Durm:Sonstige Einzelheiten
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Inhaltsverzeichnis |
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Stärke der Holzteile. (178.)
Die Bemessung der Holzstärken von Fachwerkwänden hängt von mannigfachen Umständen ab. Außer von dem Einfluß, welcher in außergewöhnlichen Fällen sich durch Belastungen, Seitenschübe oder, so bei nur an den Enden unterstützten Wänden, durch die Spannweiten und die Beziehungen zu den Balkenlagen geltend machen kann, sind für gewöhnlich die Querschnittsmaße von der Art der Fachaussüllung und von der Anordnung des Putzes abhängig. Solche gewöhnliche Fälle würden in Bezug auf die Raumabmessungen nach oben abzugrenzen sein mit etwa 3,0 bis 3,5m Stockwerkshöhe, 5m Tiefe und 6 bis 7m Länge der Räume in Wohngebäuden. Aber auch hierbei würde die Anzahl der übereinander folgenden Stockwerke in Betracht gezogen werden müssen und bei mehr als zwei Geschossen eine Verstärkung der Querschnittsmaße im unteren nötig werden, weil eine Verstärkung der Tragfähigkeit durch Vergrößerung der Ständerzahl gewöhnlich, wenigstens bei sichtbar bleibendem Holzwerk an Umfassungswänden, ausgeschlossen ist.
Von der Stärke der Ständer in Richtung der Wanddicke ist die aller anderen Verbandshölzer abhängig, weshalb die erstere zunächst zu bestimmen ist. Der ein-
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| Grafik: Fig. 260, Fig. 261 1/25 w. Gr., Fig. 262 |
fachste Fall für Feststellung derselben bei gewöhnlichen Ausführungen im oben erwähnten Sinne ist der der beiderseits unverputzten Wand. Dann wird der Ständer so dick, wie die Ausfüllung (Fig. 260), wenn nicht noch 1,5 bis 2,0cm für eine äußere Abfasung der Kanten hinzugegeben werden soll (Fig. 261). Die geringste Dicke der Ausfüllung ist von der Art derselben abhängig, wie früher besprochen. Für 1/2 Stein starke Backsteinausmauerung würde sich demnach eine Ständerdicke von 12,0cm, bezw. von 13,5 bis 14,0cm ergeben.
Das Maß von 12cm gilt auch für die beiderseits verputzte 1/2 Stein starke Wand, wenn der Putz auf dem Mauerwerk ebenso dick gemacht wird, wie auf dem Holze, was am bequemsten und deshalb auch am gebräuchlichsten ist. Da der Rohrputz aber mehr Dicke beansprucht, als für den Mauerputz nötig ist, für den man durchschnittlich etwa 1,5cm rechnen muß, so setzt man mitunter das Holzwerk 5mm hinter die Fachausmauerung zurück, woraus sich die Dicke der Ständer für eine zweiseitig geputzte Wand (Fig. 262) zu 11,0cm, für eine einseitig geputzte Wand zu 11,5cm und für eine solche mit äußerer Abfasung (Fig. 263) zu 13,0 bis 14,5cm berechnet.
| Grafik: Fig. 263, Fig. 264, Fig. 265, Fig. 266, Fig. 267, Fig. 268 1/25 w. Gr. |
Werden nur die Gefache verputzt, so muß die Ständerdicke um die Putzstärke, also durchschnittlich 1,5cm für eine Seite vermehrt werden. Bei einer 1/2 Stein starken Wand mit beiderseitigem Putz (Fig. 264) bündig dem Holzwerk erhalten die Ständer dann 15,0cm Dicke und bei äußerer Abfasung der Kanten 16,5 bis 17,0cm (Fig. 265).
Für die Ständer von Umfassungswänden, die innen ganz, außen in den Gefachen geputzt sind (Fig. 266 u. 267), wird die Dicke unter den gemachten Annahmen 13,5, bezw. 15,0 bis 15,5cm betragen.
Für die 1 Stein starke Wand und die anderen Aussüllungsweisen muß die Berechnung nach einem anderen, der Fachdicke entsprechenden Grundmaße erfolgen.
