der größte Druck in einer höher gelegenen, durch die Oeffnungen begrenzten Schicht stattfinden. Dies wird jedoch sehr selten vorkommen, da den Oeffnungen in der Regel bis zum Boden reichende Nischen entsprechen und die verbleibenden dünnen Brüstungsmauern nur sehr wenig an der Druckverteilung teilnehmen werden.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei starken Belastungen oberer Stockwerksgebälke die zunächst unter diesen liegenden Höhenabschnitte der Mauern stärker auf Druck für die Flächeneinheit beansprucht sind, als die unter ihnen stehenden verstärkten.
Dieser Druck muß vom Mauerwerk mit Sicherheit getragen werden können, mag er nun auf der Aufstandsfläche gleichmäßig oder ungleichmäßig verteilt sein, und man stellt deshalb von den betreffenden Druckfestigkeitszahlen nur 1/20 bis 1/10 in Rechnung, wobei als solche die des Mauerwerkes und nicht die des Steinmaterials zu benutzen sind, da erstere in der Regel kleiner als letztere sein werden.
Die von Böhme aufgestellten Tabellen über die zulässige Beanspruchung von Mauerwerkskörpern auf Druck sind im vorhergehenden Bande (S. 75 u. 76 [2. Aufl.: S. 77]) dieses »Handbuches« mitgeteilt worden. Hier mögen noch einige Angaben aus anderen Quellen folgen.
Aus den vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein aufgestellten und vom Wiener Stadtbauamte zum Amtsgebrauch angenommenen »Normen für die Berechnung der Belastung und Inanspruchnahme von Baumaterialien und Baukonstruktionen« 670) sind die folgenden zwei Tabellen entnommen, die zwar zunächst für die Wiener Verhältnisse Geltung haben, immerhin aber für die Beurteilung von zulässigen Beanspruchungen auf Druck auch an anderen Orten von Wert sind. Zulässige Beanspruchung bei Quadermauerwerk, einzelnen Werkstücken, steinernen Säulen und Pfeilern. [Tabelle]
| 670) Siehe: Wochschr. d. öst. Ing.- u. Arch.-Ver. 1889, S. 1. ^ |
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Hierin bedeuten:
A.Geschlossene stärkere Quadermauern, einzelne Unterlagssteine, Widerlager, Bogensteine und sonstige
Werkstücke, ferner stärkere Tragpfeiler und Säulen, deren kleinste Querschnittsabmessung mindestens
1/8 der Höhe beträgt.
B.Stark unterarbeitete und exponierte Werksteine, ferner Säulen und dünnere Tragpfeiler, deren
kleinste Querschnittsabmessung 1/8 bis 1/12 der Höhe beträgt.
C.Ganz dünne Säulen und Tragpfeiler, deren Durchmesser, bezw. kleinste Querschnittsabmessung
weniger als 1/12 der Höhe beträgt, unter Nachweis geeigneter Detailkonstruktion.
Zulässige Beanspruchung auf Druck
bei reinem und gemischtem Ziegel- und Bruchsteinmauerwerk.
[Tabelle]
Hierin bedeuten: A.Mauern nicht unter 45cm stark und Tragpfeiler, deren kleinste Querschnittsabmessung mindestens 1/6 der Höhe beträgt. B.Mauern unter 45cm stark und Tragpseiler, deren kleinste Querschnittsabmessung nur 1/6 bis 1/8 der Höhe beträgt. C.Pfeiler, deren kleinste Querschnittsabmessung nur 1/8 bis 1/12 der Höhe beträgt.
Die letztere Tabelle zeigt, daß die zulässigen Beanspruchungen in Wien zumeist niedriger sind, als die Angaben von Böhme und als die Bestimmungen des Berliner Polizeipräsidiums.
Nach Bauschinger's Versuchen671) betrug die Druckfestigkeit von Würfeln aus
1) Ziegelmauerwerk mit Mörtel aus 1 Teil Perlmooser Portlandcement und 3 Teilen feinerem Isarsand bei 818qcm Querschnitt: 95kg für 1qcm;
2) Ziegelmauerwerk mit Mörtel aus 1 Teil Perlmooser hydraulischem Kalk und 3 Teilen feinerem Isarsand bei 812qcm Querschnitt: 61kg für 1qcm;
3) Ziegelmauerwerk aus gewöhnlichem Luftmörtel von 1 Teil Kalk und 3 Teilen feinerem Isarsand bei 808qcm Querschnitt: 51kg für 1qcm.
Nach den Versuchen von G. Sacheri672) an 11 Monate alten Mauerwerkskörpern aus Turiner Backsteinen und Kalkmörtel von 6 Schichten Höhe betrug die Druckfestigkeit
____________1) bei 0,35qm Querschnitt: 64,76kg für 1qcm ____________2) » 0,46 »____»____80,64 » »__» ____________3) » 0,64 »____»____90,41 » »__»
Bei diesen Beanspruchungen war noch keine vollständige Zerstörung der Mauerwerkskörper eingetreten; dieselben zeigten aber an allen Seiten Risse und Spalten. Diese Versuche ergeben die Zunahme der Festigkeit mit der Querschnittsfläche.
| 671) Siehe: Mittheilungen aus dem mechanisch-technischen Laboratorium der k. polytechnischen Schule in München. München 1873. Heft 1, S. 8. ^ |
| 672) Siehe: La semaine des constr., Jahrg. 10 (1885–86), S. 150. ^ |
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Blomfield und Kirkaldy & Son673) versuchten Rundpfeiler, welche äußerlich
aus Backsteinen, im Kern aus Beton bestanden und 0,914m (12 Schichten) hoch und
0,61m stark waren, zu zerdrücken. Dies gelang zwar nicht ganz; aber die Backsteine
in 2 solchen Pfeilern wurden bei 97,5kg, bezw. 98,7kg Belastung für 1qcm zerbrochen.
Der Querschnitt betrug 2916qcm, wovon etwa 1135,4qcm auf den Beton
und 1780,6qcm auf die Backsteine entfielen. Das Backsteinmauerwerk für sich allein
wurde im Mittel bei 164,7kg Druck auf 1qcm vollständig zerstört, und Betonwürfel
von derselben Zusammensetzung (1 Teil Cement auf 3 Teile Kies), wie in den
Pfeilern, und von 0,305m Seitenlänge im Mittel bei 132,9kg Druck für 1qcm.
Mit großer Sorgfalt und in möglichstem Anschluß an die Verhältnisse der Ausführung sind Untersuchungen über die Druckfestigkeit von Mauerwerkskörpern aus Bruchstein und Portlandcementkalkmörtel für die Brückenbauten der bayerischen Bahnlinie Stockheim-Ludwigstadt-Landesgrenze im mechanisch-technischen Laboratorium der technischen Hochschule zu München angestellt worden674). Leider konnten die Probekörper wegen Mangels an genügender Druckkraft nur in geringer Größe hergestellt werden. Sie waren Würfel von 15cm Kantenlänge, bestehend aus je 3 Schichten von 4cm starken Thonschiefersteinen mit je 2 etwa 1,5cm dicken Mörtelfugen, besaßen aber, wie es scheint, keine Stoßfugen. Die Mörtelmischung war
1) 5 Teile Portlandcement, 1,25 Teile Kalk und 12,5 Teile Sand;
2) 5 Teile Portlandcement, 1,25 Teile Kalk und 15 Teile Sand.
Die Durchschnittsergebnisse der Versuche waren folgende: [Tabelle]
Es wird hieraus geschlossen, daß man in Bruchsteinmauerwerk aus festem Gestein mit gutem Portlandcementmörtel unbedenklich Druckspannungen von 20 bis 30kg auf 1qcm zulassen darf, da man hierbei, gute Arbeit vorausgesetzt, immer noch auf eine 8- bis 10-fache Sicherheit rechnen kann.
Bei derselben Gelegenheit wurde auch die Druckfestigkeit von Betonwürfeln von 15cm Seitenlänge untersucht. Der Beton wurde in die Formen teils nur mit dem nötigsten Wasserzusatz eingestampft, teils mit Wasserüberschuß nur eingefüllt. Die Normenprobe des Portlandcementes ergab nach 7 Tagen 11kg Zugfestigkeit auf 1qcm. Der Kies war Mainkies mit einem Einheitsgewichte von 1,862 und 23,9 Prozent Hohlräumen; er enthielt 63,7 Gewichtsprozente Kies und 36,3 Gewichtsprozente Sand, und wurde so, wie er dem Main entnommen war, dem Cement beigemischt. Die Prüfung auf Druckfestigkeit erfolgte
1) bei einem Teile der Würfel nach 33 Tagen,
2) beim anderen nach 84 Tagen und ergab für:
| 673) Siehe: Builder, Bd. 53, S. 579. ^ |
| 674) Siehe: Wochbl. f. Baukde. 1887, S. 336. — Vergl. auch: Deutsche Bauz. 1889, S. 142. ^ |
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Die Ursache der auffallend geringen Druckfestigkeit der nicht eingestampften Betonmischung von 1 : 6 bei 33-tägiger Erhärtung konnte nicht festgestellt werden. Bemerkenswert ist auch der große Einfluß des Einstampfens bei der Mischung 1 : 4 und der verschwindend kleine bei der Mischung 1 : 8.
Zu einem im Jahre 1876 durch die Stuttgarter Cementfabrik in Blaubeuren bei Ulm in Beton errichteten achteckigen Fabrikschornstein wurde für die Gründung eine Mischung von 1 Teil Portlandcement, 2 Teilen Romancement und 14 Teilen Kiessand und Steine, für den Achteckbau eine solche aus 1 Teil Portlandcement, 1 Teil Romancement und 8 Teilen Kiessand verwendet. Probewürfel ergaben eine Druckfestigkeit von 15kg nach 6 Tagen und 52kg auf 1qcm nach 26 Tagen für den Gründungsbeton, 18kg nach 6 Tagen und 59kg auf 1qcm nach 26 Tagen für den Achteckbeton675).
Nach einem Gutachten des Holzmindener Zweigvereins des Architekten- und Ingenieurvereins für das Herzogtum Braunschweig soll für ein gewöhnliches 4 Stock hohes Gebäude, da dessen Belastung in den unteren Schichten der lotrechten Mauern meistens unter 5kg auf 1qcm bleibt, für den Beton ein Mörtel zulässig erscheinen, welcher nach vier Wochen 25kg Druckfestigkeit hat, oder, da erfahrungsgemäß dann die Druckfestigkeit das 7-fache der Zugfestigkeit betragen soll, ein solcher, welcher 3,5kg Zugfestigkeit auf 1qcm hat. Bei Portlandcementen mittlerer Güte wird diese Festigkeit bei einem Zusatze von 6 Teilen Sand auf 1 Teil Cement erreicht, bei besonders guten Cementsorten mit dem Verhältnis 10 : 1676).
Gewöhnlich wird mit größerer Sicherheit gerechnet.
Aus dem Eigengewicht einer Mauer allein läßt sich die erforderliche Dicke derselben nicht berechnen; es läßt sich nur untersuchen, wie hoch eine Mauer sein müßte, damit die unterste Schicht derselben unter der Last des Eigengewichtes zerdrückt würde, oder bei welcher Höhe die zulässige Beanspruchung auf Druck nicht überschritten werden würde.
