Durm:Plastischer Schmuck
From Durm
| in Kapitel 4: Geputzte Mauern aus Bruch- und Backsteinen. (Putzbau.); vorheriges Unterkapitel: Durm:Malerischer Schmuck. - Inhaltsverzeichnis des Heftes |
Inhaltsverzeichnis |
Seite 97 (Scan)
Allgemeines. (109.)
Mörtel von geeigneter Zusammensetzung und Dichtigkeit ist eine weiche Masse, welche sich beliebig formen läßt und nach dem Erhärten diese Form behält. Die plastische Ausschmückung, soweit sie sich innerhalb der durch die Eigenschaften des Stoffes und die Stilgesetze gesteckten Grenzen hält, ist demnach, als in dem Wesen desselben begründet, zulässig und ein geeignetes Mittel zur Formengebung im Putzbau. Daß solchen Verzierungen auch eine ziemliche Dauerhaftigkeit gegen Witterungseinflüsse gegeben werden kann, beweisen die in den Ruinen römischer Bauwerke erhaltenen Reste, sowie die reichen Fassadenausstattungen dieser Art aus der Renaissance-, Barock- und Rokokozeit. Immerhin wird sich, wenn dies auch in den zuletzt erwähnten Stilperioden nicht der Fall war, die Formenwelt der äußeren Putzarchitektur auf Felderteilungen, Umrahmungen und Flachreliefs beschränken müssen. An geschützten Stellen, wie unter vorspringenden Dächern oder unter den Hängeplatten steinerner Hauptgesimse, sind wohl auch in Mörtelmasse hergestellte bescheidene Simsgliederungen zulässig, dagegen ausgedehnte Nachahmungen von Steinarchitekturen, und wären sie in witterungsbeständigstem Cement ausgeführt, aus stilistischen Gründen verwerflich.
Die Herstellung der geputzten Gesimse und profilierten Einrahmungen wird im nächsten Hefte dieses »Handbuches« (unter D) besprochen werden, während es sich hier um die Ausführung der Flächenausschmückungen handelt. Diese kann in der Verzierung von fortlaufenden Friesen oder einzelner Felder oder Medaillons bestehen; sie kann entweder unmittelbar an der Wand selbst oder in Form von später zu befestigenden Platten in der Werkstätte ausgeführt werden. Die erstere Behandlungsweise ist die künstlerischere und in den Blütezeiten der Stuccaturtechnik besonders zur Anwendung gekommen; die zweite ist die bequemere, fabrikmäßig auszuübende; es ist die des Gips- und Cementgusses, die aber auch noch in anderen künstlichen Steinarten angewendet wird.
Stuck. (110.)
Ueber die Bereitung eines für die Anwendung im Freien tauglichen Stuckmörtels ist schon in Art. 94 (S. 84) das Nötige mitgeteilt worden.
Handelt es sich um die Herstellung weit vorspringender Reliefs, so muß man nach Rondelet178) zunächst eine Anlage mit dem erwähnten Puzzolanmörtel machen, bezw. nach Maßgabe des Vorsprunges eingeschlagene Nägel oder Eisenstücke benutzen. Das Eisen ist gegen das Rosten durch Eintauchen in heißes Oel oder Verzinken oder Verbleien zu schützen. Nach dem Austrocknen wird dann die Anlage wieder
Seite 98 (Scan)
so weit benetzt, bis sie kein Wasser mehr einsaugt und ein Ueberzug von Marmorstuck
aufgetragen, in dem das Ornament fertig modelliert wird, und zwar mit Hilfe
von Spatel oder Bossiereisen, bezw. mit dem mit rauher Leinwand umwickelten oder
mit dem bloßen Finger.