Die für die 1/2 Stein starke Ausmauerung berechneten Ständerdicken erscheinen nun, wenn man von einem äußeren Vorsprunge absehen will, häufig zu schwach; namentlich in unteren Geschossen, da man bei der mittleren Entfernung von 1m von Mitte zu Mitte der Ständer und der angegebenen Stockwerkshöhe 15 bis 18cm
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im Quadrat als einen angemessenen Querschnitt ansieht. Um diesen zu erhalten,
müßte man die Ständer in der Richtung der Wand entsprechend verbreitern, was
nach den Ausführungen in Art. 150 (S. 138) nicht zweckmäßig ist.
Ein sehr gutes Auskunftsmittel für diesen Fall wäre, wie schon in Art. 176 (S. 180) angedeutet wurde, die Anordnung eines inneren Ständervorsprunges und die Ausführung des Putzes auf Latten, Lattengeflechten oder Drahtgeweben, die an den Ständern befestigt werden (Fig. 268).
Da wo innere Vorsprünge gestattet sind, läßt sich die nötige Ständerdicke leicht ohne das eben angegebene Mittel beschaffen.
Für größere Stockwerkshöhen und seitliche Beanspruchung nimmt man Ständerdicken bis zu 26cm an oder verdoppelt einzelne Hauptständer.
Die Eck- und Bundständer werden nach einer der in Art. 150 (S. 139) angegebenen Weisen um 2,5 bis 4,0cm verstärkt. Die Thür- und Fensterständer erhalten gewöhnlich quadratischen Querschnitt. Dies gilt im allgemeinen auch für die Zwischenständer bei geringer Dicke, da man es meist liebt, bei sichtbar bleibendem Holzwerk alle Ständer gleich breit zu machen und Ausnahmen nur etwa für die Eckständer zuläßt. Wird diese Rücksicht nicht genommen, so kann man die Breite der Zwischenständer, namentlich bei enger Stellung und größerer Dicke, sowie bei Verriegelung derselben, bis auf 12cm einschränken.
Die übrigen Verbandhölzer macht man in der Regel auf beiden Seiten bündig mit den Ständern; sie erhalten also dieselbe Dicke, wie diese. Eine Ausnahme bildet die Schwelle, welche oft, wie in Art. 149 (S. 134) ausgeführt wurde, nach ein oder zwei Seiten eine Verbreiterung von 3 bis 4cm zur Auflagerung der Dielung erhält, während ein bei Umfassungswänden nach außen beliebter Vorsprung als schädlich bezeichnet werden mußte. Die Höhe der Grundschwellen wird zwar mitunter zu 13cm angenommen, was aber nur bei leichten Gebäuden zu vorübergehenden Zwecken zulässig ist, da die Sicherung gegen Durchsacken der Wände, infolge ungleichmäßigen Setzens der Grundmauern (vergl. Art. 149, S. 134), und ebenso die Herstellung haltbarer Eckverbindungen eine Höhe von 18 bis 24cm erfordert.
Das gleiche Höhenmaß ist aus letzterem Grunde, sowie wegen der Schwächung durch die Verkämmungen mit den Balken und der nur auf den letzteren stattfindenden Unterstützung auch für die Saumschwellen nötig.
Liegen Ständer und Deckenbalken immer lotrecht übereinander, so genügt für das Rahmholz eine Höhe von 12 bis 16cm; wird dasselbe jedoch durch Balken belastet, so muß man es, wie die Schwellen, mit 18 bis 24cm bemessen, je nach der Deckenlast, bezw. der Ständerentfernung.
Die Streben macht man gewöhnlich so breit wie die Zwischenständer. Da diese schräg aufsteigenden Hölzer bei gleicher Breite breiter aussehen, als die lotrechten, so sollte man sie eigentlich etwas schmaler als letztere machen, wenn das Holz sichtbar bleibt.
Die Riegel erhalten ebenfalls gewöhnlich die Breite der Zwischenständer als Höhe; doch kann man diese nach den Ausführungen in Art. 153 (S. 149) bis auf 9cm ermäßigen. Die Thür- und Fensterriegel dagegen macht man so hoch, wie die Breite der entsprechenden Ständer, wenn nicht sehr breite Oeffnungen besondere Verstärkungen bedingen. Die Brustriegel brauchten nicht höher gemacht zu werden, als die Zwischenriegel.
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Die älteren deutschen349) und französischen Fachwerkbauten zeigen einen sehr viel beträchtlicheren
Holzaufwand, als die neueren.
Ungewöhnliche Beanspruchungen und Stockwerkshöhen machen statische Ermittelungen der Holzstärken notwendig. Dasselbe gilt von Wänden, die nur an den Enden unterstützt sind und auf erhebliche Weiten sich frei zu tragen haben oder durch Balkenlagen belastet sind.