Beispielsweise kann man eine Backsteinmauer, von der 1cbm 1600kg wiegt, 50m hoch machen, ohne daß die zulässige Belastung von 8kg auf 1qcm überstiegen wird.
Als Folgerung ergibt sich hieraus, daß man hohe Bauwerke, wie Türme, in den unteren Teilen aus entsprechend druckfestem Material herstellen muß.
Bei der Berechnung der größten Höhe, welche eine frei stehende Mauer erhalten kann, kommen die Schubfestigkeit des Mörtels und die Reibung in Betracht677).
Eine Berechnung der Mauerdicke nach der Druckfestigkeit kann nur stattfinden, wenn außer dem Eigengewichte noch andere Belastungen vorhanden sind. Diese müssen lotrecht in der Schwerachse des Mauerkörpers von wagrechter Schichtung wirken, wenn der Druck auf die Aufstandsfläche gleichmäßig verteilt sein soll.
| 675) Nach: Deutsche Bauz. 1884, S. 530 — und: Zeitschr. f. Baukde. 1881, S. 531. ^ |
| 676) Siehe: Zeitschr. f. Baukde. 1881, S. 548. ^ |
| 677) Ueber eine von Bauschinger aufgestellte Formel zur Berechnung dieser Höhe siehe: Zeitschr. f. Baukde. 1880, S. 245, 435, 599. ^ |
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Ist P eine solche Last, G das Eigengewicht der Mauer von rechteckigem Querschnitt, F die Fläche
einer Lagerfuge, h die Höhe der Mauer, l die Länge und d die Dicke derselben, γ das Eigengewicht
der Raumeinheit und k die zulässige Druckbeanspruchung für die Flächeneinheit, so ist
________________________________________F k = P + G,
und da F = d l und G = d l h γ ist, so ergibt sich
____________________________________
und, wenn man l = 1 setzt,
________________________________________
Viel häufiger ist der Fall, daß die Belastungen der Mauern seitlich von der Schwerachse des Querschnittes derselben (excentrisch) wirken. Die Druckverteilung ist dann keine gleichmäßige; auch muß die Mittelkraft aus den lotrecht wirkenden Kräften in das mittlere Drittel des Querschnittes, rechteckige Aufstandsfläche vorausgesetzt, fallen, wenn nur Druckspannungen vorhanden sein sollen. Fällt sie außerhalb des mittleren Drittels, bezw. außerhalb der sog. Kernpunkte, so ergeben sich auf der einen Seite Zugspannungen, die das Mauerwerk in erheblichem Maße nicht aufzunehmen im stande ist. Dagegen wird jetzt nur noch ein Teil der Lagerfläche auf Druck beansprucht. Wegen der Berechnung der bei ungleichmäßiger Druckverteilung auftretenden größten Druckspannungen wird auf Teil I, Band 1, zweite Hälfte (2. Aufl., Abschn. 3, Kap. 1) dieses »Handbuches« verwiesen.
Unter der Annahme von bloß lotrecht wirkenden Kräften haben sich auf Grundlage der Bedingungen, daß die Mittelkraft derselben in das mittlere Drittel des Querschnittes fallen und daß die größte Druckspannung die zulässige Grenze nicht übersteigen soll, brauchbare Formeln für die Berechnung der Mauerdicke noch nicht aufstellen lassen678). Man wird sich daher darauf beschränken müssen, die nach den vorliegenden Erfahrungen bestimmten Mauerdicken auf die Lage der Mittelkraft und die größten Druckspannungen zu untersuchen und wenn nötig zu verändern.
Eine solche Untersuchung würde für alle Lagerflächen der Mauer vorzunehmen sein, in welchen Querschnittsveränderungen stattfinden.
Für gewöhnliche Hochbauten sind Berechnungen der Mauerdicke mit Rücksicht auf die Druckfestigkeit des Mauerwerkes übrigens kaum nötig, da das aus anderen Gründen zu wählende Maß derselben meist so groß ist, daß die sich ergebende größte Druckspannung unter der zulässigen bleibt. Erschwert wird das Aufstellen von Regeln für die Berechnung durch die Mannigfaltigkeit der Anordnungen, insbesondere durch die Oeffnungen in den Mauern, welche diese häufig in eine Reihe von einzelnen Pfeilern zerlegen, die oft nicht bloß von lotrecht, sondern auch von schräg wirkenden Kräften beansprucht werden. In wichtigeren Fällen dieser Art sind allerdings Untersuchungen über die erforderliche Stärke notwendig, wegen deren auf den soeben angeführten Halbband dieses »Handbuches«, sowie auf die noch folgende Besprechung der Freistützen zu verweisen ist679).
Standsicherheit. (304.)
Eine Mauer wird Standfähigkeit oder Stabilität besitzen, wenn sie sowohl gegen das Umkippen, als auch gegen das Verschieben auf ihrer Aufstandsfläche gesichert
| 678) Ein Versuch zur Auffstellung solcher Formeln findet sich in: La semaine des constr. 1879–80, S. 301; dieselben scheinen aber durch einen Rechenfehler beeinflußt zu sein. ^ |
| 679) Ueber excentrische Pfeilerbelastungen und ihre rationelle Verteilung, sowie über die geeignetste Form mehrstöckiger gemauerter Pfeiler siehe die Aufsätze von Hehns in: Baugwksztg. 1895, S. 403 u. 971. — Eine Zusammenstellung der Ergebnisse der Untersuchung von Baumaterialien für Brückengewölbe findet sich in: Fortschritte der Ingenieurwissenschaften, zweite Gruppe, Heft 7: Gewölbte Brücken. Von K. v. Leibbrand. Leipzig 1897. S. 2. ^ |
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ist. Die Standfähigkeit wird durch schräg oder wagrecht angreifende Kräfte gefährdet,
von welchen hier nur der Winddruck Anlaß zu Erörterungen gibt, da der Einfluß,
den der Schub von Gewölben und anderen Konstruktionen auf die den Mauern,
welche jenen als Widerlager dienen, zu gebende Dicke übt, späterer Besprechung
vorbehalten ist.
Auch durch seitlich von der Schwerachse angreifende (excentrische) lotrechte Drücke, welche eine ungleichmäßige Verteilung der Druckspannungen auf der Unterlage herbeiführen, wie im vorhergehenden Artikel angeführt wurde, kann die Standsicherheit einer Mauer in Frage gestellt werden, wenn die Unterlage an den am meisten gedrückten Stellen nachgibt, was besonders für die Grundmauern in Betracht kommt.
Die Wirkung des Winddruckes wird namentlich bei freistehenden Mauern und bei hohen Bauwerken, wie Kirchen, Türmen und Schornsteinen, zu beachten sein und zu Berechnungen Veranlassung geben680). Bei Gebäuden von gewöhnlichen Verhältnissen wird dieselbe jedoch in der Regel nicht für nötig gehalten, da deren Standfähigkeit durch die Verbindung mit den Quer-, Scheide- und gegenüberstehenden parallelen Mauern, sowie durch die Abknüpfungen, welche die Zwischengebälke für die Höhe bieten, wesentlich vergrößert wird. Auch stellen sich einschlagenden Berechnungen Schwierigkeiten insofern entgegen, als die Verteilung des Druckes auf die erwähnten Bauteile schwer zu beurteilen ist. Immerhin ist zu beachten, daß Mauern, deren Dicke für geringe Flächenausdehnung genügende Standfähigkeit verbürgt, mit derselben Dicke bei wesentlich größerer freier Länge und Höhe nicht standfähig genug sein werden. Man wird daher die Umfassungen von großen Räumen stärker als die von benachbarten kleinen zu machen oder sie mit Verstärkungen zu versehen haben. Hierauf nehmen auch die später mitzuteilenden Erfahrungsregeln für die Stärkenbestimmung der Mauern Rücksicht.
| Grafik: Fig. 682 |
Ferner ist nicht außer acht zu lassen, daß durch den Winddruck die Kantenpressung vermehrt und damit die Druckfestigkeit des Mauerwerkes stärker in Anspruch genommen wird. Bei nicht genügend starken Mauern kann diese Druckbeanspruchung so groß werden, daß derselben auch das festeste Material nicht genügen würde, so daß man danach auch bei Verwendung der festesten Stoffe mit Rücksicht auf den Einfluß, den der Winddruck auf die Lage der Drucklinien im Mauerwerk übt, die Mauerstärken nach Verhältnis der Höhe und freien Länge und nach Maßgabe der etwa vorhandenen Unterstützungen, nicht aber nur nach der Festigkeit des Stoffes zu bemessen hat.
Bei einfachen Bauwerken und Belastungsverhältnissen läßt sich ohne Schwierigkeit diejenige Dicke der Mauern bestimmen, welche dem größten anzunehmenden Winddruck genügt.
Es sei W der wagrecht wirkende Winddruck, G das Gewicht der Mauer, d die gleich bleibende und zu berechnende Dicke, h die Höhe und l die Länge derselben (in Met.); x sei der Abstand des Durchgangspunktes D (Fig. 682) der Mittelkraft R aus Winddruck W und Gewicht G von der Schwerachse der Mauer, also hier vom Mittelpunkte C der Basis A B. Als Angriffspunkt des Winddruckes ist der Schwerpunkt der getroffenen Fläche zu nehmen, der hier in der halben Höhe liegt. Die Länge l der Mauer sei 1m. Es ist dann ____________________ und
| 680) Die Berechnung der Dicke von steinernen Einfriedigungen nach dem Winddruck folgt im nächsten Hefte (unter C, Abschn 1, Kap. über »Einfriedigungen«) dieses »Handbuches«. ^ |
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Ist γ das Gewicht von 1cbm Mauerwerk, so ist G = h d γ und alsdann
____________________
| Grafik: Fig. 683 |
Standfähigkeit der Mauer ist vorhanden, wenn x <{1-2}d ist; nur Druckspannungen ergeben sich in der Basis A B, wenn der Durchgangspunkt der Mittelkraft R innerhalb der sog. Kernpunkte bleibt, also hier bei rechteckiger Basis und unter der Voraussetzung, daß der Wind die Mauer senkrecht trifft, wenn ______________________________ ist (vergl. Teil 1, Bd. 1, 2. Hälfte, 2. Aufl., Art. 112, S. 89 dieses »Handbuches«).
Für die Berechnung der Mauerdicke nehmen wir das äußerste zulässige Maß x = {1-6} d an; daraus ergibt sich ________________________
Die größte Druckspannung k findet in der Kante B statt. Sie ist bei der angenommenen Lage der Mittelkraft R doppelt so groß, als der auf die Basis gleichförmig verteilte Druck für die Flächeneinheit wäre, also ____________________k = 2 h γ für 1qm oder k = {2 h γ-10000} für 1qcm.
Wird die Mauer durch einen in ihrer Schweraxe wirkenden lotrechten Druck P belastet (Fig. 683), so ist die Momentengleichung ______________________ woraus ________________
Für x = {1-6} d ergibt sich __________________ und ____________________ für 1qm.
| Grafik: Fig. 684 |
Bei Gebäuden muß auch der auf das Dach kommende Winddruck mit in
Rechnung gezogen werden. Derselbe läßt sich in eine lotrechte Windlast und einen
wagrecht wirkenden Windschub zerlegen. Der letztere wird bei fester Auflagerung
des Daches im ungünstigsten Falle auf eines der beiden Auflager allein übertragen.