Zur Bereitung des Marmorstucks nimmt man besten, gut durchgebrannten Kalk (er soll beim Anschlagen klingen), löscht ihn auf die vorsichtigste Weise und läßt ihn durch ein Sieb laufen oder rührt ihn besser, nach Rondelet, auf einer Marmorplatte durch, um ihn zu reinigen, worauf er dann mindestens 4 bis 5 Monate eingesumpft werden muß. Zu dem so vorbereiteten Kalk wird in der gleichen Menge am besten Pulver von carrarischem Marmor gemengt. In Ermangelung desselben können auch andere weiße, feinkörnige Steinarten Verwendung finden; der Stuck wird aber nicht so schön; auch muß dann der Kalkzusatz anders geregelt werden. Die Bestandteile müssen durch Verrühren auf das innigste miteinander vermengt werden.
Bei schwach vorspringenden Reliefs überzieht man den rauhen, angenäßten Wandbewurf mit einer etwa 5mm dicken Stuckschicht, gleicht diese mit dem Rücken der Kelle ab, um sie zusammenzudrücken und ihr dadurch mehr Festigkeit zu geben, und glättet sie dann mit etwas rauher, durchnäßter Leinwand. Auf diesem Grunde wird dann die Zeichnung der Umrisse des Ornamentes mit Kohle aufgepaust und dann letzteres in Marmorstuck aufmodelliert. Dabei muß die Arbeit von Zeit zu Zeit angenäßt werden. Bei etwas stärkeren Vorsprüngen schafft man mehr Haltbarkeit durch Einschlagen einiger kleiner, breitköpfiger Nägel.
Gipsguß. (111.)
Wegen ihrer Billigkeit finden sehr häufig die aus Gips gegossenen Ornamente zum Fassadenschmuck Verwendung179), welche man gewöhnlich auch als aus Stuck hergestellt bezeichnet.
Sie werden mit einem aus Gips und Kalk bereiteten Mörtel an den Wänden befestigt. Diese Befestigung hat, wegen der Gefahren, die durch das Ablösen und Herabstürzen für Vorübergehende sich ergeben, mit der größten Vorsicht zu erfolgen. Deshalb sind auch bei schwereren Stücken noch Bankeisen oder Haken zu verwenden, welche gegen das Rosten geschützt werden müssen.
Da die nur aus Gips hergestellten Ornamente sehr wenig fest und witterungsbeständig sind, so verwendet man verschiedene Mittel, um sie zu härten und dauerhafter zu machen.
Das Härten erfolgt häufig durch Behandlung des Gipses oder des fertigen Stückes mit Alaunlösung. Hierüber, sowie über andere Verfahrungsweisen wird auf untenstehende Quellen verwiesen180).
Zum Schutz gegen Witterungseinflüsse benutzt man gewöhnlich Oelfarbenanstrich, der aber oft erneuert werden muß und deshalb die Formen stumpf macht. Das bloße Tränken mit heißem Leinöl, was sonst ganz zweckmäßig wäre, gibt dem Gips eine schmutzig gelbe Farbe. Kostspielig ist die Behandlung mit geschmolzenem, weißem Wachs, etwas billiger als diese die mit Stearinsäure. Empfohlen wird ein Anstrich der ganz trockenen Stücke mit folgendem Gemisch: 3 Teile gekochtes Leinöl, 1/6 vom Gewicht des Leinöls Silberglätte (Bleioxyd) und 1 Teil Wachs181).
Zur Herstellung eines dauerhaften Anstriches mit Kalkfarbe wird empfohlen, die Gipsteile, wie die ganze Fassade zunächst mit Seifenlösung anzustreichen und dann
| 179) Ueber die Herstellung der Gipsarbeiten siehe: Fink, F. Der Tüncher, Stubenmaler, Stukkator und Gypser. Leipzig 1866. S. 188 u. ff. — ferner: Heusinher v. Waldegg, E. Der Gypsbrenner, Gypsgießer und Gypsbaumeister, sowie Tünch- und Stuckarbeiter. Leipzig 1867. — Vergl. auch Teil I, Band 1, erste Hälfte, 2. Aufl. (Art. 155, S. 170) dieses »Handbuches«. ^ |
| 180) Fink, a. a. O., S. 229. — Gottgetreu, R. Physische und chemische Beschaffenheit der Baumaterialien. 3. Aufl. Berlin 1881. Bd. 2, S. 381. — La semaine des conflr. 1886–87, S. 171. ^ |
| 181) Ausführlicheres in den eben angegebenen Quellen, sowie in: Baugwksztg. 1884, S. 402. ^ |
Seite 99 (Scan)
zweimal mit der mit Firnis gemischten Kalkfarbe (auf 1 Eimer Farbe etwa 3/8kg
Firnis182).