Anschluß von Schornsteinen. (179.)
Der Feuersicherheit wegen muß alles Holzwerk von den Schornsteinwandungen einen genügenden Abstand haben, der in der Regel durch die Bauordnungen fest, aber auch verschieden groß bestimmt ist.
Häufig wird in der Bemessung dieses Abstandes ein Unterschied gemacht, je nachdem das Holzwerk frei liegt oder mit Blech oder Mauerwerk bekleidet ist. Im ersteren Falle schwanken die Maße zwischen 8 und 15cm, im letzteren zwischen 5 und 8cm. Doch fällt diese Unterscheidung mitunter auch weg. So muß im Großherzogtum Hessen wenigstens 12cm Raum zwischen der Außenseite des Schornsteines und dem nächst gelegenen Holze in allen Fällen verbleiben.
Baumeister befürwortet in seiner »Normalen Bauordnung«350) den Abstand von 10cm, bezw. 5cm für offenes, bezw. verkleidetes Holzwerk.
Die Einhaltung des vorgeschriebenen Abstandes veranlaßt entweder zu einer Unterbrechung des Verbandes der Fachwerkwand, wenn der Schornstein in dieselbe eingeschaltet werden soll, oder, wenn man diese Verbandsstörung nicht haben will, dazu, den Schornstein in genügender Entfernung von der Wand aufzumauern.
| Grafik: Fig. 269, Fig. 270, Fig. 271, Fig. 272, Fig. 273 1/50 w. Gr., Fig. 274 |
Im ersten Falle kommt man zu ähnlichen Anordnungen, wie sie in Fig. 269 und 270 dargestellt sind, wobei die Wandständer den geringsten zulässigen Abstand (hier zu 1/2 Stein bemessen) von der Schornsteinwand haben. Die Rücksicht auf eine passende Aufstellung der Zimmeröfen, deren Entfernung vom Holzwerk, je nach ihrer Art verschieden, ebenfalls durch die Bauordnungen festgestellt ist, kann jedoch einen größeren Abstand derselben häufig veranlassen. Auf die sich ergebende Ständerentfernung sind Schwelle und Rahmen auszuschneiden, sowie alle Riegel wegzulassen. Eine Verbindung kann man durch Eisenanker wieder herstellen.
Im zweiten Falle kann man, je nach dem vorgeschriebenen Abstande des Holzwerkes, verschieden verfahren. Ist ein geringer Abstand für verkleidetes Holzwerk
| 349) Eine Zusammenstellung von Querschnittsabmessungen niedersächsischer Bauwerke gibt: Lirbold, B. Mittelalterliche Holzarchitektur etc. Halle 1874. S. 10. ^ |
| 350) Wiesbaden 1880. ^ |
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zulässig, so kann man die wagrechten Verbandstücke auf die Hälfte ihrer Stärke
neben dem Schornstein ausschneiden und diesen dann mit seiner Wand dicht an die
Fachwerkwand heranrücken, wobei der Raum zwischen Holz und Schornstein gut
auszumauern ist (Fig. 271); der Längenverband der Fachwerkwand bleibt dann
genügend bewahrt. Ist dagegen dieser geringe Abstand nicht erlaubt, so muß man
die Schornsteinwand nach der Seite der Fachwerkwand hin entweder 1 Stein stark
machen, wie Fig. 272 zeigt, in welcher die Ständer in die nächste zulässige Stellung
gerückt sind; oder man muß zwischen Wand und Schornstein einen Hohlraum anordnen,
der am zweckmäßigsten 1/2 Stein Weite erhält (Fig. 273). Dieser Hohlraum
kann bei seiner versteckten Lage zu Feuersgefahr führen, wenn aus Unkenntnis
desselben in ihn statt in den Schornstein Ofenrauchrohre eingeführt werden. Dieser
Gefahr würde man durch vollständige Freistellung der Schornsteine entgehen, dadurch
aber sehr unangenehme Schmutzwinkel erzeugen. Es empfiehlt sich daher,
die Hohlräume beizubehalten, sie aber mit einem geeigneten Material, etwa Asche,
auszufüllen und Ofenrohrstücke gleich beim Bau mit einzumauern351).