W1 sei dieser am Hebelsarm h angreifende Windschub des Daches (Fig. 684). Die Last P setzt sich aus dem Gewicht, der Windlast und der Schneelast des Daches zusammen. Da letztere die Stabilität der Mauer vergrößert, aber fehlen kann, so sollte man sie nicht in Rechnung stellen.
Die Momentengleichung ist dann ________________________ woraus ____________________
Für x = {1-6} d ergibt sich ______________
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Beispiel. Eine Halle von 8m Höhe und 14m Breite (einschl. Mauern) sei mit einem in Schiefer
gedeckten 1/3-Dach versehen. Nach Landsberg681) berechnen sich der Windschub des Daches W1 zu
387kg und die Windlast desselben zu 1485kg für 1m Länge. Das Gewicht des in Holz konstruierten
Daches ist nach Landsberg für 1qm wagrechte Projektion der Dachfläche ohne Berücksichtigung der
Binder 91kg, also für 1m Länge des Daches 7 . 91 = 637kg. Demnach ist
____________________
Für 1qm lotrechte Wandfläche ist 120kg Winddruck zu rechnen682), also, da h = 8m, für 1m Mauerlänge ________________________
| Grafik: Fig. 685 |
Unter Voraussetzung von Backsteinmauerwerk kann γ = 1600kg für 1cbm angenommen werden. Unter diesen Annahmen berechnet sich aus obiger Gleichung
__________________d = 1,772m, und die in der Kante B auftretende größte Druckspannung für 1qcm __________________k = 2,8kg.
Will man die Mauerdicke auf gewöhnliche Weise (Fig. 685), ohne Berücksichtigung der in der Aufstandsfläche auftretenden Spannungen, bestimmen, so kann dies unter Annahme einer m-fachen Sicherheit aus der Momentengleichung __________ geschehen. Da G = h d γ, so ergibt sich ____________ oder ______________
Unter Beibehaltung der Verhältnisse des vorhergehenden Beispieles berechnet sich bei 11/2-facher Sicherheit __________________________d = 1,219m und bei 2-facher Sicherheit __________________________d = 1,413m.
Da diese Maße kleiner sind, als das vorher berechnete, so müssen in der Aufstandsfläche sich Zugspannungen ergeben können. Erst bei 3-facher Sicherheit berechnet sich dasselbe Dickenmaß.
Die größten Spannungen in der Aufstandfläche lassen sich nach den Gleichungen683) ________ und bestimmen.
Da hier G = h d γ, F = d, a1 = a2 = {1-2} d und J = {1-12} d3 ist, so ergibt sich ________ und worin ____________________
Für d = 1,3m (5 Steinlängen) bei ungefähr 11/2-facher Sicherheit berechnet sich ________Nmax = 3,91kg Druck für 1qcm und Nmin = — 1,03kg Zug für 1qcm. Da gewöhnlich als äußerstes zulässiges Maß der Zugspannung für Luftmörtel 1kg für 1qcm angenommen wird, so wäre die berechnete Mauerdicke zu gering.
| 681) In Teil I. Band 1. zweite Hälfte (2. Aufl., Art. 28, S. 22 u. Art. 206, S. 189) dieses »Handbuches«. ^ |
| 682) Siehe ebendas., S. 23. ^ |
| 683) Siehe ebendas., S. 88. ^ |
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Für d = 1,42m (51/2 Steinlängen) bei 2-facher Sicherheit ist
______Nmax = 3,49kg Druck für 1qcm und Nmin = — 0,64kg Zug für 1qcm.
Die aus den Rechnungen sich ergebenden großen Mauerstärken erklären sich daraus, daß bisher eine Mauer für sich allein auf ihre Standfähigkeit untersucht wurde. Bei einem geschlossenen Gebäude unterstützen sich die Mauern gegenseitig durch die sie verbindende Balkenlage. Da man aber dieses Maß der gegenseitigen Unterstützung nicht kennt, so muß von einem Hinzuziehen derselben zur Berechnung Abstand genommen und im allgemeinen die Mauerdicke nach den aus der Erfahrung gewonnenen Regeln festgestellt werden. Dies gilt auch für turmartige Gebäude auf geringer Grundfläche, für welche der Winddruck besonders gefährlich werden kann. Man wird auch bei diesen die Mauerdicken nicht berechnen können, sondern sich auf die Untersuchung der Standfähigkeit des Bauwerkes beschränken müssen.
Regeln von Rondelet. (2)
Freistehende Mauern. (305.)
Bei den Schwierigkeiten, die sich einer theoretischen Ermittelung der Mauerstärken von Hochbauten entgegenstellen, ist man, wie bereits erwähnt, auf die Anwendung von aus der Erfahrung abgeleiteten Regeln angewiesen. Unter diesen haben die von Rondelet684) aufgestellten immer noch Anspruch auf Beachtung und Mitteilung.
Dieselben stützen sich auf Beobachtungen an einer großen Zahl von Gebäuden und gehen zunächst
von der Standfähigkeit freistehender, unbelasteter Mauern aus. Für solche fand Rondelet Beispiele in
den Ruinen der Villa des Kaisers Hadrian bei Tivoli, welche durch die Einwirkungen der Zeit auf die
Höhe herabgebracht zu sein schienen, in welcher sie sich dauernd erhalten konnten.
Dieselben zeigen das übliche römische Mauerwerk aus kleinen, durch reichlichen Mörtel zu einer festen Masse verbundenen Bruchsteinen und haben Verkleidung von opus reticulatum und durchbindende, bezw. begrenzende wagrechte Schichten von Backsteinen oder Tuffsteinen. Bei der längsten dieser Mauern ist die Dicke gleich dem elften Teil der Höhe.
Rondelet nimmt für freistehende unbelastete Mauern drei Grade der Standfähigkeit an: eine große, eine mittlere und eine geringe. Auf große Stabilität läßt sich schließen, wenn die Mauer den achten Teil, auf eine mittlere, wenn sie den zehnten Teil und auf eine geringe, wenn sie den zwölften Teil der Höhe zur Dicke hat. Dies gilt für Mauern, die bei gleich bleibender Richtung und Dicke keine Unterstützungen an den Enden haben.
| Grafik: Fig. 686 |
Verändern die Mauern ihre Richtung oder treten, wie in den Gebäuden, verschieden gerichtete Mauern zusammen, um einen umschlossenen Raum zu bilden, so ist die Standfähigkeit der Mauern von der Länge der einzelnen Mauerstücke abhängig, auf welche sie ihre Richtung beibehalten. Je kürzer sie sind, um so standfähiger werden sie sein, da sie immer an den Enden durch die anders gerichteten Mauern eine Stützung erhalten.
Das Verfahren Rondelet's, den Einfluß der Länge einer Mauer auf die Stabilität in Rechnung zu stellen, ist nach seiner Angabe das Ergebnis einer großen Menge von Versuchen, Beobachtungen und Rechnungen. Es besteht darin, daß man in dem aus Höhe A B (Fig. 686) und Länge A C der an den Enden durch Querwände gestützten Mauer gebildeten Rechteck die Diagonale B C zieht, die Höhe in die dem gewünschten Grade der Stabilität entsprechende Anzahl von Teilen teilt (8, 10 oder 12), mit
| 684) In: Traité théorique et pratique de l'art de bâtir. Bd. 3, Lief. 5. Paris 1808. (S. 187) — sowie in: Theoretischpraktische Anleitung zur Kunst zu bauen, von J. Rondelet. Bd. 4. Leipzig und Darmstadt, Wien 1835. (S. 122.) ^ |
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einem dieser Teile aus dem Endpunkte B der Höhe einen Bogen schlägt und durch
den Schnittpunkt dieses Bogens mit der Diagonale die Lotrechte legt. Der Abstand
x der letzteren von der Höhenlinie A B ist dann die gesuchte Mauerdicke.
Dieser Abstand x läßt sich auch leicht durch Rechnung finden. Es sei A B = h, A C = l, B 1 = B c = {h-n} und b c = x. Da nun B C : A C = B c : x und da so ist __________________________ woraus ____________________________
Ist z. B. l = 10m, h = 4m und n = 8, so ergibt sich x = 0,464m. Für die Ausführung in Backstein würde man als Stärke 2 Stein = 0,51m nehmen müssen, ein Maß, das den üblichen Annahmen entsprechen dürfte.
Rondelet gibt nicht bestimmt an, für welches Mauermaterial seine Regel gelten soll; er scheint aber Backsteine oder andere regelmäßig geformte kleine Steine im Auge gehabt zu haben. Nimmt man dies an, so würde man für andere Mauermaterialien die gefundene Stärke mit den in Art. 298 (S. 352) angegebenen Verhältniszahlen zu multiplizieren haben, um die entsprechende Mauerdicke zu bestimmen.
Das Verfahren gilt für beliebige eckige Grundrißformen. Um es auch für den Kreis anwenden zu können, ersetzte Rondelet denselben durch ein regelmäßiges Zwölfeck oder bestimmte die Mauerdicke noch einfacher für eine Länge gleich dem halben Halbmesser des Kreises. Die Ergebnisse sollen dem Besund an ausgeführten und sich bewährt habenden Gebäuden sehr gut entsprechen.
Umfassungen von eingeschossigen Gebäuden. (306.)
| Grafik: Fig. 687 |
Die Stärke von Mauern, welche eine Balkendecke oder ein Dach tragen, macht Rondelet nicht von ihrer Länge und Höhe, sondern von ihrer Höhe und der lichten Gebäudetiefe abhängig, da dieselben zwar durch die Deckenbalken oder Binderbalken gegenseitig Unterstützung ihrer Standfähigkeit erhalten, andererseits aber durch diese infolge ihrer Biegsamkeit erschüttert werden und die Größe der Durchbiegungen und Erschütterungen mit der Länge der Balken und damit mit der Tiefe der Räume zunimmt.
Wie bei freistehenden Mauern aus Länge und Höhe, so wird bei Tragmauern eingeschossiger Gebäude aus lichter Gebäudetiefe und Höhe ein Rechteck gebildet, die Diagonale gezogen und nun auf dieser vom oberen Ende 1/12 der Höhe abgetragen. Der Abstand der Lotrechten durch den so gefundenen Punkt von der Höhenlinie gibt die gesuchte Mauerdicke (Fig. 687).
Dieses Maß x der Mauerdicke kann in derselben Weise, wie das von freistehenden Mauern berechnet werden. Es sei A B = h, A C = t und B c = {1-12} h; da nun B C : A C = B c : x und so ist ______________________________
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Rondelet hat bei der Untersuchung von 280 Gebäuden in Frankreich und Italien, aus alter und
neuer Zeit, gefunden, daß bei solchen Gebäuden, welche ein Satteldach mit Dachbindern, mit oder ohne
Balkendecke, hatten, welches ein Ausweichen der Mauern verhinderte, die geringste Dicke der in Schichtsteinen
oder Backsteinen gut hergestellten Mauern 1/24 der lichten Tiefe des Gebäudes betrug.
| Grafik: Fig. 688 |
Für Gebäude von basilikalem Querschnitt, bei denen also die Mauern des höheren Gebäudeteiles durch die Pultdächer der niedrigeren Unterstützung erhalten (Fig. 688), gibt Rondelet als Regel, die ganze Höhe A B des Raumes zu der Höhe des emporragenden Teiles B E derselben zu addieren, davon 1/24 zu nehmen und dieses auf der Diagonale des aus der Höhe A B und der lichten Tiefe A C gebildeten Rechteckes abzutragen und dadurch den Punkt zu ermitteln, dessen Abstand b c von der Höhenlinie A B die Mauerdicke bestimmt.