Cement. (112.)
In neuerer Zeit finden sehr ausgedehnte Anwendung die aus Portlandcement hergestellten Ornamente. Im Inneren bestehen dieselben aus einem Beton, nach außen aus feinsandigem Cementüberzug. Schwierigkeiten entstehen dem Anfertigen durch die Bildung von Schwindungsrissen an der Oberfläche, ein Umstand, auf den schon bei Besprechung des Cementputzes hingewiesen wurde (siehe Art. 72, S. 76); dagegen ist man in der täuschenden Nachahmung der verschiedenen Sandsteinarten bei guter Wetterbeständigkeit schon sehr weit gekommen. Die Verzierungen und Gliederungen aus Cement werden entweder als fertige Gußstücke angesetzt und befestigt oder, was jetzt sehr für architektonische Gliederungen in Aufnahme gekommen ist, an den Wänden selbst hergestellt.
Polychromer Cement. (113.)
Lebhafte Farben sind durch Zumischung von Farbkörpern zur Cementmasse nicht zu erzielen; auch die Herstellung dauerhafter Färbungen durch Anstriche bietet Schwierigkeiten (vergl. Art. 97, S. 86 u. Art. 99, S. 87). Um nun Portlandcement für eine haltbare stereochromatische Bemalung tauglich zu machen, haben v. Koch und Adamy183) das folgende Verfahren erfunden.
Bei Gußstücken wird die Form mit einer Mischung von 30 bis 50 Prozent reinem Cement und entsprechend 70 bis 50 Prozent fein gemahlenem Bimssteinsand ausgestrichen; alsdann wird in gewöhnlicher Weise eine Mischung von 1/3 Cement und 2/3 grobem Sand nachgefüllt und festgestampft. Nach dem Herausnehmen aus der Form sind die Stücke einige Tage feucht zu halten.
Beim Verputzen von Fugen wird dieselbe Mischung aus Cement und Bimsstein angewendet und vor zu raschem Trocknen entsprechend geschützt. Vor dem Bemalen wird die Oberfläche des Cementes mit einer verdünnten Säure, Salzsäure, Phosphorsäure oder Fluorwasserstoffsäure, abgewaschen und nach dem Trocknen mit Wasserglaslösung getränkt. — Das Bemalen geschieht mit dem Pinsel und am besten mit den Keim'schen Mineralfarben (siehe Art. 107, S. 94). Fixiert wird die Farbe durch mehrmaliges Anspritzen mit einer zweiprozentigen Wasserglaslösung.
Das Verfahren, welches bei vorsichtiger Ausführung gute Ergebnisse, sowohl in Bezug auf Färbung als Dauerhaftigkeit, geliefert hat, kann außer auf plastische Ornamente auch auf Cementputzflächen angewendet werden.
Künstliche Steinmassen. (114.)
Zur Herstellung von Ornamenten für Fassaden werden auch verschiedene künstliche Steinmassen, welche sich leicht formen lassen, wie die von Ransome, Cajalith, Metalllava u. a. m. verwendet184).
| 182) Siehe: Deutsches Baugwksbl. 1885, S. 96. ^ |
| 183) D. R.-P. Nr. 29_670. ^ |
| 184) Ueber dieselben findet man Näheres in den in Fußnote 76 (S. 43) mitgeteilten Quellen. ^ |