Fig. 274 zeigt die Ausnutzung des Hohlraumes zu einem kleinen Wandschrank; in der einen Wand ist dabei der Längenverband ungestört, in der anderen unterbrochen zu denken. Diese Verwendung ist nicht ohne Bedenken, da sie ganz sorgfältige Mauerung der Schornsteinwände voraussetzt. Enthalten dieselben nicht voll mit Mörtel gefüllte Fugen, so liegt die Gefahr nahe, daß das Gerümpel, welches in solchen Schränkchen unbeaufsichtigt aufbewahrt zu werden pflegt, in Brand gerät.
Bisher war nur von Schornsteinen für gewöhnliche Heizstellen die Rede. Für stärkere Feuerungen sind in der Regel größere Wanddicken der Schornsteine vorgeschrieben, und es können größere Abstände vom Holzwerk bestimmt werden. Dem entsprechend müssen auch die mitgeteilten Anordnungen geändert werden.
Die Verbindung von Schornsteinen mit Fachwerkwänden führt immer zu fast unvermeidlichen Rissebildungen neben den ersteren, da diese sich setzen, was bei den letzteren durch die Ständer verhindert wird. Etwas kann dies durch Verwendung von wenig schwindendem Mörtel, etwa Kalkcementmörtel, für die Aufmauerung der Schornsteine gemildert werden. Reiner Cementsandmörtel empfiehlt sich nicht hierzu, ist auch nicht überall für diesen Zweck erlaubt.
Da aber die Anwendung solchen Mörtels auch die Ausführung von langen (bis zu 6m Länge), 1/2 Stein starken Scheidewänden ohne alles Holzwerk, außer zu den Thüren, gestattet, so würde man den Unannehmlichkeiten der Verbindung der Fachwerkwände mit den Schornsteinen am besten entgehen, wenn man mehr, als bisher, möglichst von der Ausführung von Fachwerkwänden in Gebäuden mit massiven Umfassungen absehen würde.
Formale Behandlung. (180.)
Für die formale Ausbildung des Holzfachwerkbaues bieten uns, wie schon mehrfach gestreift wurde, die älteren Bauwerke Deutschlands, Frankreichs, Englands, Hollands und der Schweiz vortreffliche Vorbilder, insbesondere in der Auskragung der Geschosse und deren Behandlung, im Schnitzwerk an Ständern, Schwellen, Bügen, Kopfbändern, Balkenköpfen u. s. w. Geschickte Nachahmungen derselben sind jetzt nicht mehr so selten wie früher, ebenso freie Verwertung der von ihnen gebotenen Kunstformen. Zumeist beschränkt man sich aber auf eine etwas schematische Behandlungsweise des Holzes durch Abfasungen der Kanten, auf das Vorspringen profilierter Balkenköpfe ohne gleichzeitigen oder mit sehr beschränktem Vorsprung der
| 351) In Teil III, Band 4 dieses »Handbuches« wird weiter hiervon die Rede sein. ^ |
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Geschosse, auf Anwendung von Andreaskreuzen u. dergl., sowie auf Ausstattung der
Oeffnungen mit Schutzdächern und der Giebel mit durchbrochenen Brettfüllungen
u. a. m. Ein Fortschritt ist allerdings in dem immer mehr sich geltend machenden
Bestreben zu verzeichnen, das Holzwerk wieder, wie in jenen besseren Zeiten, sichtbar
zu lassen, obgleich hierin vielleicht mitunter etwas zu weit gegangen wird, indem die
Witterungsverhältnisse in vielen Fällen Schutzverkleidungen, über die in Kap. 12 noch
die Rede sein wird, als angezeigt erscheinen lassen, für welche übrigens auch an
zahlreichen alten deutschen Bauten, insbesondere der Rhein- und Moselgegenden, sowie
vom Harze, Beispiele zweckmäßiger und zugleich malerischer Verwendung des
Schiefers und auch der Holzschindeln vorliegen.
Wenn auch hier auf die formale Ausbildung der Fachwerkbauten selbst nicht eingegangen werden kann, manches darauf Bezügliche schon im vorhergehenden berührt wurde, so muß doch einiges erörtert werden, was zugleich zur konstruktiven Gestaltung gehört, indem es die Dauer der Holzteile zu fördern bestimmt ist.
| Grafik: Fig. 275, Fig. 276 1/25 w. Gr., Fig. 277 |
Etwas hierzu Gehöriges ist die Behandlung der beliebten Abfasungen an Schwellen und Riegeln. Die gewöhnliche Weise ist die in Fig. 275 dargestellte. Hierbei bleibt aber das an der Fachausfüllung herunterlaufende Wasser in den von Ständern und Riegeln gebildeten oberen Winkeln, sowie auf den an letzteren hinter den Fasen etwa verbliebenen wagrechten Ebenen stehen. Besser ist daher die bis in den Winkel und über den ganzen Vorsprung ausgedehnte Abfasung (Fig. 276), noch besser aber die in Fig. 277352) gezeigte Art derselben. Beide Anordnungen können dem Aussehen der Wand nur wenig schaden.