Wenn A B = h, B E = h1 und A C = t, so bestimmt sich unter Beibehaltung
der früheren Bezeichnungen
________________________
Umfassungen von mehrgeschossigen Gebäuden. (307.)
Rondelet macht die Dicke der Umfassungsmauern mehrgeschossiger Gebäude ebenfalls von der Höhe und Tiefe derselben abhängig, unterscheidet jedoch zwischen Gebäuden ohne und mit Mittelmauer oder mittlerer Unterstützung der Balken.
Bei den ersteren soll die geringste Dicke der Mauer über dem Sockel 1/24 der Summe von Gebäudetiefe und halber Gebäudehöhe gemacht werden, oder ______________________________ Für eine mittlere Standfähigkeit soll noch 1 Zoll (= 27mm), für eine große 2 Zoll (= 54mm) zugesetzt werden.
Bei den Gebäuden mit einer Mittelmauer wird die Mauerdicke zu 1/24 der Summe von halber Gebäudetiefe und Gebäudehöhe angenommen, also __________________________
Rondelet gibt nicht an, ob die Mauern in den oberen Geschossen schwächer gemacht werden sollen, als die durch die Berechnung für das Erdgeschoß gefundenen. Dies läßt sich nur vermuten. Man erhält übrigens passende Mauerdicken, wenn man die Rechnung für jedes Stockwerk durchführt und die über dem Fußboden desselben vorhandene Höhe bis zum Hauptgesims in Rechnung stellt.
Scheidewände. (308.)
Zur Bestimmung der Dicke von Scheidemauern soll man nach Rondelet zur Tiefe des Raumes, welcher durch eine Scheidemauer geteilt werden soll, die Stockwerkshöhe addieren und von dieser Summe 1/36 nehmen. Bei Verwendung von
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Backsteinen und natürlichen Steinen mittlerer Festigkeit soll man das gefundene
Maß um 1/2 Zoll (= 131/2mm) für jedes Stockwerk über dem Erdgeschoß vergrößern,
um die Mauerdicke in letzterem zu bestimmen. Bei Steinen geringer Festigkeit soll
man dagegen für jedes Stockwerk 1 Zoll (= 27mm) zurechnen.
Bei Holzfachwerkwänden, welche mit Gips ausgemauert und beiderseits geputzt sind, soll die Hälfte der für eine Mauer an derselben Stelle nötigen Dicke hinreichen; für leichte Scheidewände, welche keine Balken zu tragen haben, 1/4 der nach der Regel bestimmten Dicke.
Uebliche Wandstärken. (3)
Mauern aus Backsteinen. (α)
Allgemeines. (309.)
Bei der Feststellung der Mauerstärken wird immer der Kostenersparnis wegen das Bestreben vorhanden sein, unter Berücksichtigung genügenden Widerstandes gegen die Witterungseinflüsse und ausreichender Tragfähigkeit für die gegebenen Belastungen mit dem geringsten zulässigen Maße auszukommen. Ueber dieses sind nun in den verschiedenen Gegenden sowohl die aus der Erfahrung geschöpften Angaben, als auch die Bestimmungen der Baupolizei verschieden. Teils hängt dies mit der Verschiedenartigkeit der zur Verwendung gelangenden Baustoffe, teils mit der von alters her üblichen örtlichen Bauweise zusammen. In Deutschland ist der Backsteinbau namentlich im Norden zur Ausbildung gelangt, und da in der größten Stadt wohl die mannigfaltigsten Erfahrungen vorauszusetzen sind, so dürfte es sich empfehlen, hier besonders die Berliner Verhältnisse zu berücksichtigen.
Belastete Umfassungsmauern. (310.)
Bei den Umfassungsmauern der Gebäude unterscheidet man häufig zwischen Front- und Giebelmauern, wobei man annimmt, daß die ersteren durch Balkenlagen belastet sind. Da dies jedoch auch bei den Giebelmauern der Fall sein kann, so müssen dann für diese die gleichen Regeln wie für Frontmauern gelten.
Fast allgemein gültig ist wohl die Regel, daß man die belasteten Umfassungsmauern gewöhnlich nicht unter 11/2 Stein, mindestens aber 1 Stein stark, mit Rücksicht auf genügenden Schutz gegen die Witterung, zu machen habe (vergl. Art. 300, S. 353).
Dies gilt sowohl für eingeschossige Gebäude, als auch für das oberste Stockwerk mehrgeschossiger Gebäude.
Ebenso verfährt man wohl allgemein nach dem Grundsatze, bei mehrstöckigen Gebäuden der Mauerdicke des obersten Stockwerkes für jedes darunter befindliche dann 1/2 Stein zuzusetzen, wenn die Balken auf Mauerlatten aufzulagern sind, für welche der Mauerabsatz die Unterstützung bieten soll, dagegen Ersparnisse in dieser Beziehung zuzulassen und diesen Zusatz von 1/2 Stein nur alle zwei Stockwerke einzuführen, wenn keine Mauerlatten Verwendung finden oder diese den Mauern vorgelagert sind (vergl. hierüber Art. 302, S. 354).
Mit Rücksicht auf genügende Standfähigkeit begnügt man sich mit diesen Mauerstärken nur bis zu gewissen größten Maßen der umschlossenen Räume, über welche allerdings die Meinungen etwas verschieden sind.
Nach Scholz685), der die Berliner Verhältnisse im Auge hat, ist die äußere belastete Frontwand im obersten Geschoß 11/2 Stein stark aufzuführen, wenn die Stockwerkshöhen 3,5 bis 4,5m, die Zimmertiefen 5,0 bis 7,0m und die Zimmerlängen höchstens 9,0m betragen. Für jedes tiefer liegende Geschoß ist gewöhnlich 1/2 Stein zuzulegen. Sind jedoch die Stockwerke nicht über 4,0m hoch und ist das Gebäude
| 685) In: Die Fachschule des Maurers. Leipzig 1887. S. 243. ^ |
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zwischen andere Häuser eingebaut, so braucht diese Verstärkung nur alle zwei Stockwerke vorgenommen
zu werden.
Nach Lang686) sind die Frontmauern im obersten Geschoß 11/2 Stein stark aufzuführen bei einer Stockwerkshöhe von 3,3 bis 3,6m, Zimmertiefe von nicht über 6,0m und einer freien Länge der Frontmauer von nicht über 9 bis 10m. Bei gutem Material, fleißiger Arbeit und einer Zimmerhöhe unter 3,3m soll man mit einer Stärke von 1 Steinlänge ausreichen. Für jedes tiefer gelegene Stockwerk ist gewöhnlich der Mauerstärke 1/2 Stein zuzusetzen; doch kann man diese Verstärkung auch erst alle zwei Stockwerke vornehmen, wenn die einzelnen Geschosse nicht über 3,5 bis 4,0m hoch sind und die Balkenlagen nicht auf Mauerabsätze gelegt werden sollen.
Nach dem Ortsbaustatut der Stadt Darmstadt sind bei massiven Gebäuden und Verwendung von Backsteinen die Umfassungsmauern im obersten Geschoß, bezw. Kniestock mindestens 25cm stark zu machen und alle zwei Stockwerke um mindestens 1/2 Stein zu verstärken, wobei die Geschoßhöhen nicht über 4,0m im Lichten und die Zimmertiefen nicht über 7,0m betragen dürfen.
Balken tragende Umfassungsmauern von nicht mehr als 2 bis 3m Länge können wie die später zu besprechenden unbelasteten Umfassungen behandelt werden.
Starke Belastungen von Gebäuden, wie bei Pack- oder Lagerhäusern, und starke, sich wiederholende Erschütterungen, wie bei vielen Fabrikgebäuden, veranlassen häufig stärkere Bemessung der belasteten Umfassungsmauern, insbesondere erfordern sie gewöhnlich Verstärkungen in jedem tieferen Geschoß.
Müller687) gibt an, daß nach in Bremen an schwer belasteten Packhäusern gemachten Erfahrungen die von Rondelet für mehrgeschossige Gebäude mit mittlerer Unterstützung der Balken aufgestellte Formel (vergl. Art. 307, S. 365) genügende Mauerdicken ergebe, wenn man anstatt der halben Höhe 2/3 derselben setze, also die Dicke nach der Formel ____________________ berechne.
Andererseits ermöglicht die Verwendung von Portlandcementmörtel und von sehr guten Backsteinen die Anwendung schwächerer Abmessungen.
So teilt Klücher in der unten angegebenen Quelle688) mit, daß in Hamburg in sehr vielen fünfgeschossigen Wohnhäusern die Frontwände der oberen vier Geschosse 11/2 Stein und die des Erdgeschosses und Kellers 2 Stein stark (Hamburger Format) ausgeführt werden. Nicht frei stehende Giebel werden im Keller 11/2 Stein stark und in sämtlichen vier, bezw. fünf Geschossen 1 Stein stark zur Ausführung gebracht, wobei sie oft selbst als Balken tragende Wände aufzutreten haben. Allerdings verwendet man dabei zum gesamten Mauerwerk beste Mauersteine und in den unteren Geschossen Portlandcementmörtel Erdgeschoß in der Anordnung eines Ringes von eisernen Trägern auf Front- und Giebelmauern, welche bei großen Raumabmessungen über dem I. Obergeschoß zu wiederholen ist. Zur Beurteilung der angegebenen Mauerstärken ist anzuführen, daß das Hamburger Backsteinformat nur 215 × 105 × 55mm mißt.
Eingeschossige Gebäude, wie Arbeitsschuppen, bei denen Rücksicht darauf genommen ist, daß alle Erschütterungen nicht unmittelbar auf das Mauerwerk, sondern auf den Erdboden übertragen werden, lassen sich bei gutem Baumaterial unter Umständen mit sehr dünnen Wänden ausführen.
So zeigt ein 50m langer, 5m tiefer, an der Rückwand des Pultdaches 4,5m hoher, mit Pappe gedeckter Arbeitsschuppen einer Fabrik von Cementarbeiten 1/2 Stein starke Umwandungen in Cementmörtel mit 1 Stein starken Schäften in Entfernungen von 3 bis 4m 689).
In solchen Fällen soll nach unten stehender Quelle690) bei 4 bis 5m Tiefe, bis 4m Höhe, Verwendung von Kalkcementmörtel und Holzcementdach, selbst auf
| 686) In: Breymann, G. A. Allgemeine Bau-Constructions-Lehre u. s. w. Neu bearbeitet von H. Lang. Teil I: Constructionen in Stein. 5. Aufl. Stuttgart 1881. S. 281. ^ |
| 687) In: Die Maurerkunst. 3. Aufl. Leipzig. S. 294. ^ |
| 688) Baugwksztg. 1888, S. 660. ^ |
| 690) Ebendas. ^ |
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größere Längen, wenn allenfalls in Abständen von etwa 4m Pfeiler vorgelegt werden,
eine Dicke der Umfassungswände von 1 Stein Stärke oder von 30cm bei Anwendung
von Hohlmauern genügen.
