Durm:Wände aus Eisen: Schluß
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Wertschätzung. (253.)
Die eisernen Wände verhalten sich, abgesehen von den aus Gußeisen hergestellten, gegen eine künstlerische Formgebung noch spröder als die Eisenfachwerkwände. Schon deshalb wird ihre Verwendung zumeist auf reine Nutzbauten eingeschränkt bleiben, wenngleich sich nicht leugnen läßt, daß mit den kleingewellten Wellblechen bescheidenen Ansprüchen in ihrem Aussehen genügende Gebäude sich herstellen lassen, wenn auf gute Verhältnisse in der Massenverteilung und auf Schattenwirkung Rücksicht genommen wird. Beispiele hierfür liefern die mit Balkons und weit vorspringenden Dächern versehenen Kolonistenhäuser, sowie die so zahlreich angewendeten kleinen Wärter-, Zollerhebungs- und Pissoirgebäude u. s. w. Ueberhaupt sind es unter den Eisenwänden diejenigen aus Wellblech, welche am meisten Anwendung finden und diese auch für viele Fälle verdienen. Als Gründe hierfür möchten etwa die folgenden angeführt werden können: vollständige Fertigstellung
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aller Eisenteile in der Werkstätte; leichte und schnelle Zusammenstellung auf dem
Bauplatze; leicht zu ermöglichende Versetzbarkeit der Gebäude; verhältnismäßig
geringes Gewicht derselben bei großem innerem Zusammenhange der Konstruktion,
welches besondere Gründungen oft entbehrlich macht; ziemlicher Schutz gegen Einbruch
und Inbrandsteckung von außen; Sicherheit gegen Wurmfraß und Fäulnis.
Die ungünstigen Eigenschaften des Eisens als Baustoff für ganze Wände: Luftundurchlässigkeit,
gute Wärme- und Schallleitungsfähigkeit, Rostbildung — lassen sich
durch die schon erwähnten Maßregeln beseitigen oder vermindern. Feuersicherheit,
wie sie durch die Herstellung von Scheidewänden aus Trägerwellblech als Ersatz
für Holzfachwerk erstrebt wird, ist nur durch vollständige Umhüllung des Eisens mit
Putz zu erzielen.
Geschichtliches. (254.)
Die ersten eisernen Häuser scheinen in England für die Kolonien zur Ausführung gekommen zu sein. Großes Aufsehen erregte 1843 ein »eiserner Palast« für den König Eyambo von Old Calabar an der Guineaküste Afrikas, welcher als eine Merkwürdigkeit, selbst für England, bezeichnet wurde, trotzdem er nur als mit Eisen verkleidetes Holzgerüst hergestellt war540). 1853 werden schon zahlreiche Häuser, so für Australien, ganz aus Eisen angefertigt541). Der Umstand, daß die durch die Sonnenhitze rasch sich erwärmenden einfachen Blechwände dieser Häuser den Aufenthalt in denselben bald unerträglich machen mußten, brachte den schon bei den Eisenfachwerkwänden erwähnten belgischen Ingenieur Delaveleye auf den Gedanken, mit Blechtafeln hohe Wände herzustellen, deren Hohlraum ausgemauert oder mit anderen nicht brennbaren Stoffen ausgefüllt werden konnte, um den Einfluß der äußeren Wärme auf die Innenräume zu vermindern542). Die etwa 2 × 4m großen Blechtafeln wurden von Delaveleye in etwas umständlicher Weise durch Zugstangen versteift und an gußeisernen Ständern mit Schraubenbolzen befestigt, so daß die betreffenden Häuser leicht fortgeschafft und zusammengesetzt werden konnten. An Stelle der inneren Blechverkleidung kam auch Lattenputz in Vorschlag.
Das Wellblech, welches wegen seiner eigenen Steifigkeit die eben erwähnten Umständlichkeiten nicht nötig gemacht haben würde, scheint damals (etwas vor 1845) noch nicht bekannt gewesen zu sein. Dies war 1853 nicht mehr der Fall; denn es wurden zu dieser Zeit von englischen Werkstätten schon große Häuser mit demselben ausgeführt. So wird vom Bau eines Zollgebäudes für Payta in Peru berichtet543), welches über einem Eisengerippe außen mit Wellblech, innen mit Holz bekleidet war, wobei die Hohlräume mit leichten, die Wärme schlecht leitenden Stoffen gefüllt wurden. Es ist dabei vom Wellblech als von nichts Außergewöhnlichem die Rede.
| 540) Siehe: Builder, Bd. 1, S. 170. ^ |
| 541) Siehe ebendas., Bd. 11, S. 422. ^ |
| 542) Siehe: Allg. Bauz. 1845, S. 110. ^ |
| 543) Siehe: Annales des ponts et chaussées 1856, 2. Sem., S. 111. ^ |