Erwähnung mag hier finden, daß es zu dauernder Erhaltung der am Holze angebrachten Verzierungen unbedingt notwendig ist, dieselben aus dem vollen Holze zu schnitzen, und es nicht zulässig ist, solche in einzelnen Teilen an die Verbandhölzer anzunageln oder gar anzuleimen. Schnitzereien lassen sich besser an Langholz, als an Hirnholz ausführen; deshalb sind auch die frei vorstehenden Balkenköpfe nicht besonders für reiches Schnitzwerk geeignet, sondern mehr für quer durchlaufende Kehlungen, bei denen auf Bildung von Tropfkanten Rücksicht genommen ist. Da das Hirnholz mehr zur Aufnahme von Wasser neigt, als Langholz, so ist eine Verkleidung des ersteren nicht zu verwerfen. Deshalb ist denn das in der südwestdeutschen Holzarchitektur bei den geringen Geschoßvorsprüngen angewendete Verbergen der Balken-
| 352) Unter Benutzung einer Angabe von O. Schmidt in: Die Arbeiten des Zimmermanns. Jena. ^ |
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köpfe hinter profilierten, über die ganze Wandlänge fortlaufenden Deckbrettern
(vergl. Art. 157, S. 160) nicht bloß eine die Freiheit der Anordnung, sondern auch
eine die Dauer begünstigende Maßregel.
| Grafik: Fig. 278 1/25 w. Gr. |
Nicht vorsichtig getrocknetes Holz reißt in der Faserrichtung auf und erhält so oft sehr tief gehende Spalte, durch die das Wasser in das Innere eindringt. Daher ist die mitunter angewendete Verkleidung der Verbandhölzer mit Brettern, welche an den Kanten unterschnitten sind und mit welchen der Putz bündig liegt, nicht ganz zu verwerfen (Fig. 278). Dagegen ist die Nachahmung einer weit ausgedehnten Anordnung ähnlicher Art, wie sie nach Gladbach353) in der Schweiz vorkommt, nicht zu empfehlen. Sie besteht in der Nachbildung eines reichen Fachwerkes mit gehobelten und mit Oelfarbe angestrichenen Brettern, welche nach dem Ausmauern auf das roh gezimmerte magere Holzgerüst aufgenagelt und deren Zwischenräume geputzt werden.
Eine jetzt fast allgemein in Anwendung kommende Maßregel, die mit dem Sichtbarlassen des Holzwerkes zusammenhängt und neben der Verbesserung des Aussehens hauptsächlich die Erhöhung der Dauer des Holzes bezweckt, ist der Anstrich desselben mit Oelfarbe, häufig unter Nachahmung des Fladers, und zwar zumeist in einem Tone, der dem alternden Holze durch die Natur selbst allmäblich verliehen wird. Der Zweck, die Dauer des Holzes zu erhöhen, wird bei nicht ganz trockenem Holze nicht erreicht, sondern eher das Gegenteil, da durch den Oelfarbenanstrich das Holz am Austrocknen verhindert wird; auch eine schönere Farbe kann dem neuen Holze durch andere Mittel verliehen werden, ohne ihm einen deckenden Ueberzug geben zu müssen, wie im nächsten Kapitel noch zu besprechen ist. Doch ist letzterer, sowie farbiges Bemalen einzelner Teile, um eine reichere Wirkung zu erzielen, durchaus zulässig, wenn der Anstrich nicht, wie der mit Oelsarbe, den Zutritt der Luft zum Holze ganz abschließt.