Hohe Wand. (311.)
In Berlin nennt man bei Anlage von Seitenflügeln die dem Nachbar zugewendete Umfassungswand »hohe Wand«. Da solche mit einem Pultdach überdeckte Flügel gewöhnlich eine geringe Tiefe haben und da die hohe Wand in der Regel mit der gegenüber liegenden Hofmauer durch Balken verankert ist und keine Oeffnungen oder Nischen erhalten darf, so kann die Mauerstärke hier für die drei obersten Stockwerke 11/2 Stein genommen werden. Eine Verstärkung um 1/2 Stein braucht man erst bei dem vierten Geschoß von oben eintreten zu lassen. Der im Dach befindliche Teil der hohen Wand ist mindestens 1 Stein stark mit vorgelegten Verstärkungspfeilern zu machen; die in Berlin häufig angewendete Konstruktion als abgebundene Wand mit 1/2 Stein starker Verblendung ist nicht zu empfehlen691).
Lichthofmauern. (312.)
Zu den durch Balkenlagen belasteten Mauern gehören zum Teile auch die Umfassungen von Lichthöfen. Da dieselben gewöhnlich verhältnismäßig geringe Länge besitzen und meist untergeordnete Räume begrenzen, so macht man sie durch drei Stockwerke hindurch 11/2 Stein stark und läßt dann erst eine Verstärkung eintreten. Tragen sie keine Balken und begrenzen sie Räume von geringer Tiefe, so begnügt man sich wohl auch mit 1 Stein Stärke.
Unbelastete Umfassungsmauern. (313.)
Die dem Nachbar zugekehrten Umfassungen heißen gewöhnlich Giebelmauern und erhalten häufig keine Belastung durch Balkenlagen. Man darf dieselben in Berlin in den beiden obersten Geschossen 1 Stein stark machen, wenn sie von Oeffnungen durchbrochen sind, und braucht erst dann eine Verstärkung von 1/2 Stein, wie bei den Frontwänden, alle zwei Geschosse vorzunehmen. Haben sie keine Oeffnungen, so darf man sogar die Stärke von 1 Stein durch drei Geschosse hindurch beibehalten692). Diese geringen Stärken sind bei gewöhnlichem Mörtel wohl nur bei nicht zu beträchtlicher Länge der Giebelwände und unter der Voraussetzung zulässig, daß abknüpfende Mittelmauern vorhanden sind. Sind letztere nicht vorhanden, sind die Giebelmauern lang und hoch, so müssen sie stärker und ähnlich den Frontmauern gehalten werden. Stehen sie dabei auch frei und begrenzen große und hohe Räume, wie bei Hallenbauten, so sind sie der Beanspruchung durch Winddruck angemessen und, wegen des Mangels an Verankerung, wie freistehende Mauern zu berechnen.
Brandmauern. (314.)
Die dem Nachbar zugekehrten Wände müssen, wenn sie an der Grenze oder in einer Entfernung von derselben stehen, die unter der durch die jeweiligen Baupolizeivorschriften festgesetzten bleibt, als Brandmauern hergestellt werden. Sie dürfen als solche, auch im Dache, nicht unter 1 Stein stark gemacht werden, dürfen nur ausnahmsweise und unter vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen Oeffnungen erhalten und durch Holzwerk oder Schornsteine nur so weit beansprucht werden, daß die festgesetzte Mindeststärke immer übrig bleibt; auch müssen sie über das Dach emporgeführt werden.
Der Ueberstand über das Dach ist verschieden geregelt. In Berlin soll er mindestens 20cm, im Großherzogtum Hessen mindestens 40cm betragen.
Auch in Bezug auf die sonstige Konstruktion sind die Vorschriften für diese Mauern verschieden. Während z. B. im Großherzogtum Hessen nur allgemein bestimmt ist, daß die Stärke derselben im einzelnen Falle unter Berücksichtigung der Höhe der Gebäude, des Baumaterials, der Verbindung mit anderen Mauern, der Bestimmung des Gebäudes und der Deckenkonstruktion festzusetzen sei, können die Brand-
| 691) Siehe: Scholz, a. a. O. ^ |
| 692) Siehe: Baugwksztg. 1890, S. 152. ^ |
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mauern in Sachsen nach der Baupolizeiordnung für Städte entweder in den für die Umfassungen überhaupt
statthaften Mindeststärken oder, wenn dies mit dem Zweck vereinbar ist, mit durch Bogen oder Rollschichten
verbundenen Schäften ausgeführt werden. Die Schilder müssen dabei im Dache mindestens
1/2 Stein, sonst in allen Geschossen 1 Stein stark gemacht werden; die Schäfte (Verstärkungspfeiler) haben
im Dache 1 Stein, vom I. bis IV. Geschoß von oben 11/2 Stein, im V. Geschoß von oben 2 Stein
Stärke zu erhalten. Bogen oder Rollschichten brauchen im Dache nicht, müssen aber sonst wenigstens
alle zwei Geschosse in der Tiefe der Schäfte und 1 Stein stark hergestellt werden.
In Magdeburg ist die geringste Stärke der Brandmauer im Dach von der Höhe des Dachgiebels abhängig und kann 25cm und 38cm betragen, wozu außerdem noch Verstärkungspfeiler treten können693).
Brandmauern von der Mindeststärke von 1 Stein werden oft auch zur Abscheidung feuergefährlicher Teile von Gebäuden oder zur Teilung langer Gebäude verlangt.
So müssen in Berlin 25cm starke massive Brandmauern im Inneren der Gebäude in ganzer Tiefe und Höhe bis 20cm über Dach auf je 40m Entfernung aufgeführt werden; nur ausnahmsweise wird das Weglassen derselben mit Rücksicht auf den Nutzungszweck des Gebäudes gestattet.
Gemeinschaftliche Brandmauern. (315.)
In manchen Gegenden ist bei aneinander stoßenden Gebäuden die Ausführung von auf der Grenze stehenden gemeinschaftlichen Brandmauern (Kommunmauern) gestattet; in Berlin ist dies nicht zulässig. Als geringste Stärke für alle Stellen der Mauer gilt auch in diesem Falle gewöhnlich 1 Stein. Die Verstärkungen in den unteren Geschossen springen nach beiden Seiten vor.
Im Königreich Sachsen können die gemeinschaftlichen Brandmauern in derselben Weise aufgeführt werden, wie die selbständigen, in 1 Stein starken Schildern mit Verstärkungspfeilern, welche symmetrisch zur Mittellinie der Schilder stehen, aber ohne Verbindung durch Bogen oder Rollschichten; im Dach müssen sie jedoch auch 1 Stein stark sein.
Kniestockwände. (316.)
Die Kniestock- oder Drempelwände, also die bei den neueren städtischen Gebäuden zumeist vorhandenen Teile der Umfassungen über der Dachbalkenlage, sind zweckmäßigerweise, auch bei hölzernen Hauptgesimsen, 1 Stein stark zu machen und nicht als 1/2 Stein starke Verblendungen der sich an sie lehnenden, in Holz abgebundenen Kniewände des Dachgerüstes auszuführen. Bei massiven Hauptgesimsen genügt nur bei geringen Ausladungen derselben die Stärke von 1 Stein (vergl. hierüber Art. 301, S. 354).
Die geringste Dicke der Kniestockwände ist mitunter auch baupolizeilich vorgeschrieben, so in Darmstadt mit 25cm.
Mittelmauern. (317.)
Diejenigen Scheidewände der Gebäude, welche durch Balkenlagen belastet werden, nennt man in der Regel Mittelmauern (siehe Art. 1, S. 5). Die Beanspruchung derselben durch die Balkenlast ist größer, als die der Frontmauern, auch können sie nachteiliger, als diese durch die Erschütterungen der Gebälke beeinflußt werden. Mit Rücksicht darauf aber, daß in den Frontmauern die Druckfestigkeit des Materials nur zu einem geringen Teile in Anspruch genommen wird, dieselben dagegen dem Winddruck unmittelbar ausgesetzt und durch Oeffnungen mehr durchbrochen sind, als die Mittelmauern und diese den Witterungseinflüssen keinen Widerstand zu leisten haben, macht man sie in der Regel doch nicht stärker, als die Frontmauern im obersten Geschoß, ja häufig noch schwächer. Nur bei sehr tiefräumigen Gebäuden und wenn die Mittelmauern viele Rauch-, Heiz- oder Lüftungskanäle aufzunehmen haben, geht man über das Maß von 11/2 Stein hinaus. Dies sollte aber bei Gebäuden mit 5 bis 7m tiefen und durchschnittlich 4m hohen Räumen, für welche die Frontmauern im obersten Geschosse gewöhnlich auch mit 11/2 Stein bemessen sind, immer angenommen werden. Bei sehr guter Ausführung kann man dasselbe durch
| 693) Siehe: Deutsches Baugwksbl. 1882, S. 502. ^ |
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vier Geschosse beibehalten und braucht die Mittelmauern nur in noch tiefer liegenden
Geschossen zu verstärken. Sind zwei den Frontwänden parallel laufende Mittelmauern
vorhanden, so kann man die den ersteren zunächst liegende schwächer halten oder
wohl auch beide mit 1 Stein bemessen.
In Berlin muß mindestens die eine der beiden Mittelmauern 11/2 Stein stark gehalten werden.
In Darmstadt muß je nach der Größe der Gebäude mindestens eine der zur Balkenunterstützung erforderlichen Scheidewände massiv, und zwar wenigstens 1 Stein stark im obersten Geschoß, ausgeführt werden; ausgenommen hiervon sind einstöckige Gebäude.
Unzulässig erscheint es, Balken tragende Wände durch mehrere Geschosse hindurch nur 1/2 Stein stark auszuführen, wenn auch in verlängertem Cementmörtel und unter Einschaltung von {I}-Trägern zur Auflagerung der Balken, wie dies in Hamburg geschehen soll694).
Erwähnung mag hier noch finden, daß nur in 2 Stein starken Mittelmauern die engen, sog. russischen Schornsteine ohne die oft recht störenden Vorsprünge bei den gewöhnlichen Querschnittsmaßen und mit Einhaltung der in der Regel vorgeschriebenen geringsten Wanddicke derselben von 12cm sich unterbringen lassen. Bei 13/4 Stein starken Mittelmauern wäre dies allerdings auch zumeist der Fall; diese können jedoch nur bei Bezug von geformten Dreiviertelsteinen hergestellt werden. Ersparnisse von Material lassen sich bei starken Mittelmauern oft durch Anordnung von überwölbten Nischen erzielen, die in untergeordneten Räumen, Vorplätzen und Flurgängen häufig nicht stören und unter Umständen zu Wandschränken ausgenutzt werden können.
Scheidemauern. (318.)
Die nicht durch Balken belasteten Scheidemauern der Gebäude wird man in sehr vielen Fällen nur 1/2 Stein stark zu machen brauchen und, da sie durch die Streichbalken eine seitliche Sicherung ihres lotrechten Standes erhalten, diese Stärke auch bis zu vier Geschossen gewöhnlicher Höhe auf 5 bis 6m freie Länge beibehalten können. Dies setzt aber die Verwendung von scharf gebrannten Steinen und Cementmörtel voraus.