Zu erwähnen ist hier, daß das in Süddeutschland, zum Teile im Harz, in der Schweiz und in anderen Gebirgsgegenden, zumeist für den Fachwerkbau benutzte Rottannenholz (Fichte), soweit es der Wirkung der Sonne ausgesetzt ist, nach und nach eine durchsichtige, glänzend rote Farbe annimmt, während es an den Schattenseiten aschgrau wird. Die malerische Wirkung, welche die rote Naturfarbe des Tannenholzes (das Eichenholz wird im Wetter grau, das Lärchenholz braunrot) in Verbindung mit den weiß getünchten Gefachen und einer vielfarbigen Behandlung einzelner Holzteile, sowie mit dem Grün des umgebenden Pflanzenwuchses ausübt, mag wohl die Veranlassung gegeben haben, daß man bei den schweizerischen Fachwerkbauten dieses Ziel oft rascher durch einen roten Anstrich, aber nicht mit Oelfarbe, zu erreichen suchte.
Baupolizeiliche Bestimmungen. (181.)
Die Holzfachwerkwände sind als nicht massive Wände in ihrer Anwendung mit Rücksicht auf Feuersicherheit mancherlei baupolizeilichen Beschränkungen unterworfen. Diese sind in den verschiedenen Gegenden mehr oder weniger strenge; auch wird in den allgemeinen Bauordnungen gewöhnlich ein Unterschied zwischen Stadt und Land oder zwischen Orten mit geschlossener und nicht geschlossener Bauweise gemacht. Die Bestimmungen erstrecken sich auf die Zulässigkeit des Fachwerkbaues für ganze Gebäude oder von Scheidewänden aus Fachwerk, auf die Höhe der Gebäude und den Abstand derselben von Nachbargebäuden, auf die Entfernung des Holzwerkes von Feuerstätten, Rauchrohren und Schornsteinen und die bezw. zu treffenden Sicherungsvorkehrungen. Bezüglich der Anlage der Schornsteine vergl. Art. 179.
Wegen der großen Mannigfaltigkeit der einschlagenden Bestimmungen muß hier von Mitteilung
| 353) Der Schweizer Holzstil etc. Darmstadt 1868 (S. 3) — und: Die Holzarchitektur der Schweiz. 2. Aufl. Zürich und Leipzig 1885 (S. 71). ^ |
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derselben abgesehen werden. Doch ist anzuführen, daß Baumeister in seiner »Normalen Bauordnung«354)
auf Grund der Vergleichung der deutschen Bauordnungen mittlere Forderungen hinsichtlich der Feuersicherheit
festgestellt hat, welche aber ebenfalls ohne Weitläufigkeiten nicht mitgeteilt werden können.
Wertschätzung. (182.)
Die Anwendbarkeit des Holzfachwerkbaues ist vom bautechnischen, wirtschaftlichen und ästhetischen Standpunkte aus zu beurteilen.
In bautechnischer Hinsicht wird derselbe überall da zulässig erscheinen, soweit nicht die im vorhergehenden Artikel erwähnten Rücksichten auf Feuersicherheit den Massivbau vorschreiben oder rätlich machen, wenn die Benutzungsweise der umbauten Räume, sowie die Möglichkeit, gesundes und trockenes Holz zu verwenden, Sicherheit für längere Dauer gewährleisten. Dabei sind für die Herstellung der Umfassungswände noch die Wahl der geeignetsten Konstruktionen und unter Umständen (ungünstigen klimatischen Verhältnissen, bezw. an besonders dem Schlagregen oder Winde ausgesetzten Seiten) noch das Hinzuziehen einer Wetterbekleidung vorauszusetzen. Auch wird sich mit Rücksicht auf sichere und längere Erhaltung zumeist empfehlen, die Erdgeschosse der Gebäude in Massivbau und nur die oberen Geschosse in Fachwerkbau herzustellen.
Wegen ihrer Benutzungsweise sollten von der Errichtung in Holzfachwerk unter den ländlichen Gebäuden, für die derselbe noch am meisten in Betracht kommt, ganz ausgeschlossen sein: Rindvieh- und Schweineställe, Küchen, Waschküchen, Molkereiräume, überhaupt Räume, in denen viel Feuchtigkeit und Dunst entwickelt werden355).
Die Dauer des den Einwirkungen der Feuchtigkeit ausgesetzten Holzwerkes ist heutigen Tages durchschnittlich geringer anzusetzen als früher, da Eichenholz zu selten geworden und daher, als zu teuer, kaum mehr in Frage kommt und auch kerniges Nadelholz seltener zu haben ist. Dem kann die Anwendung künstlicher Konservierungsmittel, wie sie z. B. für Eisenbahnschwellen und für Fußböden mit Erfolg eingeführt wurden, nicht abhelfen, da sie fabrikmäßige Behandlung des zugerichteten Holzes verlangen und deshalb für gewöhnlich und insbesondere für das ländliche Bauwesen nicht verwertbar sind356). Andere in neuerer Zeit eingeführte und allgemein anwendbare Mittel zu gleichem Zwecke, welche im nächsten Kapitel zu besprechen sind, bestehen in Anstrichen mit geeigneten Stoffen und sind noch nicht verbreitet genug, dürften auch zeitweilige Erneuerung erfordern, so daß durch sie die erwähnte Thatsache nicht verändert wird. Der größeren Dauerhastigkeit älterer Holzbauten war auch das langsame Bauen förderlich, welches eine sorgfältigere Auswahl und Behandlung des Holzes, namentlich genügendes Austrocknen vor der Verwendung, gestattete.
Zur Verdrängung des Fachwerkbaues tragen die Hebung der Ziegelfabrikation und die die Verbreitung ihrer Erzeugnisse begünstigenden vermehrten und verbesserten Verkehrsmittel nicht wenig bei.
Der Holzfachwerkbau kann dagegen in manchen Fällen vom bautechnischen Standpunkte aus nicht bloß als zulässig, sondern sogar als empfehlenswert bezeichnet werden: so wenn es sich um besonders schnelle Herstellung von Bauten handelt, oder um Bauwerke für vorübergehende Zwecke oder um solche, die auf nicht tragfähigem oder Erschütterungen ausgesetztem Baugrunde auszuführen sind. Auf ersterem und letzterem Gebiete ist jedoch mit dem Holze das Eisen in erfolgreichen Wettbewerb getreten.
Der für die Anwendung des Holzfachwerkbaues oft angeführte Grund des Raumgewinnes wegen der geringeren Wandstärken ist nicht als stichhaltig anzuerkennen. Da, wo dieses Bestreben nach Raumgewinn gerechtfertigt wäre, bei teuerem Grund und Boden, wie in den größeren Städten, ist die Anwendung dieser Bauweise für Umfassungswände nicht erlaubt oder großen Beschränkungen unterworfen, für die
| 354) Wiesbaden 1880. ^ |
| 355) Vergl. hierüber: Lilly, F. Das landwirthschaftliche Bauwesen. Braunschweig 1880 — sowie: Tiedemann, L. v. Das landwirthschaftliche Bauwesen. Halle 1882. ^ |
| 356) Siehe: Gutachten der Akademie des Bauwesens über die zweckmäßigste Art der Ausführung von Schulbauten. Centralbl. d. Bauverw. 1883, S. 67. ^ |
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Scheidewände aber in dieser Beziehung mit gar keinem oder geringem Vorteil verknüpft,
dem gegenüber die ihr anhaftenden, mehrfach besprochenen Nachteile
(Bildung von Rissen in den Wänden, ungleichmäßiges Setzen der massiven und der
Fachwerkwände) in das Gewicht fallen, zumal sie ohne oder nur mit unerheblichem
Mehraufwande durch den Bau mit Backsteinen in Cementkalkmörtel oder andere
neuere Bauweisen unter Erhöhung der Feuersicherheit ersetzt werden kann. Die
große Ausdehnung, in der der Holzfachwerkbau in einigen Gegenden noch im
Inneren der Gebäude angewendet wird, kann daher in bautechnischer Hinsicht nicht
gutgeheißen werden.
Vom wirtschaftlichen Standpunkte aus ist der Holzfachwerkbau überall da als zulässig zu bezeichnen, wo er sich wesentlich billiger als der Massivbau stellt, wobei aber die geringere Dauer, die größeren Unterhaltungskosten und die höheren Feuerversicherungsprämien bei ersterem in Rechnung zu ziehen sind.
Für das Herzogtum Braunschweig hat Lilly357) vergleichende Kostenberechnungen verschiedener Bauarten gemacht. Die aus diesen gewonnenen Verhältniszahlen beziehen sich aber nur auf die Umfassungswände der Gebäude (für landwirtschaftliche Zwecke) ohne Hinzuziehen der Grundmauern und ohne Rücksicht auf alle übrigen Teile des Gebäudes. Danach ist Eichenfachwerk um 22 Prozent teuerer als Tannenfachwerk; Bruchsteinmauerwerk um 11 Prozent teuerer als Tannenfachwerk; Backsteinmauerwerk um 52 Prozent teuerer als Tannenfachwerk; Eichenfachwerk um 9 Prozent teuerer als Bruchsteinmauerwerk; Backsteinmauerwerk um 25 Prozent teuerer als Eichenfachwerk, und Backsteinmauerwerk um 37 Prozent teuerer als Bruchsteinmauerwerk.