In Berlin dürfen 1/2 Stein starke Scheidewände nicht über 6m lang gemacht werden695). Auch bei nur ein Stock hohen Wänden von dieser Länge sollte man immer wenigstens Kalkcementmörtel verwenden. In mehrstöckigen Gebäuden werden in solchen Wänden die Thüröffnungen übereinander anzuordnen sein. Die Thürständer gehen durch die ganze Höhe durch, werden durch die Streichbalken zangenartig gefaßt und zwischen diesen Hirnholz auf Hirnholz gesetzt.
Zur Trennung nebeneinander liegender Wohnungen empfiehlt sich immer die Anwendung von 1 Stein starken Wänden, ebenso, wenn es sich darum handelt, das Durchhören von einem Raume nach dem anderen abzuschwächen, oder wenn genügender Schutz gegen Abkühlung bei anstoßenden ungeheizten Räumen, wie Hausfluren, Treppenhäusern, Vorräumen u. s. w. geboten sein soll.
Ueber 1 Stein Stärke wird man bei Scheidemauern nur bei sehr großer Länge und Höhe gehen, sowie in denjenigen Fällen, wo in denselben viele Heiz- oder Lüftungskanäle unterzubringen sind, oder wo eine gewisse Sicherheit gegen Durchbruch geboten werden soll, oder wo man Hohlmauern zu errichten hat, die gegen Durchhören sichern sollen.
Treppenhausmauern. (319.)
Die Umfassungen der Treppenhäuser können zum Teile Front-, Mittel- und Querscheidemauern sein, je nach der Lage der Treppe im Gebäude. Je nach der Konstruktion der letzteren können dieselben auch verschieden beansprucht und danach bemessen werden. Zu beachten ist auch, daß sie auf den Seiten, an welche sich die Treppenläufe legen, bei Holztreppen ganz frei stehen und sie durch die Benutzung
| 694) Vergl. die in Fußnote 688 (S. 367) mitgeteilte Quelle. ^ |
| 695) Nach: Scholz, a. a. O. ^ |
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derselben Erschütterungen erfahren, sowie daß man ihnen nach dieser Seite nicht
gern Verstärkungen gibt, um den Treppenraum nach unten hin, wo er am meisten
benutzt wird, nicht zu beschränken. Eine Ausnahme hiervon machen die Kellertreppen.
So weit die Treppenmauern Umfassungen sind, gibt man ihnen nach einer
häufig angewendeten Regel auf die ganze Höhe als Stärke das Mittel aus der Dicke
der übrigen Frontmauern im Erdgeschoß und obersten Geschoß. Sind dabei die
Frontmauerstücke des Treppenhauses sehr lang und springen sie vor die Gebäudeflucht
vor, so setzt man der gefundenen Mauerstärke noch 1/2 Stein zu. Sind sie
dagegen kurz, wie bei zweiläufigen Treppen gewöhnlicher Wohnhäuser, so kann man
wohl auch in den drei oberen Geschossen 11/2 Stein als Dicke annehmen und von
da an 2 Stein, wobei man die Verstärkung unter dem Ruheplatz aufhören läßt.
Die Treppenumfassungen, welche Balkenlagen aufnehmen, sind als Mittelmauern zu behandeln und daher in den vier oberen Geschossen 11/2 Stein stark zu machen, weiter aber, bei noch größerer Höhe, um 1/2 Stein zu verstärken. [Tabelle]
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Die nicht durch Balkenlagen beanspruchten Umfassungen kann man durch
fünf Geschosse696) hindurch 1 Stein stark machen. Diese Stärke reicht auch für
steinerne Treppen aus, wenn die Stufen an beiden Enden unterstützt sind und beim
Aufmauern der Wände mit verlegt werden. Sind sie nachträglich einzustemmen, so
müssen die Mauern um 1/2 Stein verstärkt werden. Dies muß auch bei frei tragenden
steinernen Treppen geschehen, deren Seitenwände des Stufenauflagers wegen
nicht unter 11/2 Stein gemacht werden dürfen.
In Berlin dürfen in Wohngebäuden bei zweiläufigen Treppen die Seitenwände in den oberen fünf Geschossen, bei Fabrikgebäuden nur in den vier oberen Geschossen 1 Stein stark gemacht werden, in den tiefer unten befindlichen Geschossen 11/2 Stein. Wenn das Treppenhaus breiter, als 2,5m ist, wenn die Stufen eingestemmt werden, wenn außer den Thüren auf dem Hauptruheplatz noch Abortthüren auf dem Zwischenpodest vorhanden sind, und wenn die Mauern zur Aufnahme von Kochmaschinenträgern dienen, so sind die Mauern durchgängig 13cm stärker zu machen697).
Die mittlere Wangenmauer bei zweiläufigen, gerade gebrochenen Treppen ist in der Regel mit 1 Stein stark genug, da sie durch die eingebundenen Steinstufen mit den seitlichen Umfassungen verbunden wird.
Bei unterwölbten Treppen sind die als Widerlager dienenden Umfassungen nicht unter 2. Stein stark zu machen. Diese Stärke kann für drei aufeinander folgende Geschosse beibehalten werden, ist weiter unten aber um 1/2 Stein zu vermehren698).
Berliner Mauerstärken. (320.)
In der umstehenden Tabelle699) geben wir Darstellungen der in Berlin von der Baupolizei genehmigten Mauerstärken für Wohn- und Fabrikgebäude700).
Mauern aus verschiedenen Stoffen. (β)
Allgemeines. (321.)
Bei der Verwendung von anderen Baustoffen, als Backsteinen, kann man die für die letzteren üblichen Mauerstärken nach den in Art. 298 (S. 352) gegebenen Verhältniszahlen für das gegebene Material umrechnen, ist dabei aber für das oberste Geschoß an das geringste zulässige Maß gebunden. Wenn dieses auch oft größer ist, als für Backstein, so ist man dagegen gewöhnlich in der Lage, die in den untereinander folgenden Geschossen anzunehmende Verstärkung geringer als 13cm (1/2 Stein) bemessen zu können. Namentlich gilt dies für regelmäßig bearbeitete und großstückige Steine, bei welchen Mauerlatten häufig nicht angewendet werden, und überhaupt für alle Fälle, in denen die Mauerlatte weggelassen werden kann und die Größe der Mauerabsätze nicht durch das Format und die Maße der Steine bedingt ist.
Bei den geringwertigen Mauerstoffen, deren geringe Festigkeit oder unregelmäßige Gestalt große Mauerdicken bedingen, ist man trotz der letzteren in der Anzahl der übereinander aufführbaren Geschosse und damit in der Gesamthöhe der Mauern beschränkt.
Quader. (322.)
Reines Quadermauerwerk wird nur selten in Deutschland angewendet, und dann zumeist nur bei Gebäuden von Verhältnissen, die nicht den gewöhnlichen entsprechen, so daß übliche Mauerstärken nicht angegeben werden können. Die den Quadermauern zu gebende Stärke ist daher nach den vorhandenen Bedingungen im einzelnen Falle zu beurteilen.
| 696) Nach: Scholz, a. a. O. ^ |
| 697) Siehe: Baugwksztg. 1890, S. 152. ^ |
| 698) Siehe: Scholz, a. a. O. ^ |
| 699) Nach: Baugwksztg. 1890, S. 152. ^ |
| 700) Ueber die in Nordamerika bei hohen Gebäuden zulässigen Mauerstärken siehe: Zeitschr. d. öst. Ing.- u. Arch. Vereins 1893, S. 399. — Zeitschr. f. Bauw. 1895, S. 228. ^ |
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Das häufig vorkommende Mauerwerk mit Quaderverkleidung ist nach dem
Material der Hintermauerung zu beurteilen und diesem entsprechend in der Dicke
zu bemessen.
Schichtsteine. (323.)
Gutes Schichtsteinmauerwerk ist gutem Backsteinmauerwerk gleichwertig. Für Wohngebäude wird man aber die Umfassungen der obersten Geschosse, wegen der besseren Wärmeleitungsfähigkeit der natürlichen Steine, in der Mauerdicke nicht auf das bei Backsteinen noch unter Umständen zulässige geringste Maß von 1 Stein herabsetzen dürfen, sondern das von 11/2 Stein, das sich für Schichtsteine zu etwa 40cm stellt, anwenden müssen. Etwas darunter kann man gehen, wenn man, wie dies durchaus zweckmäßig erscheint, das Schichtsteinmauerwerk auf der Innenseite 1/2 Stein stark mit guten Backsteinen verkleidet, wobei aber auf guten Verband zwischen Schichtstein- und Backsteinmauerwerk zu achten ist. Man erhält dann für das oberste Geschoß ungefähr 35cm Mauerdicke der Umfassungen. Mauerlatten läßt man im allgemeinen weg. Da man aber in der Bemessung der Verstärkungsabsätze nicht gebunden ist und bei denselben bis auf 5cm herabgehen kann, so empfiehlt sich dennoch die Verstärkung der Mauern in allen Geschossen. Alle angegebenen Maße sind übrigens von den üblichen Schichtsteinabmessungen und den etwaigen Baupolizeivorschriften abhängig.
Im Königreich Sachsen müssen die frei stehenden Umfassungen aus regelmäßig bearbeiteten Steinen (Sandsteingrundstücken u. dergl.) bei mehrgeschossigen Gebäuden, deren Stockwerke nicht über 6 Ellen (= 3,4m) Höhe haben, wenigstens folgende Stärke erhalten:
Im Dach 8, bezw. 10 Zoll (= 0,189m oder 0,236m), mit Schäften von 16, bezw. 20 Zoll Stärke (= 0,378m oder 0,472m);
im I. Stockwerk, von oben gerechnet, 10 Zoll Stärke (= 0,236m), mit Schäften von mindestens 16 Zoll Stärke (= 0,378m);
im II. Stockwerk, desgl., 16 Zoll (= 0,378m);
im III. Stockwerk, desgl., 20 Zoll (= 0,472m);
im IV. Stockwerk, desgl., 22 Zoll (= 0,519m);
im V. Stockwerk, desgl., 24 Zoll (= 0,566m).
Als geringste Dicke von Brandmauern gilt auch im allgemeinen die von 25cm, wie bei Backsteinen, obgleich die letzteren zumeist feuersicherer sind, als die natürlichen Steine.
Scheidemauern kann man nicht schwächer machen, als die Schichtsteine dick sind. Für stärker auszuführende Mittelmauern empfiehlt sich jedoch als Dicke diejenige zu wählen, die sich durch das scharfe Aneinandermauern der Läuferreihen, gewöhnlich zwei, ergibt. Ein geringerer Stärkezuwachs, als eine Läuferstärke, bedeutet für die Festigkeit keinen wesentlichen Gewinn, da er, abgesehen von den Durchbindern, durch Füllsteine und Mörtel bewirkt wird.
Lagerhafte Bruchsteine. (324.)
Für lagerhafte Bruchsteine und Luftmörtel gilt als geringste Mauerdicke 40 bis 45cm, welche man nach der Geschoßzahl um so viel zu verstärken hat, als dies im Verhältnis zu Backstein unter sonst gleichen Umständen erforderlich ist. Die Größe der Mauerabsätze darf dabei aber nicht geringer als 10cm genommen werden, da in der Regel Mauerlatten in Anwendung gelangen. Ein oft angewendetes Maß für die Absatzbreite ist 15cm. In der Zahl der Geschosse geht man nicht gern über drei hinaus.
Unregelmäßige Bruchsteine. (325.)
Ganz ähnlich verfährt man bei Mauern aus unregelmäßigen Bruchsteinen; nur daß die Mindestdicke 50 bis 60cm beträgt und die Höhe selten über zwei Geschosse genommen wird. Bei größerer Höhe ist die absatzweise Einschaltung durchbindender
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Schichten aus regelmäßigem Material erforderlich (vergl. Teil III, Band 1, Art. 78,
S. 65 [2. Aufl.: S. 66] dieses »Handbuches«).
Beton. (326.)
Mittelguter Portlandcementbeton wird gutem Backsteinmauerwerk in Luftmörtel gleichwertig erachtet. Man hat jedoch gefunden, wie schon in Art. 300 (S. 354) erwähnt wurde, daß genügender Schutz gegen Niederschlag von Feuchtigkeit und Wärmewechsel von den Umfassungsmauern nur bei 25 bis 30cm Stärke gewährt wird, wobei noch ein Putz mit Portlandcementmörtel und sorgfältige Arbeit vorausgesetzt werden müssen. Ist letztere Bedingung erfüllt, so kann dann diese Mauerstärke durch drei Geschosse beibehalten werden, wie verschiedene im Braunschweigischen errichtete Gebäude beweisen, welche in drei Geschossen 30cm starke Umfassungen haben701). Die Scheidewände sind bei diesen Gebäuden durchgängig 20cm stark gehalten worden; nur bei einem derselben bekam die Langscheidemauer 25cm. Dabei wurden mehrere dieser Gebäude in der schwerer zu beaufsichtigenden Herstellungsweise mit Packung (vergl. Art. 132, S. 114) ausgeführt.
In England kommen wohl noch geringere Mauerstärken in Anwendung, jedenfalls aber nicht in London, wo (vergl. Art. 133, S. 116) bei der vorgeschriebenen sehr fetten Mischung des Stampfbetons die Mauerstärke wenigstens gleich der Stärke der Ziegelmauern sein soll. Die Ueberwachungsgebühr des Bezirksbaubeamten beträgt dabei um die Hälfte mehr, als bei anderen Gebäuden.
Da so sorgfältige Ausführung und Beaufsichtigung, wie sie für die angegebenen geringen Mauerdicken verlangt werden müssen, nicht immer vorausgesetzt werden können, so finden sich denn auch mehrfach Betongebäude, namentlich solche mit magereren Betonmischungen, mit stärkeren Mauern ausgeführt.
So sind bei einem in Elbing ausgeführten, aus Keller-, Erdgeschoß und einem teilweise als Kniestock behandelten Obergeschoß bestehenden Wohnhause die Umfassungsmauern im Keller 0,65 bis 0,52m, im Erdgeschoß 0,52 bis 0,40m, die Scheidewände im Keller 0,52 bis 0,25m, im Erdgeschoß 0,47 bis 0,13m stark. Die Umfassungsmauern des Erd- und Dachgeschosses bestehen hier aus Kunststeinblöcken von gestampstem Beton.
Aehnliche Mauerstärken finden sich auch bei anderen westpreußischen Gebäuden und auch in Württemberg. So hat ein in Ravensburg errichtetes Wohnhaus im Fundament 1,00m, Kellergeschoß 0,80m, Erdgeschoß 0,60m, Obergeschoß 0,45m und im Kniestock 0,40m Mauerstärke702). Dies sind Maße, die über die im Backsteinbau üblichen hinausgehen.
Kalksandstampfmasse. (327.)
Nach Engel703) macht man bei zweigeschossigen Gebäuden aus Kalksandstampfmasse (vergl. Kap. 5, b, S. 107 u. ff.) die Umfassungsmauern des oberen Geschosses 14 bis 20 Zoll preuß., also ungefähr 37 bis 52cm, die des unteren Geschosses 20 bis 24 Zoll, also 52 bis 63cm stark. Die durch Balkenlagen beanspruchten Scheidemauern sollen ebenso stark, die übrigen Scheidemauern 1 Fuß preuß. (= 0,314m) dick gemacht werden. Diese Maße gelten für eine durchschnittliche Geschoßhöhe von 12 Fuß (= 3,766m) und für Verwendung von Luftkalk; bei hydraulischem Kalk soll die Dicke der Backsteinmauern genügen.
Nach Menzel704) soll man den Mauern bis zu 3m Höhe etwa 1/8 der Höhe zur Stärke geben und für jedes Meter mehr 4cm zusetzen.
Erd- und Lehmstampfmasse. (328.)
Nach Engel705) hat man die Umfassungsmauern von Gebäuden aus Erd- und Lehmstampsmasse (vergl. Kap. 5, a, S. 101 u. ff.) bei 24 Fuß preuß. (= 7,53m) Tiefe und 8 Fuß (= 2,51m) Höhe 1,5 Fuß (= 0,47m) stark zu machen und für jeden Fuß mehr Höhe und Tiefe bis zu 44 Fuß Tiefe (13,81m) und 16 Fuß Höhe
| 701) Vergl.: Zeitschr. f. Baukde. 1881, S. 523. ^ |
| 702) Siehe ebendas., S. 529, 533. ^ |
| 703) In: Der Kalk-Sand-Pisébau. 3. Aufl. Berlin 1864. S. 68. ^ |
| 704) In: Der Steinbau. 8. Aufl. Leipzig 1882. S. 154. ^ |
| 705) In: Die Bauausführung. Berlin 1881. S. 241. ^ |
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(= 5,02m) ungefähr 1 Zoll (= 2,6cm) zuzusetzen, wobei vorausgesetzt ist, daß die
Gebäude eine Mittelmauer von mindestens 0,47m Dicke haben. Bei mehrgeschossigen
Gebäuden gelten diese Maße für das obere Geschoß; jedes untere ist um 16cm
stärker in den Mauern anzulegen. Giebelwände eingeschossiger Gebäude haben 42cm
Stärke zu erhalten; für jedes untere Geschoß sind ebenfalls 16cm zuzusetzen. Scheidewände
ohne Belastung sollen mit 31cm stark genug sein.
Erdstampfmauern dürfte man übrigens selten über zwei Geschosse hoch machen.
Lehmsteine. (329.)
Nach der gewöhnlichen Annahme sind Mauern aus Lehmsteinen 13/4-mal (vergl. Art. 298, S. 353) so stark als Backsteinmauern zu machen. Abweichend sind die Angaben von Engel706), nach welchem von sorgfältig angefertigten und darauf ausgetrockneten Lehmsteinen die Mauern nicht stärker, als von gebrannten Ziegeln gemacht zu werden brauchen. Es sollen die Außen- und Mittelmauern eingeschossiger Gebäude mit 11/2 Stein, Scheidewände mit 1 Stein hinreichend stark sein.
Nach einer anderen Quelle707) wäre die Stärkenbestimmung, wie bei gebrannten Steinen, nach der Steinzahl vorzunehmen und die durch die größeren Abmessungen der Lehmsteine sich ergebende Verstärkung ausreichend.
Als genügend dürften diese Maße aber nur für sehr geringe Höhen- und Tiefenabmessungen der betreffenden Räume zu erachten sein.
Grundmauern. (γ)
Allgemeines. (330.)
Die Stärke der Grundmauern gewöhnlicher Gebäude kann man in der Regel ohne Rücksicht auf das gegebene Material bestimmen, weil zumeist bei denselben die für die verschiedenen Baustoffe noch zulässigen geringsten Mauerstärken überschritten werden. Eine Ausnahme hiervon machen nur die Grundmauern eingeschossiger Gebäude, sowie oft die unbelasteten Scheidewände, deren Grundmauern man daher auch häufig aus regelmäßig geformten Steinen herstellt, um die für die unregelmäßig gestalteten nötigen größeren Dicken zu vermeiden.
Manche der für die Geschoßmauern unter Umständen verwendbaren Baustoffe, wie Lehmstampfmasse und Lehmsteine, können wegen ihres ungenügenden Widerstandes gegen Feuchtigkeit für Grundmauern nicht in Betracht kommen. Andere Materialien, die wegen ihrer stofflichen Eigenschaften hierfür ganz geeignet wären, wie gut gebrannte Backsteine oder unregelmäßige, feste, aber kleine Bruchsteine, sind wegen der geringen Größe der Stücke weniger brauchbar, als die großstückigen Bausteine, welche durch ihre Größe das gleichmäßige Uebertragen der Gebäudelast auf den Baugrund begünstigen. Diesen Vorteil besitzen auch große, unregelmäßige Bruchsteine, wenn sie mit ausreichender Sorgfalt vermauert werden (vergl. Art. 68, S. 73).
Eine gute Lagerung der Steine ist auch bei regelmäßiger Gestalt derselben für Grundmauern unbedingt erforderlich, wenn Luftkalkmörtel oder Mörtel von schwach hydraulischem Kalke zur Verwendung gelangt oder wenn sie als Trockenmauerwerk aufgeführt werden. Sie ist dagegen von geringerer oder wohl auch keiner Bedeutung bei Mörteln von stark hydraulischen Bindemitteln, welche in kurzer Zeit hohe Festigkeit erreichen, wie Portlandcement. Deshalb sind Cementbeton, Cementbruchstein- oder Cementbacksteinmauerwerk als sehr brauchbar für Grundmauern zu bezeichnen. Aber auch bei diesen Baustoffen ist die geringste Stärke der Grundmauern zunächst
| 706) Ebendas., S. 203. ^ |
| 707) Zeitschr. f. Bauhdw. 1858, S. 35. ^ |
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nicht von der Druckfestigkeit der betreffenden Mauerwerksart, sondern von der Dicke
der auf ihnen stehenden Geschoßmauern abhängig. Einfluß auf dieselbe haben dann
allerdings noch die Rücksicht auf genügende Standfähigkeit des ganzen Bauwerkes,
etwaige seitliche Beanspruchungen der Grundmauern durch Erddruck oder Gewölbeschub,
sowie die Rücksicht auf die Tragfähigkeit des Baugrundes.
Von größerer Einwirkung, als auf die Stärke, ist die Beschaffenheit der Bausteine auf die Gestalt der Grundmauern.
Die untere Breite der Grundmauern ist von der zulässigen Druckbeanspruchung des Baugrundes abhängig, sie ist gewöhnlich größer als die obere Breite zu machen. Diese Verbreiterung (vergl. über dieselbe den vorhergehenden Band dieses »Handbuches«, Art. 363, S. 251, sowie Art. 68, S. 74 des vorliegenden Heftes) wird nun nach dem gegebenen Material verschieden vorgenommen werden können. Bei Verwendung von unregelmäßigen oder lagerhaften Bruchsteinen kann sie ohne besondere Schwierigkeiten stetig, also mit Böschung bewirkt werden, bei regelmäßig geformten Steinen und Beton dagegen zweckmäßiger in Absätzen. Auch der Vorsprung dieser Absätze ist vom Baustoff abhängig. Bei Backsteinen ist er zu 1/4 bis 1/2 Stein zu bemessen, bei Schichtsteinen und Quadern ist die Dicke derselben von Einfluß auf ihn. Ueberhaupt muß die Höhe der Absätze in einem angemessenen Verhältnis zu deren Breite stehen, wie am oben angegebenen Orte nachgewiesen worden ist. Die Zahl der Absätze ist von der Höhe der Grundmauern und dem Maß der notwendigen Verbreiterung abhängig. Ist die letztere groß, die Höhe dagegen gering, so kann dadurch eine Verstärkung der Erdgeschoßmauer oder des Sockels bedingt werden. Selbstverständlich wird man die Zahl der Absätze möglichst einzuschränken und womöglich mit einem einzigen, dem sog. Bankett oder der Grundbank, auszukommen suchen.