Beim unmittelbaren Vergleich der Herstellungskosten der Umfassungswände eines größeren Gebändes ergibt sich die Ersparnis bei Ausführung in Tannenfachwerk gegenüber der in Bruchstein als verhältnismäßig unerheblich. Dagegen kommen die Dauer und die jährlichen Unterhaltungskosten sehr in Betracht. Lilly nimmt die Dauer von Tannenfachwerk bei Kuh- oder Schweineställen zu 75 Jahren, bei Schaf- oder Pferdeställen zu höchstens 100 Jahren an, für massive Gebäude dagegen eine geringste Dauer von 150 Jahren, meistens aber viel größer, bis zu 200 Jahren und darüber. Dabei stellen sich die Unterhaltungskosten der Umfassungswände im Durchschnitt eines längeren Zeitabschnittes für den Fachwerkbau zu 0,35 bis 0,50 Prozent und für den Massivbau bis zu 0,05 Prozent von dem Neubaukapital für das ganze Gebäude heraus.
v. Tiedemann358) hat eine vergleichende Berechnung für eine auf verschiedene Weise ausgeführte Scheune angestellt und hat gesunden, daß die jährlichen Gesamtkosten, die sich aus Verzinsung des Baukapitals, laufender Unterhaltung und Versicherungsprämie für Gebäude und Scheuneninhalt zusammensetzen, für Ziegelsteinmassivbau, Bruchsteinmassivbau, Kalksandpisébau und ausgemauertes Fachwerk, sich bezw. wie 170,08, 168,4, 139,12 und 176,05 zu einander verhalten, wonach also der Bau mit ausgemauertem Fachwerk den größten jährlichen Auswand verursacht.
Roß359) nimmt eine höhere Dauerzeit des Fachwerkbaues als Lilly an, und zwar für die verschiedensten Gebäudegattungen und Bauweisen bei guter Ausführung und Instandhaltung 100 bis 200 Jahre, bei mittelmäßiger 75 bis 175 Jahre. Aber auch er setzt die Dauer entsprechender Massivbauten auf etwa das Doppelte dieser Zeit.
Die Gegenden, in denen infolge des Reichtums an gutem Bauholz und des Mangels an geeignetem Material zur Ziegelfabrikation oder an Bruchsteinen der Fachwerkbau nicht nur wirtschaftlich vorteilhaft, sondern sogar notwendig erscheint, gehören jetzt zu den Ausnahmen und beschränken sich in Deutschland auf die waldreichen Gebirge, in denen aber oft der reine Holzbau vorzuziehen ist.
Ergeben die Betrachtungen vom bautechnischen und wirtschaftlichen Standpunkte aus, daß der Holzfachwerkbau sich weniger für städtische Verhältnisse, als für die von Land und Gebirge eignet, so kommt man in ästhetischer Hinsicht zu ähnlichen Folgerungen. Der Reiz der Holzfachwerkbauten beruht in ihrer malerischen
| 357) Vergl. die in Fußnote 355 angegebene Quelle, S. 16. — Ein Auszug aus derselben in: Wochbl. f. Arch. u. Ing. 1880, S. 294, 303, 328. ^ |
| 358) Vergl. die in Fußnote 355 angeführte Quelle, S. 185. ^ |
| 359) In: Leitsaden für die Ermittelung des Bauwerthes von. Gebäuden. Hannover 1888. ^ |
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Wirkung, während ihnen die der Monumentalität abgeht. Da nun die Anordnungen,
welche die erstere hervorbringen, aus feuerpolizeilichen Gründen in geschlossener
Bauweise meist nicht mehr gestattet werden, sondern nur in vereinzelter, so wird schon
dadurch der künstlerisch durchgebildete Fachwerkbau auf die ländliche Umgebung
verwiesen, zu der er auch auf das allerbeste stimmt.
Daß eine künstlerische und malerische Wirkung mit verhältnismäßig wenig Mitteln und namentlich durch geschickte Gruppierung der Massen erzielt werden kann, zeigen uns noch zahlreiche erhaltene Beispiele früherer Zeiten.