Von Einfluß auf die Gestalt der Grundmauern ist ferner die Anordnung eines Untergeschosses oder Kellers innerhalb derselben. Auf der Innenseite sind dann Absätze oder Böschungen unzulässig und nur unter dem Fußboden ausführbar. Auf der Außenseite der Umfassungen können dieselben zur Anwendung gelangen. Ob sie aber da empfehlenswert sind, muß nach der Beanspruchung der Mauer durch Druck oder Seitenschub beurteilt werden.
Um eines möglichst gleichmäßigen Setzens des Grundmauerwerkes sicher zu sein, muß bei gleichartigem Baugrund und einer überall gleichen Belastung die Mittelkraft aus sämtlichen wirksamen Kräften durch den Basisschwerpunkt hindurchgehen708). Bei den gewöhnlichen Gebäuden mit Balkenlagen als Zwischendecken wird für die Umfassungsmauern diese Mittelkraft mehr nach innen, als nach außen zu liegen und durch den Winddruck noch mehr dahin gedrückt werden, so daß dann die Verbreiterung des Fundamentes nach innen zu angezeigt erscheint und daher die Anordnung von äußeren Absätzen im allgemeinen hierbei unzweckmäßig sein würde.
Obere Stärke der Grundmauern. (331.)
Zur Grundmauer von Umfassungen ist als oberster Teil derselben die Sockel- oder Plinthenmauer, also das über die äußere Bodenfläche emporragende, bis zum Erdgeschoßfußboden reichende Mauerstück zu rechnen.
Diese erhält, einem allgemeinen ästhetischen Grundgesetze zufolge, welches auf einem richtigen statischen Gefühle beruht, einen Vorsprung vor der äußeren Flucht der Erdgeschoßmauer, welcher in seiner Größe von der architektonischen Ausbildung des Gebäudes abhängig ist und durch den im Boden steckenden Teil der Grundmauer voll unterstützt sein soll.
Die, wie schon in Art. 330 erwähnt wurde, bei Gebäuden mit Balkenlagen als
| 708) Siehe Teil III, Bd. 1 (Art. 364, S. 252) dieses »Handbuches«. ^ |
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Zwischendecken mehr nach der Innenseite zu liegende Drucklinie der Erdgeschoßmauer
verlangt auch auf dieser eine Verstärkung der Sockelmauer. Als Summe
dieser beiden Vorsprünge nimmt man mindestens 1/2 Stein an. Ist jedoch das Sockelgeschoß
oder der Keller auch mit einer Balkenlage überdeckt, so ist der Vorsprung
auf der Innenseite allein zu 1/2 Stein zu bemessen.
Unmittelbar an der Nachbargrenze stehende Giebelmauern können den Vorsprung nur auf der Innenseite erhalten, gemeinschaftliche Giebel- oder Brandmauern dagegen gleichmäßig verteilt nach beiden Seiten.
Mittel- und Scheidemauern von Untergeschossen können in ihrer Stärke nach den Regeln bemessen werden, die für Obergeschosse gelten; dieselbe hat sich also nach der Zahl der über ihnen befindlichen Stockwerke, bezw. nach der Beanspruchung auf Druck und Erschütterungen zu richten. Häufig verstärkt man sie jedoch durchgängig um 1/2 Stein, und zwar gleich verteilt für beide Seiten. Dies findet immer für die im Boden steckenden Teile dieser Grundmauern statt, sowie dann, wenn kein Untergeschoß vorhanden ist.
Bei Verwendung von Bruchsteinen bemißt man die Verstärkung oft zu 15cm.
Breite der Mauersohle. (332.)
Die Breite der Mauersohle, also die unterste Breite der Grundmauer, ist nach der zulässigen Druckbeanspruchung des gegebenen oder verbesserten Baugrundes zu beurteilen. Zu ihrer Bestimmung ist daher die Last, welche durch die Grundmauer auf den Baugrund übertragen werden soll, zu berechnen. Die Belastung der Flächeneinheit der Sohle darf die größte zulässige Druckbeanspruchung des Baugrundes nicht überschreiten, wobei bei hohen Bauwerken die zufällige Vergrößerung der Beanspruchung durch Winddruck nicht außer acht zu lassen ist.
Die Rücksicht auf gleichmäßiges Setzen der Gebäude verlangt bei gleichmäßig preßbarem Baugrund, daß auf die ganze Ausdehnung der Fundamentsohle der Druck auf die Flächeneinheit überall derselbe sei. Dies führt nicht nur auf eine verschiedene Breite der Sohle für die verschiedenen Mauern, sondern auch mitunter auf verschiedene Breiten derselben innerhalb des gleichen Mauerzuges.
Ueber die Grundlagen zur Berechnung der Breite der Fundamentsohle nach ihrer Druckbeanspruchung ist auf den vorhergehenden Band (Abt. II, Abschn. 1, Kap. 2: Konstruktionsbedingungen) dieses »Handbuches« zu verweisen.
Ergibt die Berechnung, daß die obere Breite der Grundmauer für den gegebenen Baugrund ausreichen würde, so ist eine Verstärkung nach unten, also auch ein Bankett überflüssig, es sei denn, daß die Rücksicht auf Standfähigkeit eine solche geböte, was nach der Lage des Angriffspunktes des Druckes in der Sohle zu beurteilen ist (vergl. hierüber den gleichen Band an derselben Stelle).
Oft ist die zulässige Druckbeanspruchung eines Baugrundes nicht bekannt oder durch Baupolizeivorschriften nicht festgestellt, so daß einer Berechnung der Sohlenbreite Schwierigkeiten entgegenstehen. Man ist dann in der Bemessung derselben auf die Erfahrungen angewiesen, die in der Nachbarschaft des Bauplatzes unter ähnlichen Verhältnissen gemacht wurden.
Auch in dieser Beziehung sind Regeln aufgestellt worden, die aber wesentlich voneinander abweichen. Hier sei nur die Regel von Gilly709) angeführt, nach welcher für gewöhnliche Fälle und bei festem Baugrund die Sohlenbreite 1/5 der Höhe der Grundmauer mehr, als die obere Breite betragen soll.
| 709) Nach: Breymann, G. A. Allgemeine Bauconstructionslehre u. s. w. Teil I. 5. Aufl. Stuttgart 1881. S. 284. ^ |
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Abgetreppte Grundmauern. (333.)
Wie schon in Art. 330 (S. 376) erwähnt wurde, wird die Verstärkung der Grundmauern nach der Sohle zu bei regelmäßig geformten Bausteinen zumeist in Absätzen vorgenommen. Einfachsten Falles bestehen diese in einem Bankett, welches bei einem vorhandenen Untergeschoß immer unter dem Fußboden desselben zu liegen hat und auch unter den Thüröffnungen hinweggeführt wird.
Die Höhe des Banketts wird zu 30 bis 60cm angenommen, der jederseitige Vorsprung zu 15 bis 20cm, wenn natürliche Steine dazu Verwendung finden. Bei Ausführung in Backsteinen müssen die Absätze 1/4 oder 1/2 Stein Vorsprung erhalten; doch darf niemals eine Abtreppung angewendet werden, in welcher die Absätze nur 1 Schicht hoch sind; diese Höhe muß zum mindesten 2 Schichten betragen (vergl. Art. 68, S. 73).
Sind außer dem Bankett noch mehr Absätze notwendig, so werden diese unter Festhaltung des Grundsatzes, daß der Vorsprung nicht größer als die Absatzhöhe sein darf, auf die Grundmauerhöhe verteilt. Die Vorsprünge werden dabei, wenn die Mauern in den Boden eingeschnitten sind, in der Regel gleichmäßig auf beide Seiten verteilt, wenn nicht mit Rücksicht auf die besonderen Anforderungen der Standfähigkeit anderes erwünscht ist.
Ist ein Untergeschoß vorhanden, so können Absätze im Inneren desselben nicht angewendet werden. Verstärkungen fallen dabei bei Frontmauern ganz auf die Außenseite, wenn dies zulässig ist (vergl. Art. 330, S. 376), oder man muß auf der Innenseite die Verstärkung auf die ganze Höhe ausführen, um glatte Wandflächen zu erhalten.
Geböschte Grundmauern. (334.)
Bei Verwendung von Bruchsteinen ist die Ausführung von geböschten Grundmauern ohne Schwierigkeiten zu bewerkstelligen, wie schon in Art. 330 (S. 376) erwähnt wurde.
Selbstverständlich ist die Böschung auf beiden Seiten der Mauer nur zulässig, wenn kein Untergeschoß vorhanden ist. Auf der Außenseite der Umfassungsgrundmauern hat sie gegenüber den Absätzen den Vorteil, daß sich kein Wasser festsetzen kann, sondern dasselbe zum Abfließen nach unten gezwungen ist. Deshalb wäre es auch für die Absätze immer vorteilhaft, dieselben oben abzuschrägen.
Als Maß der Böschungsausladung wird für jede Seite etwa 1/6 der Höhe angenommen. Oft wird unter dem geböschten Mauerteile noch ein Bankett angeordnet.
Erddruck und Gewölbeschub. (335.)
Gewöhnlich ist die mit Rücksicht auf die zulässige Beanspruchung des Baugrundes und auf das über der Erde befindliche Mauerwerk mehrgeschossiger Gebäude festgestellte Dicke der Mauern auch ausreichend, um dem einseitigen Erddruck oder Gewölbeschub, dem dieselben ausgesetzt sein können, genügend Widerstand zu leisten.
In außergewöhnlichen Fällen, z. B. bei tief in den Boden hineinreichenden Kellern unter leichten Gebäuden, sind statische Untersuchungen zur Ermittelung der Dicke und geeignetsten Gestalt der Mauer anzustellen. Wegen der Untersuchungen in Bezug auf den Gewölbeschub sei hier auf Teil I, Band 1, zweite Hälfte (Abschn. 5710) dieses »Handbuches«, sowie auf das in Teil III, Band 2, Heft 3 folgende Kapitel über Stärke der Gewölbe, Widerlager und Pfeiler verwiesen.
Ueber die Stärke der dem Erddruck ausgesetzten Mauern finden sich Angaben in Teil III, Band 6 dieses »Handbuches« (Abt. V, Abschn. 2, Kap. 1).
Hier mag noch die Bemerkung Platz finden, daß es nicht angängig ist, bei Grundmauern, die einerseits vom Erddruck, andererseits vom Gewölbeschub bean-
| 710) 2. Aufl.: S. 246. ^ |
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sprucht werden, zu Gunsten einer Verringerung der Mauerdicke ein gegenseitiges
Aufheben dieser Schübe anzunehmen; denn der Eindruck kann veränderlich sein
oder durch Abgraben des Bodens wohl ganz aufgehoben werden.
